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Bakthapur - das historische Herz Nepals

Veröffentlicht: 07.10.2018

06/10/2018 Bakthapur oder auch Bhadgaun gilt als das historische Herz Nepals, quasi wie Kathmandu nur ohne das Verkehrschaos und die vielen Backpackershops des Thamels dafür mit historisch newarischer Baukunst. Das muss ich natürlich sehen!

Aber schon die Fahrt dorthin gestaltet sich seeehr abenteuerlich. Gemeinsam mit Chen aus China besteige ich das betagte Gefährt des lokalen ÖPNV und wir kommen rasch ins Gespräch über Indien und Nepal. Ich treffe nicht viele Alleinreisende aus dem Reich der Mitte, was auch daran liegt, dass sie sich nicht auf Englisch verständigen können. Na ja, ich kann ja auch keine Mandarin. Trotzdem hätte ich keinen Bock auf eine Reise im Herdentrieb. Rasch füllt sich der Bus bis er aus allen Nähten platzt. Ein alter Opi, der eigentlich weder laufen noch sitzen kann, wird neben mich verfrachtet. Alle helfen mit. Wir sind eingequetscht wie die Hennen in der Legebatterie. Ich bin sehr dankbar, dass ich einen Sitzplatz habe und habe Spaß für Zehn! 

In Dumre hält der Bus und der Busbegleiter erklärt mir, wo ich auf meinen Anschlussbus warten muss und hilft mir, meinen fetten Trolley auf die Straße zu wuchten. Das ist hier so. Am Straßenrand stehen Sitzplätze für die Wartenden bereit. Einfach so. Man könnte etwas bestellen, wird aber nicht bedrängt, ja noch nicht mal gefragt. Sehr angenehm.

 Von drei Asiatinnen erfahre ich, dass es entgegen den Informationen meiner Gastmama sehr wohl einen Direktbus nach Bakthapur gibt. Ich bin etwas sauer, aber vielleicht wusste sie es selber nicht. Kommt häufiger vor als man meint. Per Zufall kommt dieser Bus zuerst und kurzentschlossen frage ich, ob noch ein Platz frei ist. Ich darf mit und habe sogar den besten Platz ganz vorne. Mit Sicht, Beinfreiheit und Steckdosenzugang. Yeah! 3 Filme und 9 Stunden später (uuaaaah!) sind wir da. Ich bin sooo froh, dass ich mir die sauteuren aber geilen Bose Anti-Noise-Cancelling Kopfhörer gekauft habe, denn spätestens nach 2 Stunden Hindi-Musik in ohrenbetäubender Lautstärke reicht es auch.



Der Reiseführer hat nicht zu viel versprochen. Bakthapur sieht so aus wie ich mir Kathmandu vor 100 Jahren vorstelle. Alte newarische Ziegelsteingebäude säumen die gepflasterten Straßen und engen Gasssen. Das warme Rot der Ziegelsteine bildet einen wunderbaren Kontrast zu den dunklen Brauntönen der geschnitzten Türen, Fenster, Säulen und Verzierungen. 
Ich kann mich gar nicht sattsehen an dieser atemberaubenden Handwerkskunst. Was für ein Fest fürs Auge! Am liebsten würde ich sie mit nach Hause nehmen. Bakthapur hat es einfach raus mit Hilfe von Sanierungsprogrammen und entsprechender Politik die alte Bausubstanz zu erhalten. Neue Gebäude mussten im Stil historischer Architektur errichtet werden. Zu Recht ist Bakthapur stolz auf seinen Status als UNESCO-Weltkulturerbe. Leider sind etliche Tempel während des Erdbebens von 2015 zerstört oder stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Wiederaufbauarbeiten sind auch 3 Jahre später noch in vollem Gang. Man sieht Steinmetze ihre Kunst ausüben und Bauarbeiter die Bambus-Gerüste hoch- und wieder hinunterklettern. So etwas wie Arbeitssicherheit gibt es hier natürlich nicht; Dirk würde einen Anfall kriegen. Überall müssen Gebäude notdürftig abgestützt werden.

Hier lässt es sich wunderbar durch die Gassen schlendern, denn der historische Stadtkern ist eine Fußgängerzone bzw. zumindest verkehrsberuhigt.


Heute habe ich keine Lust Reiseführer zu lesen und lasse mich einfach durch die Gassen treiben, vom Durbar Square mit seinem Königspalast, den vielen Tempeln und dem Goldenen Tor über den Taumadhi Tol bis zum Tachapal.


Der Nyatapula-Tempel, der mit seinen fünf Stockwerken der höchste Nepals ist, gilt als perfekt proportioniert und anmutig. Er ist der tantrischen Göttin Siddhi Lakshmi geweiht. Zusammen mit den paarweise aufgestellten Tempelwächtern (Ringer, Elefanten, Löwen...) bildet er das Wahrzeichen der Stadt. 

Mein Guesthouse befindet sich unmittelbar neben der Pagode, sodass ich von der Dachterrasse einen guten Ausblick habe. Im Verhältnis zu Kathmandu sind die Zimmerpreise teurer, ich zahle 1600 Rupien für ein Zimmer mit Bad über dem Flur.

Die Lage ist klasse und es fühlt sich so an, als würde ich mitten in einem Freilichtmuseum wohnen. Stark! Dafür geht aber auch um 5 Uhr morgens das laute Gebimmel der religiösen Zeremonien am benachbarten Bhairabnath-Tempel los und erinnert mich an Varanasi, Indien. Leider kann ich das Video nicht hochladen. 

Dort um die Ecke gibt das berühmte Peacock-Window, DAS Aushängeschild der Jahrhunderte alten Holzschnitzkunst. Unglaublich fein herausgearbeitete Details. Im Peacock-Café mache ich Rast bei einem Kaltgetränk und genieße den Ausblick. Man kommt sich vor wie an einem Filmset. Grandios!

 Alles geht hier sehr viel ruhiger und beschaulicher zu als in Kathmandu. Einheimische sitzen entspannt im Schatten der Pagoden, entspannen oder halten ein Schwätzchen
unter überdachten Loggien. 

Am Pottery Square fällt mir die Kinnlade herunter. Hier wird doch tatsächlich in mühevoller Handarbeit Wassergefäße und Joghurttöpfchen für den täglichen Gebrauch hergestellt, kleine Elefanten und andere Souvenirs für Touristen. Hier wird geknetet und geformt was das Zeug hält, die Töpferscheiben drehen sich pausenlos während das erstaunlich gleichmäßige Tongut in der Sonne trocknet. Später werden die Stücke dann in Kolonne zum mittelalterlichen Brennofen gebracht, vorsichtig hineingeschichtet und anschließend gebrannt. Die Luft ist rauchgeschwängert. 

Man sollte nicht den Fehler machen die Newar für Nepal zu halten. De facto handelt es sich um eine von zahlreichen Minderheiten, die selber wieder so komplex in ihrem Kastensystem und religiösen Strukturen ist, dass sie einen Mikrokosmos der nepalesischen Gesellschaft bildet. Haben ihre Mitglieder zwar eine gemeinsame Sprache (von sehr vielen in Nepal) und kulturelle Gemeinsamkeiten, weisen sie aber der anderen Seite aber auch zahlreiche Unterschiede auf. Augenfällig sind z.B. die traditionellen Gewänder und die Kopfbedeckungen der Männer.



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