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Wie die Hitzewelle unsere Pläne durchkreuzt

Veröffentlicht: 03.08.2019

In Toulouse entdecken wir die stadteigenen, ausleihbaren Fahrräder, die man für die erste halbe Stunde kostenlos fahren darf. Und so düsen wir in alle Ecken der Stadt vorbei an roten Backstein-Häusern oder alten Kuttern auf der Garonne die als Wohnhäuser oder Restaurants genutzt werden. Leider erwischt uns beide ein Magen Darm Infekt und wir liegen in dem kleinen Zimmer flach für einige Tage. Eine angekündigte 40 Grad Hitzewelle in Europa überrascht uns und gefährdet unser Vorhaben weiter auf dem Fernwanderweg E4 zu laufen. Nach langem Hin und Her, entscheiden wir uns abzubrechen und suchen einen See heraus um die Hitze Periode erträglicher zu machen. Wir gehen nach Aix les Bains. Ein ruhige, schicke Kleinstadt, mit vielen älteren Touristen, die den großen See genießen, der an die Alpen grenzt. Wir schlagen unser Zelt nach einem abendlichen Bad im See im großen Park etwas entfernt von einem Parkplatz auf. Niemand stört sich an uns. Am nächsten Morgen ziehen wir auf den nahe gelegenen Campingplatz. Während unsere Nachbarn aus Hamburg im 200 PS starken Sprinter angereist sind und an Weingläsern nippend ihr Abendessen auf dem Campingtisch genießen, wissen wir gar nicht viel mit unserem Platz anzufangen und setzen uns etwas verloren neben unserer Zeit auf den Boden. 


Wir wollen auch kochen und bereiten den Benzinkocher vor. Als Jakob den Brenner anzünden will, ist die Stichflamme etwas höher geraten als geplant und bringt uns alle, inklusive Hamburger, zum Lachen und wir unterhalten uns den restlichen Abend mit dem selbständigen Unternehmer-Pärchen, die nicht unterschiedlicher Urlaub machen könnten - und trotzdem auf demselben Campingplatz gelandet sind. Sie bieten uns Wein an und interessieren sich für unsere Reise.

Unser Ziel bleibt der Lago Maggiore, wo wir unsere Familien Ende August treffen werden. Auf dem Grande Traversata delle Alpi wollen wir Richtung Lago Maggiore laufen. Der GTA verbindet alte Bergdörfer in den italienischen Alpen miteinander, die in hochgelegenen Tälern liegen. Somit soll sanfter Tourismus die einheimischen Menschen erreichen und sie unterstützen weiter dort leben zu können. Was wir unterschätzt haben ist, dass der Weg deswegen über Bergrücken von Tal zu Tal führt. Jede Etappe führt mindestens 1000 Höhenmeter hoch und natürlich wieder 1000 Höhenmeter hinunter. Selten geht es einfach mal geradeaus. Mit den schweren Rucksäcken kämpfen wir uns einige Stunden bergauf, danach leiden die Knie beim Bergablaufen. Wir haben grandiose Ausblicke, genießen Stille und Einsamkeit, die Wiesen blühen und das Wasser der Seen und Flüsse ist unglaublich klar, Murmeltiere stoßen ihre Warnlaute aus, Gämsen springen davon und riesige Schafherden müssen uns Platz machen, die von großen weißen Hunden beschützt werden, die auch eine wenig wie Schafe oder weiße Bären aussehen. Wir kaufen selbstgemachten Almkäse, laufen durch wegen Waldbränden schwarz angekohlte Wälder und auf den Gipfeln liegt Schnee. An einem Stausee finden wir einen kostenlosen Campingplatz mit wunderschöner Aussicht, einem Wasserfall, Tischen und Bänken und zwei netten Italienern.


Wir teilen unsere mitgebrachten Vorräte. Natürlich wird uns gezeigt wie man richtig Pasta kocht ;) und da einer der Italiener Botaniker ist pflücken wir einige Kräuter, die wir später in die Pasta geben (und natürlich - wie bei frischen Kräutern üblich - nicht mitgekocht werden). Da die beiden am nächsten Tag nicht weiterlaufen, hinterlassen sie uns ihren Proviant: zur Freude von Jakob auch einen leckeren Dosenfisch.

Miriams Muskelkater wird schlimmer und Jakob hat Probleme mit der linken Schulter, sodass wir an einem Tag nur gemütliche 3 Stunden in den nächsten Ort laufen. Wir baden in einem Bergbach, bauen unser Zelt im Park des kleinen Ortes Ussgelio auf, decken uns mit viel Essen ein und ruhen die müden Beine aus. Nachdem wir uns gut ausgeschlafen haben geht es am nächsten Tag mal wieder 1200 Meter berghoch. Dazu sind Gewitter angekündigt. Nach 2h Aufstieg kommt uns ein deutsches Pärchen entgegen. Sie erzählen uns von einer Biwak Hütte auf dem Bergkamm und hinterlassen uns ihren restlichen Proviant: Äpfel, Erdnüsse, Fruchtriegel und Brot. Was für ein Glück, wir hätten sonst nicht genug gehabt. Das Gewitter verschont uns und die Hütte ist ausgerüstet mit Matratzen, Decken und Kerzen. Es ist sauber, warm und gemütlich.


Zum Abendessen gibt es Toastbrot mit Tomate und Mozzarella, als Nachtisch die Erdnüsse und Fruchtschnitten. Wir trinken das klare Wasser des Bergbaches. Die Nacht ist wunderbar ruhig und dunkel. Als wir Balme erreichen, treffen wir die Entscheidung nicht weiter auf dem GTA zu laufen. So schön der Weg ist, unsere Energiereserven sind aufgebracht. Balme ist ein kleines abgeschiedenes Bergdorf und deswegen trampen wir: das klappt erstaunlich schnell, insgesamt benötigen wir drei Mitfahrgelegenheiten - und das Leben eines Eichhörnchens - bis wir das letzte Stück mit dem Bus nach Turin fahren können.

In Turin lernen wir einen netten Italiener kennen, der für Nike arbeitet, und uns während dem Warten auf den Bus zum Cafe einlädt. Dabei merken wir gar nicht, dass der Bus überhaupt nicht kommt und wir an der falschen Haltestelle stehen - und die Pechsträhne zieht sich weiter, wir verpassen insgesamt dreimal den Bus. Unsere Vermieterin kommt ursprünglich aus Argentinien, und die Tatsache dass wir jetzt ein bisschen Spanisch sprechen, lockert die Stimmung sehr auf und unsere Verspätung ist schnell vergessen. In Turin trinken wir einen Espresso nach dem anderen und schlendern von Kaffee zu Kaffee. Wir lassen uns treiben.

Mit dem Zug und einer Mitfahrgelegenheit geht es weiter nach Ivrea, einer kleinen Stadt mit einem gigantische breiten Wasserfall, der die gesamte Stadt kühlt.

Ivrea

Ein Italiener, welcher lange Zeit in Deutschland gewohnt hat und dessen deutscher Sohn ihn gerade besucht, nehmen uns mit und er empfiehlt uns ein Hostel direkt neben der Wildwasseranlage, im Zentrum der Stadt, in der professionell Kayak gefahren wird. Wir werden in das Mädchenzimmer verlegt, da sonst nichts mehr frei ist, dass wir mit einer deutschen Jugendmannschaft fürs Kayakfahren teilen. Leider werden wir auch ungewollt Zeuge von jugendlichen Dramen.

In der Stadt treffen wir einen Flüchtling, der um ein wenig dazuzuverdienen auf der Straße nach Geld frägt. Er kommt aus Nigeria und erzählt uns, wie er über das Mittelmeer nach Italien gekommen ist. Als wir ihn später zufällig in der Stadt wiedertreffen, ist er gerade dabei sein klappriges Fahrrad zu reparieren. Wir helfen ihm die Kette wieder auf das Zahnrad zu fädeln und laden ihn auf einen Kaffee ein. Er erzählt, dass er keine Familie mehr in Nigeria hat und dass ihn nichts mehr dort hält. Mit den anderen Flüchtlingen versteht er sich nicht so gut und er meint er versuche sich aus Ärger herauszuhalten und sich auf das italienisch lernen zu konzentrieren. Wir hoffen, dass er seine Arbeitserlaubnis bekommt und das der Populistische Salvini nicht durch erzwungene Neuwahlen an die Regierungsspitze gewählt wird. Seinen Name "Frank Peter" werden wir nicht so schnell vergessen. Am nächsten Tag ist das Hostel voll und wir schlafen mal wieder im Park, wo uns die Moskitos zerstechen. Eigentlich wollten wir ja in die nächste Stadt wandern aber da uns das Trampen gerade so gut gefällt und wir etwas faul geworden sind unsere schweren Rucksäcke zu schleppen, fahren wir in zwei Mitfahrgelegenheiten in die nächste Stadt Biella, wohin uns wieder sehr nette Menschen (ein Informatiker sowie eine Pfadfinderin) mitnehmen.

Über Novara bahnen wir uns den Weg zum Lago Maggiore, wo wir mit unseren Familien den Sommerurlaub verbringen!

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