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SANTIAGO DE CHILE 14.01.2023

Veröffentlicht: 17.01.2023

Heute sind wir alleine unterwegs, Franzi hat eine Einladung außerhalb der Stadt. Sie brachte uns noch zur nächstgelegenen U-Bahnstation "Pedro de Valdivia" und kümmerte sich um unsere Fahrkarteq. In Santiago wird eine sog "bip-Karte" (tarjeta) benötigt, wenn man/frau die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen will. Das ist eine sensorgesteuerte Fahrkarte, die ca. 2 € kostet und dann nach Bedarf geladen werden kann. So eine Einzelfahrt kostet um die 80 Cent. Je nach Uhrzeit unterscheiden sich die Preise, also morgens und abends etwas teuerer, da großer Andrang. Das Ticket berechtigt zu einer zweistündigen Fahrt mit mehrmaligem Umsteigerecht. Franzi hatte zwei dieser tarjetas (den Preis bekommt man/frau nicht zurück) und wir luden eine mit 5000 chilenischen Pesos auf. Dann machten wir uns auf den Weg zum Cerro Santa Lucia. Das ist eine andere der drei Erhebungen hier in Santiago und auch wieder als Erholungs-/Freizeitpark angelegt. Der Gipfel  (Torre Mirador) ist über ein ausgeprägtes Wegenetz und/oder steile Basaltstufen erreichbar. Diese Treppen, teilweise mit Geländer, würden in Deutschland unter Sicherheitsaspekten alle gesperrt werden! Hoch gingen wir noch sehr behäbig über breite Wege, aber der verkürzte Abstieg war nicht ohne Risiko, zumal die gesamte Anlage durchgehend bewässert wurde und damit die Treppen noch mehr Aufmerksamkeit einforderten. Aber die stillen Oasen zum Entspannen entschädigten uns. Hier mal eine Sitzgruppe mit Mosaikbelag wie von Gaudi, da ein Wasserbecken und alles unter schattigen Bäumen. Wir schlenderten so entspannt durch die Anlage wie in einem geschützten Raum, während um uns die große Stadt mit all den Häusern und Geräuschen war. Eine wunderbare Insel inmitten der großen Stadt! Sehr schön! 

Danach wollten wir die nahegelegene Biblioteca National de Chile besuchen und in der Cafeteria eine Pause einlegen, aber die Realität und der lonely planet stimmten nicht überein, samstags geschlossen!? Franzi hat die Theorie entwickelt, dass durch die Einschränkungen der Pandemie viele Angebote heruntergefahren wurden und jetzt, in der "Neuzeit" nicht mehr angeboten werden. Also sollten wir in Zukunft mehr das aktuellere Internet nutzen!

Also weiter zum Centro Gabriela Mistral, dass durch seine "... gewölbeartigen und scheinbar schwebenden Elemente im Inneren..." beeindrucken sollte. Aber auch hier klaffte, nach unserer Meinung, eine große Lücke zwischen der Realität und dem Reiseführer. Lediglich die äußere Erscheinung als "rostige Käsereibe" zu beschteiben ist ok., nur fehlte der Hinweis auf eingeschlagene Scheiben, zerfetzte riesige Abdeckplanen und versifftes Mauerwerk. Ab hier begann auch ein Gebiet der Stadt, das weit entfernt vom Begriff schön ist: Altbauten, die völlig vollgetagt waren, zugemauerte Erdgeschosse mit Stahltüren, ruinenhafte Bushaltestellen, an denen keine Infos zu lesen waren, irgendwie Kreuzberg in den schlimmsten Zeiten und Ecken! Und dann keine fünf Minuten weiter wieder moderne Hochhäuser?! Durch Franzi erfuhren wir, dass dieser Teil von Rio (Plaza Italia) der Hauptauflaufplatz von Demonstrationen und Protestbewegungen ist. Wenn solche Veranstaltungen ablaufen, sollte man/frau sich hier nicht aufhalten, denn die Demonstranten und die Polizei würden mit massiver Gewalt aufeinander zugehen! Überhaupt soll, nach Franziskas Meinung, die gesamte chilenische Bevölkerung in zwei sehr gegensätzliche Lager geteilt sein. Auf der einen Seite die Linkseingestellten, die Richtung kommunistischer Grundideale streben (autark ohne Abhängigkeiten vom ausländischen Kapital, auch ohne Wirtsachaftsbindungen an andere südamerikanische Staaten, näher an China) und auf der anderen die konservativ Eingestellten: Sehr stark am amerikanischen Lebensstil orientiert, äußerlichen Statussymbolen verfallen, auch wenn dabei eine hohe Eigenverschuldung passiert, unterstützt von einem derzeit starken Peso und massiv ausländerfeindlich. Chile soll hier in Südamerika eine ähnliche Stellung einnehmen, wie Deutschland in Europa und deshalb gibt es sehr viele illegale Immigranten aus den wirtschaftlich am Boden liegenden anderen Ländern (Venezuela, Peru, etc.). Und natürlich dann auch dieselben kriminellen Strukturen und Abläufe. 

Dabei wurden die letzten Wahlen hier (vor ca. 1 Jahr) auch erst durch eine sehr knappe Stichwahl entschieden! Amerika mit Biden/Trump, Brasilien mit Lula da Silva/Bolsenaro und nun Chile mit Boric/Kast, alles Länder in denen sich zwei nichtkompromissbereite Bevölkerungsschichten gegenüberstehen! Wie es in Chile weitergeht wird die nächste Zeit zeigen, zumal schon viele Regierungsmitglieder innerhalb des ersten Jahres ausgetauscht wurden und die ünterdrückten indigenen Völker nun auch vermehrt ihre Rechte einfordern! Wir können nur hoffen, dass die Zeit der Militärdiktatur unter Pinochet, mit all seinen Schrecken, nie vergessen wird und immer eine Notbremse bleibt!

Unsere Planung, nämlich vom Platz Italia mit dem Bus nach Hause zu fahren, konnten wir an den nächsten Ruinenhaltestelle auch nicht umsetzen und so fuhren wir mit der Metro wieder heim. Mit Bier zu den Bratkoffeln mit Rührei und einem weiteren Sightseeing-Abend auf dem Balkon endete dieser Tag! 

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