Wir reisen, also sind wir
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Honduras: Copan

Veröffentlicht: 01.05.2018

Da wir für die lange Reise nach Copan keine Lust hatten, uns in einen kleinen Shuttle-Minibus zu quetschen, konnte uns Irwin das Busunternehmen Hedman Alas empfehlen, welches für die Strecke komfortable grosse Busse einsetzt. Wie es bereits bei unserer Reise nach Salvador der Fall war, verkehren die grossen Busse allerdings nur ab Guatemala City. Von Antigua in die Hauptstadt würde man also trotzdem mit einem Minibus fahren, aber das war in Ordnung, da die Fahrt dorthin nur etwa 1.5 h dauert. Etwas problematisch war, dass der Minibus uns nicht direkt bei unserem Hotel abholen konnte, da die Strassen im Quartier zu eng für den Bus waren, ausserdem gab es nur einen Nachtbus. Daher mussten wir mitten in der Nacht um 02:30 Uhr mit all unserem Gepäck noch einige Strassen weit laufen und an einer einsamen Hausecke auf die Abholung warten. Das war etwas unangenehm, nachts sollte man sich eigentlich nirgends zu Fuss in Zentralamerika herumtreiben, und schon gar nicht mitsamt all seinem Hab und Gut. Glücklicherweise war der Bus pünktlich da, was in Zentralamerika auch nicht selbstverständlich ist. Der Umstieg in Guate verlief ziemlich zügig, und wir waren sehr positiv überrascht, da es sich hier um einen erste Klasse Bus handelte, der ähnlichen Komfort bot, wie die Busse in Kolumbien, die wir so geliebt hatten. Da Hedman Alas alle grösseren Strecken in Honduras bedient, würde dies für die kommenden Wochen also unser Stamm-Busunternehmen werden. Die Fahrt nach Copan verlief ziemlich ereignislos, die Ausreise- und Einreiseformalitäten waren schnell erledigt.

Die Stadt Copan Ruinas existiert wohl einzig und ausschliesslich wegen der berühmten Maya-Ruinen, welche gleich nebenan liegen. Der ganze Ort ist daher sehr auf den Tourismus ausgerichtet. Die Stadt selber ist ruhig, ziemlich sicher und bietet eine gute Infrastruktur an Restaurants und Hotels, ist aber auch ziemlich teuer. Und man wird als Tourist leider wieder vielmehr abgezockt als in El Salvador. Besonders deutlich merkten wir dies, als wir eine Wassermelone von einem Händler auf der Strasse kaufen wollten, der doppelt so viel für die Melone verlangte als sie im Supermarkt kostet. Normalerweise unterstützen wir gerne einheimische Bauern, aber das war uns dann doch etwas zu viel, und so kauften wir die Frucht halt doch im örtlichen «Despensa Familiar».

Am Nachmittag nach unserer Ankunft fuhren wir mit dem Tuktuk zum Vogelpark Macaw Mountain. Dabei handelt es sich um ein Privatreservat zum Schutz von zentralamerikanischen Aras und anderen einheimischen Vögeln. Der rote Ara ist der Nationalvogel von Honduras. Das Reservat wurde ursprünglich auf der Insel Roatan gegründet und diente vor allem als Auffangstation für Vögel, die von Einwanderern angeschafft worden waren, die sich in Honduras niederliessen. Viele dieser Einwanderer kehrten irgendwann allerdings wieder zurück in ihr Heimatland, und wollten sich daher der langlebigen Vögel wieder entledigen, daher musste ein Platz für sie gefunden werden. Später wurde das Reservat nach Copan verlegt, nachdem dort ein grosses Stück Land günstig gekauft werden konnte. Es werden Vögel aus Privatbesitz aufgenommen oder auch solche, die Schmugglern abgenommen worden sind.
Im Vogelpark gibt es viele grosse Gehege mit Aras, Tukanen und verschiedenen anderen Arten von Papageien. Es gibt viele Schautafeln mit interessanten Informationen zu den verschiedenen Papageien, deren Lebensraum und Lebensart.
Man erklärt uns im Begegnungszentrum, dass das Ziel ganz klar sei, so viele Vögel wie möglich wieder auszuwildern. Vor einigen Wochen seien 5 Tukane ausgewildert worden und gerade jetzt werde eine Gruppe grüner Papageien (10 Stk) in die Freiheit entlassen. Der grosse Käfig mit weit offenstehender Türe wurde uns gezeigt, einige Vögel sassen immer noch drin. Die Vögel würden eine Weile brauchen, bis sie sich heraustrauen, und selbst dann immer wieder zurückkehren, die ersten paar Monate regelmässig, dann sporadisch. Deshalb würde man auch immer Futter bereitstellen, um den Vögeln jederzeit einen sicheren Zufluchtsort zu bieten, wohin sie zurückkommen könnten und was zu essen finden würden. Der Mitarbeiter zeigte uns auf seinem Handy ein Foto eines Vogels, der aus einem Plastik-Trinkbecher trank. Er sei anfangs immer wieder zurückgekommen um zu trinken, weil er nicht begriffen hatte, wo er andernorts Wasser finden kann. In der Ruinenanlage von Copan sei eine Gruppe von 45 roten Aras freigelassen worden. Dieser Ort bietet sich natürlich sehr an, da er ohnehin geschützt ist und die Vögel dort nicht bedroht sind. Aber auch diese Vögel würden immer mal wieder zum Vogelpark zurückkommen.
Und tatsächlich sahen wir sie später noch, eine Gruppe roter Riesenvögel, die freilebend über uns hinwegflog. Absolut majestätisch! Und auch einer der freigelassenen Tukane würde uns noch über den Weg laufen.
Im Begegnungszentrum des Parks kann man Fotos von sich mit Papageien machen lassen. Viele Papageien warteten dort auf Ästen sitzend und liessen sich geduldig auf die Arme von Besuchern setzen. Wir kamen mit einem Mitarbeiter des Parks ins Gespräch und fragten, warum sie denn nicht einfach wegfliegen würden? Er erklärte uns, dass viele Vögel, die lange bei Menschen gelebt hatten, einfach nicht mehr fliegen wollen, obwohl die meisten es physisch tatsächlich noch könnten. Nur wenige der Tiere hätten Verletzungen oder Einschränkungen, die das Fliegen körperlich verunmöglichen. Sie seien es sich einfach nicht gewohnt zu fliegen. Diese Vögel können daher leider auch nicht mehr freigelassen werden. Man spürt die Begeisterung dieses jungen Mannes für die Vögel und seine Arbeit. Es ist wirklich ein schönes Schutz-Projekt, welches offenbar auch ziemlich erfolgreich ist.

Die Ruine von Copan ist sage und schreibe die zwölfte Maya-Ruine, die wir uns auf dieser Reise anschauen! Und ich verspreche hiermit, das wird die letzte sein. Aber wir beenden die Maya-Kultur-Reise mit einem Highlight, denn Copan belegt definitiv einen sehr hohen Rang in unserer Wertung, die gleich im Anschluss an diesen Blogbeitrag folgt.
Copan verfügt zwar nicht über grosse Pyramiden oder andere sehr eindrückliche Bauten, aber es gibt eine Menge einzigartiger Dinge zu sehen. Zum Beispiel gibt es eine Vielzahl sehr schöner und gut erhaltener Statuen. Besonders beeindruckend ist auch die sogenannte Hieroglyphen-Treppe. Die Treppe aus 63 Stufen erzählt die Geschichte des Königshauses Copan in Form von mehreren tausend Glyphen. Aber auch hier ist ein Grossteil restauriert worden. Ein weiteres Highlight sind die Tunnel, die von Archäologen ausgegraben worden waren, und durch die man ein stückweit ins Innere der Anlage gelangen kann. Wir hatten ja schon zuvor gehört, dass es für einen neuen Maya-Herrscher üblich war, einfach seine eigenen neuen Tempel über die alten Anlagen des Vorherrschers zu bauen. Hier in Copan hat man durch die Tunnel die Möglichkeit, einige Teile solcher vergrabener Tempel zu besichtigen. Auch wurde bei den hier vergrabenen Tempeln die Aussenfassade mit ihren dekorativen Elementen intakt gelassen und nicht abgetragen, beispielsweise der Tempel Rosalila, weshalb man davon ausgeht, dass diese Tempel eine besondere Bedeutung gehabt haben mussten. Ein Nachbau des Tempels Rosalila ist im zugehörigen Museum ausgestellt. Und hier sind wir auch gleich beim letzten grossen Pluspunkt von Copan: Das Museum für Maya-Architektur ist wirklich atemberaubend und eines der besten, die wir gesehen hatten. Bzw. Ich. Denn Jörg war inzwischen der Maya-Museen überdrüssig geworden und wohlwissend, dass ich für Museen immer meine Zeit brauche, suchte er sich draussen im Park ein hübsches Plätzchen im Schatten und wartete dort auf mich. Im Museum sind einige Originalstücke der Statuen zu sehen, die zu Konservierungszwecken vom Gelände entfernt wurden. Ausserdem viele Rekonstruktionen alter Strukturen und Portale. Das Museum ist sehr gross und luftig, mit Platz wurde nicht gespart, so dass die grosszügigen Ausstellungsstücke wunderbar zur Geltung kommen.
Der Besucherandrang in Copan ist einiges geringer als an anderen Orten, daher ist die Atmosphäre sehr einladend. Wir verbrachten einen gemütlichen Nachmittag auf der Anlage und immer wieder sahen wir auch tatsächlich die freilebenden Aras über uns hinwegfliegen, die hier ausgesetzt worden waren. Es war auch nicht sehr schwierig, die Vögel zu übersehen, da die Viecher mit ihrem ohrenbetäubenden Gekrächze also nicht gerade zu den Singvögeln zählen.
Als es gegen Abend ging, machten wir uns auf den Weg Richtung Ausgang. Plötzlich kamen mehr und mehr der wunderschönen roten Aras herbei. Es war Fütterungszeit! Tatsächlich brachte ein Mitarbeiter des Parks Futter herbei und füllte damit grosse Tröge. Und dann kamen sie alle! Die ganze Vogel-Kolonie, die im Park ausgesetzt worden war flog herbei, landete lediglich eine Armlänge neben uns in den Trögen und tat sich an den Früchten gütlich. Es war absolut bezaubernd, überall hatte man rote, blaue und gelbe Flecken im Sichtfeld, während die Vögel wild um uns herum und zwischen den Trögen und den Bäumen hin- und herflogen. Und dabei auch teilweise ziemlich kriminell unterwegs waren, einen im rasanten Vorbeiflug fast streiften.
Klar, man fragt sich, sind es wirklich freilebende Vögel, wenn sie täglich gefüttert werden, und für ihr Überleben gar nicht selber sorgen können? Tja, man unterscheidet eben, zwischen gefütterten Vögeln in Käfigen und gefütterten Vögeln, die in ihrem natürlichen Lebensraum in einer malerischen und geschützten Ruinenanlage frei herumfliegen dürfen. Mir gefällt das zweite zweifellos besser. Ausserdem frisst ohnehin auch die ganze übrige Fauna bei dem Festmahl gehörig mit, verschiedenste andere Vögel und auch Eichhörnchen konnten wir dabei beobachten. Und die Ruine dürfte nicht so bald wieder vergessen und verloren gehen, angesichts ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die lokale Bevölkerung, von daher dürfte das Überleben der Vögel immerhin «langfristig» gesichert sein.
Ich hätte dem Treiben der Vögel stundenlang zusehen können, aber irgendwann mussten wir uns dann von dem traumhaften Anblick losreissen, da die Anlage schliessen würde. Ich würde jedenfalls jedem empfehlen, nachmittags die Ruinen von Copan zu besuchen und die Fütterung nicht zu verpassen.

Und hier kommt es nun, das Ende des Maya-Kulturteils unserer Reise, unser Schlusswort, unser Fazit, unsere Bewertung der besuchten Maya-Ruinen:

Bewertet wurden folgende Kriterien:

Spektakulariät (gibt’s dieses Wort überhaupt?)
ist die Ruine an sich spektakulär? Ist die Architektur einzigartig? Gibt es besonders spezielle Bauwerke? Gibt es Verzierungen, Statuen, dekorative Elemente? Gibt es ein gutes Museum? Hebt sich die Anlage von anderen durch ein besonderes Element ab?

Ambiente, Umgebung
was hat die Umgebung zu bieten? Wie ist die Atmosphäre? Gibt es einen schönen Wald? Gibt es Tiere? Kann man auf der Anlage gemütlich einen Tag verbringen, ist es weitläufig? Oder ist man mitten im urbanen Raum? Gibt es etwas in der Umgebung, was die Anlage besonders einzigartig macht?

Besucherandrang
wie voll ist es? Hat es schon Europapark-Atmosphäre? Ist der Andrang so gross, dass es unangenehm ist? Oder ist es eher verlassen und idyllisch? Verteilen sich die Leute gut?

Die Kriterien «Spektakularität» und «Ambiente» wurden doppelt gewichtet in Relation zum Kriterium «Besucherandrang».



Die unumstrittenen Top 4 sind also Copan, Tikal, Palenque und Lamanai. Sie bieten ein wirklich wunderschönes und umfassendes Spektrum an Architektur, Ambiente und Natur.
Über den 5. Rang kann man sich streiten, da Chichen Itza und Tulum dieselbe Punktzahl haben. Aber definitiv verdient eine der beiden den 5. Rang, je nachdem ob einem die wunderschöne Strandlage von Tulum oder die spektakuläre Pyramide von Chichen Itza lieber ist, man ist an beiden Orten jedenfalls nicht allein.
Wenn man also mal eine Maya-Rundtour in Zentralamerika plant, wären dies unsere Empfehlung! 😊

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