Wir reisen, also sind wir
Wir reisen, also sind wir
vakantio.de/wirreisenalsosindwir

Costa Rica: Parque Nacional Los Quetzales

Veröffentlicht: 15.06.2018

Inzwischen hatten wir es uns so sehr in den Kopf gesetzt, den Quetzal sichten zu wollen, dass wir uns entschieden Nägel mit Köpfen zu machen und in den gleichnamigen Nationalpark zu fahren. Diesmal würden wir uns auch nicht lumpen lassen, und einen Guide engagieren. Wir nahmen auch in Kauf, dass der Park am anderen Ende des Landes lag, schiesslich hatten wir ja genau für solche irrsinnige Unterfangen ein Auto gemietet. Soweit so gut. Wer konnte denn auch ahnen, dass dieser Tag ein Nicht-Enden-Wollender Albtraum werden würde.

Kaum waren wir losgefahren und am Dorfrand von Monteverde angekommen, waren Arbeiter gerade dabei, die Strasse zu sperren. Wir hatten zwar schon zuvor eine ominöse Tafel am Strassenrand wahrgenommen, dieser allerdings nicht allzu viel Beachtung geschenkt. Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass es an dieser Strasse gerade Bauarbeiten gab, und die Strasse deshalb mehrmals täglich zeitweise für einige Stunden gesperrt wurde. (was für ein Schwachsinn) Als wir den Mitarbeiter fragten, wo wir denn sonst durchfahren könnten, meinte er, es sei kein Problem, die Strasse sei noch offen, und wir konnten passieren. Also holperten wir denselben Weg wieder hinunter, den wir raufgekommen waren. Die Freude dauerte allerdings nur kurz. Nach einigen Kilometern des Dahinholperns kamen wir plötzlich zu einer weiteren Strassensperre. Der dortige Arbeiter verkündete, wir seien zu spät, die Strasse werde ab 12:00 Uhr gesperrt. Es war gerade 11:58! Seit wann sind die Lateinamerikaner denn so überpünktlich? Erst um 15:00 Uhr werde die Strasse wieder geöffnet, meinte er, wir sollen entweder solange warten oder halt wieder zurückfahren. Das konnte doch nicht wahr sein! Wir waren wohl das erste Auto, allerdings nicht das letzte, welches vor der Sperre stand. Inzwischen hatten sich 7 PW und ein Bus eingefunden. Weitere Leute kamen hinzu und versuchten den Arbeiter zu überzeugen, uns durchzulassen. Der Arbeiter machte keinen motivierten Eindruck und hatte offenbar auch keine Muse, sich mit der nervenden Truppe an Leuten, die wir inzwischen waren, herumzuschlagen. Nach einigen Minuten des Diskutierens rief er kurzerhand seinen Chef an, der dann auch kam. Aber auch dieser liess nicht mit sich reden. Sie würden auf der Baustelle gerade Material abladen, ein Durchkommen sei nicht möglich. Warum uns denn der erste Arbeiter überhaupt durchgelassen habe, fragten wir? Die Walkie-Talkies der beiden Arbeiter würden nicht auf derselben Frequenz laufen, meinte der Chef, daher konnten sie sich nicht absprechen. Aha. Wozu dienen denn die Funkgeräte überhaupt, fragt man sich da zwangsläufig. Einer der Männer aus unserer Truppe sagte zu einem Anderen: eso es 100% Tico! (Dies ist 100% typisch Costa Rica!) Der andere lachte laut. Ich fragte die beiden, ob sie denn auch Ticos seien? Ja, meinten sie lachend. Sehr witzig. Aber es half alles nichts. Wir mussten umkehren.
Also holperten wir den ganzen Weg wieder zurück nach Monteverde und erkundigten uns nach einer alternativen Route. Und von da an wurde es mit dem Geholper nur noch schlimmer. Glücklicherweise hatten wir den 4x4-Antrieb. Nach einem schier endlosen Dahinkriechen auf einer üblen Schotterpiste erreichten wir nach etwa 1.5h endlich den Highway. Gottseidank!
Endlich kamen wir effizienter vorwärts, aber auch diese Freude währte nicht lange. Etwa 1h vor San Jose fing der Stau an. Und dauerte….und dauerte…..und dauerte….es war sicher nicht die Beste aller Ideen am Sonntagnachmittag aus Richtung Küste in die Hauptstadt zu fahren, zusammen mit allen zurückkehrenden Wochenendurlaubern. Aber hier waren wir halt und wir mussten nun leider da durch. Nach einer weiteren Ewigkeit des Dahinrollens auf dem Highway erreichten wir endlich San Jose und kamen glücklicherweise relativ zügig durch die Stadt. Erneut war ich erleichtert, unwissend was als nächstes auf mich zukommen würde.
Als nächstes kam nämlich eine ziemlich enge Strasse in die Berge durch dichten Nebel. Inzwischen war es auch dunkel geworden. Freude herrscht. Entweder ich kroch einem anderen Schleicher hinterher oder ich war selber das Verkehrshindernis, und zwar in stetigem Wechsel. Die Strecke erschien mir endlos, ich war langsam am Ende meiner Kräfte. Erneut war ich wahnsinnig erleichtert, als Jörg endlich das Zeichen gab, vom Highway abzubiegen. Und erneut war ich unwissend, dass der Albtraum noch immer nicht ausgestanden war. Etwa 10km seien es noch, meinte Jörg. Es würden die schlimmsten 10 km meines bisherigen Lebens werden.
Es war stockdunkel. Es war holprig. Es regnete inzwischen in Strömen. Die Strasse war so eng, dass keine 2 Autos aneinander vorbeikommen würden. Links neben der Fahrspur ging es steil bergab. Eine enge 180°-Kurve folgte auf die andere. Das konnte doch alles gar nicht wahr sein! Für die 10km brauchten wir eine weitere knappe Stunde. Wir wären wohl zu Fuss schneller gewesen. Aber ich war müde, ich hatte Angst, und ich hatte absolut keine Lust als Vogelfutter am unteren Ende des steilen Berghangs zu landen. Also kroch ich dahin….scheinbar endlos….Kurve um Kurve….in der ständigen Hoffnung, dass bloss kein Auto entgegen kommen würde….bis endlich endlich das Hotel vor uns auftauchte. Geschafft! Und gerade noch rechtzeitig. Eine knappe Stunde später wäre das Eingangstor geschlossen worden, wir hätten nicht mehr einchecken können. Statt der angegebenen 4 – 4.5 h, waren wir letztendlich gute 9h unterwegs.

Kaum waren wir aus dem Auto ausgestiegen wurden wir von einem Hotelmitarbeitenden gefragt, was wir hier tun würden. Sehr freundlicher Empfang! Auch der unfreundliche Herr an der Rezeption schaute ungläubig, als wir eintraten und meinten wir hätten eine Reservation. Man muss dazu sagen, dass es sich bei diesem Hotel um eine Urwald-Lodge handelte, und zwar um eine gute. Es war wohl das teuerste Hotel, welches wir bisher hatten, und dabei war es gar nicht mal so wahnsinnig teuer, da wir ein günstiges Last-Minute-Schnäppchen ergattert hatten und noch dazu von meinem 10% Frequent-Traveller Rabatt profitieren konnten. Trotzdem passten wir wohl nicht so ins allgemeine Bild hier.
Die Lodge zielt hauptsächlich auf Hobby-Ornithologen ab, Vogelbeobachtung ist das grosse Thema hier. Die Zimmer sind als Reihenbungalows angelegt und alle sind umgeben von einem bunten Garten voller Blumen und Sträucher, deren farbige Blüten die Vögel anlocken sollen. Auch verschiedene Futterstationen gab es auf dem Gelände, um Vögel anzuziehen. Bei den Gästen handelte es sich hauptsächlich um Deutsche und Schweizer und es herrschte hier eine regelrechte Materialschlacht. Ich hatte noch nie zuvor so grosse Fotoobjektive gesehen, eines grösser (und wohl auch schwerer) als das andere, richtige Totschläger von Fotoequipment wurden hier herumgeschleppt. Die Frage «Wer hat den grössten?» bekam hier eine ganz neue Bedeutung. Wir trauten uns kaum, unsere bescheidene Kamera und unser winziges Fernglas hervorzuholen, angesichts dieser Konkurrenz.
Irgendwann hatte der Rezeptionsmensch unsere Reservation dann gefunden und etwas widerwillig den Schlüssel hervorgeholt. Er konnte dann doch auch noch ein «Willkommen» zusammenstammeln. Aber das war mir alles egal. Endlich konnte ich mich nach diesem Horror-Tag etwas ausruhen.

Und das war dringend nötig, denn am nächsten Morgen holte uns unser Guide morgens um 05:15 bei der Rezeption ab. Ausgerüstet mit Wanderschuhen und Rucksäcken machten wir uns ein weiteres Mal auf die Suche nach dem seltenen Quetzal! Nun, die Wanderschuhe und die Rucksäcke hätten wir getrost im Hotel lassen können, denn die Vogelsuche fand überraschenderweise entlang der Strasse statt. Wir fühlten uns aber nur mässig «overdressed» angesichts der Tatsache, dass die anderen Gruppen in voller Safari-Montur aufgetaucht waren. Zunächst einmal standen alle Gruppen versammelt auf der Strasse herum und starrten gespannt in die Bäume. Die Guides versuchten alle möglichen Tricks um einen Quetzal anzulocken. Unser Guide hatte ein Audiogerät dabei, mit welchem er die Rufe des weiblichen Quetzals abspielen konnte. Denn der männliche Vogel war es, den wir alle sehen wollten. Der rot-grüne Vogel mit den wunderschönen langen Schwanzfedern. Etwa 1m sollte er mitsamt den Federn gross sein, also eigentlich nicht allzu schwer zu erkennen, wäre er nicht grösstenteils grün. Und tatsächlich hörten wir plötzlich das Zwitschern, ein männliches Exemplar antwortete auf die Rufe unseres Guides! Ich fuchtelte wild mit dem Fernglas herum und suchte willkürlich die Bäume ab, in der Richtung aus der das Rufen kann. Zuallererst dachte ich, da hätte jemand einen roten Plastiksack in die Äste gebunden, bis mir klar wurde, dass er dort sass! Der Quetzal! In einem Baum ein ganzes Stück entfernt! Und ich hatte ihn als erstes gesehen! Kaum hatte unser Guide allerdings sein Teleskop in Position gebracht, flog der Vogel leider auch schon weg. Trotzdem, wir hatten ihn zumindest kurz gesehen und waren schon mehr als glücklich darüber. Die Leute der anderen Gruppen schauten ziemlich betrübt aus der Wäsche, denn sie hatten ihn in der kurzen Zeit nicht im Grün der Bäume ausfindig machen können. Unser Guide meinte spasseshalber zu einer der Gruppen: nächstes Jahr wieder! Eine der Frauen fing beinahe an zu heulen vor Enttäuschung und meinte: Nein, morgen!

Aber wir gaben noch nicht auf. Die Guides packten das Equipment zusammen, wir stiegen zurück in die Autos und fuhren zu einem anderen Ort, wo man die Vögel sehen könnte. Überraschenderweise fanden wir uns auf einem Restaurant-Parkplatz direkt neben der Strasse wieder. Was für ein Witz. Beim Wort «Vogelbeobachtung» und noch dazu bei der Suche nach einem der seltensten Vögel Zentralamerikas hatten wir uns eigentlich schon vorgestellt gehabt, durch den Urwald zu laufen. Aber nichts da. Unser Guide erklärte uns, dass die Quetzales mit Vorliebe wilde Avocados essen würden, und solche Bäume wuchsen nun mal direkt hier neben dem Parkplatz dieses Restaurants. Wieder wurde das Equipment aufgebaut, wieder wurde das Tonband mit den Vogelrufen abgespielt. Diesmal war es Jörg, der den Vogel als erstes sah. Eigentlich hätten wir eine Provision von den Guides verlangen sollen. Die Teilnehmer der anderen Gruppen machten sich nicht mal die Mühe, selber nach dem Vogel Ausschau zu halten, sondern verliessen sich ganz auf ihre Guides. Diese hatten uns in der Zwischenzeit ein paar andere Vögel gezeigt, die gerade in Sichtweite gekommen waren. Einmal konnten wir auch kurz einen weiblichen Quetzal sehen, aber die Vogelwelt ist leider ungerecht, die Weibchen sind einfach nicht so hübsch wie die Männchen.

Da sass er nun. Auf einem Baum direkt vor uns. Keine 20m entfernt. Direkte Sicht, klar und deutlich sogar ohne Fernglas. Wunderschön. Vom heutigen Tag an würde dies mein Lieblingsvogel sein. Auf den ersten Blick habe ich mich verliebt in die leuchtenden Farben, das strubelige Köpfchen, den süssen Blick und die traumhaften langen Schwanzfedern. Ein paarmal flog er zwischen den Bäumen hin und her, es war zauberhaft ihn fliegen zu sehen. Wir konnten uns gar nicht mehr losreissen. Obwohl es ein verhältnismässig kostspieliges Unterfangen war, unseren Guide zu engagieren, nur um einen Vogel ausfindig zu machen, hatte dies den grossen Vorteil, dass wir nur zu zweit in unserer Gruppe waren und das Teleskop unseres Guides ganz für uns allein hatten. Nachdem er einige Male hin- und her geflogen war, sass er eine Ewigkeit lang einfach nur da auf einem Ast und putze sich. Wir konnten ihn ausgiebig beobachten und Fotos schiessen. Es war wirklich wahnsinnig schön und eindrücklich. Es hat sich für uns absolut gelohnt, den weiten Weg in Kauf zu nehmen, hierher zu fahren und den Guide zu engagieren. Wir haben es wahnsinnig genossen.

Nach der ca. 2.5 stündigen Tour fuhr uns unser Guide zurück ins Hotel wo wir uns erstmal am reichlichen Frühstücksbuffet gütlich taten. Zum einen war es wirklich schön hier, zum anderen waren wir müde, und zum dritten hatte ich absolut noch keine Kraft den ganzen weiten Weg bereits wieder zurück zu fahren, also entschlossen wir uns kurzerhand, unseren Aufenthalt hier noch um eine weitere Nacht zu verlängern. Nach dem reichlichen Frühstück legten wir uns nochmals gemütlich ins Bett und schliefen nochmals eine kleine Weile glückselig mit dem Bild des Quetzal vor Augen.

Wir hatten vorgehabt, nach dem kurzen Schläfchen am Nachmittag die Wanderwege auf dem riesigen hoteleigenen Gelände zu erkunden. Als wir gegen Mittag wieder aufstanden stellten wir allerdings leider fest, dass es draussen inzwischen in Strömen regnete. Schade. Wir sassen eine Weile auf der kleinen, überdachten Terrasse unseres Zimmers, schauten auf den Garten hinaus und warteten, dass der Regen aufhören würde. Tat er nicht.

Irgendwann beschlossen wir, dass es keinen Sinn hatte zu warten. Genauso wenig hatten wir Lust den ganzen Tag im Hotelzimmer zu hocken. Und obwohl wir zwar nicht ins allgemeine Bild der gutbetuchten Ornithologen im Safari-Outfit passten, sind wir doch gut ausgerüstete Reisende und so machten wir uns im strömenden Regen auf in Richtung Wandergebiet. Das Wandergebiet umfasst 3 Wandertrails, wovon wir 2 absolvierten. Leider gab es in dem Regen nicht mehr viele Vögel zu sehen aber der Wald war auch ganz schön und leuchtete in frischem grün.

Nach etwa 3-4h kamen wir völlig durchnässt zurück zum Hotel, wärmten uns auf und machten uns in unserem Zimmer einen gemütlichen Abend.

Wir verzichteten darauf, im hoteleigenen Restaurant zu essen, da die Preise wirklich horrend waren. Und ansonsten gab es keine grossen Alternativen in der Umgebung. Da wir dies schon erwartet hatten, waren wir auf der Anfahrt noch Einkaufen gegangen. Seit Guatemala tragen wir einen kleinen Elektroherd und eine Pfanne mit. Wir hatten dies damals dort gekauft, weil wir es leid waren, ständig mehrmals täglich ein Restaurant suchen zu müssen und auch weil wir zwischendurch mal wieder etwas anderes essen wollten als Reis mit Bohnen oder Bohnen mit Reis. Und in Zentralamerika ist es auch nicht in allen Hostels üblich, dass es eine Gemeinschaftsküche gibt, daher war der Herd definitiv eine lohnende Investition. Und so konnten wir in unserem chicen Bungalow selber für uns kochen. Die Putzfrau staunte wohl nicht schlecht, als sie unsere kleine Guerilla-Küche gesehen hatte, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Hobby-Ornithologen wohl kaum im Zimmer kochen…. 😊

Am nächsten Morgen machten wir uns auf und fuhren zurück nach San Jose, wo wir den Wagen zurückgeben und unsere letzten Tage in Zentralamerika verbringen würden.

Antworten (1)

Manuela
En super schöne Vogel.....😉

Costa Rica
Reiseberichte Costa Rica
#costarica#parquenacionallosquetzales