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Santiago de Chile

Veröffentlicht: 18.11.2017

Anderthalb Tage später, die ich die meiste Zeit in meinem Zimmer verbrachte, gings also wieder in Richtung Buenos Aires. Bei der erneuten Einreise, diesmal über den Seeweg, verfestigte sich mein Eindruck vom Flughafen. Argentinien hat das mit Abstand attraktivste Grenzkontrollpersonal.


Angekommen in Buenos Aires schlug ich ein, zwei Stunden im modernen Hafenviertel Puerto Madero tot und begab mich dann auf den Weg zum Flughafen um mit Latam den zweieinhalbstündigen Flug nach Santiago de Chile anzutreten, welcher einer der schönsten meines bisherigen Lebens sein sollte. Bei untergehender Sonne ging es nämlich einmal quer über die Anden und es war wunderschön mit anzusehen, wie die tiefrote Sonne langsam am Horizont über den Berggletschern unterging.


So langsam füllt sich auch der gerade erst frisch erneuerte Reisepass mit Einreisestempeln. Chile ist inzwischen das achte verschiedene Reiseland in den vergangenen zwei Monaten und da kommt möglicherweise nochmal das doppelte hinzu.


Santiago hat eine für eine Stadt einmalige Lage. Den Bewohnern ist es möglich, an ein und demselben Tag, vormittags in den Anden Ski zu fahren und sich nachmittags an der Pazifikküste am Strand zu sonnen. Beides ist nur etwa anderthalb Stunden entfernt von Chiles Hauptstadt.

Den Namen Santiago gibt es als Städtenamen weltweit wie Sand am Meer. Da wären beispielsweise Santiago de Compostela in Spanien, Santiago de Cali in Kolumbien oder Santiago de Guayaquil in Ecuador weswegen Chiles Santiago offiziell Santiago de Chile heißt. Da Santiago de Chile aber das wohl bekannteste Santiago ist, reicht "Santiago" als Bezeichnung meistens aus.


Vom Flughafen gings routinemäßig mit einem Uber ins Hostel im Bezirk Providencia, einem der ruhigeren Bezirke, trotzdem in Zentrumsnähe. Kommt mir natürlich sehr entgegen.

Das Hostelpersonal besteht hauptsächlich auch Volontären aus spanisch- oder französischsprachigen Ländern, die alle nur sehr gebrochenes englisch sprechen. Gestrandete, die sich an das Hostelleben zu sehr gewöhnt haben meiner Meinung nach.

Die Hostelgäste bestehen zum größten Teil aus Paaren aus entweder Großbritannien oder Australien. Irgendwie treffe ich in Südamerika Unmengen an Großbritannier. Da ist der bevorstehende Brexit natürlich immer ein Thema und ich konnte schon ganz unterschiedliche Meinungen dazu aufnehmen. Der generelle Tenor ist aber dennoch Kopfschütteln und Fassungslosigkeit - wie beim Rest Europas auch.


So langsam geht mir aber dieses britische Oxford Englisch und das lateinamerikanische Spanisch gehörig auf die Nerven. Ich vermisse das gute alte Hamburger Hochdeutsch.


Zu guter Letzt gibt es in den Hosteln glücklicherweise auch noch einige Alleinreisende wie mich, sogenannte Gleichgesinnte, mit denen man sich wunderbar austauschen kann. Leider nirgends so viele, wie ich mir das erhofft hatte aber überall immerhin eine Hand voll. Hier hatte ich die Gelegenheit mir einige Tipps eines Südkoreaners anzuhören, der in zwei Jahren die ganze Welt bereisen will. Seltsam ist allerdings seine Route. So startete er von Südostasien in die Balkanländer, um von da aus Südamerika zu erkunden. Als Nächstes stünde dann natürlich Russland auf dem Programm. Trotzdem hatte er gerade im Hinblick auf Bolivien und Peru einige hilfreiche Tipps parat.


Außerdem gab es da noch einen jungen Ecuadorianer, der zum ersten Mal in seinem Leben reist und von Santiago aus nach Argentinien will, um dort zu studieren. Mit ihm zusammen gings auch zuerst los in die Stadt. Wir starteten am Baquedano und wollte am Flussufer des Rio Mapocho entlang spazieren. Grundsätzlich finde ich, dass man mit ein bisschen Grün und Wasser nie was verkehrt machen kann. Allerdings scheint sich das in Santiago nicht zu bestätigen. Wo der anliegende Park noch wirklich schön ist, erinnert dieser kackbraune Rinnsal eher ein etwas, was dabei rauskommt, wenn man vergisst zu spülen.


Deswegen entschieden wir uns nach einer Weile links in die Innenstadt einzubiegen und machten uns auf den Weg zum Plaza de Armas, der Stunde Null Santiagos. Dies ist das Zentrum des Stadtzentrums Santiagos und der wohl bekannteste Ort Santiagos. Die meisten Städte der spanischen Krone haben einen Plaza Mayor oder Plaza de Armas (zu deutsch so etwas wie der Hauptplatz), welcher den Städten als Marktplatz dient und an welchem die wichtigsten Gebäude einer Stadt zu stehen haben. Dazu zählen beispielsweise das Rathaus, die Kirche, ein Krankenhaus oder ein Waffenarsenal.

Inzwischen ist der Platz voll mit riesigen Pflanzen, der pompösen Cathedral Metropolitano und vielen Geschäften. Hier herrscht viel Betrieb und einige lokale Berühmtheiten sind anwesend die politische oder gesellschaftsrelevante Themen diskutieren.


Einen Tag, bestehend hauptsächlich aus Bundesliga und Couch, später lernte ich den deutsch-chilenen Kai mit dem wunderbaren Nachnamen Ostermann-Valencia kennen, der mir auf seine eigene Art und Weise die Stadt zeigte.

Wir begannen bei wunderschönen Museum Bellas Artes und er erzählte mir von einem der Hauptprobleme, die hier in Chile herrschen - Erdbeben. Für mich aus Deutschland ein völlig neues Terrain aber hier in Chile kein seltenes Phänomen. Laut Kai erlebt jeder durchschnittliche Chilene vier heftige Erdbeben. Da er mit seinen zarten 26 Jahren bereits zwei von dieser Sorte erlebt hat, ist die Tendenz wohl steigend. Vor wenigen Wochen gab es ein schweres Erdbeben in Mexiko mit mehreren hundert Toten und einer Stärke von 7,1. Laut Kai sind solche Erdbeben hier in Chile nicht mal erwähnenswert. Inzwischen sind die meisten Gebäude seismisch so gut gesichert, dass nicht mehr allzu viel in Schutt und Asche liegt. Von den kleineren Erdbeben schaue alle paar Monate mal eins vorbei.


Die hohe seismische Aktivität ist der Plattentektonik geschuldet. Chile liegt nämlich am pazifischen Feuerring, einer Zone mit hoher seismischer und vulkanischer Aktivität, die sich rund um den Pazifik erstreckt. Einerseits bildet Chile den westlichen Rand der südamerikanischen Platte, anderseits beginnt im Meer direkt die Nazca-Platte. Beide Platte bewegen sich pro Jahr ca. 6 cm aufeinander zu und dabei rutscht die Nazca-Platte immer weiter unter die Südamerikanische. Die dabei im Untergrund auftretenden Spannungen resultieren immer wieder in unterschiedlich starken Erdbeben. Auch das schwerste jemals aufgezeichnete Erdbeben, das Erdbeben von Valdivia 1960 mit über 1500 Toten, tat in Chile auf.


Weiter gings durch das bunte Viertel Lastarria bis hin zum Castillo Hidaldo auf dem Cerro Santa Lucia. Dies war das Fort, das die Spanier errichteten, um sich gegen die indigene Bevölkerung zu verteidigen.

Der Cerro Santa Lucia ist einer von zwei großen Hügeln in Santiago und von beiden hat man eine tolle Aussicht über die ganze Stadt. Dieser hier ist kleiner aber dafür leichter zu besteigen. Man ist in wenigen Minuten bereits oben, muss aber aufpassen auf den rutschigen Treppenstufen nicht auszurutschen. Passierte mir zweimal beinahe.


In der Innenstadt haben wir uns dann noch ne Kirche, den Justizpalast und den Palacio de la Modena, das Regierungsgebäude, angeguckt. Ich wunderte mich, warum die Stadt so leer gefegt war aber Kai erklärte mir, dass heute die Wahlen in Chile seien und deswegen unter anderen ein landesweites Alkoholverbot herrscht. Außerdem waren die meisten Geschäfte geschlossen und die Leute zu Hause. Unsere Tour endete am Plaza des Armas und ich begab mich auf den Nachhauseweg.

Der Nachhauseweg war immer ziemlich entspannt, denn man musste von der Innenstadt nur circa 15 bis 20 Minuten gehen und war zurück im Hostel. Santiago ist sowieso eine für Südamerika relativ sichere Stadt, weswegen man sich auch abends noch frei bewegen kann. Natürlich ist Vorsicht und gesunder Menschenverstand immer ratsam aber gerade auf Grund der enormen Polizeipräsenz zählt Santiago zu den sichersten Großstädten dieses Kontinents. Mir wurde außerdem noch zugeflüstert, dass die Polizisten hier sehr gut verdienen und allgemein sehr stolz auf ihren Beruf seien, sodass Korruption kein großes Problem wäre.


Tags darauf machte ich mich dann mit Alejandro aus Ecuador auf den Weg zum zweiten Hügel in Santiago, dem Cerro San Cristobal. 880 Meter hoch und vom Fuße eine einstündige, anstrengende Wanderung hoch, die sich aber lohnen sollte. Von oben war die Aussicht über die Stadt und in die Anden traumhaft. Man konnte auch den Gran Torre Santiago sehen. Mit über 300 Metern das höchste Gebäude Südamerikas und einfach nur gigantisch.

Außerdem gab es auf dm Gipfel eine Kirche, ein Amphitheater und eine 22 Meter hohe Statue der Jungfrau Maria. Da dort auch noch so ne Art kirchlicher Musik gespielt wurde, hatte das ganze eine Wallfahrtsatmosphäre. Gefiel mir wirklich sehr und wir blieben dort fast eine Stunde. 


Der erste Teil meines Chile-Aufenthalts neigte sich aber so langsam dem Ende zu und ich mache mich nun auf an die Küste, in die Hafenstadt Valparaiso. Im Hostel meinte einer der Mitarbeiter, es sei Hamburg nicht unähnlich. Mal sehen ob Carlos damit Recht behalten sollte. Ich bezweifel es stark...

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#santiago de chile# plaza de armas#santa lucia #erdbeben#chile