Wir reisen, also sind wir
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Peru: Trujillo

Veröffentlicht: 01.09.2018

Während unserer Zeit in Trujillo würde ein ganz besonderer Anlass stattfinden. Vor genau 6 Jahren in der Nacht vom 31.7. auf den 01.08.2012 hatten Jörg und ich uns nämlich kennengelernt und seither fast jeden Tag gemeinsam verbracht. Leider war Trujillo nicht gerade der ideale Ort, um ein solches Ereignis gebührend zu feiern. Andererseits lag es halt einfach gerade am Weg unserer geplanten Route und jede Änderung des Plans hätte ziemliche Verzögerungen im Programm mit sich gebracht. Es würde also Trujillo und seine Tempel in der Umgebung werden, daher wollten wir uns sonst etwas Spezielles einfallen lassen, um doch noch ein wenig Feierlaune aufkommen zu lassen. Und das spezielle war schlussendlich, dass wir uns für ein Hotelzimmer mit eigenem Whirlpool entschieden und dieses schliesslich über unsere gewohnte Buchungsplattform buchten. Das Hotel lag etwas ausserhalb der Stadt, dabei hatten wir uns allerdings nicht allzu viel gedacht, wir würden einfach mit dem Taxi ins Zentrum fahren. Tatsächlich hatten wir uns überhaupt nicht viel dabei gedacht, denn es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Hotel um eine «Bungalow-Anlage» handelt. Während man bei uns beim Wort «Bungalow» erstmal an ein kleines Ferienhäuschen am Strand denkt, scheint dieser Begriff in Peru ganz offenbar eine deutliche Assoziation zu einem Bordell oder zumindest zu einem Etablissement, das einem ähnlichen Zweck dient, hervorzurufen. Der Taxifahrer beim Busbahnhof dachte jedenfalls zuerst, er hätte sich verhört, als wir ihm die Adresse genannt hatten.
Tatsächlich waren auch wir überrascht, als wir dann dort ankamen und auch wir wurden erstmal ziemlich schief angeschaut. Wir waren ganz sicher die einzigen Leute, die dort ohne eigenes Auto und noch dazu mit viel Gepäck auftauchten, ausserdem waren wir bestimmt die einzigen, die für 2 Nächte gebucht hatten. Tatsächlich verbrachten wohl die meisten Leute nur eine Nacht hier, fuhren mit dem Auto vor, und fuhren diskret mit dem Auto direkt in die eigene Garage, die zu jedem Bungalow gehörte. Wie dem auch sei, so schräg die ganze Sache auch war, wir hatten gebucht, wir waren müde von der langen Busfahrt, wir freuten uns auf den warmen Whirlpool und wir würden nun erstmal hierbleiben.
So bezogen wir unser Zimmer, welches den Namen «Fabrik» trug. Man muss wirklich sagen, für erstaunlich wenig Geld kriegt man hier echt viel geboten. Das Zimmer war riesig, sauber und gepflegt und der Whirlpool war mega cool. Zu jedem Zimmer führt ein Servicegang, über den das Personal einen mit Getränken, Essen, etc. ganz diskret bedienen kann. Und tatsächlich, kaum waren wir richtig angekommen, läutete schon das Telefon, und wir wurden gefragt, welchen Cocktail wir als Aufmerksamkeit des Hauses gerne hätten. Auch das Frühstück am morgen war im Preis inbegriffen. Der Service liess wirklich nicht zu wünschen übrig.
Der Hotelbesitzer (alias Oberzuhälter mit Elvis-Presley-Frisur) begrüsste uns persönlich und bot sogar an, dass wir uns für den nächsten Tag ein anderes der Themenzimmer aussuchen könnten, da wir ja 2 Tage blieben. Machten wir natürlich, am nächsten Tag hatten wir das Zimmer «Purple Skin», wo der Whirlpool sogar noch grösser war und es sogar noch eine Pole-Dance-Stange gab.
Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob wir auch in dieses «Hotel» gegangen wären, wenn uns das alles bewusst gewesen wäre, aber rückblickend muss man sagen, hat es sich absolut gelohnt. Zum einen hatten wir für denselben Preis schon einiges schrecklichere und schäbigere Unterkünfte gehabt (mit absolut miesem Service) und zum anderen war es schon allein durch die ganze Situationskomik ein unvergesslich lustiges Erlebnis. Diesen Aufenthalt werden wir jedenfalls ganz bestimmt nie mehr vergessen. Man müsste sich auch wirklich überlegen, ob man in der Schweiz mit einem ähnlichen Konzept nicht auch Erfolg haben könnte. Bei uns wäre wohl der Preis das Problem, den man dafür verlangen müsste.

Am Nachmittag fuhren wir noch in die Stadt, um dort eine Tour für den nächsten Tag zu buchen. Immerhin waren wir ja hergekommen, um uns die bekannten Chan Chan-Ruinen anzuschauen. Tatsächlich ist es, wie wir auch später immer wieder feststellen werden, fast unmöglich solche Besichtigungen in Peru auf eigene Faust zu unternehmen. Die Infrastruktur und der öffentliche Verkehr sind einfach zu schlecht, so dass man auf organisierte Touren angewiesen ist. Die Touren decken aber dann nicht nur das ab, was man sehen will, nein, man wird sozusagen «genötigt» auch noch diverse andere «Sehenswürdigkeiten» abzugrasen, die man eigentlich gar nicht sehen wollte. Im Falle Chan Chan würde dies allerdings noch zu unserem Vorteil werden, wie wir herausfinden würden. Wir buchten jedenfalls eine solche Tour, und auch hier schaute der Veranstalter erstmal ziemlich blöd aus der Wäsche, als wir ihm die Adresse für die Abholung nannten. Offenbar liessen sich nicht viele Gäste unseres Hotels zu einer geführten Tour zu den Ruinen abholen. Tja, wir halt schon, findet euch damit ab.
Den Rest des Nachmittags verbrachten wir damit, etwas in der Stadt herumzuwandern, die leider nicht allzu viel zu bieten hat. In einem Comedor assen wir noch Gänseeintopf zu Mittag und hingen anschliessend noch auf der zentralen Plaza de Armas herum, die wirklich sehr hübsch war und als der sauberste in ganz Amerika und damit als einer der schönsten gilt. Tatsächlich ergibt sich dieser Eindruck vor allem aufgrund der Tatsache, dass der Boden hier aus einem spiegelnden Stein gemacht ist, so dass er absolut blank wirkt. Rundherum wimmelt es von eleganten Herrenhäusern.

Pünktlich am nächsten Morgen stand der Tourbus vor unserem Hotel und wartete auf uns. Auch der Oberzuhälter war sich diese Situation allem Anschein nach wohl nicht so gewohnt. Selber schuld, dann muss man sein Haus halt auch nicht auf einer Ferienbuchungsplattform anbieten, würde ich sagen.
Eigentlich hatten wir die Tour auf Spanisch gebucht, doch es stellte sich heraus, dass in der spanischen Gruppe eine riesige Menschenmenge versammelt war, während es in der englischen Gruppe nur 3 Teilnehmer gab (den Norden Perus bereisen nicht viele Ausländer). Da wir wohl so aussahen, als ob wir auch Englisch sprechen (irgendwie auch ein wenig diskriminierend, fanden wir), wurden wir kurzerhand einfach in die andere Gruppe umgeteilt.
Zunächst einmal fuhren wir die beiden archäologischen Stätten «Huaca Esmeralda» und «Huaca Arco Iris» an. Beides lohnt sich überhaupt nicht, wenn schon, dann noch eher der Regenbogentempel, dort gibt es wenigstens noch einige Wandfriesen zu sehen. Die beiden kleinen, mitten in der Stadt liegenden Ruinen sind eigentlich gar keine Ruinen mehr, denn beide wurden komplett rekonstruiert. Die originalen Strukturen sind gar nicht mehr zu erkennen.
Als nächstes fuhren wir endlich zum Chan Chan Tempel, der ungefähr um 1300 von der Prä-Inka Kultur der Chimu erbaut wurde. Es handelt sich hier um die grösste präkolumbische Stadtanlage in ganz Amerika und zugleich die gewaltigste Lehmziegelstadt der ganzen Welt. Für Besucher zugänglich ist allerdings nur der «Tschudi-Komplex», benannt nach einem schweizer Archäologen. Leider ist auch hier der grösste Teil nicht nur restauriert, sondern sogar rekonstruiert, was etwas schade ist. Klar ist es sehr hübsch zu sehen, wie die ganze Sache mal ausgesehen hat, trotzdem würden mich jeweils auch die Originalstrukturen interessieren. Der Tschudi-Komplex war tatsächlich auch einiges kleiner als erwartet, so dass uns die ganze Sache nicht gerade umgehauen hat. Ausserdem kam hier ein weiterer grosser Nachteil der geführten Touren in Peru zum tragen: die ewige Eile. Man hat gar keine Zeit, sich die Sachen wirklich in Ruhe und genau anzusehen. Ständig wird man gestresst und unter Druck gesetzt. Kaum ist man an einem Ort, leiert der Guide kurz seine (unvollständigen) Erklärungen herunter, dann heisst es «Foto machen!» und dann wird man zum nächsten Ort gehetzt. Das mag ich wirklich gar nicht!
Zum Mittagessen fuhren wir dann ins kleine Fischerdorf Huanchaco, wo wir die Wahl hatten zwischen einem teuren Touri-Restaurant und dem nächsten teuren Touri-Restaurant. Juhuuu! Und typischerweise kriegt man in diesen Touri-Restaurants meistens das gleiche wie in den Lokalen, die die Einheimischen besuchen, einfach zu schlechterer Qualität und dreifachem Preis.
Die Restaurants befanden sich direkt am Malecon und am Strand, wo man die für diesen Ort typischen Caballitos de Totora sehen konnte. Dabei handelt es sich um traditionelle Schilfboote, wie sie schon die Menschen der Moche-Kultur benutzten und wie sie auch heute noch von einer kleinen Anzahl Fischer benutzt werden. Die Schilfboote halten immer nur jeweils für ein paar Monate, laufen dann voll Wasser und müssen ersetzt werden. Die Tage der Schilfbootfischerei in Huanchaco scheinen jedoch gezählt, immer weniger junge Menschen erlernen das Herstellen und die Handhabung dieser Boote.
Am Nachmittag wurde die Gruppe dann erstmal aufgeteilt. Ein Teil der Leute hatte nämlich noch eine Pferde-und-Reitervorführung gebucht. Wir nicht. Stattdessen fuhren wir zum Museum, welches bei den Tempeln «Huaca del Sol» und «Huaca de la Luna» gehört, welche wir anschliessend noch besuchen würden. Grosszügig meinte der Guide, wir können uns nun hier Zeit lassen, und uns in Ruhe das Museum anschauen. Wir würden uns in 30 Minuten wieder draussen beim Auto treffen. 30 VERDAMMTE MINUTEN?! Nennt man das etwa «in Ruhe ein Museum anschauen»? Also ich nicht! Nun ja, mir blieb halt nichts anderes übrig, und so stiefelten wir im Eiltempo durch das eigentlich ziemlich interessante Museum. Zum die Beschreibungen lesen blieb nicht viel Zeit, also schauten wir uns halt nur die Ausstellungsstücke an, die grösstenteils aus Keramik der Moche-Kultur bestanden.
Anschliessend trafen wir wieder auf den zweiten Teil der Gruppe, die ziemlich enttäuscht von der «Ross-und-Reiter-Show» zurückkamen. Offenbar hatte sich der Besuch nicht gelohnt.
Als nächstes würden wir den Tempel Huacas de la Luna besuchen, und rückblickend war das tatsächlich das Einzige, was sich an diesem Tag wirklich gelohnt hatte. Obwohl wir gar nicht vorhatten, hierher zu kommen, waren wir ganz glücklich durch das Tourprogramm dazu gezwungen worden zu sein, denn das war das einzig wirklich sehenswerte. Der Tempel wurde ca. um 600 n. Chr gebaut, und durch 6 Generationen erweitert. Es war typisch für die damalige Kultur, dass eine Generation die alten Strukturen einfach mit Ziegeln auffüllte und anschliessend mit einer neuen Ebene überbauen. Anstatt Steuern zu zahlen war es damals üblich, dass die Bevölkerung Arbeitsdienst leisten musste. Auf den Ziegeln sind noch immer Zeichen zu sehen, mit denen jede Familie ihren Beitrag individuell gekennzeichnet hat. Derzeit schälen Archäologen ausgewählte Teile dieser Zwiebelhaut ab, und haben dabei auf jeder Schicht Wandbilder mit stilisierten Figurendarstellungen entdeckt. Einige sind dank der später darüber gebauten Ebenen perfekt erhalten. Am eindrücklichsten ist dabei eine grosse Mauer am Hauptplatz der Anlage, die komplett mit wunderbar erhaltenen, farbigen und vor allem originalen Wandbildern bedeckt ist. Das war wirklich ganz schön und höchst interessant!
Auf der anderen Seite einer breiten Wüstenebene steht der Huacas del Sol, der als der grösste alleinstehende präkolumbianische Bau in Peru gilt. Leider kann man ihn nicht besichtigen. Die Spanier hatten damals den benachbarten Fluss umgeleitet, mit dem Ziel den Tempel zu zerstören und allfällige Reichtümber in Form von Gold herauszuspülen. Etwa ein Drittel des Tempels wurde so weggeschwemmt. Heutzutage ist der Tempel nur noch als grosser Hügel zu erkennen.

Am nächsten Tag besichtigten wir noch das Museo de Arqueologia in Trujillo, welches einen Schnelldurchlauf der peruanischen Geschichte von 12'000 v.Ch. bis in die Gegenwart zeigen sollte. Offenbar endet die peruanische Geschichte bei der Eroberung durch die Spanier, denn das war jedenfalls der Zeitpunkt, bei welchem die Ausstellung endete. Gezeigt wurden Ausstellungsstücke der verschiedenen Kulturen, die es in der Gegend gab. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Keramik. Interessant ist, dass man bei uns ja fast immer nur an die Inka denkt, wenn man an diese Gegend der Welt denkt. Tatsächlich dauerte die Vorherrschaft der Inka in diesen Gegenden allerdings nur kurz, ca. von 1400 - 1450 n. Chr. bis zur spanischen Eroberung im 16. Jh. Viel bedeutender sind hier die vorher bestehenden Prä-Inka-Kulturen, die dann aber von den Inka besiegt wurden.

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