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Costa Rica: San Jose

Veröffentlicht: 15.06.2018

Der Rückweg aus dem Quetzal Nationalpark gestaltete sich zum Glück einiges einfacher als der Hinweg. Sicher zum einen weil ich wach, frisch und ausgeruht war, zum anderen weil es Tag war und es nicht viel Verkehr gab, daher kamen wir gut durch. In San Jose gaben wir den Mietwagen zurück und machten uns auf den Weg in die Stadt.

Wir hatten ein Hostel direkt im Zentrum gebucht. Der Besitzer wartete schon auf uns und wir staunten nicht schlecht, als wir auf Schweizerdeutsch begrüsst wurden. Das Hostel gehört nämlich Patrick aus Gränichen und seiner Tica-Frau (leider schon wieder den Namen vergessen). Da Patrick auch Raucher ist, verbrachten wir die Abende meist zusammen gemütlich auf seiner Terrasse und quatschten. Interessant ist, dass er eigentlich in seinem eigenen Zuhause gar nicht rauchen dürfte. In Costa Rica gilt nämlich striktes Rauchverbot in allen öffentlichen Bereichen. Und da sein Haus sozusagen auch ein Hotel ist, gilt dies als öffentlicher Bereich. Ironischerweise fährt allerdings direkt vor seinem Haus von morgens um fünf bis abends um 10 Uhr ein Diesel-Zug vorbei, die durch die ganze Stadt fährt. Abgesehen von der Luftverpestung hatte dies auch den unangenehmen Nachteil, dass der Zug einen verdammten Krach veranstaltet. Die Bahnübergänge in der Stadt sind nämlich allesamt ungesichert, so dass der Zug dauernd in einer ohrenbetäubenden Lautstärke hupen muss. Als er das Hostel übernommen habe, habe es zwar die Geleise schon gegeben, allerdings hätte es keine Züge mehr gegeben, erzählt Patrick. Die Bahn sei erst vor wenigen Jahren wieder in Betrieb genommen worden. Tatsächlich kam es auch vor, dass die Lokomotive auch nachts um 1 Uhr noch hupend vorbeifuhr.
Aber generell ist es so, dass man in Costa Rica schräg angeschaut wird, wenn man raucht. Nicht mal auf den Parkplätzen vor den Einkaufszentren ist es gestattet. Man will sich betont weltverbesserisch und umweltfreundlich geben. Aber jede Sau fährt einen riesigen 4x4 Pick-up. Was denn auch sonst. Man muss aber fairerweise sagen, dass es tatsächlich sauberer ist als an anderen Orten, wo wir schon waren. Es gibt zwar immer noch Müll auf dem Boden, allerdings bedeutend weniger als in anderen Zentralamerikanischen Ländern. Ausserdem scheint der Lebensstandard relativ hoch zu sein. Wir fragen Patrick wie sich die Ticos das Leben überhaupt leisten können, wo doch alles so teuer ist. Er erklärt, dass es sozusagen keine Steuern auf das Einkommen gibt, sondern viel mehr auf den Konsum. Auch für arme Familien gibt es Vergünstigungen und Unterstützung vom Staat und beinahe jedem wird es ermöglicht ein Haus zu kaufen.

Zuerst besuchten wir das Museo de Jade, welches die weltgrösste Sammlung amerikanischer Jade besitzt. Das Museum ist recht gross, die Ausstellung ist auf 5 Stockwerke verteilt. Neben Informationen zur Bedeutung von Jade für die indigene Kultur, deren Abbau und Bearbeitung informiert das Museum auch generell über die indigenen Kulturen im südlichen Zentralamerika und deren Lebensart. Es gibt auch eine grosse Abteilung mit Keramikarbeiten.
Das Jade Museum war sehr interaktiv. Neben reinen Informationstafeln gab es auch Videos und Bildschirme, wo man zum Thema passende Spiele spielen und Puzzles lösen konnte. Auch für die Kinder gab es Attraktionen, beispielsweise gab es einen grossen Sandkasten wo man sich als Hobby-Archäologe versuchen konnte.

Als zweites besuchten wir das Nationalmuseum von Costa Rica. Das Museum ist in einer alten Festung untergebracht, die in der Vergangenheit als Armeehauptquartier diente. Sogar einige Zellen können noch besichtigt werden. Die Besucher betreten das Museum durch ein schönes Glasatrium mit einem exotischen Schmetterlingsgarten. In der anschliessenden Ausstellung wird die Geschichte Costa Rica seit der Präkolumbianischen Zeit bis heute erzählt. Auch auf die heutigen Probleme und Herausforderungen, die es im Land gibt, wird eingegangen, wie beispielsweise Korruption, Armut und Arbeitslosigkeit, Flüchtlingsströme aus Nicaragua, Umweltprobleme etc. Ausserdem werden einheimische Traditionen und Feste vorgestellt. Neben den interessanten Ausstellungsstücken und vielen Fotos, Bildern und Illustrationen gibt es auch sehr viel Text und sehr detaillierte Informationen. Wenn man sich das Museum gründlich vornehmen will, so wie ich das normalerweise zu tun pflege, braucht man schon einige Stunden und viel Lese-Geduld.

Man muss wirklich sagen, dass die Museen in San Jose definitiv zu den besten in ganz Zentralamerika zählen und sich ein Besuch hier für Museumsliebhaber und Geschichts- und Kulturinteressierte wirklich lohnt.

Wenn ich Costa Rica mit einem Wort beschreiben müsste, wäre das «langweilig». Wenn ich es mit zwei Worten beschreiben müsste, wäre das «absolut langweilig». Ganz ehrlich, nein, es hat uns nicht so umgehauen. Ich habe keine Ahnung, was all die Leute finden, die so von diesem Land schwärmen. Mir kommen die Worte von Karen in den Sinn, unserer Holländischen Bekanntschaft in Tikal, die meinte «she gave up on Costa Rica». Ja, so in etwa ging es uns auch.
Wir hatten ursprünglich ja gar nicht vorgehabt, Costa Rica auf diesem Trip zu bereisen, es hat uns von Anfang an nicht sonderlich interessiert. Ich erinnere mich zu Jörg gesagt zu haben, dass wir ja später einmal in den Ferien hierherkommen könnten, wenn wir unser spanisch mal ein wenig auffrischen wollten. Rückblickend bin ich sehr froh, dass wir nun gleich hier waren und das Land damit abhaken können. Wenn ich später in meinen hartverdienten Ferien hierhergekommen wäre, hätte ich dies wohl bereut. Da gehe ich dann lieber nochmals nach Nicaragua.

Fairerweise muss man dazu sagen, dass das Land vor allem Nationalparks, Tierbeobachtung und Strände zu bieten hat. Die Strände haben wir nicht besucht, da wir ja gerade die ultimativen Beach-Ferien in Honduras verbracht hatten. Und die meisten Tiere, die man hier zu sehen bekommt, hatten wir schon zuvor unterwegs in anderen Ländern gesehen.
An kulturellen Angeboten gibt es im Land wirklich nicht viel, keine Wahrzeichen oder bedeutende landschaftliche Sehenswürdigen und auch keine schönen Städte, die man sich ansehen könnte.
Was man allerdings sagen muss, ist, dass das Reisen hier relativ einfach ist. Es gibt eine sehr gute touristische Infrastruktur und die Leute in den touristischen Gegenden sprechen mehrheitlich englisch. Dazu kommt mir doch gleich die Anekdote in den Sinn von einer Verkäuferin auf einem Kunsthandwerksmarkt, den wir in San Jose besuchten: Wenn mich Verkäufer auf Englisch ansprechen, habe ich mir inzwischen angewöhnt, auf Spanisch zu antworten, dass ich kein Englisch spreche. Die Verkäuferin fragte mich dann ganz zuvorkommend auf Englisch, ob ich denn Französisch sprechen würde…..ääääähm, si si, yo hablo tambien frances, pero creo es mas facil en español…

Auch zum Fahren ist es in Costa Rica nicht sehr schwierig. Obwohl es einige Holperpisten gibt, wo man froh sein wird um einen 4x4 Antrieb, sind die Strassenverhältnisse im Grossen und Ganzen in Ordnung und die Leute fahren einiges anständiger und rücksichtsvoller als andernorts. Und mit einem Mietwagen kommt man wirklich gut herum. Das Land gilt ausserdem als relativ sicher im Vergleich mit seinen Nachbarn, aber natürlich gilt auch hier, vorsichtig zu sein und gesunden Menschenverstand walten zu lassen.
Ich würde dieses Land Menschen empfehlen, die sehr Tier- oder Strandvernarrt sind und noch wenig Reiseerfahrung besitzen oder sich nicht trauen, andere zentralamerikanische Länder zu bereisen.

Bald wurde es Zeit, uns aufzumachen zum Flughafen von San Jose, um dort den Flieger nach Ecuador zu besteigen. Nach 5 wunderbaren, interessanten, aufregenden, spannenden, tollen, vielseitigen und bewegenden Monaten verabschiedeten wir uns von Zentralamerika und den wunderbaren Menschen, die wir dort treffen durften.
Zentralamerika wird wirklich unrecht getan. In Europa herrscht einfach die Meinung vor, dass es dort überall nur gefährlich ist und man ständig damit rechnen muss, dass einen jedermann auf der Strasse ausraubt und abknallt. Wenn man die Reisehinweise für alle zentralamerikanischen Länder auf der Website des EDA liest, wird es einem schlecht und man kriegt es mit der blanken Angst zu tun. Ja, ich gebe zu, sogar ich selbst hatte diese Vorurteile und hatte auch gewisse Ängste, diese Länder zu bereisen. Tatsächlich ist es so, dass diese Vorurteile hauptsächlich von Menschen verbreitet werden, die selber noch gar nie dort waren.
Sicher ist es so, dass man vorsichtig sein muss, und man tut sicher nicht schlecht daran, die Reisehinweise des EDA stets im Hinterkopf zu haben. Es ist sicher nicht ratsam, seinen ganzen Goldschmuck mitzunehmen und diesen abends auf menschenleeren Strassen im Dunkeln herumzutragen. Wir tragen prinzipiell keinen Schmuck, keine Uhr, keine teuren Kleider und wir sind vorsichtig damit, andere Reichtümer wie Handy, Kamera, etc. zu offen zur Schau zur stellen. Die Devise ist, wenn du aussiehst als hättest du nichts, dann bist du auch nicht das primäre Opfer. Ausserdem sind wir selten abends zu Fuss unterwegs.
Aber es ist schlicht auch einfach nicht möglich, sämtliche Empfehlungen des EDA stets einzuhalten, insbesondere nicht, wenn man lange in diesen Ländern unterwegs ist. Gerade der stets übliche Hinweis, sich immer nur ein Taxi vom Hotel rufen zu lassen, wird spätestens dann ad absurdum geführt, wenn der Hotelmitarbeitende einfach auf die Strasse hinausgeht und das nächstbeste Taxi heranwinkt.
Wie gesagt, Zentralamerika wird Unrecht getan. Es sind wirklich wunderbare Länder, die viel zu bieten haben und wo es viel zu sehen und zu erleben gibt. 99% der Bevölkerung sind normale Menschen wie du und ich, die einfach nur ein ruhiges, geregeltes Leben führen möchten, und anderen Menschen mit Anstand und Freundlichkeit begegnen. Von der Gastfreundschaft der Einheimischen wird man ausserdem an den meisten Orten schlicht überwältigt sein.

Ich nehme jedenfalls viele wunderbare, atemberaubende und unbezahlbare Erinnerungen und Erfahrungen aus dieser intensiven Zeit mit und sage: Hasta Luego! (bis später!)

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