Wir reisen, also sind wir
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Peru: Chiclayo

Veröffentlicht: 01.09.2018

Am späten Nachmittag fuhren wir mit dem Bus von Trujillo nach Chiclayo. Dies würde mit ungefähr 5h unsere kürzeste Busfahrt in ganz Peru sein. Leider hatte der Bus schon bei der Abfahrt Verspätung, so dass wir anstatt um 23 Uhr erst etwa um 01:30 beim Hotel ankamen, und trotz der angeblich «24-h-Rezeption» erstmal die schlafenden Hotelangestellten herausklingeln mussten. Auch hier hatten wir die üblichen Probleme bei der Bezahlung des Hotels. Man muss dazu wissen, dass man von den meisten Bankomaten in Peru nur 400 peruanische Soles beziehen kann (ca. 130 USD). Es gibt eine einzige Bank, bei der ein Bezug von 700 Soles möglich ist. Wenn man bedenkt, dass wir mit unserer günstigsten Kreditkarte 5 CHF pro Bargeldbezug an Gebühren zahlen müssen, kommt da ganz schön was an Bankgebühren zusammen. Daher lautet die Devise, möglichst Bargeldzahlungen zu vermeiden und soviel wie möglich mit Kreditkarte zu zahlen (ein weiteres Hindernis ist, dass in Peru Zahlungen mit Mastercard schwierig sind. Meist funktioniert nur Visa. Gottseidank sind wir aber mit allem gut ausgestattet und auf solche Situationen vorbereitet). Aus diesem Grund beachten wir bei der Hotelwahl auch, ob Zahlung mit Karte möglich ist. In den allermeisten Fällen haben wir dann das Problem, dass der Betreiber plötzlich irgendeine horrende Mehrgebühr von 5-7% für Kartenzahlung fordert, so dass wir beinahe täglich dieselben Diskussionen haben, da dies nämlich nicht Teil der Abmachung ist, die wir über die Buchungsplattform getroffen haben, und 5-7% eine Menge Geld sind, welches wir sicher nicht extra bezahlen. Seltener haben wir das Problem, dass es plötzlich heisst, ausgerechnet heute funktioniere das Kartenterminal nicht, es sei gestern kaputt gegangen. So war es auch in diesem Fall. Wir wiesen darauf hin, dass in der ganzen Hotellobby etwa 100 Schilder mit dem Visa-Signet hängen «Pague aqui con Visa» und dass die Herrschaften freundlicherweise eine Lösung finden sollen. Ja, man müsse am nächsten Tag den Chef fragen, meinte die Dame. Man muss dazu wissen, dass diese Leutchen hier gar nichts von sich aus unternehmen. Das «Bezahlproblem» wird einfach kurzerhand wieder vergessen, bis wir dann auschecken müssen, das Taxi schon bestellt haben und zum Busbahnhof wollen. Da wir nicht kurz vor Abreise Probleme haben wollten, gingen wir von uns aus tags darauf wieder zur Rezeption und fragten, wie es nun mit dem Bezahlen sei. Der Chef habe gemeint, man könne im benachbarten Laden mit Karte zahlen und sie würden das dann mit dem Ladenbesitzer regeln. Gut. Dumm nur, dass der Laden geschlossen war. Auch später als wir nochmals vorbeigingen, war der Laden immer noch zu. Abends war dann der Chef da und meinte, man würde bis morgen früh eine Lösung finden, die zu unseren Gunsten ausfallen würde. Da sind wir aber mal gespannt! Und tatsächlich ist am nächsten Morgen etwas geschehen, was uns bisher noch gar nie passiert ist: der Chef meinte, das sei nicht unsere Schuld, und wir müssten gar nichts für die zwei Übernachtungen zahlen! Wir standen da wie vom Donner gerührt. Das war uns dann aber trotzdem auch nicht recht, also zahlten wir letztendlich einfach 1 Nacht in bar. Damit schienen alle zufrieden zu sein.

Nach Chiclayo sind wir gekommen, um die berühmten Gräber von Sipan zu besichtigen. Die Stätte wurde 1987 durch Grabräuber entdeckt. Allerdings hatten sie nur eines der Gräber gefunden und geplündert. Schnell fiel Archäologen auf, dass der Schwarzmarkt mit zahlreichen verdächtigen Objekten überschwemmt wurde, so dass schnelle Schutzmassnahmen eingeleitet werden und weitere Diebstähle verhindert werden konnten. Zum Glück konnten noch viele weitere Gräber freigelegt werden, welche unglaubliche Schätze zu Tage brachten, darunter ein aussergewöhnliches Moche-Königsgrab, das Grab des Señor de Sipan.

Auch hier war ohne geführte Tour leider mal wieder nichts zu machen.
Auf dem Standardtourprogramm stand allerdings zunächst einmal die archäologische Stätte von Tucume. Dabei handelt es sich um ein riesiges Gebiet mit 26 Pyramiden. Gut, dachten wir uns, wieso nicht, ist sicher auch noch interessant. War es nicht. Man muss dazu wissen, dass die Peruaner das meiste dieses Zeugs gar nicht ausgraben. So auch hier. Wenn man die schönen und gut gepflegten Anlagen der Maya-Ruinen erwartet, täuscht man sich gewaltig. Hier wird man auf eine Aussichtsplattform geführt, von der einige grosse Hügel zu sehen sind, worunter dann die Pyramiden liegen, die man natürlich auch nicht von innen besichtigen kann. Ganz toll.
Auf Nachfrage meint der Tourguide, dass die peruanische Regierung kein Interesse habe, die Stätten auszugraben. Der Tourismus gelte für die Regierung nicht als bedeutende Einnahmequelle, man sei eher an der Minen-Industrie interessiert, da liesse sich schneller Geld machen. Die Regierung sei immer nur 5 Jahre im Amt, und jeder hätte bloss Interesse in dieser Zeit möglichst in die eigene Tasche zu wirtschaften, so dass für langfristige Projekte kein Interesse bestehe. Und für archäologische Ausgrabungen muss natürlich zunächst einmal viel Geld in die Hand genommen werden, und es will auch niemand, dass es anschliessend heisst, in der eigenen Amtszeit hätte es ein riesiges Defizit gegeben. So ist man für die Ausgrabung auf Gelder aus dem Ausland angewiesen. Und tatsächlich steht bei jeder Anlage, die wir besichtigt haben, irgendeine Dankestafel: Wir danken Italien, wir danken der Schweiz, wir danken Gott und der Welt. Aber die späteren Einnahmen, beispielsweise die horrenden Eintrittspreise für den Besuch von Machu Picchu, die streicht der peruanische Staat natürlich gerne ein. Angesichts der Tatsache, dass man als Ausländer dann auch noch ein Mehrfaches des Eintrittspreises zahlen muss, als die Einheimischen, finde ich das schon eine ziemliche Frechheit.
Wie dem auch sei, wir stellten also enttäuscht fest, dass man die Pyramiden von Tucume getrost vergessen kann. Auf dem Gelände gab es noch ein Museum, durch welches wir anschliessend in einer gefühlt Ewigkeiten dauernden Tour geführt wurden, wo es allerdings auch keine neuen spannenden Erkenntnisse für uns gab.
Anschliessend fuhren wir nach Lambayeque, wo sich das Museo Tumbas Reales de Sipan befindet, welches die Stücke ausstellt, die in den Gräbern von Sipan gefunden wurden. Das Museum stand schon von vornherein auf unserer iste, schon bevor wir das Museum betraten, war mir absolut klar, dass ich viel lieber alleine hier wäre, ohne Tour. Und meine Befürchtung bewahrheitete sich natürlich. In einem Affenzahn wurden wir durch das Museum gehetzt, so dass man überhaupt keine Zeit hatte die ganzen Stücke richtig zu betrachten und die Erklärungen wurden in so schnellem Spanisch heruntergeleiert, dass sogar die Einheimischen Mühe hatten, zu folgen. Nun denn, wir würden ohnehin später nochmals hierherkommen, diesmal ohne Guide, aber dazu später mehr.
Nach dem Museumsbesuch ging es zum Mittagessen in einem Touri-Restaurant in Lambayeque. Auch dieses Restaurant war zwar überteuert, aber wenigstens gab es einheimische Spezialitäten und die waren wirklich sehr lecker. Wir bestellten TacuTacu mit Lomo Saltado. Bei TacuTacu handelt es sich um eine Art Rösti aus Reis und Bohnen. Lomo Saltado sind im Feuer gebratene Rindsfleischstreifen mit Tomaten und Zwiebeln im Fleischsud. Dies würde eines unserer Lieblingsessen in Peru werden.
Wir hatten auch diese Tour in Spanisch gebucht und tatsächlich waren wir mit ausschliesslich peruanischen Touristen in der Tour. Auffällig ist, wie schwierig es ist mit den Peruanern ins Gespräch zu kommen. Dieses Phänomen würde sich auch in allen kommenden Touren zeigen. Sie sind entweder sehr unfreundlich oder sie haben ein ernsthaftes Problem mit ausländischen Touristen.
Wenn man normalerweise auf einer solchen Tour ist, fragt man irgendjemanden die magische Frage «wo kommst du her?» und schwupps ist das Eis gebrochen und man ist im Gespräch. Funktioniert immer. Überall. Ausser hier. Wir sassen mit einigen Peruanern aus der Tour zusammen am Mittagstisch. Ich fragte die Dame neben mir, woher sie komme. – Lima. – Nach einem Moment frage ich erneut, ob sie denn hier in den Ferien sei, um sich den Norden von Peru anzuschauen. – Ja.- Es kommt nichts, keine Gegenfrage, kein Interesse, kein gar nichts. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Sie wollen irgendwie nichts mit einem zu tun haben, und sobald sie begreifen, dass man auch ihre Sprache spricht, flüstern sie untereinander. Aber auch unter sich kommen sie kaum miteinander ins Gespräch. Die ursprünglichen Grüppchen bleiben den ganzen Tag unter sich, auch beim Essen während man gemeinsam am selben Tisch sitzt. Irgendwie ist das komisch. So gerne wir normalerweise mit den Einheimischen zusammen sind und so konsequent wir versuchen Spanisch zu sprechen, hier fangen wir an, die Gringo-Touren ein wenig zu vermissen. Die Touren wo du morgens in den Bus steigst und alle still sind, und abends, wenn du aussteigst hat man sich kennengelernt, hatte einen tollen Tag zusammen, hat viel gelacht und gequatscht und alle wünschen sich gegenseitig alles Gute und eine gute Weiterreise. Hier steigst du abends aus dem Bus aus und wünschst: Que les vaya muy bien! Und die Antwort ist Stille. Schade.
Jedenfalls dauerte das Mittagessen endlos, das Restaurant kriegte es nicht auf die Reihe, alle Leute gleichzeitig zu bedienen, die einen waren schon fertig, bevor die anderen ihr Essen überhaupt gekriegt hatten. In der Zwischenzeit war es nach 16:00 Uhr nachmittags geworden und wir fragten uns ernsthaft, wo die Zeit noch bleiben soll, um zu den Gräbern von Sipan zu fahren. Schliesslich war das der Hauptgrund, weshalb wir die verdammte Tour überhaupt gemacht haben!
Tatsächlich kamen wir erst sehr spät bei den Gräbern an, die auf der anderen Seite von Chiclayo ziemlich weit ausserhalb der Stadt lagen. Und wieder einmal blieben uns nur 30 Minuten, um die Stätte zu besuchen, die Stätte, weswegen wir überhaupt erst in dieses verfluchte Kaff gekommen waren. Es war doch wirklich einfach zum Heulen! Aber wir hatten ohnehin keine Wahl. Wir hatten nämlich noch für denselben Abend einen Nachtbus nach Chachapoyas gebucht, und da wir bereits eine solche Verspätung im Tourprogramm hatten, mussten wir ohnehin zurück, wenn wir unseren Bus erwischen wollten. Ich war wahnsinnig enttäuscht ab diesem Tag, und ich war es schliesslich gewesen, die so gerne hierher kommen wollte.

Immerhin schafften wir es nochmals nach Lambayeque zu fahren, um nochmals das Museum zu besuchen. Auf unserem Rückweg von Chachapoyas nach Lima verbrachten wir zwischen zwei Nachtbus-Etappen nochmals einen Tag in Chiclayo als Pause. Mit dem Taxi fuhren wir zum Museum nach Lambayeque. Und das war eine sehr gute Wahl, denn es handelt sich um ein wirklich ausgesprochen gutes Museum. Es ist im Nachhinein für uns beide eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Peru und rangiert auch unter den Top-Museen von ganz Lateinamerika ganz vorne.
Es gibt im Museum nicht wahnsinnig viel Beschreibung, und wenn, dann ist sie mehrheitlich nur auf Spanisch. Aber das braucht es auch nicht unbedingt, denn das Museum ist wirklich wahnsinnig gut und schön gestaltet.
Als erstes geht es um das Grab des Señor de Sipan, das wichtigste der Grabanlage. Schritt für Schritt wird beschrieben, wie das Grab geöffnet wurde, und welche Schätze entnommen wurden. Sämtliche Ausstellungsstücke werden in der Reihenfolge gezeigt, wie sie dem Grab entnommen wurden. Selbstverständlich wurden auch diese Stücke restauriert, aber es ist immer auch ein Foto daneben, wie genau es ausgesehen hat, als das Stück gefunden wurde. Sämtliche Stücke werden in Zusammenhang gestellt mit dem Wissen, welches man aus Bildern auf Keramiken und ähnlichem über die Lambayeque-Kultur angehäuft hat. Es hat wirklich wunderbare Stücke darunter, riesige Mengen an Schmuck aus Gold und Türkisstein, Ketten aus Spondylus-Muscheln, Textilien, Überreste von Waffen und Rüstungsteile, Keramiken, Grabbeigaben in Form von Nahrungsmitteln, etc. Sogar die originalen Überreste des Señor de Sipan werden im Museum ausgestellt. Ausserdem gibt es eine genaue Nachbildung seines Grabes, wie es ausgesehen haben muss, als es verschlossen wurde, mit einer genauen Auflistung sämtlicher Gegenstände, die bei ihm gefunden worden sind. Interessanterweise wurde er nicht allein begraben. In seinem Grab wurden Skelette von einigen weiteren Menschen und Tieren gefunden, deren Aufgabe es war, ihn in den Tod und damit in ein neues Leben zu begleiten. 3 Frauen, sein Sohn, ein Priester, ein Militärbefehlshaber sowie 2 Lamas und ein Hund waren mit ihm begraben. Zudem fand man über dem Dach des Grabes das Skelett eines Soldaten, der das Grab für die Ewigkeit bewachen sollte. Dem Toten wurden die Füsse abgeschnitten, offenbar um ihn im Tode daran zu hindern, das Grab des Fürsten von Sipan und damit seinen Posten zu verlassen.

In der Anlage wurden auch weitere Gräber gefunden, die auf mehreren Ebenen angelegt worden waren. Die Toten sind zu verschiedenen Zeiten gestorben. Unter anderem fand man die Gräber eines Priesters, eines Soldaten und Musikers sowie eines jungen Paares. Auf der untersten Ebene wurde ein ähnlich prunkvolles Grab gefunden, wie das des Señor de Sipan. Ein DNA-Test hat später ergeben, dass es sich um ein Familienmitglied handelte, höchstwahrscheinlich um seinen Grossvater, also den früheren Fürsten von Sipan, dem Viejo Señor.

Leider darf man in dem Museum keinerlei Fotos machen, sämtliche Taschen müssen am Eingang abgegeben und in einem Schliessfach deponiert werden. Bevor man das Museum betritt wird man noch mit einem Metalldetektor nach Handys o.ä. gescannt. Das ist natürlich sehr schade.
Wie gesagt, meiner Meinung nach handelt es sich hier um eines der besten Museen, die der ganze Kontinent zu bieten hat, und es sollte von keinem Peru-Reisenden ausgelassen werden, obwohl nur wenige ausländische Touristen den Norden Perus bereisen. Wenn man es noch schafft, eine Tour zu den Gräbern anzuhängen, umso besser, dann kriegt man einen noch besseren Eindruck des Fundes. In die Originalgräber hat man Nachbildungen der Skelette und der Grabbeigaben gelegt, so dass man auch hier eine Vorstellung bekommt, wie es 1987 ausgesehen hat, als die Archäologen die Gräber öffneten.

Ich bin jedenfalls sehr froh, sind wir noch ein zweites Mal alleine hierhergekommen und konnten uns die Ausstellung und all die wunderbaren Stücke nochmals in Ruhe ansehen.

Wir besuchten in Chiclayo ausserdem noch den Mercado de Modelo, der einer der interessantesten Märkte Perus sein soll. Von besonderem Interesse ist dabei der Mercado de Brujos (Markt der Schamanen). Dort können sich Medizinmänner mit allen erdenklichen ausstatten, was sie für ihre Rituale brauchen. Ehrlich gesagt klingt das alles aber interessanter, als es tatsächlich war. In erster Linie roch es dort gut, aufgrund all der vielen Kräuter, die feilgeboten wurden. Ansonsten gab es viel Krimskrams, Amulette, etc. Man konnte ausserdem Parfüms und Tees gegen jedes Übelchen der Welt kaufen. Liebeskummer, zuwenig Geld, irgendein Leiden oder eine sonstige Unzufriedenheit? Zack, hier gibt’s das richtige Parfüm. Vor allem das Geldparfüm, wo auf der Verpackung jede Menge Geldbündel zu sehen sind, gab es überall. Eigentlich müssten ja also alle Peruaner steinreich sein, oder? Was man dort auch bekommen kann, sind die bekannten halluzinogenen Pilze, die die Schamanen für ihre Rituale einsetzen, aber auch die sehen auf so einem Markt nicht allzu spektakulär aus.
Ansonsten handelt es sich um einen normalen Markt, wo wir uns noch einen leckeren frischgemixten Fruchtsaft genehmigten.

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