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Ein kurzer Ausflug nach Kazbegi

Veröffentlicht: 12.08.2018

Was wird in Georgien von Kazbegi geschwärmt. Es ist ein Magnet für Wanderer, Frischluftfanatiker, Naturburschen, Georgier, Russen (da es nahe der Grenzen liegt) und sonstige Traveller, die über gutes Schuhwerk verfügen. Schuhe besaß ich. Für diesen Trip fehlte jedoch etwas essentielles: eine Ganzkörper-Regenmontur. 

Mit der englischen Familie, mit der ich in Udabno reiten war, durfte ich sechs Stunden hoch bis Kazbegi fahren. Dort angekommen überkam uns kollektiv das Frösteln. Wir waren und einig, entweder wir würden es hier lieben oder hassen. 

Ich hatte einen Overnight-Camping-Trip vor, der vom kleinen abgelegenen Bergdorf Juta starten sollte. Durch den Regen war ich plötzlich jedoch gar nicht mehr so sicher, ob ich dort aber hin wollte. Egal, dachte ich mir und nahm ein Taxi für knapp 20 Euro, um nach Juta zu gelangen. Die Fahrt in das Dorf war wie ein Film, das Geld hatte sich schon gelohnt. Im Monsum fuhren wir an tiefen Klippen entlang. Mein Taxifahrer lachte mich regelmäßig aus, wenn mir mal wieder der Atem stockte und ich die Augen zusammenkniff. 

Aus dem Nebel kamen uns plötzlich sechs wildgewordene Pferde entgegen, die von einem georgische Cowboy verfolgt wurden. Ihm sind wohl die Pferde durchgegangen. Wortwitz! Geistesgegenwärtig sprang mein Taxifahrer aus dem Auto und stellte sich den Pferden entgegen. Zwei konnte er fangen, gut fanden die Pferde die Aktion nicht, aber gegen den rüstigen Georgier konnten sie sich nicht wehren. Es war wie in einem Western, nur mit mehr Regen, weniger Wüstensteppe und ohne Colt und Kutschen.

In Juta angekommen, war ich noch nicht in Juta angekommen. Ich sollte zu meiner Unterkunft noch 1 km einen Berg hoch laufen. Das mit dem schweren Gepäck und im strömenden Regen, brachte mir die nächste Depression ein. Wieder musste mein Taxifahrer lachen, helfen konnte er mir jedoch auch nicht. Also rannte ich los. Jedoch nicht den Berg hoch, sondern in das 20m entfernte nächste Cafe. Dort hineinkommend grinsten mich sechs durchnässte Wanderer an - man verstand meinen Ärger. Ich bat um Rat, sollte ich wirklich in die Bergunterkunft laufen oder nicht vielleicht wieder zurück nach Stepansminda, wo es nicht weniger verregnet war aber es immerhin die Möglichkeit gab schnell wieder nach Tbilisi zu fliehen. Einstimmig entschieden sich die Gruppe und ich uns dafür, mich nach Stepansminda zu bringen.

In Stepansminda folgte ich dann dem niederländischen Mädchen Rosan in ihre Unterkunft, in der wir in Decken gekuschelt bei 10 Grad Innentemperatur zusammen saßen, Karten spielten und Netflix guckten. So hatte ich mir meinen Trip zwar nicht vorgestellt aber was soll es.

Am nächsten Morgen packte ich mich in 5 Lagen Klamotten ein und wagte mich raus. Man sah: nichts. Nur Nebel. Um 12 waren Rosan und ich verabredet um eine Tour zur ¨Darlia Gorge¨ zu machen. Im Touristenzentrum, das die Tour anbot erwarteten uns dann leere Augen, der Fahrer sei nicht verfügbar, es gebe keine Tour. Also wollten wir ein Taxi nehmen. Schnell fiel auf, dass die Taxifahrer diesen Ort Darlia Gorge gar nicht wirklich kannten, stattdessen ging ein Streit zwischen vier Taxifahrern los, darüber wer und wo wie hinfahren dürfe und wer wie viel zu viel getrunken hätte und uns deshalb nicht fahren sollte. Mich überforderte die Situation völlig und ich konnte nur noch fluchen. Aus dem nichts kam dann ein fünfter Fahrer: ¨Darlia Gorge, 30 Lari, have a good car¨. Immerhin wirkte er nüchtern. Wir folgten ihm während die anderen vier Männer verdutzt aus der Wäsche schauten. 

Warum Darlia Gorge nicht sehr bekannt war, sahen wir als wir ankamen. Da war nämlich nix schönes. Beton, Baustelle und die russische Grenze, das war es. Wir liefen etwas herum und schauten uns die wenig beeindruckende orthodoxe Kirche an, um dann zu entscheiden zu den Wasserfällen zu laufen, von denen alle berichtete. Der Straße entlang liefen wir etwa eine Stunde zur Abzweigung, eine weitere Stunde folgte dann hoch zu den Wasserfällen. Und das war richtig toll! Endlich! So grün, so massiv, so groß, so schön. Hätten wir ein Zelt dabei gehabt und wäre es fünf Grad wärmer gewesen, wären wir wohl hier geblieben. So aber trampten wir mit einem jungen russischen Pärchen zurück nach Stepansminda, von wo ich quasi direkt in den nächsten Minibus nach Tbilisi fiel.

Während die anderen Wanderer einen heiden Spaß mit dem Taxifahrer hatten und mit mit europäische Trashmusik austauschten, fiel ich in den Schlaf. Das war anstrengend.


Nun bin ich zurück in Tbilisi und sehr froh darum. Kazbegi ist bestimmt toll: wenn das Wetter gut ist, wenn es warm ist (ich hatte einfach noch nie was für kalte Regentage übrig) und wenn man mit jemandem zusammen unterwegs ist. In Kazbegi stieß ich mal wieder an meine Grenzen des Alleinreisens. Es ist ein Ort für Familien- und Freundesgruppen, die ein Auto gemietet hatten und unabhängig alleine herumkraxeln können ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass man sich alleine verläuft oder sich in den Klippen die Hacken bricht. Auch Rosan bestätigte dies und betonte immer wieder, ohne mich wäre sie heute zuhause geblieben und wäre nicht alleine an die russische Grenze gefahren und auf irgendwelche Hügel geklettert. Insgesamt war auch sie nicht so positiv über ihre Reise durch Georgien, wir teilten diverse Geschichte über seltsame Reisende und aufdringliche Männer, die meinen sich um alleinreisende Frauen ¨kümmern¨ zu müssen.

Vielleicht hatte ich mal wieder nur etwas Pech in der Auswahl des Hostels und der Tagesplanung in Kazbegi aber ich kam mich ziemlich falsch an diesem Ort vor. Nach dem wundervollen Udabno war das ein kleiner ¨Downer¨. Gleichzeitig ärgere ich mich jedoch auch darüber, dass ich so negativ auf die letzten beiden Tage schaue, schließlich hatte ich mit Rosan ein nettes Mädchen kennengelernt, die ich schon morgen wieder treffen werde, um die nächsten Höhlen zu erkunden und schließlich war ich bei wunderschönen Wasserfällen und es regnete den ganzen gestrigen Tag nicht einmal. Der negative Schleier des Trips verlässt meine Erinnerung trotzdem nicht. Immerhin hilft mir das Schreiben, all die vielen Ereignisse in all der kurzen Zeit besser reflektieren und einordnen zu können. Ich hoffe aber, das auf- und ab der Gefühle und Eindrücke legt sich bald und ich kann darüber lachen, wenn mal etwas nicht so astrein abläuft. 

Morgen steht die nächste Station an, Borjomi, danach werde ich den letzten Punkt auf meiner Bucket List in Kutaisi abarbeiten und dann schnell den Weg nach Armenien antreten, wo ich es mal mit Couchsurfen probieren will.

Antworten (1)

Eva-Maria
Kopf hoch, liebe Steffi! Lass uns bald telefonieren. Alles wird gut :-)

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#kazbegi#kurzeswandern#regen