Veröffentlicht: 11.07.2019
Das erste, woran ich bei meiner Einreise in Honduras gedacht habe, war: "Du betrittst jetzt das Land mit der weltweit dritthöchsten Mordrate." Wo man sich auch aufhält, sollte man diesen Fakt auch mindestens im Hinterkopf behalten. In Copán Ruinas, der ersten honduranischen Stadt, die ich besucht habe, habe ich mich noch relativ sicher gefühlt, obwohl ich erst bei Dunkelheit angekommen bin. Copán Ruinas ist ein schönes kleines Städtchen, in dem es sich schön durch die Straßen schlendern lässt. Zu Fuß oder per Tuc Tuc (Mototaxi) lassen
sich aber auch gut alte Maya-Ruinen erreichen. Diese habe ich mir an meinem zweiten Tag in Honduras angeschaut. Dazu muss man zunächst Eintritt für einen riesigen Park bezahlen, wo einem zunächst die unterschiedlichsten Tiere ins Auge fallen: Beim Betreten des Eingangsbereich sind zig Schmetterlinge vor mir her geflogen, welche ich vorher überhaupt nicht auf dem Boden sitzen gesehen habe. Hat man sich mit seiner Personalausweisnummer in ein Buch eingetragen, darf man schließlich auch die letzten Schranken passieren, von wo aus man schon verschiedene Vögel sehen kann. Darunter auch bunte Aras, welche als die heiligsten Vögel der Maya galten und sich in diesem archäologischen Park wieder neu angesiedelt haben. Sie haben auch mir besonders gut gefallen, da ich noch nie welche in freier Wildbahn gesehen habe und ich sie nicht so groß in Erinnerung hatte.
Auch die Ruinen haben mich nicht enttäuscht. Auf und neben einem weitem Feld mit in Stein gemeißelten Menschenkörpern haben unterschiedlich hohe Bauten und Tempel gestanden, von denen man die meisten auch betreten und besteigen durfte. Von oben hatte man noch eine viel schönere und übersichtlichere Sicht auf den gesamten Platz, welcher durch alte Bäume, deren dicke Wurzeln sich zwischen den Steinen hindurchschlängelten, einen fast magischen Eindruck hinterließ.
Der eigentliche Grund, wieso ich allerdings in Honduras eingereist bin, war, dass die Verbindungen von Cobán nach Honduras deutlich besser ausgebaut waren, als Busverbindungen nach El Salvador. Dieses habe ich jedoch trotzdem noch angereist, nämlich direkt nach Honduras. Nach unzähligen Malen, die ich umsteigen musste, konnte ich mich die letzten Kilometer, wie geplant, mit dem Taxi durch den Grenzübergang fahren lassen. Der Fahrer hat mir währenddessen allerdings erzählt, dass der letzte Bus auf der Seite von El Salvador schon abgefahren war und ich mir eine Unterkunft in der Nähe der Grenze suchen müsste. Natürlich hatte ich mich vorher nicht über sowas informiert, da ich fest davon überzeugt gewesen war, noch an diesem Abend in die Hauptstadt San Salvador reisen zu können. Dementsprechend teuer war auch das einzige Hotel, das ich spontan auf Seiten El Salvadors nahe der Grenze finden konnte. Dadurch entstand sogar schon das nächste Problem: Für das Taxi und die Hotelunterkunft hatte ich so viel Geld ausgegeben, wie ich für den ganzen Weg nach San Salvador eingeplant hatte und somit hatte ich auch kein Bargeld mehr. Nächstes Problem: In dem Ort, wo ich mich nun eingemietet hatte, gab es keinen Geldautomaten. Netterweise hat mir die Hotelbesitzerin allerdings angeboten, mit mir am nächsten Morgen mit dem Bus in den Nachbarort zu fahren und mir das Ticket dafür vorerst zu bezahlen, bis ich dort Geld abheben konnte. Leider hat mir aber auch das nicht sehr viel weiter geholfen, da ich meine Kreditkarte an allen vier Geldautomaten, die wir dort finden konnten, nicht benutzen konnte und auch die Bänke uns nicht weiterhelfen konnten. Mittlerweile stand ich schon kurz vor der Verzweiflung, weil ich wirklich nicht noch länger in diesem kleinen Ort und vor allem in diesem teuren (und schäbigen) Hotel festhängen wollte. Zufälligerweise ist in diesem Moment jedoch ein Freund meiner Begleiterin vorbei gefahren, welcher angeboten hat, uns zu einer Tankstelle zu fahren, wo mir das Geldabheben ganz sicher möglich sein sollte. Diese lag allerdings auch etwas weiter entfernt und der Fahrer hat es zusätzlich noch für nötig gehalten, das Auto erst aussaugen zu lassen. Normalerweise hätte mich das nicht stören sollen, weil ich schon froh sein konnte, überhaupt jemanden gefunden zu haben, der mich dorthin bringen will. Auf der anderen Seite hat es mich verrückt gemacht, mich auf so einen Plastikstuhl zu setzen, während ein Fremder unnötigerweise das Auto aussaugt und wir nichts tun können, um den Vorgang zu beschleunigen, da er schließlich für seine Arbeit bezahlt wird und ich auch immernoch nicht sicher war, ob ich an diesem einen Automaten nun endlich Geld abheben kann. Schlussendlich hat es allerdings wirklich geklappt und ich hatte endlich wieder Bares in den Händen. Die Hotelbesitzerin und mein Fahrer haben daraufhin allerdings einen unverschämt hohen Entschädigungspreis von mir verlangt, da die Fahrt mit dem Bus bis zu dieser Tankstelle angeblich genauso viel gekostet hätte und das Benzin ja noch teurer sei. Anlegen wollte ich mich mit den beiden aber auch nicht, da ich mich die ganze Zeit schon nicht sehr wohl in ihrer Nähe gefühlt habe und mir mal wieder in den Kopf kam, dass El Salvador das Land mit der weltweit zweithöchsten Tötungsrate ist. Oft schon hatte ich Geschichten von Menschen gehört, die schnell und scheinbar wegen Kleinigkeiten aggressiv geworden sind, außerdem haben beide keinen sehr gebildeten Eindruck auf mich gemacht, zumal meine Hotelbesitzerin mich zwischendurch mal ganz unverständlich gefragt hatte, wieso ich in meinem Alter (19!) denn noch keine Kinder hätte und sie mir erzählt hatte, dass sie nicht mal ein Bankkonto besitzt, sondern nur Bargeld besitzt. Dies hat zwar wenig mit Bildung zu tun, jedoch hat sie auch nichts verstanden, was ich ihr in diesem Zusammenhang versucht habe, zu erklären. Kurz: Ich wusste nicht sicher, ob die beiden mir gefährlich werden konnten, wenn ich anfange, über das Rückgeld zu diskutieren. Um nichts zu riskieren habe ich demnach auch das Geld herausgerückt und mich daraufhin nach deren Empfehlung einfach an die Hauptstraße gestellt, um den nächsten Bus nach San Salvador anzuhalten. Da stand ich also alleine mit meinem Backpack, während die Autos an mir vorbeirasten und auf den richtigen Bus wartete. Angehalten haben leider erstmal nur junge Männer, die für mittelamerikanische Länder sichtbar überdurchschnittlich viel Geld hatten und mich mit ihren Sportkarren mitnehmen wollten. Für meine eigene Sicherheit habe ich aber natürlich immer abgelehnt und nach einiger Wartezeit näherte sich schließlich auch mein Bus, welchen ich schön mit Daumen hoch zum Stehen gebracht habe. Wie erwartet war dieser im Gegensatz zu den Behauptungen meiner vorherigen Fahrer, welche sich schon längst aus dem Staub gemacht hatten, ausgesprochen günstig und meiner Ankunft in der Hauptstadt stand nichts mehr im Weg.
Dort angekommen, konnte ich mich erstmal von den Strapazen erholen und erfuhr, dass noch am gleichen Abend in dem Stadion direkt gegenüber von meinem Hostel ein Konzert von Anuel AA und Karol G stattfinden würde. Tatsächlich konnte man wirklich alles davon hören und ich habe auch einige Lieder von den beiden schon vorher gekannt, was mich umso mehr gefreut hatte. Zwischenzeitlich hatte ich sogar überlegt, mir noch eine Konzertkarte an der Abendkasse zu kaufen. Da ich allerdings noch nicht ausgerechnet hatte, wie viel Geld ich bis zu meinem Rückflug noch einplanen musste, habe ich lieber darauf verzichtet, mich in die Gefahr weiterer Hungerphasen und Wegprobleme zu bringen und die Musik "nur" von der Terrasse aus genossen. Ein weiterer schöner Nebeneffekt davon, in einem Hostel direkt neben einem gefüllten Stadion zu nächtigen, sind die verschiedenen Essensstände, die sich die Straße entlang aufreihten. Auch mein persönliches Sparlimit mit 1€ pro Mahlzeit konnte ich dort einhalten, was in Deutschland nie möglich gewesen wäre. Tagsüber habe ich mich mit meinen Hostelbewohnern angefreundet, welche für mich eine persönliche Stadtführung gemacht und mich mit auf den Markt genommen haben, ich habe viel aus dem Bücherregal des Hostels gelesen, was mir vorher sehr gefehlt hatte und ich habe anderen Mitbewohnern beim Klavier- und Gitarrespielen zugehört, wozu ich auch schon länger nicht mehr die Gelegenheit gehabt habe.
Um meine Situation etwas genauer darzustellen bzw. eventuell auch zu dramatisieren: Ich hatte in dem ganzen halben Jahr kein einziges Lied auf dem Handy und konnte auch meinen Spotify-Account nicht nutzen, da ich erstens mein Passwort vergessen hatte und zweitens zu spät verstanden habe, dass ich bei meinen persönlichen Angaben das Land umstellen muss, damit wieder Musik für mich verfügbar ist. Dementsprechend war ich über jede Art von Musik aus der Öffentlichkeit dankbar und habe gemerkt, wie sehr es einem fehlen kann, nicht hören zu können, was und wann immer man es will. Die salvadorianische Hauptstadt hat mir ganz gut gefallen, jedoch war sie stellenweise seehr zugemüllt und es gab nicht sehr viel, was man dort unternehmen konnte. Für mich waren es in erster Linie Tage der Erholung und so war es auch mal wieder schön, nicht alleine durch eine fremde Gegend zu laufen, sondern Begleitung dabei zu haben, auch wenn diese mir bestätigt haben, dass einheimische Männer mich beängstigend und teilweise krank anschauen. Da diese aber meist männliche Begleitpersonen respektieren, wurde ich glücklicherweise kaum von Fremden angesprochen, was sich in den nächsten Hauptstädten wieder ändern sollte.
Den nächsten Ort, den ich in El Salvador aufgesucht habe, war El Tunco, ein kleiner Küstenort am Pazifik, der vor allem für Surfer gut geeignet ist. Leider hat es dort bei meiner Ankunft schon stark geregnet und auch das Hostel war schlecht bis gar nicht ausgeschildert, sodass ich erstmal im falschen Garten gestanden und "Hola?" gerufen habe. Dieser Fehler ist mir zum Glück aber noch aufgefallen, bevor mich jemand anderes gesehen hat und das richtige Hostel habe ich auch noch gefunden. Zugänglich war es durch eine riesige Schlammpfütze, in welcher ich eingesunken und bis zu den Knöcheln drin gestanden bin.
Auch die nächsten Tage sollte sich das Wetter leider nicht bessern, weshalb ich nur regnerische Erinnerungen an El Tunco habe. Trotzdem habe ich ansonsten nur gute Erinnerungen an El Tunco, da mir die schmalen Gässchen und die süß eingerichteten Shops und Bars gefallen haben und ich es mag, Surfern beim Wellenreiten zuzuschauen, wenn mir die Meeresluft durch die Haare weht, ich dem Rauschen zuhören kann und Kokosnüsse auf dem Weg liegen. Ist man allerdings auf der Suche nach schönen Stränden, sollte man sich lieber eine Unterkunft im Nachbarort La Libertad suchen, da es in El Tunco soweit nur Steinküsten gibt.
Nach El Salvador stand schon wieder Honduras an, was, wenn man sich eine Weltkarte anschaut, auch der einzig verfügbare Landweg ist, wenn man sich über Nicaragua in Richtung Panama begibt. Dieses Mal ging es für mich in die hondurianische Hauptstadt Tegucigalpa, zu meinem Erfreuen diesmal ohne Probleme per Bus und Taxis. Weder über diese Stadt noch über meinen nächsten Stop, nämlich die nicaraguanische Hauptstadt Managua kann ich allerdings viel erzählen, da ich mich an beiden Orten nicht lange aufgehalten habe und dort nur jeweils eine Nacht verbracht habe. Weiterempfehlen würde ich trotzdem beide nicht, da ich mich sehr unsicher gefühlt habe. Bin ich durch die Straßen oder das Stadtzentrum gelaufen, habe ich mich kaum getraut, mein Handy zum Bilder machen rauszuholen und habe mich daher immer erst dreimal umgeschaut, dass niemand in der Nähe ist und mich niemand beobachtet. Auch beim Busfahren wurde ich von Einheimischen darauf hingewiesen, zur Sicherheit schon beim Verlassen des Hauses das Geld für ein Busticket abzuzählen und in der Hosentasche zu verstauen, sodass ich meinen Geldbeutel auf gar keinen Fall aus der Tasche holen muss, da diese gerne auch mal beim Bezahlen im Bus aus der Hand gerissen werden. Woran man sich in ganz Lateinamerika gewöhnen und was man spätestens dort einhalten sollte ist es auch, sich Straßen und den Stadtplan grob im Kopf einzuprägen, um nicht das Handy zur Orientierung nutzen zu müssen.
Manchmal hat mich das ganz schön ins Schwitzen gebracht, da ich natürlich noch nie vorher durch diese Straßen gelaufen bin und mir deren Namen zum ersten Mal begegneten. Auch beim Rückweg zu meinem Hostel hatte ich etwas Schwierigkeiten, da ich mir weder den Namen des Stadtbezirks noch der Straße behalten hatte, aber die weite Strecke auf jeden Fall mit einem Bus zurücklegen musste (Mit einem Taxi wäre es auch möglich gewesen, Bustickets sind jedoch um ein vielfaches billiger und man lernt mit der Zeit, wie Einheimische zu leben). Glücklicherweise konnte ich mich noch an eine bekannte Statue in der Nähe meines Hostels erinnern, deren Name mir noch einfiel und auch dem Busfahrer geläufig war, der mich an einer nahe gelegenen Haltestelle rausgelassen hat. Sonst waren die Straßen fast menschenleer, was umso mehr zum eigenen Unbehagen beiträgt, wenn man alleine unterwegs ist. Trotz alledem ist mir nichts passiert und auch Managua habe ich schließlich erkunden und unversehrt verlassen können. Auf mein nächstes Ziel hatte ich mich schon länger gefreut: Die Zwillingsvulkaninsel Ometepe auf dem Nicaraguasee, den man sogar schon auf Weltkarten deutlich erkennen kann.
Diesen Ort hatte ich mir magisch und besonders vorgestellt, was von der Regenzeit leider überschattet wurde, sodass mir auch die Laune auf das Besteigen der beiden Vulkane vertrieben wurde. Also habe ich auch diese Insel bzw. den Ort Moyogalpa hauptsächlich durch die Straßen laufend erkundet und versucht, so gut es geht schöne Bilder zu machen. Ich bin mir jedoch sicher, dass es dort in der Trockenzeit wunderschön sein muss und die Insel noch um einiges mehr zu bieten hat. Das Glück von gutem Wetter und Sonnenschein war mir allerdings erst in Costa Rica gegönnt.