Wir reisen, also sind wir
Wir reisen, also sind wir
vakantio.de/wirreisenalsosindwir

Kolumbien: Bogotá

Veröffentlicht: 05.08.2017

Nach Ankunft in Bogotá haben wir uns erstmal an den ersten primitiven Anzeichen einer zivilisierten, kapitalistischen Gesellschaft erfreut: Es gab ein McDonalds am Flughafen! Nachdem wir ein ausgiebiges, ungesundes Mal genossen haben, machten wir uns auf den Weg nach Candelaria, in das historische Stadtzentrum von Bogotá, wo unser Hostel lag. Das gebuchte Hostel war insgesamt ganz ok, allerdings waren wir etwas überrascht, als uns der nette Mann an der Rezeption mitteilte, dass es leider keinen Schlüssel für unser Zimmer gäbe. Aber wir sollten uns keine Sorgen machen, es sei hier sehr sicher im Hostel, es komme garantiert nichts weg, und man brauche sein Zimmer gar nicht abzuschliessen. Ah ja. Da haben wir doch Anderes gehört. Als gewiefte Reisende haben wir natürlich ein eigenes (Zahlen-) Schloss dabei, mit welchem sich das Zimmer wunderbar abschliessen liess. Also hatte sich dieses Problem schnell gelöst. Ich weiss nicht woran es lag, möglicherweise, weil es den Herrschaften des Hostels nicht passte, dass sie nun selber gar keinen Zutritt mehr zu unserem Zimmer haben konnten (schliesslich kannten sie ja unsere Zahlenkombination nicht), jedenfalls ist am nächsten Tag wie durch ein Wunder ein Schlüssel für unser Zimmer aufgetaucht. Sachen gibt’s.

Wenn man das Wort Kolumbien hört, assoziiert man dies normalerweise ja ohnehin nicht gerade mit Sicherheit. Man liest dann ja auch immer, man solle die Locals fragen, wo es sicher ist und wo nicht. Das haben wir auch getan. Dumm nur, dass einem jeder etwas anderes erzählt. Interessant ist, dass die jüngeren Leute eher dazu tendieren, zu sagen, es sei überall ziemlich sicher, während die Älteren einem von allem und jedem abraten. Es ist sicher die beste Idee, sich nicht komplett einschüchtern zu lassen, aber trotzdem stets auf der Hut zu sein, und seinen Verstand einzusetzen.
Tatsächlich hat sich aber in Bogotá sicher einiges getan in punkto Sicherheit. Das Polizeiaufgebot ist wirklich massiv, vor allem in den touristischen Gegenden. Ob man sich deshalb aber in Sicherheit wiegen kann, wird in Zweifel gezogen, als ein Führer während einer Tour sagt: Hier auf diesem Platz hat es üblicherweise sehr viele Polizisten, also passt auf eure Brieftasche auf. Korruption ist sicher ein Thema in Kolumbien, das haben wir vielerorts gehört.
Auch unsere Gastfamilie hat uns erzählt, dass die Leute in Bogotá eigentlich sehr froh sind um die Touristen, da es dem Tourismus zu verdanken sei, dass in Sachen Sicherheit viel unternommen wurde, wovon auch die Einheimischen natürlich stark profitieren. Unsere Gastfamilie beispielsweise wohnte direkt neben dem Militärmuseum, wo es offenbar vor einigen Jahren einmal einen Anschlag gegeben hat. Seither patrouillieren 24/7 bewaffnete Armeeangehörige die Strasse auf und ab. Gut für die Familie, und gut für uns, so konnten wir problemlos mitten in der Nacht auf die Strasse raus, eine Zigarette rauchen. Ab und zu hat uns einer der Soldaten sogar noch eine Zigarette abgeschwatzt.
Wobei auch im Zentrum Bogotás das geschieht, was vielerorts geschehen ist: die Einheimischen können es sich gar nicht mehr leisten, im Stadtzentrum zu wohnen, da es lukrativer ist, in den Häusern Hostels und touristische Einrichtungen unterzubringen. Auch unsere Gastfamilie hat erzählt, dass viele Freunde aus dem historischen Zentrum weggezogen sind, und nicht mehr viele Leute hier leben. So hat eben jede Medaille ihre 2 Seiten. Trotzdem leben auch in der Altstadt noch immer eher die einfacheren Leute. Es gibt eine ganz klare (und sichtbare) Trennung: die Reichen im Norden, die Armen im Süden.
Was uns in Punkto Sicherheit am meisten überzeugt hat, ist ein App namens Tappsi, mit dem man sichere Taxis im Stil von Uber bestellen kann. Ich bin absolut begeistert davon. Das App zeigt mittels GPS genau an, wo man sich befindet, so dass man nur noch mittels Tastendruck ein Taxi bestellen kann. Innert weniger Momente erhält man eine Bestätigung inklusive Name und Kennzeichen des Taxifahrers. Da man sich registrieren muss, kennt der Taxifahrer auch meinen Namen und kann diesen sofort nennen. Beim Einsteigen gebe ich dem Fahrer meinen Sicherheitscode an, er gibt diesen in sein System ein, und ich erhalte sofort vom Tappsi-App eine Nachricht, dass ich in einem registrierten und sicheren Taxi sitze. Geniale Sache, vor allem wenn man spät abends in irgendwelchen zwielichtigen Gegenden ein Taxi nehmen will.
Es gibt in Bogotá wahnsinnig viele Obdachlose und Bettler. Es ist traurig anzusehen, wie viele Leute auf der Strasse schlafen müssen. Natürlich ist es auch nervig, als Ausländer permanent um Geld angebettelt zu werden, aber das ist man sich (leider) schon aus vielen anderen Ländern gewohnt. Eine absolute Neuheit für uns war aber allerdings: Wenn du dem bettelnden Menschen freiwillig nichts gibst, dann grapscht er ohne zu Zögern und ohne jegliche Heimlichkeit einfach ruck-zuck in deine Hosen- oder Jackentasche, und nimmt sich, was er kann. Es gab bei uns nichts zu nehmen. Trotzdem sind wir darüber ziemlich erschrocken. Interessanterweise ist das allerdings nur bei Jörg passiert, mich hat man eher in Ruhe gelassen.

Da Jörg vor Abreise wenig Zeit hatte, um Spanisch zu lernen, war es ihm ein Anliegen, gleich zu Anfang der ganzen Reise einen Kurs zu machen, um sich einige Grundlagen anzueignen. Also machten wir uns gleich am ersten Tag in Bogotá auf, eine Sprachschule zu suchen. So landeten wir beim International House Bogotá. Wir konnten noch am selben Tag einen Einstufungstest absolvieren und uns gleich für den kommenden Montag anmelden. Wir haben uns für einen kombinierten Spanisch- und Salsakurs entschieden (morgens Spanisch, nachmittags Salsa). So waren wir also für die nächsten 2 Wochen Sprachschüler in Bogotá.

Um möglichst viel von dieser Zeit zu profitieren, haben wir uns entschieden, bei einer Gastfamilie zu wohnen mit Halbpension. Für das Geld, welches wir dafür bezahlt haben, hätten wir in einem gediegenen 4-Sterne Hotel wohnen können. Stattdessen wohnten wir in einem winzigen Zimmer ohne Fenster, ohne eigenes Badezimmer, und teilten uns ein Bett von 1.2m Breite und ca. 1.8m länge (Jörg und ich!!!), und noch dazu war es eiskalt. Auf den ersten Blick war der einzige Vorteil, dass die Familie direkt neben der Schule wohnte. Sehr vorteilhaft für Spät-Aufsteher wie uns. Wir haben anfangs überlegt, auf die Gastfamilie zu verzichten, und zurück ins Hostel zu gehen (was auch wirklich einiges günstiger gewesen wäre), allerdings war unsere Familie wirklich wahnsinnig liebenswert und nett zu uns, hat uns sehr warmherzig willkommen geheissen und hat sehr viel Zeit mit uns verbracht. Die Familie Torres: Rodrigo (Vater), Elisabeth (Mutter), Linda und Nathalie (Töchter) und Sho (anderer Spanisch-Schüler aus Japan). Jeden Abend nach dem Abendessen sind wir noch lange sitzen geblieben, haben uns unterhalten oder Spiele gespielt. Am Samstagabend sind Linda und ihr Freund Ivan mit uns ausgegangen, um Salsa zu tanzen. Ein grosser Vorteil war auch, dass Linda Englischlehrerin an einem privaten College ist. So konnte sie immer weiterhelfen, wenn wir Worte in Spanisch nicht wussten. Und wir haben wirklich über Gott und die Welt geredet: Politik, Wirtschaft, Reisen, Kultur, Lebensart, etc. Gar nicht so einfach, wenn man noch nicht so gut Spanisch spricht. Ich finde, wir haben wahnsinnig viel profitiert von dieser Zeit mit der Familie, es war es schlussendlich also absolut wert. Der Abschied fiel entsprechend schwer und wir werden unsere kolumbianische Familie sehr vermissen.
Zum Thema Kosten muss man allerdings noch folgendes anführen: Wir hatten in der ersten Woche einen kombinierten Kurs Spanisch mit Salsa gebucht. Für die Salsa-Lektionen (4x 1.5h pro Woche) haben wir 70 USD pro Person extra bezahlen müssen. Wir haben dann in der Salsa-Schule nachgefragt, ob es möglich wäre, dass wir für die zweite Woche den Kurs direkt in der Tanzschule buchen würden. Die nette Dame hat sofort gesagt, ja, das sei möglich, und sie würde uns noch 20% Rabatt geben und dann käme man auf einen Betrag von sage und schreibe: pro Person 20 USD!!!!! Das bedeutet im Klartext, dass die Spanischschule tatsächlich den dreifachen Preis verlangt! Für einen einzigen Telefonanruf, um den Kurs zu buchen! Später haben wir erfahren, dass auch die Familie lediglich ein Drittel von dem erhält, was wir an die Schule bezahlen für Unterkunft und Essen!!! Was für eine Frechheit, wir waren richtig sauer und zuerst wollten wir auch reklamieren. Trotzdem haben wir uns dagegen entschieden, weil wir nicht wollen, dass die Familie oder die Tanzschule Probleme bekommen. Sowohl die Familie wie auch die Tanzschule haben Verträge mit der Spanischschule und sind angewiesen auf die Schüler und ein bisschen Zusatzeinkommen. Wenigstens hatte die Familie den Vorteil, dass wir uns zu zweit ein Zimmer geteilt haben, und sie dadurch eigentlich das doppelte für das Zimmer bezahlt bekommen haben. Trotzdem ist dies nur ein schwacher Trost und das ganze hinterliess bei uns einen bitteren Nachgeschmack. Wie gesagt, hätten wir für das Geld locker in ein schönes 4-Stern-Hotel gehen können, während die Familie sozusagen nur ein Trinkgeld abbekommen hat. Den Löwenanteil hat die Schule eingestrichen, obwohl sie eigentlich gar nichts gross getan hat, ausser ein paar Telefonanrufe.

Zum Thema Tanzen: Wir haben in der Schweiz Salsa Cubana gelernt. Coole Sache. Wir wussten nicht so konkret, dass es auch Salsa Columbiana gibt. Jetzt wissen wir es. Und nein, es ist offensichtlich nicht dasselbe. Beim Salsa Columbiana geht es offenbar nicht darum, möglichst schön, sondern möglichst schnell zu tanzen. Ihr ahnt gar nicht, wie schnell. Jörg und ich hatten jedenfalls keine Chance. Es handelt sich eigentlich mehr um hektisches Herumhüpfen, als um Tanzen. Und meiner Meinung nach ist schneller nicht unbedingt gleich schöner. Man kann vor lauter Herumzappeln die Bewegungen gar nicht sehen. Es war sicher interessant, eignet sich auch hervorragend als abendliches Workout, aber gefallen hat es uns vom tänzerischen Aspekt her nicht. Ausserdem lag die Tanzschule relativ weit entfernt vom Stadtzentrum (eben in einem dieser zwielichtigen Viertel), so dass wir jeweils die ganzen Tage blockiert hatten und keine Zeit blieb, um nach der Schule noch etwas von Bogotá zu sehen. Deshalb haben wir es dann auch bei der einen Woche belassen. Aber wir müssen wirklich sagen, dass wir in der Tanzschule (Imperio Latino) wahnsinnig freundlich und nett aufgenommen und behandelt worden sind.

Was haben wir in Bogotá sonst noch unternommen?

Ziemlich zu Anfang haben wir das Museo del Oro (Goldmuseum) besucht. Es wird als eines der besten Museen des ganzen Kontinents angepriesen. Und es ist wirklich wahnsinnig eindrücklich! Es ist riesig, es gibt unzählige Ausstellungsstücke und alle aus Gold, Silber und Smaragden. Es erzählt von den verschiedenen indigenen Kulturen und den jeweiligen Verarbeitungstechniken der Materialien, vom Kult um das Gold und die Edelsteine, von der spirituellen Bedeutung und vom Mythos um Eldorado, der im Guatavita-See in der Nähe von Bogotá seinen Ursprung nahm. Man wird regelrecht überflutet mit Informationen und Eindrücken. Wirklich sehr zu empfehlen.

Ein Muss ist natürlich auch der Besuch des Monserrate (Hausberg von Bogotá). Auf den Berg kommt man entweder mit einer Standseilbahn oder einer Luftseilbahn. Alternativ kann man auch hochsteigen. Wir haben gehört, dass es scheinbar religiöse Kolumbianer gibt, die Busse tun, indem sie auf den Knien den Berg hochlaufen. Aua. Wir haben gelesen, dass es für Ausländer nicht immer sehr sicher ist, zu Fuss zu gehen, und es schon zu Überfällen gekommen ist, daher haben wir uns für die Standseilbahn entschieden (die Luftseilbahn sah auch nicht besonders vertrauenserweckend aus). Auf dem Berg gibt es ein paar Restaurants, eine Kirche, und natürlich einige Souvenirgeschäfte. Ein absolut touristischer Ort, aber die Aussicht auf Bogotá ist spektakulär. Man stelle sich vor, dass diese Stadt ebenso viele Einwohner hat, wie die ganze Schweiz.

Des Weiteren haben wir das Museo Nacional besucht. Ebenfalls ein riesiges Museum, das sich der Geschichte Kolumbiens widmet. Ein Grossteil beschäftigt sich mit der spanischen Kolonialisierung, allerdings erfährt man über den Unabhängigkeitskrieg nur wenig Konkretes. Gegen Ende der Ausstellung wirkt es mehr und mehr zusammengewürfelt aus verschiedenen Themen und der rote Faden ist nicht mehr so ersichtlich. Besonders nennenswert ist der allererste Teil der Ausstellung, der sich mit dem Mittelalter in Europa befasst, und als Einleitung in die Thematik der Eroberung durch die Spanier zu verstehen ist. Dieser Teil ist vor allem für Kinder gedacht, sehr interaktiv, mit Spiel und Spass und es hat uns ebenfalls viel Spass gemacht, den Kindern und Eltern beim Spielen und Lernen zuzuschauen.

Ein besonderes Museum ist das Museo Botero, welches hauptsächlich Werke des kolumbianischen Künstlers Fernando Botero ausstellt. Ein Highlight. Die Kunst von Botero verfügt über eine sehr spezielle Charakteristik. Alle seine Figuren sind dick – sehr dick. Hauptsächlich handelt es sich um Bilder und Skulpturen von Menschen, aber auch einige Stillleben. Und allesamt sind sie rund, üppig und voluminös. Besonders angetan waren wir von der dicken Mona Lisa. Sie gefällt mir wirklich besser als das Original, sehr süss. Wir hätten gern ein Poster für zuhause gekauft, aber es lässt sich einfach schwer so lange transportieren. Kunstmuseen sind normalerweise nicht sooo wahnsinnig mein Fall, aber dieses hier ist wirklich mal was anderes.

Ausserdem haben wir noch das Militärmuseum besucht. Dazu gibt es nicht so viel zu sagen: Militär, Waffen, Kriegsmaschinerie…..eine riesige Sammlung an Handfeuerwaffen und Gewehren, das hätte meinem Vater sicher sehr gefallen.

Auch das Polizeimuseum wird allen Orts hoch gelobt. Ich weiss nicht woran es lag, sehr wahrscheinlich, weil der junge Polizist, der als Führer im Museum seinen Dienst ableistet, einfach kaum englisch konnte, aber die Führung war schrecklich, sehr kurz und vom Museum haben wir kaum etwas gesehen. Eine spanische Führung wäre rückblickend wohl die bessere Wahl gewesen, aber wir haben es uns dann doch nicht nochmals angetan…

Wir hatten ausserdem die Möglichkeit, im Rahmen einer von der Schule organisierten Aktivität an einer Stadtführung teilzunehmen. Auch dies war sehr interessant, wir haben einige bisher unbekannte Strassen und Ecken angetroffen und viele lustige und auch dramatische Anekdoten über die Stadt, deren Geschichte und Einwohner erfahren, das war sehr unterhaltsam. Zum Abschluss sind wir noch in ein Café gegangen, wo wir eine Einführung in die Regeln des Tejo Spiels erhalten haben. Ein Spiel mit Lehm, Steinen und Schwarzpulver. Explosive Sache. Ausserdem haben wir Chicha probiert, ein traditionelles alkoholhaltiges Getränk, das hergestellt wird, indem Leute Maiskörner kauen und in ein Fass spucken, wo das Zeug dann fermentiert. Eklige Sache.

Ein weiteres sogenanntes Must-See ist die Salzkathedrale in Zipaquira. Komische Sache, es gab nämlich so gut wie kein Salz. Es handelt sich um eine Salzmine, in der, soweit wir verstanden haben, noch heute Salz abgebaut wird. Es gibt verschiedene Ebenen. Die ersten und ältesten Ebenen der Mine sind unzugänglich, da sie wohl einsturzgefährdet sind. Die Ebene auf der noch immer Salz abgebaut wird, ist ebenfalls nicht zugänglich. Eine Ebene wurde in eine unterirdische Kathedrale umgebaut. Wunderschön sei es, und wahnsinning eindrücklich. Eigentlich gab es nur Kreuze. Viele Kreuze. Und zwar aus Stein. Nicht aus Salz. Die Höhlen selbst sind aufgrund ihrer riesigen Dimensionen tatsächlich sehr eindrücklich. Aber das wars dann auch. Ansonsten ist es eine typische Touristenfalle mit vielen Souvenirshops und gekünstelten und gestellten Darbietungen und Aktivitäten. Na ja, war trotzdem ein netter Tag.

Antworten

Kolumbien
Reiseberichte Kolumbien
#kolumbien#bogota