julias-radltouren
julias-radltouren
vakantio.de/julias-radltouren

20 Zugfahrt - Höhle - nette Bulgaren

Veröffentlicht: 03.10.2020

Freitag, 24.8.2018


Strecke: Donau-Radweg (Vidin - Cherven)

gefahrene Kilometer: 28

Highlight des Tages: dass mit dem Zug alles reibungslos geklappt hat, viele Hilfsangebote, die private Unterkunft, die Höhle


Wir standen sehr früh auf, nämlich um 5:50, aber dank der Stunde Zeitverschiebung in Bulgarien war es eigentlich 4:50. Wir machten uns zügig fertig und fuhren zum Bahnhof. Es wurde langsam hell. Ein Zug stand schon da, als wir 20 Minuten zu früh ankamen. Weil schon relativ viele Leute da waren, fragten wir einfach einen Mann, der „international“ ausgesehen hat, heißt, er trug eine Bauchtasche und war nicht so dunkelhäutig wie alle anderen. Er teilte uns mit, dass der Zug der nach Mestra sei, also packten wir unsere Räder und schleppten sie in den Zug. Besondere Fahrradabteile oder –einstiege gibt es da natürlich nicht, sondern man schleppt seine Räder über ganz enge, steile Treppen in den engen Zug. Wir wollten unsere Räder einfach so ins Abteil stellen, aber eine Schaffnerin gab uns mittels Zeichensprache zu verstehen, dass wir sie anderswo unterbringen sollten. Mit viel Mühe bugsierten wir sie dann in einen kleinen Zwischenraum und setzten uns in den 4er davor mitsamt unserem Gepäck.

Als wir bald darauf losfuhren, war der Zug locker besetzt, in jeder Sitzgruppe saß jemand. Julius vertrieb sich die Zeit mit schlafen, ich mit aus dem Fenster schauen. Anfangs war viel Flachland mit weit und breit Feldern und sonst nichts. Dann fuhren wir durch ein paar wirklich kleine Käffer, wo wir auch hielten. Die halben Dächer waren eingefallen, die Häuser waren oft winzig und kaputt, es war wenig schön hergerichtet, die Gärten sehen aus, als würden sie wirklich genutzt, allerdings sind sie auch nicht so akkurat und gepflegt in Reih und Glied wie oft in Deutschland. Und wieder viele Sonnenblumen- und Maisfelder. Später fuhren wir an ein paar alten Firmengeländen vorbei, große Gelände mit riesen Firmen. Allerdings waren die Fenster eingeworfen, der Putz blätterte ab, alles verrostet, da wurde nichts mehr gearbeitet. Julius hatte, bevor wir losgefahren sind, am Bahnhof Semmeln mit Quarkfüllung gekauft. Nun ja, der Hunger treibt‘s hinein, nicht schlecht, aber viel zu viel Quark. So ging es dahin. Je näher wir Mestra kamen (was nicht mehr weit von Sofia weg ist), desto hügeliger wurde die Landschaft. Irgendwann sahen wir eine riesige Bergkette, rundherum Flachland und dann eben diese bewaldete Bergkette. Die Landschaft erinnert mit ihren vielen Hügeln mit Sträuchern und Tieren (Ziegen und Schafen) auch ein bisschen an Griechenland.

An der Haltestelle vor Mestra begannen wir, unsere Räder wieder hervorzuholen. Ich kann schon verstehen, dass unsere Mitreisenden ein bisschen genervt waren von uns, aber es ging nicht anders. Unsere Räder waren auch ohne Gepäck zu breit für die schmalen Gänge. Also standen wir am Eingang und warteten, weil der Zug um ’40 ankommen hätte sollen, wir umsteigen mussten und der Anschlusszug dann um ’51 abgefahren wäre. Um ’40 hielten wir, aber da war kein Bahnsteig. Im 4er gegenüber saßen Polizisten, die gestikulierten, dass wir chillen sollten, weils noch nicht so weit wäre. Beim nächsten Stopp um Dreiviertel wieder das Gleiche. Eigentlich nach der Abfahrt des Anschlusszugs kamen wir erst in Metra an, wo unser Zug noch stand. Wir verließen schnell den ersten Zug und schrien zum Schaffner des Anschlusszuges hinüber, ob das der Zug nach Ruse ist. Er nickte. Bei ihm stand noch ein junger Mann, der uns offensichtlich verstand. Zusammen bugsierten wir unsere Räder hinauf. Wir stellten sie in den letzten Wagon. Da war auch ein Fenster nach hinten, gegenüber war ein Klo. Wer da rein musste, musste sich dann schon abmühen.

Wir setzen uns in ein Abteil, in dem schon ein älteres Ehepaar saß, eine wahnsinnig hergeschminkte Frau mittleren Alters und der Mann vom Einstieg, der uns anscheinend verstanden hatte. Und er hat uns tatsächlich verstanden, denn er war Deutscher, gebürtig aus Nordrheinwestfalen und jetzt Waldorflehrer in München. Wir plauderten ein bisschen mit ihm, er schien ein ganz netter Kerl zu sein. Sein Name war Nick. Und Nick hat Kunstgeschichte und Philosophie studiert, was alles über ihn sagt. Er ist zwar nett, aber halt anders. Julius und ich hätten ihn beide auf ca. 35 geschätzt, er ist alleine mit seinem Rucksack und seinem Interrailticket unterwegs. Von Italien ging’s nach Griechenland mit der Fähre und von dort aus mit dem Zug wieder raufwärts. Allerdings machte er einen etwas verpeilten Eindruck auf uns, weil er uns erzählte, er hätte mal jemanden gefragt, wie am besten nach Sofia in Makedonien käme. Er wollte nach Bukarest, wobei der Zug eigentlich nur bis Ruse fuhr.

Neben dem Gespräch mit ihm beschäftigten wir uns ein bisschen mit Julius‘ Feuerwehrzeitschrift und den Karten und nachdem das ältere Ehepaar ausgestiegen war, mischte sich die überschminkte Frau mit ins Gespräch ein. Und zwar auf Deutsch, was sie in jungen Jahren mal gelernt hatte. Allerdings erzählte sie nur, man durfte ihr keine Fragen stellen. Hauptsächlich ging es um ihre Töchter, weil die jüngere Tochter nämlich Auslandskorrespondentin der bulgarischen Nachrichten ist. Außerdem zeigte sie uns zahlreiche Fotos.

Zugfahren in Bulgarien ist ganz witzig eigentlich, weil die Züge sehr viele Geräusche machen, die man jetzt von deutschen Zügen nicht so kennt, z.B. bei den Bremsen. Und beim Klo ist wirklich noch ein Loch im Boden, das heißt, man spürt unten rum einen Luftzug! Um dreiviertel 3 kamen wir in Dve Mogili an, wir hatten genug Zeit zum Aussteigen, kamen raus und alles hat gepasst. Das ist besser als manchmal mit der Deutschen Bahn.

Direkt am Bahnhof schauten wir auf die Karte, als plötzlich eine leicht fertig aussehende Frau mittleren Alters auf uns zu und bot uns auf Deutsch ihr Hilfe an, dass wir also ruhig bei ihr schlafen könnten, und warum wir überhaupt in Dve Mogili ausstiegen, und was wir überhaupt hier wollen, denn sie war schon in Deutschland beim Arbeiten und eigentlich ist alles scheiße in Bulgarien und wir könnten ruhig bei ihr schlafen. Bis wir sie davon überzeugt hatten, dass wir weiter wollten, dauerte es eine Weile. Dann fuhren wir in die Richtung los, die sie uns gezeigt hatte und kamen zur Hauptstraße von Dve Mogili. Die Fahrspuren wurden geteilt von einem Grünstreifen, auf dem ein kleiner Kiosk stand. Dort saß unter anderem ein junger Mann, der uns etwas zurief und uns zu sich winkte. Also setzten wir uns noch zu ihm ins Café, weil er noch mit uns einen Kaffee trinken wollte. Er erzählte uns mit seinem wenigen Deutsch, dass er in Deutschland arbeitet und Bulgarien scheiße ist, weil es dort keine Arbeit und kein Geld gibt. Mit dem Kaffee dauerte es ein bisschen und in der Zeit kam noch sein Kollege, der auch deutsch kann. Die beiden verließen uns dann, aber in dem Kiosk saßen noch mehrere Leute allen Alters. Wir kauften noch ein Wasser, weil unseres leer war. Als wir gerade aufstehen und gehen wollten, wurde die Frau am Nebentisch mit einem Maxicosi von einem jungen Mann abgeholt. Die jungen Frau, vermutlich die Schwägerin und Tante sagte irgendetwas Bulgarisches zu dem Mann, ich verstand nur „nemjez“, was übersetzt „deutsch“ heißt. Daraufhin kam er zu unserem Tisch und bot uns wiederum auf Deutsch seine Hilfe an, weil er in Deutschland arbeitete. Im Vergleich zu den Beiden vorher konnte er tadelloses Deutsch.

Dann fuhren wir los. Nach Dve Mogili war es sehr hügelig, sehr viel bergauf bergab. Wir besuchten noch die Orlova Chuka Höhle, die 4km neben dem Weg liegt. Das ist Bulgariens zweitgrößte Höhle. Landschaftlich sind dort viele Felsen und dann geht es steil bergab. Wir parkten unsere Räder und liefen zu Fuß zur Kasse. Wir kauften uns ein Ticket und mussten dann noch eine dreiviertel Stunde bis 5 warten, weil Führungen nur zu jeder vollen Stunde angeboten werden. Außer uns nahm noch ein bulgarisches Ehepaar um die 55 teil und eine Frau mit 2 Töchtern, die irgendwas außer deutsch, englisch, französisch, rumänisch oder bulgarisch waren, ich glaube, es waren Armenier. Nun verstanden wir kein Bulgarisch und unser Führer sprach kein Englisch, dafür Französisch, weil er dort mal gearbeitet hatte. Er erzählte also alles auf Bulgarisch, auf Rumänisch für die Armenier und dann für mich noch auf Französisch für mich. Die Führung an sich war cool, bloß wäre sich noch besser gewesen, hätten wir die Sprache besser verstanden. Der Führer war ein bisschen ein Show-Mensch und machte Witze, erzählte interessante Anekdoten und sang sogar. Die Höhle war groß und weit verzweigt. Z.T. durften wir durch die Gänge klettern. Auch einige Tropfsteine befanden sich darin, aber dort durfte und sollte man sie berühren. Insgesamt sollten wir viel berühren, weil überall Legenden und Heilwasser und Wunderstellen zu bestaunen waren. Einmal sahen wir auch Ausgrabungen von Neandertalern und angeblich gibt es dort einen weißen Bären und viel Fledermäuse. Der Führer erzählte uns, dass im „großen Saal“ der Höhle in den 60ern schon das russische Staatsorchester gespielt hatte. Nach einer dreiviertel Stunde in der 14 Grad kalten Höhle war die Führung zu Ende und wir radelten wieder los.

Es ging nach Cherven. Eigentlich wollten wir noch diese Festung besichtigen, aber dafür war es dann einfach schon zu spät. Dort hatten wir außerdem eine Unterkunft gebucht, die wir jedoch nicht gleich fanden. Die ganze Gegend hier ist auf einer Art Hochplateau und Cherven befindet sich in einem Kessel. Dort fuhren wir runter. Aber wir fanden die Unterkunft nicht. Wir mussten zu Hausnummer 8, aber Hausnummer 8 stellte sich als richtig alter, verfallener Bauernhof heraus. Da kam ein alter Mann heraus, der uns nicht verstand, und wir ihn auch nicht, aber bei „Haus Petrova“ wusste er, was wir suchten und schickte uns auf der anderen Seite den Berg wieder hinauf. Wir radelten wieder hinauf, fast wieder das gleiche, wie wir vorher bergab fuhren.

Das Haus Petrova war sehr hübsch! Es gehörte einem älteren Paar. Er hatte Sprachwissenschaften studiert, deutsch, englisch und französisch und sie haben neben dem Gästehaus noch ein eigenes Haus und einen Garten. Alles richtig schön hergerichtet und top in Schuss. Da muss Geld da sein bei denen. Unsere Unterkunft bestand aus einem Zimmer, dass vom Aufbau und der Einrichtung an das bei meiner Oma erinnert, einem Bad und einem Wohnküchenraum. Dabei handelte es sich um eine Selbstversorgerküche, es war also alles da, außer Essen. Es roch alt, aber nicht unangenehm. Hinten an der Wand hing die bulgarische Tracht. Dort setzten wir uns aber nicht hin, sondern auf eine zum Gästekomplex gehörende Dachterrasse. Die Gastgeberin brachte uns dann eigene Gurken, Tomaten, Zwiebeln und Paprika, sehr lecker. Darauf machte ich uns noch Salat. Später kam unser Vermieter noch mal rauf und wies uns auf seinen selbst gebrannten Schnaps hin. Den probierten wir natürlich: es war ein klarer. Dort war es noch sehr gemütlich.
Antworten

Bulgarien
Reiseberichte Bulgarien
#donau#donauradweg#bulgarien#radtour#radreise