Veröffentlicht: 17.07.2017
Auf den ersten Blick ist Kuba ein Drecksloch. Auf den zweiten ebenso. Als erfahrener Reisender lässt man sich davon nicht beirren und denkt sich: gib der Sache eine Chance, lass dich nicht vom ersten Eindruck täuschen, sondern schau dir das Land an, um dir eine differenziere Meinung bilden zu können.
Nach vier Wochen fühlten wir uns, als seien wir in der Hölle auf Erden. Das klingt sehr pessimistisch, ganz so schlimm war es nicht, aber Kuba hat uns tatsächlich nicht sehr gefallen. Trotzdem hatten wir natürlich auch einige sehr schöne Momente, wir haben wirklich viel gesehen und gelernt über Land und Leute. Wir möchten auch niemandem zu nahe treten, vor allem nicht all jenen, die uns begeistert von Kuba vorgeschwärmt haben….wir können es zwar nicht verstehen, aber Geschmäcker sind bekanntlich und gottseidank verschieden.
Aber gehen wir doch der Reihe nach:
Nach unserer Ankunft in Kuba haben wir erstmal einige Tage in Havanna verbracht. Der allgemeine Verfall scheint auf Viele eine gewisse Faszination auszuüben. Ob die Locals diesem zweifelhaften Charme ebenfalls so viel abgewinnen können, sei dahingestellt. Insbesondere haben wir dies in Frage gestellt, als ganz plötzlich Teile eines Balkons abgebrochen und heruntergefallen sind, als wir gerade nichts Böses ahnend daran vorbei gelaufen sind. Die Leute, die eben noch unter selbigem Balkon gesessen und Gemüse verkauft haben, konnten sich glücklicherweise gerade noch unverletzt in Sicherheit bringen. Sie sahen jedenfalls nicht besonders begeistert aus über die «schäbige Pracht» wie sie im Reiseführer angepriesen wird.
Wir haben einige Museen besucht, unter anderem das Castillo de la Real Fuerza, welches das Museo de Navegacíon beherrbergt, das Museo de la Revolución, und das Memorial a José Marti, von wo aus man auch eine schöne Aussicht über die Stadt hatte (José Marti war ein Schriftsteller und als grosser Inspirator von Fidel Castro ein kubanischer Nationalheld). Man muss dazu sagen, dass die Qualität der Museen nicht sehr gut ist. Die meiste Zeit steht man vor den Exponaten und fragt sich, was sie einem genau sagen wollen. Dass die Beschriftungen, sofern es denn überhaupt welche hat, nur auf Spanisch sind, war zu erwarten und ist auch kein Problem. Aber wie gesagt, gab es teilweise überhaupt keine Beschriftungen und Erklärungen, und von Chronologie keine Spur. Wenn man Wert legt auf einigermassen gute Museen, sollte man den weiten Weg nach Santiago de Cuba in Kauf nehmen, dort sind sie deutlich besser. Inhaltlich erzählen einem die Museen in Kuba ohnehin alle dasselbe, revolutionäre Propaganda von A – Z. Im Memorial a José Marti hat Jörg auch noch seinen Preis für den besten Job Kubas vergeben, und zwar an die Dame, die in ihrem Stuhl im klimatisierten Lift sass und Zeitung lass, und den ganzen Tag nichts Anderes tat als kurz von ihrer Zeitung auf zu blicken, um den Hoch- und Runter-Knopf zu drücken, siehe Foto.
Ich mag den Rum von Havanna Club sehr, also waren wir selbstverständlich im Museo del Ron (Rum-Museum). Die überaus unmotivierte Dame, die unsere Tour geführt hat, konnte zwar sehr gut Englisch, hat die Erklärungen aber in einer unglaublichen Monotonie und in einem wahnsinnigen Tempo abgeleiert, dass man deutlich zu spüren bekam, sie hatte heute noch besseres zu tun. Als es dann einer der anderen Touristen wagte, eine Frage, die schon gestellt wurde, noch einmal zu stellen (es können halt auch nicht alle Touristen so perfekt Englisch wie die Kubaner), hat die Dame laut aufgeseufzt, die Augen verdreht und in die Runde gefragt, ob jemand anderer diesem Herren seine Frage nun beantworten könne….äääähm….sowas habe ich zum letzten Mal von meinem Lehrer in der Schule gehört, und ganz bestimmt nicht an einem Ort, wo ich soeben einige Dollar bezahlt habe für eine Führung…..Este es Cuba…diesen Satz werdet ihr noch ein paarmal lesen und wir werden später auch noch seinem Schöpfer begegnen….abschliessend haben wir uns dann noch einige Mojitos in der angeschlossenen Bar gegönnt, wo Live-Musik gespielt wurde und wir noch Bekanntschaft mit Dagoberto geschlossen haben, einem Musiker, der als solcher schon recht in Europa herumgekommen ist.
Wir haben auch die anderen beiden spanischen Festungen auf der anderen Seite der Bucht besucht, das Castillo de los Tres Santos Reyes Magnos del Morro und das Fortaleza de San Carlos de la Cabaña. Das war ganz schön, obwohl sie sich auch nicht besonders von den anderen spanischen Forts unterscheiden, die wir schon gesehen haben. Aber solche Bauten werden uns auf unserer Reise ohnehin wohl noch einige begegnen. Abends gab es dann im Fort noch eine Cañonazo-Zeremonie, bei welcher Schauspieler in Militärklamotten allabendlich einen Kanonenschuss in den Hafen ablassen. War ganz nett, natürlich ein reines Touristen-Spektakel und es mutete auch entsprechend ein wenig komisch an, dass sich die jungen Herren diese weissen Spanier-Perücken über ihre schwarzen Haare zogen, nachdem dieses Land doch so lange für seine Unabhängigkeit gekämpft hat.
Abends sind wir auch noch gern am Malecon (der Uferpromenade) entlang geschlendert, wo Brautpaare Fotos von sich machen liessen und wir auch noch ein grosses Kreuzfahrtschiff an uns vorbeiziehen sahen.
Spannend war es zu sehen, wie viele Touristen in Havanna sehr viel Geld ausgeben, um mal kurz in einem alten Ami-Schlitten mitfahren zu können. Wenn man 4 Wochen durch das Land reist, hat man gar keine andere Wahl, als das zu tun. Wir sind teilweise in Kisten rumgefahren worden, bei denen der nette Beamte vom Aargauer Strassenverkehrsamt nicht wüsste, ob er lachen, weinen, oder schreiend davon rennen soll. So haben wir ein Taxi Collectivo (Sammeltaxi) angeheuert, um uns nach Rancho Luna zu fahren, wo wir einige Tage am Strand verbringen wollten, um uns erstmal etwas vom ganzen Vor-Reise-Stress zu erholen. Es war eine alte Ami-Kiste, sämtliche Anzeigen im Auto inklusive Tacho hatten wohl schon vor Jahrzehnten den Geist aufgegeben. Mir war ein Rätsel, woher der Fahrer wusste, wie schnell er fuhr. Aber immerhin gab es eine eingebaute Klimaanlage und einen eingebauten Fernseher. Man muss eben Prioritäten setzen.