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Kurztrip nach Bella Italia

Veröffentlicht: 16.08.2020

Mit der Ankunft in Champsec hatte ich die letzten Tage doch einiges an Strecke gemacht, und war jetzt schon recht nah am Mont Blanc. Geografisch wurde es allmählich Zeit von der bisherigen Ausrichtung West nach Süd zu schwenken. Dazu galt es nun, einen Pass über den Alpenhauptkamm auszuwählen. Drei standen da bei mir in der näheren Auswahl. Das Dilemma war allerdings, dass ich keinen davon missen wollte. Glücklicherweise war nun einer davon besser von Süd nach Nord zu befahren, und so beschloss ich, einfach alle drei zu machen. Dadurch war dann nebenbei noch die Umrundung des Grand Combin mit einem Abstecher ins Aostatal möglich. Der ganze Kurztrip sollte ungefähr eine Woche dauern bevor es dann aber wirklich weiter zum Mont Blanc und endgültig Richtung Süden ging.

Los ging es ab Champsec mit einem mal wieder schier endlosen Anstieg bestehend aus dem bekannten Dreiklang Fahrstrasse, Schotterpiste und der finalen Tragestrecke hoch zur Cabane Col de Mille, einer Schutzhütte mit fantastischem Blick auf den Mont Blanc und den Grand Combin. Zumindest kurz, denn dann verschwanden die Gebirge hinter den ersten Regenwolken. So harrte ich noch einige Zeit aus, bevor ich über einen Singletrail in genialer Szenerie etwas abfuhr um ein gut verstecktes Plätzchen zu finden für mein Nachtlager.

Im kupierten Gelände eines kleinen Seitentals fand ich die fast perfekte Stelle - flach, nicht einsehbar, mit Zugang zu frischem Wasser und einem fantastischen Blick auf das Mont Blanc Massiv direkt aus dem Zelt heraus. Leider war ich aber wohl nicht der Erste, der die Vorzüge dieses Platzes zu schätzen wusste. Eine Schafherde hatte sich hier wohl vor kurzem die Zeit vertrieben. Zumindest zeugten die breitflächig verteilten organischen Hinterlassenschaften davon. Es war nicht einfach, ein halbwegs unbeschadetes Fleckchen Erde zu finden. Und trotz aller Vorsicht hafteten die Erinnerungen an diesen Abend in Form von Geruchsmolekülen noch tagelang an meinem Zelt.

Beim Sonnenaufgang war dies alles aber erstmal vergessen, auf einem grandiosen Aussichtsbalkon ging es bei strahlend blauem Himmel weiter nach Bourge-St-Pierre und mühsam hoch zum Großen St Bernhard, dem ersten meiner drei Pässe. Das Beste an dem Pass war die Grenze nach Italien. Endlich! Pasta, Pizza, Espresso, Tiramisu, Eis en Masse, Aperol Spritz kamen in meine unmittelbare, und endlich wieder bezahlbare Reichweite. Das Schlaraffenland lag vor mir.

Nach einem ersten Antesten der Pasta auf der Passhöhe, stand bei der Abfahrt ins Aostatal noch eine Prüfung in Form eines wirklich fiesen 100-Meter Gegenanstieges an. Beinahe senkrecht ging es bergauf, mit dem gähnenden Abgrund einer Schlucht direkt unterhalb des Weges. Ich war echt sauer, sowas passierte doch eigentlich nur, wenn ich den GPX Track selbst plane, wie etwa beim Albula Pass. Doch hier folgte ich einer bekannten und gut dokumentierten Bikepacking-Route. Ich mühte mich also ab, versuchte irgendwie Balance zu halten, und dabei auch das Rad immer ein paar Zentimeter weiter nach oben zu bewegen. Und dann rutschte der Helm vom Lenker, purzelte frohgemut runter in Richtung Schlucht und blieb kurz über dem Abgrund im Gebüsch hängen. Na toll, jetzt war Risikoabwägung angesagt - 1500 Höhenmeter ohne Kopfschutz abfahren, oder zum Gebüsch balancieren, und beim Helm holen vielleicht gleich den direkten Weg nach unten nehmen. Ich entschied mich für Letzteres. Vorsichtig stieg ich durch steiles Geröll und rutschiges Gras bis ich ihn zu fassen bekam, und schaute dann dass ich allerschnellstens wieder Höhe gewann.

Nach diesem unerwarteten Intermezzo war ich der Ansicht, mir die italienischen Delikatessen erst recht verdient zu haben. Total ausgehungert stürmte ich also den ersten Supermarkt der mir in Aosta in den Blick kam. Doch auch hier musste ich mich noch weiter in Geduld üben - gefühlt stand halb Italien vor mir an der Kasse, je mit dem Hamsterkauf für ein ganzes Jahr im Einkaufskorb. Ich glaube, so lange bin ich noch nie im Supermarkt angestanden. Und das auch noch am Verdursten und mit akutem Heißhunger. Gefühlt dauerte es also ewig bevor ich endlich, endlich den Hamsterkauf in meinem Einkaufswagen innerhalb von Minuten vernichten durfte.

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