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Honduras: Tegucigalpa

Veröffentlicht: 01.05.2018

Wenn man sagt, man reise nach Honduras, kriegt man meist zu hören: Geh bloss nicht nach Tegucigalpa oder San Pedro Sula! Dort ist es viel zu gefährlich! Tatsächlich hat man kaum eine andere Wahl, als an diesen beiden Orten vorbei zu kommen, wenn man Honduras mit dem öffentlichen Verkehr bereist, da die beiden Städte die Haupt-Verkehrsknotenpunkte des Landes bilden. Und wenn man ja schon mal dort ist, kann man sich ja auch vorsichtig etwas umsehen.

In Tegus hatten wir unser Hotel bei einem Chinesen mitten in der Stadt. Es war ein billiges Hotel und man kriegte das, wofür man bezahlt hatte: Ein Bett, ein Badezimmer und einen Ventilator. Aber es war sauber, zentral und das Hotel bot ausserdem ein Restaurant mit geniessbarem chinesischem Essen. Was will man mehr?

Wir verbrachten in Tegucigalpa einen Tag und sahen uns etwas in der Innenstadt um. Insgesamt gefiel mir persönlich die Atmosphäre im Stadtzentrum hier einiges besser als beispielsweise in San Salvador. Es ist viel weniger verfallen und irgendwie freundlicher, geschäftiger. Aber auch hier ist es dreckig, es stinkt vielerorts und es gibt einige Ecken, an denen man sich besser nicht herumtreibt.

Wir besuchten das Museo para la Identidad Nacional. Für mich ein Museum des Frusts. Nicht etwa, weil es so schlecht gewesen wäre, im Gegenteil. Es gab zwar tatsächlich leider nicht sehr viele Ausstellungsstücke, aber dafür gab es eine Unmenge an Informationen, thematisch geordnet und interessant gegliedert. Es war mein Tod. Weshalb? Es war alles in Textform. In wohlverstanden spanischer Textform. Nun, wer schon einmal das Vergnügen hatte, mit mir ins Museum zu gehen, würde dieses Vergnügen unter Umständen als zweifelhaft bezeichnen. Ich gehöre nämlich zu den Menschen, die darauf stehen, allen Text zu lesen. Und zwar wirklich ALLEN TEXT. Warum denn auch nicht? ich habe schliesslich dafür bezahlt und will daher auch so viel wie möglich lernen dabei! Bei uns ist es jedenfalls schon normal geworden, dass Jörg nach der Hälfte der Zeit aufgibt, und draussen auf mich wartet. In diesem Museum wäre allerdings auch diese Strategie kläglich misslungen, denn es gab schlichtweg einfach zu viel Text. Zu viele Informationen. In einer fremden Sprache. Und obwohl ich wirklich eilig die Sachen rauspickte, die mich am meisten am Werdegang dieses Landes interessierten, gab ich nach etwa 2h eingedenk der überwältigenden Fülle an Informationen und meines knurrenden Magens frustriert auf.

Später am selben Tag schnappten wir uns ein Taxi und fuhren zum Monumento de la Paz, welches im grössten Park Tegucigalpas auf einem Hügel liegt. Augenscheinlich ist bei den Hondureños Sightseeing nicht besonders angesagt, der Taxifahrer kannte den Ort jedenfalls nicht und wusste auch gar nicht, ob man da überhaupt hochfahren kann. Nun, man kann. Unterwegs kamen wir noch am zweitgrössten Fussballstadion von Honduras vorbei, und es gab an diesem Tag ein Spiel. Überall waren Fussballfans mit Fantrikots in den Strassen, es war laut, voll und….wie soll man diese Atmosphäre beschreiben?...irgendwie «fussballig»….halt genauso, wie sonst auch überall auf der Welt vor einem Fussballstadion wo gleich ein Spiel stattfinden würde…..die Welt spricht Fussball, definitiv. Jedenfalls streckte sogar noch ein übermütiger Fan sein Gesicht durch unser Taxifenster und fragte, ob wir ihm nicht einen Dollar schenken könnten, damit er seine Lieblingsmannschaft heute spielen sehen könnte, er habe leider keinen Job! Echt jetzt? Betteln wegen eines Fussballspiels? Tja, dumm, dass wir eben auch keinen Job haben. Selbst der Taxifahrer hat sich sehr darüber gewundert, und gemeint, er gäbe gern einem Arbeitslosen ein wenig Geld um Milch für sein Baby zu kaufen, aber sicher nicht für ein Fussballspiel. Dito.

Der Aussichtspunkt auf dem Hügel ist jedenfalls ganz nett. Es gibt einen hübschen Park mit Pick-nick-Tischen und einem Spielplatz. Die Aussicht auf die Stadt ist wirklich gut. Interessanterweise standen die meisten Leute (unter ihnen auch das Schutzpersonal der Anlage) an dem Ort der Aussichtsplattform, von wo man den besten Blick auf das Fussballstadion hatte. Das ist hier wohl der Insider-Tipp!

Von Tegucigalpa aus wollten wir nach Danli und nach La Venta fahren, um dort Bekannte von Jörgs Eltern zu besuchen. Da die Orte mit dem öffentlichen Verkehr nicht gerade effizient zu erreichen sind, entschieden wir uns für einige Tage ein Auto zu mieten. Dafür fuhren wir zum Flughafen etwas ausserhalb von Tegus, da ich wirklich absolut keine Lust verspürte, noch durch die Innenstadt hier zu fahren.
Wir mieteten also dieses Auto, ein Hyundai Accent, machten uns auf den Weg und es wurde die Odyssee des Grauens. Ganz so schrecklich war es nicht, aber es stellte sich zum wiederholten Male heraus, das mit dem Autofahren und mir, das wird einfach nie Liebe werden. Schon gar nicht in fremden Ländern. Die Strassenverhältnisse waren zwar einiges besser als in Belize. Es gab zwar auch hier Kraterlandschaften aus Schlaglöchern, aber es waren definitiv weniger. Dafür gab es einiges mehr an Verkehr. Ähnlich war der Fahrstil, zentralamerikanischer Fahrstil würde ich das mal nennen: schnell, halsbrecherisch, idiotisch, absolut wahnsinnig. Überholen in der Kurve ist hier die Norm, aus zwei Spuren kurzerhand 3 zu machen ist absolut gängig, doppelt gezogene Linie hin oder her, auch der entgegenkommende LKW flösst wenig Respekt ein. Und alle betonen sie unisono: Ja wir fahren sportlich, aber wir können eben Fahren, deshalb gibt es so wenige Unfälle! Mhm. Diese Unfallstatistik würde ich gerne mal sehen!
Und tatsächlich hat man sich einige Tage und einige Nervenzusammenbrüche später ein wenig an den rauen Ton gewöhnt und lässt sich sogar auch das eine oder andere Mal zu einem etwas waghalsigeren Manöver verleiten.
In ein moralisches Dilemma geriet ich auf dem Highway durch Tegus, als die vor mir fahrenden Autos alle dazu ansetzten, ein anderes Auto rechts zu überholen. Rechts überholen? Das darf man nicht! Was soll ich denn jetzt bloss tun? Und während ich noch mit mir selbst rang, kam die Reihe an mich die lahme Ente zu überholen, und das Dilemma wurde noch grösser: es war ein Polizeiauto! Es war ein Pickup und da sassen uniformierte Kerle mit riesigen Shot-Guns drin! Kann ich das wirklich? Ein Polizeiauto rechts überholen? Ich konnte! Und ich setzte sogar noch pflichtbewusst den Blinker dabei…. 😊

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