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230 Tage on the Road

Veröffentlicht: 15.03.2020

Hello again! Mensch, wie die Zeit rast… das letzte Mal waren wir noch in Frankreich, Sarah hatte kurz vorher mit ihrer Mutter 115km auf dem Jakobsweg zurückgelegt, und jetzt sitzen wir hier schon seit einer ganzen Weile im kalten Holland und sind tatsächlich schon seit 230 Tagen on the Road! Natürlich gibt es auch diesmal wieder allerlei zu erzählen.

Fangen wir mal bei der Reise von Spanien nach Holland an. Was mir als erstes dazu einfällt: Scheiss Wetter. Nach den Monaten in Südspanien und Portugal mit milden Temperaturen zwischen 15 – 20 Grad, durchquerten wir Frankreich bei Schneeregen und eisigen Temperaturen. Zu Frankreich haben wir inzwischen eine tiefe Abneigung entwickelt. Das hat vielerlei Gründe und hat mit Dingen zu tun, die wir von Franzosen über das französische System gehört haben aber auch mit verschiedenen Erlebnissen, die bei uns viel Unverständnis hervorgerufen haben. Eigentlich wollten wir ein bisschen detaillierter darauf eingehen, aber es wäre Jammern auf hohem Niveau und inzwischen ist das alles wieder eine Weile her. Also lassen wir das Jammern an dieser Stelle einfach mal weg und freuen uns stattdessen über die schönen Dinge im Leben.

Wir haben auch schöne Dinge in Frankreich erlebt, zum Beispiel waren wir im Disneyland in Paris! Die erste Nacht verbrachten wir auf dem Parkplatz eines riesigen Einkaufszentrums und wollten dann morgens ganz früh losfahren, um einen der wenigen Gratisparkplätze vor dem Disneyland zu ergattern. Um sechs Uhr morgens klingelte der Wecker und wenig später stellten wir fest, dass die Ausgänge mit Schranken versperrt waren. Tja, das war natürlich ganz schön doof. Irgendwann sahen wir dann in der Ferne einen Lastwagen, der wahrscheinlich etwas angeliefert hatte. Wir nahmen die Verfolgung auf und fühlten uns ein bisschen wie in einem James Bond Film, als wir auf dem leeren Parkplatz das Lenkrad herumrissen und mit ordentlich Tempo dem Lastwagen hinterherrasten. Er hat den Parkplatz dann ganz einfach durch das offene Einfahrtstor verlassen – hätten wir auch draufkommen können.

Das Frühaufstehen hat sich jedenfalls gelohnt, denn wir fanden tatsächlich einen kostenlosen Parkplatz, nur fünf Minuten vom Parkeingang entfernt. Zwar direkt an der vielbefahrenen Hauptstrasse, aber das war egal. Hätten wir auf dem offiziellen Parkplatz vom Disneyland parkiert, hätten wir 40 Euro pro Tag bezahlt. Die Eintritte für beide Tage haben uns je 136 Euro gekostet – auch nicht gerade ein Schnäppchen. Aber es war Ende Februar und das Wetter superschlecht, da gibt’s bestimmt nicht viele Leute – dachten wir. Falsch. Fast überall musste man eine Stunde anstehen. Eine Stunde im Schneeregen. Und hinzukam: Vor ein paar Tagen hatten wir uns beide verletzt. Sarahs Knie fing nach dem Jakobsweg an zu schmerzen und seit ich mich vor ein paar Tagen beim Joggen verirrt und dann 12 km anstatt die geplanten 6 km gejoggt bin, schmerzte mein linker Fuss. Die zwei Tage im Disneyland haben wir dann vor allem mit Rumhumpeln und Warten verbracht. Aber es war natürlich trotzdem ganz cool gewesen und es gab viele abwechslungsreise Attraktionen. Und wer Sarah kennt, weiss, dass sie ein riesiger Disney-Fan ist - manchmal hatte ich den Eindruck, eher mit einem Kind, das an ganz starkem ADHS Syndrom leidet, unterwegs zu sein statt mit meiner erwachsenen Freundin… 😊

Filou blieb die ganze Zeit über im Büssli, am Mittag gingen wir jeweils für eine kurze Gassirunde zurück. Das ist wahrscheinlich der einzige Vorteil daran, wenn es draussen kalt ist: der Wagen überhitzt nicht, man kann Hund problemlos drin lagern.

Weiter ging’s Richtung belgische Grenze. Noch eine Nacht verbrachten wir irgendwo im französischen Hinterland. Wir sind nämlich nicht auf der Autobahn gefahren, denn das hätte uns über 100 Euro an Mautgebühren gekostet (ich sag doch, Frankreich ist doof!). Wir haben uns stattdessen auf Nebenstrassen durchgeschlagen und haben halt ein paar Extrastunden Fahrzeit in Kauf genommen.

In Belgien angekommen, gab’s einen kurzen Zwischenstopp im McDonalds, wo es über 10 verschiedene Sorten Cola gab (mir Vanille, Zimt, Cherry usw.). Das war auch schon alles, was uns von Belgien in Erinnerung geblieben war, wenig später haben wir schon die holländische Grenze erreicht und sind bei Sarahs Oma in Duiven gelandet, wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Eigentlich wohnt da auch Sarahs Opa, doch der ist leider seit ein paar Wochen im Pflegeheim, kann aber hoffentlich bald wieder nach Hause. In der Zwischenzeit greifen wir der Oma im Haushalt unter die Arme und leisten ihr ein bisschen Gesellschaft.

Es ist schön, mal wieder in einem richtigen Haus mit richtigen Betten zu wohnen. Und das Timing war super, weil – drei Mal dürft ihr raten – Coronavirus. Doch dazu komm ich gleich.

Also, vor zwei Wochen sind wir in Duiven angekommen. Ein paar Tage später sind wir für 5 Tage nach Amsterdam. Wir hatten dort ein AirBnB gemietet und ein paar Freunde aus der Schweiz und Deutschland kamen zu uns. Eigentlich wären wir zu sechst in dem AirBnB gewesen, erlaubt gewesen wären fünf. Schlussendlich waren wir zu acht dort, weil unsere Freunde Jamie und Wolfgang einen Tag vor Anreise gemerkt haben, dass sie ihr Hotel nicht in Amsterdam, sondern ausversehen in Aachen gebucht hatten. Fragt mich bitte nicht wie das zustande kam. Jedenfalls waren wir dann 8 Leute plus Filou im AirBnB und es war genau die richtige Mischung aus Charakteren. Wir verbrachten ein paar wundervolle Tage in Adam und Filou kam mit kuscheln gar nicht mehr hinterher. Das Coronavirus hat uns aber auch da schon auf Trab gehalten. Bei allen Freunden aus der Schweiz waren z.B. die Flüge verschoben worden, zum Glück kamen alle noch nach Hause. Zu dem Zeitpunkt wurden in der Schweiz auch Veranstaltungen abgesagt. In Holland, speziell in Amsterdam, merkte man davon aber noch gar nichts. Sogar das Konzert von Tones and I mit über 1'200 Menschen hatte letzten Montag stattgefunden als ob nichts wäre. Nirgends in ganz Adam ein Hinweis auf Coronavirus oder Hygienemassnahmen. Beim Konzert gab es nicht mal Taschenkontrollen und das Bier kriegte man in der Glasflasche - das hat jetzt zwar nichts mit dem Coronavirus zu tun, hat uns aber ganz allgemein zu der Frage geführt, ob Holland auf jegliche Sicherheitsmassnahmen pfeift? Jetzt, wenige Tage später, sind auch in Holland alle Konzerte und Veranstaltungen abgesagt, und vielleicht werden auch hier ab Morgen die Schulen geschlossen.

Ja, und was bedeutet das Coronavirus eigentlich für uns und unsere Reisepläne? Genau darüber zerbrechen wir uns derzeit die Köpfe. Also, den März werden wir sowieso noch bei Sarahs Oma verbringen. Das war schon von Anfang an geplant gewesen, denn Opa hat am 24. März Geburtstag, da wollten wir alle ins Pflegeheim und mit ihm feiern. Leider kam vor zwei Tagen ein Anruf, dass ab sofort nur noch eine Person pro Tag auf Besuch darf. Was jetzt aus der Geburtstagsparty wird, ist also offen. Vielleicht finden wir einen anderen Weg. Und danach?

Ursprünglich wollten wir ja für ein paar Monate nach England/Schottland/Irland. Aber wegen Corona bleiben da viele Fragen offen. Bleiben die Grenzen offen? Fahren die Fähren weiterhin? Und was würde eine allfällige Ausgangssperre für unseren Lebensstil im Camper bedeuten? Spanien hat ja bereits eine Ausgangssperre ausgerufen und jemand hat uns gezwitschert, dass Verstösse dagegen ziemlich hoch gebüsst werden. Spanien wäre nämlich eine verführerische Alternative zu England: Warme Temperaturen, ein bisschen Sonnenschein, surfen in El Palmar und Tarifa, auch mal noch das Inland erkunden, günstige Preise... keine Ahnung, ob das derzeit überhaupt möglich ist. Ein Freund von uns ist gestern in Spanien angekommen und wird uns über die Situation auf dem Laufenden halten. Er meinte aber, dass es derzeit scheinbar gar nicht möglich ist, überhaupt in Spanien einzureisen.

Eine weitere Option wäre, dass wir vorläufig zurück in die Schweiz kommen. Denn wir sorgen uns schon ein bisschen darüber, ob wir in ein paar Wochen überhaupt noch zurückkommen können. Aus dem Grund, weil wir für die Rückreise ja andere Länder (von Holland aus z.B. Deutschland) passieren müssten und es inzwischen immer mehr Länder gibt, die eine Einreisesperre verhängen. Und was eben auch doof ist: Wir sind ein Stückweit auf Infrastrukturen wie Schwimmbäder, Restaurants, Stellplätz etc. angewiesen. Aus dem einfachen Grund, weil wir keine Dusche haben und der Laptop einen zu hohen Verbrauch für unsere Zusatzbatterie hat (tja, wir hätten halt doch eine Solaranlage einbauen müssen). Und wenn das jetzt alles schliesst bzw. schon geschlossen ist, dann heissts: Tschüss Komfortzone! Waschen im Fluss und Stromverbrauch stark reduzieren.

Vorerst bleiben wir aber mal bei Oma. Es ist echt schön, nach über 7 Monaten Reisen einfach mal eine Weile an einem Ort zu bleiben und sich nicht ständig auf die Füsse zu trampeln. Wie es dann weitergeht, schauen wir, wenn es soweit ist.

So, Themawechsel, ihr habt ja bestimmt auch keine Lust, ständig mit diesem Coronavirus konfrontiert zu werden. Vielleicht fragen sich ja einige von euch, was aus unserer Challenge «100 Days of Sweat» geworden ist? Ziel war ja, 100 Tage am Stück Sport zu treiben. Also: Sarah hat es bis Tag 22 und ich bis Tag 28 geschafft – danach kamen die Verletzungen und dann noch das verlängerte Wochenende in Amsterdam hinzu und die Sache ist irgendwie im Sand verlaufen. Aber: unsere Verletzungen sind zwischenzeitlich auskuriert und wir wollen wieder mit Sport anfangen. Ob wir nochmal eine Challenge beginnen, ist noch offen. Zeit hätten wir derzeit ja zu genüge. Aber unser Schweinehund ist wieder zurückgekehrt und hat sich breit gemacht. Dabei hat es uns ganz gutgetan, jeden Tag Sport zu treiben, man fühlt sich voller Energie und viel ausgeglichener (wow, was für eine Erkenntnis). Man müsste einfach mal anfangen…

Wir haben vor ein paar Tagen übrigens wiedermal ein Video über die letzten Wochen und Monate geschnitten, ihr könnt es gerne auf YouTube anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=aNKbNF9_gjI&t=188s

Und Sarah hat noch ein separates Video zum Jakobsweg gemacht: https://www.youtube.com/watch?v=IwZRSAfBW2g

Und noch eine wichtige Info: Ich habe in Amsterdam mein Handy verloren. Bin derzeit also nur via Mail, Messenger, Insta oder Facebook erreichbar. Oder über Sarahs Handy.

Wir werden die nächsten, überwiegend ruhigen Wochen damit verbringen, Dinge zu erledigen, die mal erledigt werden müssten. Unser Büssli bräuchte mal wieder eine Tiefenreinigung, einen Service und Ölwechsel, mein Fernstudium will weiterstudiert werden und dann haben wir noch eine ganze Liste von Netflix-Serien, die wir unbedingt schauen müssen 😉

Wir hoffen, euch allen geht es gut und wir freuen uns immer, wenn wir mal was von Euch hören.

Bis zum nächsten Mal!


Autorin: Stephanie Köllinger

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