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Argentinien: El Calafate (Perito Moreno Gletscher)

Veröffentlicht: 29.04.2019

Die Fahrt von Chalten nach El Calafate dauerte zum Glück nur noch 4h. El Calafate ist das Tor zum Südlichen Teil des Parque Nacional los Glaciares und die allermeisten Touristen, so wie auch wir, kommen hierher, um den weltbekannten Gletscher Perito Moreno zu besuchen. Man kann in der Gegend auch noch andere Gletscher besuchen, aber der Perito Moreno ist insofern spektakulär, da er einer der dynamischsten und am leichtesten zugänglichsten der Welt ist. Er ist ausserdem dafür berühmt, so stark zu kalben (dh. Eisberge brechen von der Gletscherzunge ab), dass man mit grosser Wahrscheinlichkeit Zeuge dieses Spektakels wird.

Der Gletscher gilt als stagnierend, obwohl er genaugenommen noch immer wächst, was man nur von wenigen Gletschern weltweit behaupten kann. Obwohl er stetig wächst, nimmt seine Ausdehnung nicht mehr weiter zu, weil die Gletscherzunge frontal an Land anstösst. Dies führt auch zum Phänomen des Damms.


Gleich nach Ankunft in Calafate schauten wir uns im Busterminal nach Transportmöglichkeiten zum Gletscher um. Es ist nicht nötig, eine geführte Tour zum Gletscher zu unternehmen, verschiedenste Busfirmen bieten den Transport an. Das Paket beinhaltet dabei immer Hin- und Rückfahrt zu einer bestimmten Zeit. Wenn man also den Bus morgens nimmt, muss man um 16 Uhr Nachmittags zurück, wenn man Nachmittags erst geht, fährt der Bus abends zurück. Morgens hin und abends zurück geht nicht. Wir buchten also für den nächsten Morgen den Bus.


Nach gut einer Stunde Fahrt erreicht man morgens den Eingang des Nationalparks, wo man die Tickets kaufen muss, welche an 2 aufeinanderfolgenden Tagen Gültigkeit haben. Mit dem Ticket erhält ausserdem jedermann einen Plastiksack und wird gebeten, diesem als Abfallsack zu nutzen, um sämtlichen Müll wieder nach Calafate zurück zu nehmen. Vom Eingang dauerte die Busfahrt noch gut eine halbe Stunde mehr, bevor wir dann endlich bei einem von 2 Restaurants entlang des „Wanderwegs“ ausgeladen wurden. Der Wanderweg besteht aus zahlreichen Stahlstegen, die zusammengenommen fast 4km lang sind, und mehrere verschiedene Aussichtspunkte bieten.

Wir hatten uns schon lange sehr auf diesen Besuch gefreut und waren dementsprechend ganz aus dem Häuschen, als wir dem ersten Weg folgten und irgendwann die Gletscherwand vor uns in Sicht kam. Von der ersten Sekunde an bot der Gletscher einen atemberaubenden Anblick und das würde er auch den Rest des Tages aus allen erdenklichen Perspektiven weiterhin tun. Als wir das erste Mal das laute Donnern hörten, erschraken wir zuerst mal nicht schlecht. Anhand des Lärms erwartete man beinahe, dass der halbe Gletscher auseinander bricht, tatsächlich hatten sich aber nur einige kleine Eisbrocken von der Wand gelöst und waren ins Wasser gefallen. Unglaublich, was diese kleinen Stückchen für einen Krach erzeugen.

Im zentralen Teil des Rundgangs steht man genau vor der Gletscherzunge mit einem Abstand von nur wenigen Metern. Unzählige Leute standen dort versammelt, und warteten voller Hoffnung darauf, dass ein Eisberg geboren wird. Direkt vor uns war ein überhängender Zacken und alle Leute starrten darauf, in der Hoffnung, dass er sich bald löst. Zwischendrin hört man immer wieder das Grollen, Knirschen und Krachen im Innern des Gletschers. Und man wartet....und wartet...und plötzlich....geschah es.....! Nicht nur der überhängende Zacken, nein tatsächlich ein riesiges Stück, der direkt vor uns liegenden Wand, brach vom Gletscher ab und fiel unter lautem Getöse ins Wasser. Was für ein einmaliger Moment! Sowas erlebt man wirklich nicht alle Tage, das ist wirklich Naturgewalt pur! Auch über den restlichen Tag verteilt konnten wir immer mal wieder beobachten, wie grössere und kleinere Stücke vom Eis herunterkrachten, aber so gross war keines mehr. Ein wirklicher Glücksmoment.

Eine andere Touristin (wohlbemerkt eine Deutsche, wobei man noch festhalten muss, dass an diesem Tag soviele Deutsche dort versammelt waren, dass man sich ernsthaft fragen musste, ob es denn überhaupt noch einige Deutsche in Deutschland übrig hat) erzählte uns, sie wäre gestern schon dort gewesen, und der Gletscher wäre viel aktiver gewesen als heute. Es hatte den ganzen Tag über geregnet und ein Stück nach dem anderen sei heruntergefallen. Dafür habe man halt vor lauter Nebel nur gerade bis zur Gletscherwand sehen können. Nun, das ist natürlich schon auch cool, allerdings gefiel mir der Gletscher bei schönem Wetter trotzdem besser. Von einer Plattform weiter oben am Hang konnte man über den ganzen Gletscher bis in die Berge sehen, und das abwechselnde Farbenspiel von der Sonne und den vorbeiziehenden Wolken war absolut und unbeschreiblich magisch. Dieses leuchtende Blau, einfach sagenhaft. Wirklich, es gibt keine passenden Worte dafür, man muss es einfach gesehen haben. Wunderschön.

Den ganzen Tag über wanderten wir auf den Wegen auf und ab, kamen an allen Aussichtsplattformen vorbei und assen sogar ein kleines Picknick mit direkter Sicht auf den Gletscher.

Viel zu bald war es an der Zeit, zum Bus zurückzukehren. Auf dem Rückweg drehte man sich bei jedem Grollen und Tosen um, um noch einen letzten Blick auf herunterfallendes Eis zu werfen. Aber es würde ohnehin nicht der letzte Blick sein, denn wir würden am nächsten Tag nochmals wieder kommen.


Für den nächsten Tag hatten wir nämlich ein „Mini-Ice-Trekking“ gebucht. Es gibt nur eine einzige Agentur in El Calafate, die Gletscherwanderungen anbietet. Die Beschreibung der „Big-Ice-Tour“ und der physischen Anforderungen hat so tough geklungen, dass Jörg und ich uns für die kleine Tour, sozusagen die Schnupperrunde, entschieden, schliesslich sind wir nicht gerade die fittesten Lebewesen unter dem Firmament. Aber auch der Preis für die Grosse Tour war ziemlich happig. Rückblickend hätten wir es zwar von der Fitness her wohl doch geschafft, aber auch die kleine Tour war wirklich ganz schön und ein unvergessliches Erlebnis. Schliesslich ging es ja vor allem darum, AUF dem Perito Moreno gewesen und in Tuchfühlung mit diesem Naturwunder gekommen zu sein.

Nachdem wir morgens beim Hotel abgeholt worden waren, ging es wieder zum Nationalpark. Da viele Leute nur einen einzigen Tag beim Gletscher verbringen, hatte man zuerst noch etwa 2h Zeit, auf den Metallstegen herumzugehen, also sozusagen unser Programm von gestern. Das störte uns allerdings nicht, und auch nicht dass es heute den ganzen Tag über regnete, denn tatsächlich hätten wir gut auch noch 1-2 Tage mehr vor dem Gletscher stehen und darauf warten können, dass ein Eisberg abbricht. Es wäre uns nicht langweilig geworden. Während heute aber die meisten Leute wegen des Wetters entweder nur kurz zur Gletscherwand runter gingen und dann den Rest der Zeit im Restaurant ausharrten, oder sich in das kleine gedeckte Häuschen auf der Hauptplattform drängten, waren wir, ausgerüstet mit unserem gesamten Winter- und Regenequipment ganz vorne mit dabei. Ein bisschen Regen kann uns schliesslich nicht aufhalten. Immerhin schleppen wir ja den Krempel seit Monaten mit uns herum, ohne ihn bisher jemals wirklich gebraucht zu haben (ja, wir waren wirklich bisher mit viel schönem Wetter gesegnet), jetzt war also die Zeit für die Regenhosen und Pellerinen gekommen. Und so verharrten wir die ganzen 2 Stunden an vorderster Front, aber wir hatten leider Pech. Man konnte klar sehen, dass der Gletscher früher am Tag sehr aktiv war, nämlich an den sichelförmig schwimmenden Eisbrocken im Wasser an verschiedensten Stellen. Aber genau als wir dort waren, wollte das Ding wohl nicht mehr. Tja, Pech.

Nach den 2h brachte uns der Ausflugsbus zur Bootsanlegestelle, von wo aus wir mit einem Boot auf der Südseite zur Gletscherzunge auf die andere Seite der Gletscherzunge gebracht wurden. Vom Boot aus hatte man natürlich gleich nochmal eine ganz andere Aussicht auf die Gletscherwand, die sich an der höchsten Stelle 55 m hoch vor einem auftürmt.

Auf der anderen Seite angekommen, konnten wir unser Gepäck deponieren und wurden mit Steigeisen und Handschuhen ausgestattet. Bzw. Hätten ausgestattet werden sollen, denn es hiess plötzlich, es seien keine Handschuhe mehr verfügbar. Und das obwohl wir uns in der Agentur extra danach erkundigt hatten und uns absolut hundertprozentig versichert worden war, dass man sich Handschuhe ausleihen konnte, denn solche hatten wir nämlich als einziges nicht dabei. Wenn wir das ja gewusst hätten, hätten wir uns auch einfach in Calafate noch schnell am Vortag welche besorgen können. Bei der Sicherheitseinweisung hatte der Guide sogar noch darauf hingewiesen, dass man Handschuhe anziehen soll, um Schnittverletzungen vom Eis an den Händen zu vermeiden. Als wir ihn dann darauf hinwiesen, meinte er, dann sollen wir eben nicht hinfallen, dann passiere schon nichts. Haha. Wirklich ein fantastisches Sicherheitskonzept! Jörg und ich liessen das natürlich nicht gelten und beschwerten uns. Und voilà, plötzlich hatte man dann doch noch 2 Paar Handschuhe für uns auftreiben können. Der Guide war von uns dadurch natürlich schon ein wenig genervt, und meinte, wir sollen nicht so blöd tun, schliesslich seien wir eine Gruppe und müssten aufeinander Rücksicht nehmen. Als es dann aber darum ging, Steigeisen in der für Jörg passenden Grösse zu finden (was wir uns natürlich auch schon tags zuvor in der Agentur hatten bestätigen lassen - „Si si, no te preocupes“ - wie immer), und der Guide ungeduldig wurde und mit dem Rest der Gruppe bereits drauf und dran war, einfach loszuziehen, haute ich ihm seinen eigenen bescheuerten Satz von wegen, wir sind eine Gruppe und müssen Rücksicht nehmen, dann auch gleich um die Ohren. Das wars dann mit dem gegenseitigen Beschnuppern und Kräftemessen, anschliessend waren alle wieder ganz nett und freundlich zueinander. Wirklich. So sind die Latinos. Sie sind freundlich, liebenswürdig und sie sind nicht nachtragend. Aber manchmal muss man eben demonstrieren, dass man sich nicht verarschen lässt. Anschliessend ist die Welt für alle wieder in Ordnung. Und für die horrenden Preise, die hier verlangt werden, darf man schliesslich auch etwas Service erwarten.

Aber das war ohnehin alles nur noch nebensächlich, als wir dann endlich auf dem Gletscher waren. Wir bewegten uns einem präparierten Pfad entlang über ein kleines Stück seitlich der Gletscherzunge. Eigentlich handelte es sich beim „Mini-Trekking“ eher um eine Fototour, als um eine wirkliche Wanderung, aber das war in Ordnung. Wir kamen an ein paar wirklich umwerfenden Stellen vorbei, wo man sich fast nicht hatte sattsehen können. Wieder dieses leuchtende Blau. Me encantó mucho!

Kurz vor dem Ende der Tour trug es sich dann tatsächlich noch zu, dass Jörgs Steigeisen brach. Na super! Während der eine Guide mit dem Rest der Gruppe weiterging, marschierte der andere schnell zurück, um ein neues Steigeisen zu holen. Wir sollen hier warten und Jörg soll sich nicht bewegen, hiess es. Alles klar. Genaugenommen war das ja ein riesiges Glück, denn so hatten Jörg und ich eine Weile Zeit für uns allein auf dem Gletscher, um die Aussicht zu geniessen und ein paar Fotos zu schiessen, ohne darauf achten zu müssen, dass kein anderer Heini ins Bild tritt. La Muchacha kam aber überraschend schnell wieder mit dem neuen Eisen und so konnten wir bald weitergehen, um die anderen wieder einzuholen. Die waren inzwischen schon beim Ende der Tour angelangt: zum Schluss gab es ein Glas Whiskey und ein Schokoladen-Bonbon.

Nach etwa 1.5h auf dem Eis ging es dann mit Boot und Bus zurück nach Calafate.

Es war ein wunderbarer Tag gewesen, trotz dem strömenden Regen.


Am nächsten Tag besuchten wir noch das Glaciarium, welches etwas ausserhalb von Calafate fährt. Allerdings gibt es einen kostenlosen Shuttle-Bus, der einen vom Städtchen zum Museum bringt. Obwohl der Eintrittspreis nicht gerade gering ist, muss man festhalten, dass es sich hier definitiv um eines der besseren Museen in Südamerika und wahrscheinlich das Beste in Argentinien handelt. Obwohl es nicht viel Anschauungsmaterial gibt (Eis hat die doofe Angewohnheit in Innenräumen zu schmelzen), ist es thematisch gegliedert und es gibt viele Erklärungen, Bilder, Graphiken, etc, die einem die verschiedenen Themen veranschaulichen.

Im ersten Bereich geht es um verschiedene Formen von Eis und deren Entstehung, wie beispielsweise Gletschermühlen und Eisberge. Ausserdem wird die Frage geklärt, weshalb das Eis so wunderbare Blautöne aufweist. Die Antwort ist, dass Blaues Licht mehr Energie hat als die anderen Farben des Lichtspektrums, weshalb die blauen Photonen tiefer in das Eis vordringen können. Je tiefer das Licht vordringt, desdo blauer wirkt das Eis.

In einem zweiten Teil wird die Geschichte der Gletscherforschung und des damit verbundenen Mountaineering-Sports erläutert. 1837 stellte der Forscher Luis Agassiz zum ersten Mal die Theorie auf, dass es auf der Erde Eiszeiten gegeben hatte, und dass die Bewegungen der Gletscher die Erde geformt haben. 1840 veröffentlichte er sein Buch „Études sur les glaciers“.

Als nächstes geht es darum, wie Gletschereis überhaupt entsteht, wie Gletscher aufgebaut sind und wo Gletscher überhaupt vorkommen. Der Schnee, der auf den Gletscher fällt, wird durch zunehmenden Druck von weiteren Schichten dichter und kompakter, verwandelt sich erst in Firn und dann in Gletschereis. Luftblässchen zwischen den Schneekristallen werden währenddessen eingeschlossen und versiegelt, was das Gletschereis undurchlässig für Wasser und Luft werden lässt. Interessant ist, dass dieser Prozess der Umwandlung von Schnee in Eis in wärmeren Gegenden wie Patagonien oder den Alpen viel schneller verläuft, als in höheren Regionen oder an den Erdpolen, wo diese Transformation viele Jahre dauert. In ganz extremen Regionen wie beispielsweise in der Russischen Vostok Station in der Antarktis dauert dieser Prozess 2500 Jahre!

Faszinierend war das Bild mit den verschiedenen geometrischen Strukturen von Schneekristallen. Mir war bis dahin nicht bewusst, dass es so viele verschiedene Kristallstrukturen gibt und wie wunderschön diese sind.

97% des Gletschereises weltweit befindet sich in der Antarktis, Grönland und der Arktis. In Südamerika befinden sich 0.15%, in Europa 0.42% des Gletschereises. Am wenigsten Eis weist der afrikanische Kontinent mit nur 0.0005% auf. Vom der Gesamtmenge an Wasser auf der Erde sind nur 2.5% Süsswasser, wovon weitere 68.7% in Gletschern gebunden sind. Wahnsinn.

Gletscher fliessen bedingt durch die Erdanziehungskraft hangabwärts. Die höchste Flussgeschwindigkeit wird dabei an der Oberfläsche der Gletscherzunge in deren Mitte erreicht.

Im anschliessenden Teil der Ausstellung werden die einzelnen Gletscher des südlichen und nördlichen Patagonischen Eisfelds vorgestellt.

Das nördliche Eisfeld liegt komplett in Chile, ist 100km lang, 45 km breit und die Eisdicke beträgt stellenweise bis zu 1400m! 39 Hauptgletscher gehören zum nördlichen Feld.

Das südliche Eisfeld ist die grösste Eismassen ausserhalb der Antarktis auf der südlichen Hemisphäre und dehnt sich zwischen Argentinien und Chile aus. Es wird aus 48 Gletschern geformt, die in Seen und pazifische Fjorde abfliessen. Die Gesamtfläche ist zwischen 1945 und 2010 um mehr als 7% geschrumpft.

Der berühmteste der Gletscher ist zweifelsfrei der Perito Moreno, benannt nach einem argentinischen Forscher und Volksheld. Der Gletscher ist 30km lang und bedeckt eine Gesamtfläche von 254km2. An seiner tiefsten Stelle ist er 700m tief und fliesst mit einer Geschwindigkeit von mehr als 2m pro Tag.

Im Jahr 1899 lag die Gletscherzungen noch 750 m entfernt von der Küste, im Jahr 1917 erreichte der Gletscher zum ersten Mal die Küste der Peninsula Magellanes. Von diesem Jahr an bildete der Gletscher gelegentlich die Eisdämme, ein Phänomen für welches der Perito Moreno berühmt ist. Dabei erreicht der Gletscher das Land, bildet einen Damm und damit eine natürliche Barriere, die den natürlichen Fluss zwischen dem Brazo Rico und dem Canal de los Tempanos unterbricht. Der Wasserspiegel im Brazo Rico steigt dadurch zuehmend, bis das Wasser beginnt Lecks in den Eisdamm zu schlagen. Wenn dieser Prozess einmal begonnen hat, ist er nicht mehr aufzuhalten. Immer weitere Stücke brechen aus dem Eisdamm ab, bis sich eine Bogenbrücke zwischen dem Land und dem Gletscher bildet. Aber auch diese Formation ist nicht von dauer, die Erosion durch das Wasser geht immer weiter, bis die Brücke irgendwann unter lautem Getöse zusammenbricht. Jedesmal wenn dies geschieht, sind tausende Schaulustige und Presseleute aus aller Welt vor Ort, um dem Spektakel beizuwohnen, obwohl nicht genau vorausgesagt werden kann, wann es geschieht. Seit dem ersten Mal im Jahr 1917 wiederholte sich dieses einzigartige Phänomen in den Jahren 1935, 1940, 1942, 1988, 2004 und 2016.


Zum Glaciarium gehört auch noch eine Ice Bar. Nachdem wir ziemlich lange im Museum verbracht hatten, konnten wir nun wirklich einen Drink vertragen. Nachdem der Eintritt bezahlt war, wurde man mit einem Poncho und Handschuhen ausgestattet, bevor man in Gruppen zu einer zugeteilten Zeit betreten kann. Ab dann tickt die Uhr. 20 Minuten darf man in der Bar bleiben, während dieser Zeit sind alle Getränke inbegriffen. Also hiess das Motto: ran an die Bar! Während die Argentinier mehr damit beschäftigt waren, unzählige Fotos zu machen, hielten Jörg und ich den Barmann auf Trab. Schliesslich wollten wir ja auch was haben für unser Geld. Der Barkeeper schien den Job allerdings nicht besonders zu mögen, er war ziemlich genervt und unmotiviert. Irgendwie aber auch ein bisschen verständlich, wenn alle halbe Stunde eine neue Meute kommt, die sich im Eiltempo die Kante geben will. Ist ja auch ein absolut bescheuertes Konzept, besser würde man einfach jedem 2 Gutscheine für ein Getränk geben, und jeder kann so lange bleiben wie er will. Da es drinnen ja wirklich ganz schön kalt ist, gehen die meisten ja eh bald wieder. Während mir fast die Füsse abfroren, war Jörg mal wieder mit kurzer Hose und Sandalen unterwegs, aber er friert ja nie (oder er gibts zumindest nie zu :-) ) Innerhalb der 20 Minuten schafften wir es immerhin je zwei Fernet-Coca in kleinen Eisbechern plus einige Likörshots zu tilgen. Ich war jedenfalls ziemlich angesäuselt, als wir die Bar wieder verliessen. In der Bar kamen wir noch ins Gespräch mit zwei Südafrikanern, die in Zürich leben. Wen man so alles trifft.....


Nach dem Besuch der Icebar hingen wir noch den restlichen Tag in Calafate herum, wo es ausser den üblichen touristischen Einrichtungen wie Hotels, Restaurants und Souvenirshops nichts gibt. Alle diese Städtchen in Patagonien leben einzig und allein vom Tourismus, ohne ihn würden sie wohl gar nicht existieren. Entsprechend trostlos und langweilig sind sie auch.

Dummerweise hiess es heute Zeit tot zu schlagen, da unser Bus erst morgens um 2 abging, und wir für die Zeit nicht noch ein teures Hotelzimmer buchen wollten. Patagonien ist nämlich wirklich nicht gerade ein kostengünstiges Pflaster. Ausserdem dummerweise regnete es bereits den ganzen Tag, was das „Zeit-zu-Tode-schlagen“ einiges mühsamer machte. Man konnte es sich nämlich nicht einfach wie sonst im Stadtpark gemütlich machen. Also wanderten wir einige Zeit im Regen durch die Stadt und hingen anschliessend noch eine Weile im Aufenthaltsraum des Hostels herum und arbeiteten am Blog, bis wir uns dann auf den Weg zum Busterminal machten, wo wir dann ebenfalls nochmals einige Stunden herumhingen. Das sind wirklich die anstrengendsten Momente beim Reisen, die Momente des Heimatlos-Seins, die Momente des Wartens. Aber wir waren nicht die Einzigen, denen es so erging, diverse andere Touris machten es sich ebenfalls am Terminal so gemütlich wie es halt ging. Ein Päärchen kochte sich sogar noch das Abendessen auf einem Gaskocher. Das Security Personal schien sich jedenfalls nicht daran zu stören..

Für Unterhaltung sorgten wie immer die Hunde, die wie überall in Lateinamerika auch hier herumstreunen. Ich muss sagen, dies ist eines der Dinge, die mir fehlen werden, wenn wir nach Europa zurückkehren: die Hunde. Sie sorgen einfach für Leben in den Strassen, leisten einem Gesellschaft und wenn man nichts zu tun hat, ist es (jedenfalls für mich) immer unterhaltsam, sie zu beobachten beim herumlungern, gegenseitigen beschnuppern und spielen. Manchmal ist es auch ein wenig herzzerreissend, wenn sie zu einem kommen und einen mit ihren treuen Augen anschauen, gestreichelt werden wollen und um etwas zu fressen betteln. Nicht selten lasse ich auch mal etwas „zufällig“ auf den Boden fallen, und gewinne dadurch wieder einen neuen Freund, der uns den Rest des Tages folgt (Jörg findet das jeweils nicht ganz so witzig). Leider sind einige Hunde in wirklich bedauernswertem Zustand, sind verletzt, verwahrlost oder es fehlen ihnen sogar Beine, aber längst nicht alle. Viele sind gepflegt, gut genährt und scheinen sich wohlzufühlen. Sie sind hier irgendwie in die Gesellschaft integriert. Wir haben häufig beobachtet, dass beispielsweise gerade in Restaurants Reste und Knochen von den Tellern der Gäste im Hinterhof bei den Streunern landen. Was man selber nicht mehr isst, gibt man den Hunden ab, anstatt es in den Müll zu werfen. Macht ja auch Sinn. Es ist ausserdem sehr spannend, dass wir noch NIEMALS von einem Streuner irgendwie angegriffen, angebellt oder sonst in irgendeiner Form aggressiv bedroht worden sind. Nie. Nur die Haushunde, deren Aufgabe es ist, das Haus der Familie zu bewachen, werden aggressiv und bellen einen an, wenn man vorbei geht. Soviel zum Thema der „gefährlichen Hunderassen“. Uns wurde aber schon erzählt, und wir haben es auch selbst beobachtet, dass die Hunde zwielichtigen Gestalten gegenüber aggressiver auftreten. Leute haben uns erzählt, dass sie auch schon mal Taschendiebe ankläffen, wenn sie merken, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Wirklich sehr spannend.

Jörg und ich haben auch schon mal einen halben Nachmittag damit verbracht, über die ziemlich philosophische Frage zu diskutieren (ja sowas tut man bisweilen, wenn man nichts zu tun hat): wärst du lieber ein Haushund, der in Sicherheit lebt und sich stets darauf verlassen kann, gefüttert zu werden, der dafür aber immer eingesperrt ist und einem Herrchen folgen muss? Oder wärst du lieber ein Streuner, der zwar immer selber für sein Auskommen sorgen muss, keine Futter-Garantie hat, und Gefahr läuft irgendwo unter die Räder zu kommen, der dafür aber frei ist und tun und lassen kann, was er will und hingehen, wo er will? Was würdest DU wählen?


Tja, aber lassen wir das nun mit dem Philosophieren über das Hundeleben. Irgendwann kam dann jedenfalls unser Bus und wir machten uns nun endgültig auf den Weg Richtung „Ende der Welt“.


Antworten (1)

Ursi
Gletscher fasch wie diheim- em Bärner Oberland oder em Wallis.... abrr halt viel imposanter und grösser!

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