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Kolumbien - Villavicencio und Bogotá

Veröffentlicht: 17.02.2019

Villavicencio

Mit meinem 30. Beitrag schlage ich das letzte Kapitel in Kolumbien auf! Nachdem ich im vergangenen deutschen Sommer fast durchgängig in Perú und Bolivien gefroren habe, waren die vergangenen 2 Monate wohl die wärmsten meines Lebens - und das im deutschen Winter. Gleicht sich also alles wieder aus. In Kolumbien galt das vor allem entlang der Karibikküste, aber auch in Städten wie Cali und Medellín, sowie im flachen und bergigen Inland war die einzige Konstante die Hitze. Einzig Bogotá ganz zum Schluss hat nachts mal für ein bisschen Abkühlung gesorgt. Vorher ging es aber erstmal in die Weiten der Llanos - nach Villavicencio. Das ist das Gebiet östlich der Anden und vor allem für seine riesigen grünen Flächen mit viel Vieh- und Ölwirtschaft bekannt. Außerdem ist es dort ganzjährig extrem heiß. Mal mit Regen und mal ohne. Ich war natürlich in der noch heißeren Trockenzeit dort. Einen Tag raus aufs Land, ein weiterer zu einem Fluss, ein Reitausflug und eine Shopping Tour in den zahlreichen klimatisierten Malls. Das war mein Programm für die Tage in Villavicencio.

Kurzer Spaziergang ins Grüne mit Blick auf Villavicencio und die Weiten der Llanos.
Dieses Schild bedarf eigentlich keiner Übersetzung. 💩😂 Bringt die Sache aber auf den Punkt. Haltet die Umwelt sauber!
Entspannung auf dem Land. Willkommene Erfrischung und schöne Aussichten bei großer Hitze.
Und dazu ein Klassiker aus Südamerika. Das Wurfspiel namens rana - Frosch. Gar nicht so einfach die Höchstpunktzahl zu erreichen.
Das Ziel ist mit schweren Münzen in die Mäuler zu treffen.
Und wenn man schon mal auf dem Land kann man auch mal einen Ausflug hoch zu Ross machen.
Ich glaub das war das erste Mal, dass ich auf einem Pferd gesessen habe. 😅
Aber dann natürlich gleich richtig. Bis zu den Schultern im Wasser.
Und quer durch die Prärie.
Nach dem Ausritt gab's eine deftige Stärkung aus dem Bananenblatt.
Auch hier gab's wieder kristallklares erfrischendes Wasser.
In der Regenzeit fließt das Wasser auch hier deutlich höher und bringt neue Felsen herbei.
Und diese Fischi haben besonders gern an den Füßen geknabbert.
Gratis Spa.
Und Frisch von der Ranch gab's dann auch endlich mal wieder ein ordentliches Steak. Kartoffel in Salz und Yucca waren auch eher Dekoration als Beilage.
Und so feiert man in den Llanos. Eine große Flasche Zuckerrohrschnaps - Aguardiente - mit einer kleinen Flasche Wasser, dazu viel Eis und paar Limetten und Orangen. Da braucht niemand Bier, fancy Cocktails oder Longdrinks. Hat dann auch das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Shopping Center haben mit schönen Gärten und guter Kühlung zur Entspannung eingeladen.

Hier war ich mit Fidelia unterwegs, der Mutter von einer Freundin aus Deutschland. Auch hier ging es natürlich erstmal ins Steakhouse. 😋
Und danach weiter die Gegend erkunden. Von ganz oben hat man wie immer den besten Ausblick - vom Rande der Anden. Und danach kommt dann einfach nichts als heißes Flachland.


Bogotá

Auch in Bogotá ging es erstmal hoch hinaus. Bei meiner Ankunft war die Sicht noch top.
Als ich dann oben auf dem Montserrate war, war es dann doch wieder etwas diesig.
Aber die Fahrt in der Seilbahn auf historischer Strecke war die Reise wert.


Zu Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, gibt's nicht viel zu sagen. Eine riesige Metropole, viel Geschichte, viele Museen, ein paar hübsche Plätze, gute Cafés und Restaurants. Aber sonst das übliche, chaotische, laute Bild einer Großstadt. Das Wetter war sehr angenehm. Nicht so heiß wie in Villavicencio, aber auch nicht so kalt wie in den sonstigen Andenstädten in solcher Höhe. Somit hab ich mich dann auch auf das übliche Touriprogramm beschränkt, einige Museen besucht, durch das Viertel Calendaria geschlendert, auf den Berg Montserrate gefahren, zahlreiche Cafés erkundet und am Blog gearbeitet. Dazu noch vor einigen geschlossenen Parks, Museen und Einrichtungen gestanden.

Das Goldmuseum war wirklich beeindruckend und stellt unglaublich viele Stücke der vergangenen Jahrhunderte aus.
Da kann man sich richtig vorstellen wie die Herrscher damals geschmückt waren.

Unglaublich kunstvolle, filigrane und detaillierte Arbeiten.

Der Raum war etwas speziell. Die Einzelstücke war nicht unbedingt außergewöhnlich, dafür aber die Anordnung.
Und auch ein paar Figuren aus der Gegend um San Augustin gab es noch zu sehen.
Hier im 11. Stock ist das Smaragdmuseum zu finden. Die Geschichte der Smaragde Kolumbiens war ebenfalls sehr interessant und komplex. Und hatte ähnliche Schätze wie das Goldmuseum zu bieten. Nur eben nicht mit ganz so viel Historie.
Da konnte man leider keine Fotos schießen. Dafür war die Aussicht umso besser. Auf der linken Seite sieht man den Berg Montserrate.
Smaragdmuseum und Goldmuseum befinden sich rund um den Parque Santander.
Der riesige Plaza Bolívar dagegen viel prunkvoller - Palacio de la Justicia.
Hier das Coliseo Nacional.
Und der Kathedrale.
Und im Panorama.
Wachen mit Sonneschutz vor der Casa de Nariño - dem Präsidentenpalast.

Die dazugehörige Wachablösung.
Die etwas eigenwillige Kirche Nuestra Señora se Carmen.
Das höchste Gebäude Kolumbiens. Es steht bezeichnender Weise leer nachdem die ansässige Firma Pleite ging.
Plaza de las Periodistas. Im Hintergrund der Montserrate und die Hochhäuser der Moderne.
Da es keine U-Bahn gibt und die wohl auch in Zukunft schwierig zu bauen sein dürfte, gibt es lange, sehr sehr lange, Busse - Der Transmilenio.

Ein typischer Botero. Das Botero Museum war eher eine Sammlung von Museen. Ausstellungen über die Banknoten des Landes, berühmte Künstler wie Botero und Picasso bis hin zu moderner Kunst war alles dabei.
Hier ein Picasso.
Und auch bildendende Kunst konnte man finden.
Hier wieder von Botero.
Eine schöne Idee.


Das Highlight meiner Bogotá Reise war allerdings die gut dreieinhalb sündige Geschichtstour. Eine übliche Walking-Tour nur eben mit dem Thema War & Peace statt Sehenswürdigkeiten. Nach all meinen Versuchen der vergangenen Wochen die Geschichte und die Konflikte dieses Lebens zu verstehen, wollte ich mir nochmal einen Überblick mit dieser Tour verschaffen. Mein finaler Eindruck ist aber der eines absolut kaputten Landes, das seit seiner Unabhängigkeit im Prinzip ausschließlich mit Bürgerkriegen und ähnlichen internen Auseinandersetzungen konfrontiert war. Und das bis heute! Dabei gab und gibt es so viele unterschiedliche Parteien und Gruppierungen, deren Interessen komplett entgegengesetzt und wandelbar sind und dabei doch alle so miteinander verwoben sind, dass es fast unmöglich scheint eine Lösung zu finden. Hinzu kommt, dass auch in der jüngeren Geschichte fast keine der Auseinandersetzungen vollständig aufgeklärt wurde. Zahlreiche Mächte haben kein Interesse an einer Aufklärung und in vielen Fällen wurden die Beweise auch sofort und gründlich vernichtet. Vergangenheitsbewältigung und -aufklärung unmöglich! Es gibt nur wenige Antworten und Beweise. Das führt noch stärker dazu, dass die verschiedenen Gruppierungen jeweils nur ihren eigenen 'Wahrheiten' glauben.

Mit diesem Hintergrund war es eine riesige Leistung 2016 den Friedensvertrag mit der größten Guerillagruppierung, der FARC, zu erreichen, der auch tatsächlich in vielen Gebieten zur Demobilisierung geführt hat. Dieser Vertrag ist auch in der Bevölkerung höchst umstritten, da er weitgehende Amnestie für Paramilitärs und Guerilla enthält um sie dazu zu bewegen, die Waffen niederzulegen. Das ist für die Opfer eine große Ungerechtigkeit. Aber viele Alternativen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht ergeben. Die größte Zahl der Opfer ist nämlich in der Bevölkerung zu finden. Guerilla und Paramilitärs haben sich selten direkt bekämpft, sondern ihren Gegner jeweils dadurch bekämpft, die Dörfer als Basis ihrer Unterstützung anzugreifen. Kurz, die ländliche Bevölkerung wurde gezwungen sich entweder mit der einen oder anderen Seite zu solidarisieren und wurde dann jeweils von der anderen Seite auf brutalste Weise angegriffen, enteignet, vertrieben oder einfach als Botschaft ans andere Lager hingerichtet.

Das Drogengeschäft lief anfangs eher eigenständig und war nicht in die übrigen Konflikte involviert. Die großen Kartelle in Cali und Medellín gingen ihren Geschäften nach und haben die Politik direkt oder indirekt nach ihrem Willen beeinflusst. Das änderte sich als Guerillas und Paramilitärs Kontrolle über einige Gebiete des Kokaanbaus erlangten. Daraufhin mussten die Kartelle Abgaben an diese Gruppen zahlen. Und anderseits stiegen die Kämpfer so ins lukrative Drogengeschäft ein. Interessen und Konflikte verschoben sich so abermals.

Und immer und überall haben die USA ihre Finger im Spiel. Spätestens seit der Unterstützung der Unabhängigkeit von Panama um den Kanal zu kontrollieren. Danach mit finanzieller 'Hilfe' für die Drogenbekämpfung und der Verfolgung wirtschaftlicher und politischer Interessen in Kolumbien oder Südamerika generell. Das zynische dabei ist, dass die USA selbst seit jeher der mit Abstand größte Abnehmer des Kokains sind. Und die Kartelle im Prinzip 'nur' die riesige Nachfrage der USA stillen.

Zurück zu Präsident Santos, der den Friedensvertrag erreichte. Er ist das perfekte Beispiel der politischen Klasse Kolumbiens. Von frühester Kindheit an war er für das Präsidentenamt vorgesehen. Er entsprang einer der wenigen Familien, die seit Jahrhunderten dieses Land regieren - sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Diese Elite lässt keinerlei Aufstieg zu. Und das ist gleichzeitig die Ohnmacht des Volkes, die offiziell in einer Demokratie leben, aber keine echte Wahl für Veränderung spüren. Und wenn es doch mal einen alternativen Kandidaten gibt, wird er - wie 1948 Gaitán - auf ungeklärte Weise auf offener Straße erschossen.

Museo del siglo XIX. Mit der aktuellen Ausstellung über die unzähligen Opfer der nationalen Konflikte.

 Stilvoll eingerichtet.

Aber die vielen Bilder und Geschichten waren einfach erschreckend.


Wieder zurück im hier und jetzt galt bis zuletzt der ausgehandelte Friedensvertrag und wurde auch weitgehend eingehalten und umgesetzt. Seit Dezember 2018 gibt es allerdings einen neuen Präsidenten und der hat den Friedensprozess erstmal gestoppt. Und zwar mit der Begründung, dass er für die Opfer zu ungerecht sei und die Guerilla und Paramilitärs quasi straffrei davon kommen. Und dass man jetzt natürlich einen richtigen Friedensvertrag aushandeln werde. Santos war einst Nachfolger und politischer Ziehsohn von Uribe und hat im Wesentlichen auch dessen vorherige Politik fortgeführt. Mit dem Unterschied, dass er einen Friedensvertrag zustande gebracht hat und Uribe eben jahrelang nicht. Santos war genauso unbeliebt wie der Rest der politischen Klasse, aber der Fortschritt beim Friedensvertrag hat ihm die zweite Amtszeit gesichert. Der neue Präsident Duque ist ebenfalls engste Vertrauter von Uribe, der wiederum selbst weiter im Senat sitzt und viel politische Macht und Gefolgschaft um sich vereint. Wozu diese Ausführungen? Kritiker vermuten, dass Duque und Uribe verhindern wollen, dass die ehemaligen Führer der Paramilitärs aussagen um ihre Amnestie zu erhalten. Nach wie vor ist nämlich unklar wer die Paramilitärs eigentlich finanziert hat und wer ihnen bestimmte Aufträge erteilt hat. Eine Vermutung ist, dass der ehemalige Präsident Uribe diese regierungstreuen Truppen für sich die Drecksarbeit hat machen lassen und sie dafür entsprechend mit Geld, Macht und Waffen ausgerüstet hat. Dadurch könnten viele illegale Operationen zur Beseitigung von allen möglichen regierungsfeindlichen Kräften erfolgt sein. Ohne dafür eben offiziell das Militär benutzen zu müssen, konnte man sich darauf berufen, dass die Paramilitärs eigene Ziele verfolgen und natürlich keine Verbindung zur Regierung haben und offiziell ebenso wie die Guerilla bekämpft werden. Aber wie immer, alles nur Vermutungen...

Der Friedensprozess ist jedenfalls erstmal gestoppt. Bisher ist die Lage aber nicht wieder eskaliert. Wie es weitergeht weiß allerdings auch niemand.

Wie schon in vorherigen Artikeln beschrieben, hat sich der Tourismus in den letzten Jahren stark entwickelt und das ist natürlich für viele Gegenden eine positive Entwicklung, die meiner Meinung nach auch noch nicht überdreht bzw. übertrieben wurde. Über nachhaltigen Tourismus braucht man hier allerdings auch nicht reden.

Ich fürchte das ist allerdings nur eine relative Ruhe, die in den nächsten Jahren auch schnell wieder vorbei sein kann. Es gibt einfach so unglaublich viele Konfliktparteien. Und es scheint als ob kein einziger Konflikt der vergangenen 70 Jahre in irgendeiner Weise endgültig geklärt oder aufgearbeitet wurde. Damit gibt es sehr viele potentielle Unruheherde. Und übergeordnet natürlich der große Kampf gegen die Drogenkartelle und die Guerilla vor dem Hintergrund eines unglaublich korrupten Staates, sodass ich eigentlich wenig Hoffnung habe, dass es in Kolumbien langfristig aufwärts geht. Allein wieviel Geld, Personen und Energie für all diese Themen aufgewendet werden müssen, was an andere Stelle bei Wirtschaft oder Sozialem fehlt. Mit diesem Eindruck verlasse ich das Land, das natürlich trotz allem wahnsinnig viel wunderschöne und bereisenswerte Natur zu bieten hat.

Auf der City Tour per Fahrrad gab's dann hauptsächlich Graffiti zu sehen.
Die konnten sich aber durchaus sehen lassen.




Der größte Volks- und Kneipensport Kolumbiens. Mit einer Art schwerem Puk aus Eisen - Tejo genannt - wirft man auf eine Lehmplatte. Darin befindet sich ein Ring aus Eisen auf dessen Kanten weiße Päckchen mit Schießpulver geklebt werden. Trifft man die Päckchen richtig, knallt's und zwar durchaus laut in diesen Hallen. Und dementsprechend gibt's dann noch Punkte und der Verlierer bezahlt die Biere. So ungefähr...
Und auch kulinarisch konnte man es sich in Bogotá nochmal gut gehen lassen.
Was auch immer das war, es hat richtig gut geschmeckt. Sonst hätte ich kein Foto davon gemacht. 😉
Und auch Kaffee und Kuchen gab's zur Genüge.
In den Cafés wurde auch nicht mit Graffiti gespart.



Und noch ein Wort zur kolumbianischen Bevölkerung. Sie leben im wesentlichen nach der Devise - Hauptsache laut! Ganz egal in welcher Situation. Es wird, wenn möglich, geschrien. Normales Unterhalten findet im öffentlichen Raum eigentlich nicht statt. Und dann auch möglichst schnell und durcheinander, sodass man am Besten gar nichts versteht, weil dann kann man nämlich alles nochmal in noch lauter wiederholen. Das ist dann der Jackpot. Aber auch wenn man sie versteht, muss man mit den Information immer vorsichtig sein. Oft genug erzählen sie auch einfach irgendwas über Orte, die man besuchen sollte und wie man da hinkommt und es stimmt dann einfach überhaupt nicht. Auch hier wieder das Prinzip '2 Leute, 3 Meinungen'. Bei all dem sind sie aber immer gut gelaunt und fröhlich - sogar die Taxifahrer! Das war glaub ich das erste Land, in dem das auch für diese Bevölkerungsgruppe galt. Und zu der lauten Musik gibt's natürlich auch immer und überall viel Fiesta und Bier. Die Bars sind mindestens so gut besucht wie die Kirchen am nächsten Tag. Die gute Laune darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den meisten Menschen hier wirtschaftlich nicht gerade gut geht und auch fast jeder hier sein persönliches Päckchen aus den vielen vergangen Kriegsjahren mit sich rumträgt. Vielleicht auch daher gab es nicht allzu viel Interesse über diese Themen zu sprechen oder sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Wenn diese Konflikte eh fast omnipräsent sind, will man sich vielleicht auch nicht noch in seiner 'Freizeit' damit beschäftigen. Vielleicht ist das alles auch einfach noch zu frisch. Und mit diesen Eindrücken geht's nun wieder zurück nach Ecuador, genauer gesagt auf die Galapagos Inseln - eine ganz andere Welt.


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