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Zeit für Entspannung! - Palomino

Veröffentlicht: 12.02.2018

06/02 - 10/02

Nach vier Wandertagen durch den Dschungel waren unsere Beine noch etwas schwer. So schlimm wie befürchtet, war es allerdings gar nicht - wir waren also bereit wieder weiterzureisen.


Wir erkundigten uns im Hostel, wie wir am besten von Santa Marta nach Palomino kommen, weil wir keine brauchbaren Infos im Internet fanden. Man teilte uns mit, dass wir zum Mercado Central gehen und von dort einen Bus nehmen sollen. Also machten wir uns zu Fuß auf den Weg und als wir beim Markt ankamen, fing uns ein junger Einheimischer ab und fragte uns nach unserem Zielort. Wir sagten "Palomino" und er führte uns zum richtigen Bus. Wir stiegen ein und mussten ein wenig bis zur Abfahrt warten. Während dieser Zeit wurden wir Zeugen eines Beinahe-Diebstahls: Hinter uns im Bus saß eine ältere Touristin, deren Tasche zwischen ihr und dem offenen Fenster am Sitz lag. Ein Typ hatte versucht, von der Straße aus ihre Tasche durch das offene Fenster zu stibitzen. Er wurde allerdings sofort von einem anderen Kolumbianer erwischt und umgehend bei der Polizei verpetzt. So schnell konnten wir gar nicht schauen, eilten fünf Polizisten herbei, nahmen ihm seinen Ausweis ab und begleiteten den Übeltäter auf die Ladefläche eines Polizei-Trucks. Einige Kolumbianer kamen zum Busfenster und erkundigten sich bei der Dame, ob es ihr gut geht und ob etwas aus ihrer Tasche fehlte. Wir waren sehr positiv überrascht, wie zuvorkommend und hilfsbereit sich die Kolumbianer, welche den Vorfall mitbekommen hatten, um die Frau kümmerten. 


Bald danach ging die Fahrt los und wir bemerkten sofort komische Quietschlaute aus dem hinteren Teil des Busses. Es war schnell klar, um was es sich handelte: Im Eck standen aufeinander gestapelte Kartons prallgefüllt mit Küken. Für Emi war das erstmal ein Schock und sie nahm sich bald die Kopfhörer, da sie das Quieken nicht ertragen konnte. Diese unangenehme Geräuschquelle wurde allerdings sehr rasch durch eine andere übertönt. Es stieg nämlich eine junge Frau mit kleiner Lautsprecherbox und Mikrofon ein und drehte Musik auf, um dazu zu singen. Ich dachte mir nur, ob das nicht eine gute Idee für einen Nebenverdienst in Österreich wäre. Ich malte mir aus, wie es wohl sein würde, im Railjet um 6:30 Uhr von St.Pölten nach Wien vor vollem Publikum ungefragt meine Gesangskünste zum Besten zu geben. Ich glaube aber, dass Österreich dafür noch nicht bereit ist...

Nach ein paar Liedern stieg sie zum Glück wieder aus und die restliche Fahrt wurden wir nur noch von irgendwelchen Verkäufern belästigt. In Palomino wurden wir an der Hauptstraße abgeladen und wechselten sofort in ein Mototaxi, welches uns zur Unterkunft brachte.


Palomino ist ein kleiner Ort am karibischen Meer zwischen Sierra Nevada de Santa Marta und dem Tayrona Nationalpark - der Dschungel endet quasi direkt am Meer. Recht viel zu tun gibt es hier nicht, aber das Örtchen hat sich trotzdem mittlerweile breite Bekanntheit bei den Touristen  - vor allem Backpackern - erarbeitet. Das touristische Leben spielt sich hauptsächlich auf dem Strand und der Straße, die dorthin führt, ab.




Anfangs waren wir etwas verwirrt, wozu es einen Pool im Hostel gibt, der auch mehr als gut besucht war, wenn sich das Meer in unmittelbarer Nähe befindet. Am Nachmittag machten wir dann einen kleinen Spaziergang zum Strand und verstanden sofort, was die Gründe sind. Das Meer war extrem unruhig und es gab sehr starke Strömungen - an Schwimmen und Surfen war überhaupt nicht zu denken. Wir gingen dennoch ein ganzes Stück den Strand im Wasser entlang und am Weg zurück schreckte Emi plötzlich auf. Sie blieb stehen und entdeckte einen kleinen Stachel in ihrer Fußsohle. Wir wissen bis heute nicht genau, wie es möglich war, aber scheinbar wurde eine Biene mit einer Welle angespült und Emi hatte das "Glück", genau zur richtigen Zeit auf diese zu treten. Zu den unzähligen Mosquitostichen auf ihren Beinen gesellte sich nun also auch ein Bienenstich, der sehr schnell anschwoll. Das war dann auch endgültig das Aus für jegliche Aktivität in den kommenden Tagen, denn durch die Schwellung konnte sie sich nur humpelnd fortbewegen. Und beinahe hätte sich ihre Stichesammlung sogar noch erweitert: Eines Abends, als Emi gerade duschen war, rief sie mich plötzlich hysterisch zu sich. Sie zeigte auf den Boden im Badezimmer unserer Bambushütte, wo eine faustgroße Spinne lag. Diese war schon deutlich mitgenommen und schleppte sich halbtot über die Kieselsteine. Scheinbar ist Emi, ohne es zu merken, auf die Spinne getreten und hat sie stark verletzt. Glücklicherweise hatte sie ihre Flip Flops an, denn sonst hätte sie sich womöglich auch noch einen Spinnenstich eingehandelt. Es blieb dann natürlich mir überlassen, das arme Vieh endgültig zu erledigen und anschließend zu entfernen...


Die restlichen Tage gesellten wir uns also zu den anderen Gästen, die rund um den Pool auf Liegen oder in Hängematten herumgammelten. Nach der Ciudad-Perdida-Tour war dieses Programm genau richtig und wir konnten wieder vollständig zu Kräften kommen. Wir verließen unser Hostel eigentlich nur abends, um in einem Restaurant in der Nähe - Emi konnte keine allzu langen Strecken gehen - etwas zu essen. Die meiste Zeit genossen wir also einfach das Nichtstun und vertrieben uns die Zeit mit plantschen, lesen, lernen und Serien schauen bis um 17 Uhr, wo die Cocktail-Happy-Hour begann. Zwei Mojitos für € 4,00 - man kann sich unsere Abendgestaltung also in etwa ausmalen...





Für die Bar war unter anderem der junge, volltätowierte Kolumbianer Esteban zuständig, der sich nebenbei auch um die musikalische Untermalung kümmerte. Durch ihn lernten wir ein paar neue Ohrwürmer kennen: Da war von Schweizer Reggae bis zu den typischen kolumbianischen Reggaeton-Hits alles dabei. Esteban erklärte mir, dass er sich sehr für Fremdsprachen interessiert und die Hostelgäste ihm immer wieder neue Songs aus den unterschiedlichsten Ländern zeigen. Er konnte auch ein bisschen Deutsch und präsentierte mir stolz seine Kenntnisse: "Ich will saufen! Ich will kiffen! Ich will ficken!" - für einen Diskobesuch im deutschsprachigen Raum ist er schon bestens ausgestattet...;)


In Palomino laufen einige komische Gestalten herum. Unser Highlight war ein älterer, etwas abgesandelter Herr, der zur Mittagsstunde immer in unser Hostel kam und auf den verschiedensten Instrumenten "musizierte". Er begann seine Session mit einer Panflöte in der linken und einer Trommel in der rechten Hand. Es war weder eine Melodie auf der Panflöte noch ein Rhythmus auf der Trommel erkennbar. Danach folgte die Blockflöte, auf der er verzweifelt versuchte, überhaupt einen Ton zu produzieren. Das große Finale war dann eine Performance auf einer Art Ukulele - seine Gitarre war kleiner als eine normale und hatte mehr als sechs Seiten (ich weiß nicht, was es tatsächlich für ein Instrument war). Er spielte immer zwei Chords, zwischen denen er willkürlich wechselte und nuschelte dazu, denn von Gesang konnte keine Rede sein. Es waren aber tatsächlich jeden Tag die selben Chords, es gab also schon irgendein System, welches aber nur er durchschaute. Wir beobachteten eines Tages während seiner Performance ein Pärchen, das gerade beim Essen war. Das Mädl konnte überhaupt nicht fassen, was da gerade neben ihr passierte und bekam bei der Ukulelevorstellung einen Lachkrampf. Aus irgendeinem Grund musste ich dabei wieder an meinen imaginären Auftritt im Railjet denken...
Nach seiner Show traute sich der Typ auch noch Geld einsammeln zu gehen. Ich schaute Emi völlig entgeistert an, als sie ihm für diese Vorstellung tatsächlich ein paar Münzen gab.


Als Emi wieder gehfähig war, entschlossen wir uns die einzige Touristenattraktion in Palomino zu machen: 'Tubing'. Dabei lässt man sich auf einem Reifen den Rio Palominoflussabwärts treiben. Gemeinsam mit der Australierin Daisy, die wir auf der Ciudad Perdida-Wanderung kennengelernt und im Hostel wiedergetroffen hatten, machten wir uns auf den Weg. Gleich neben unserem Hostel warteten bereits viele Kolumbianer mit den Reifen auf Touristen, um sie mit dem Moped zum Ausgangspunkt zu fahren. Wir bekamen jeder einen Fahrer zugeteilt und einen Reifen umgehängt. Nach einer holprigen 10-Minuten-Fahrt wurden wir im Dschungel abgeladen und mussten noch ein Stück zu Fuß den Berg hochwandern. Der Fahrer von Daisy, David, war scheinbar auch unser Guide und begleitete uns den gesamten Weg. Wir gingen noch etwa 30 Minuten, bis wir beim Flussbett ankamen. Dort platzierten wir uns nacheinander auf unseren Reifen im Wasser und hielten uns gegenseitig fest, um ein Reifenpaket zu bilden. David kümmerte sich immer wieder um die Richtung bzw. schob uns an seichten Stellen etwas an. Die Fahrt dauerte etwa zwei Stunden und währenddessen gab es klarerweise nicht viel zu tun. Wir genossen einfach die wunderbare Umgebung und die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut - das Treiben auf dem Fluss hatte etwas sehr beruhigendes und entspannendes. Ich hatte mir in weiser Vorausicht noch ein kaltes Bier mitgenommen...:)



Unser Guide entpuppte sich nach kurzer Zeit auch als Spanischlehrer und versuchte uns neue Wörter und Phrasen beizubringen. Gleichzeitig versuchten wir, seinen kleinen Englisch-Wortschatz zu erweitern. Er sprach sehr langsam und ein sehr schönes Spanisch, wodurch wir tatsächlich fast alles verstehen konnten. Es war die produktivste und effektivste Spanischlektion, die wir bisher hatten - so macht Spanischenlernen tatsächlich Spaß!


Am Abend gingen wir noch einmal unsere Straße hinauf und wollten in der sehr gut bewerteten Pizzeria essen. Diese hatte allerdings geschlossen, also mussten wir uns eine Alternative suchen. Wir blieben nicht weit entfernt bei einem Laden stehen, der zwar alles andere als einladend aussah, aber wo rund um die Uhr viele Gäste saßen - das ist normalerweise ein gutes Zeichen... 

Wir nahmen an einem improvisierten Holztisch Platz und wurden sofort von einem völlig überdrehten Kellner, der eher als Knastbruder durchgehen würde, begrüßt. Der drahtige, durchtrainierte Glatzkopf in weißem Unterhemd und ausgewaschenen Jeans, die schon viele Tage keine Waschmaschine mehr gesehen hatten, händigte uns die Speisekarten aus und etliche Zeit später kam eine junge Kolumbianerin und nahm unsere Bestellung auf. Der Kerl hastete zwar ständig herum und erledigte unzählige Dinge, aber irgendwie vergaß er auf das Wesentliche. Irgendwann war er dann nicht mehr Kellner sondern Pizzabäcker, der übertieben enthusiastisch den Pizzateig knetete. Je länger ich ihn beobachtete, desto sicherer war ich mir, dass er auf Kokain war. Die restlichen Mitarbeiter im Restaurant waren auch nur bedingt besser. Offenbar besuchen alle den selben Frisör, der nicht viel von seinem Handwerk verstehen kann, denn es wirkte total willkürlich, an welchen Stellen der Kopf kahlrasiert war und an welchen sich Haare befanden. Vor der Pizzeria stand auch eine kleine Verkaufsvitrine, wo alles Zubehör für Kiffer verkauft wurde - mich würde schon interessieren, was wohl in den kleinen braunen Tüten war...


Emi war von Anfang an von dem ganzen Ambiente etwas angewidert. Als die von ihr bestellte Limonade gebracht wurde - sie bekam einen 1 Liter-Hartplastikkrug mit gelbbrauner Flüssigkeit - war der Zug für sie bereits abgefahren. Es war zwar nur Limonade auf zu starker Schwarzteebasis, aber es sah echt unappetitlich nach Bratensaft aus. Auf die Pizza hatte Emi dann auch keine Lust mehr und würgte nur etwa die Hälfte davon irgendwie runter. Ich fand meine Pizza gar nicht so übel...


Fazit:

Obwohl wir nicht viel unternehmen konnten und auch das Meer in Palomino nicht sehr einladend war, kamen uns die ruhigen Tage genau recht. Das kleine Örtchen an der Karibikküste hat nicht viel zu bieten, aber wer auf der Suche nach einem Platz zum Entspannen ist, ist hier auf jeden Fall an der richtigen Adresse.


Hasta pronto

E&L


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