Veröffentlicht: 09.05.2019
Nachts war die Zeit, in welcher ich im Hostel als Barkeeper gearbeitet habe, in der ersten Woche drei Tage, in der zweiten und dritten Woche fünf und in der letzten Woche 6 Tage. Mein Dienst fing jedes Mal abends um 18 Uhr an und endete nach Schließung und Säuberung der Bar, was etwa zwischen 1:30 und 3:30 war. Häufig bin ich danach mit meinen Arbeitskollegen allerdings noch in eine andere Bar oder in den Club Las Arenas eine Tür weiter gegangen. An diesen Tagen war es auch ganz normal, sich vorher erstmal einen Grillteller mit Kartoffeln, Hähnchenspieß und Würstchen zu gönnen, welcher nachts direkt vor dem Hostel als Streetfood verkauft wurde. Auch wenn Huacachina nicht mehr als 100 Einwohner zählt, war es möglich, bis morgens zwischen 7 und 10 Uhr auszugehen und zu feiern, was des Öfteren auch vorgekommen ist, da man tagsüber wie gesagt nicht viel unternehmen konnte.
Meine Arbeit selbst hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Zu meinen Aufgaben hat es gehört, hinter der Bar Essens- und Getränkebestellungen aufzunehmen, Cocktails zu mixen, das Essen zu servieren und natürlich auf Ordnung und Sauberkeit zu achten. Ein paar positive Nebeneffekte hat das Arbeiten in einem Partyhostel allerdings auch, welche dir das Gefühl geben, gerade nicht zu arbeiten, sondern selber zu feiern. Um unsere Gäste zum Trinken und Feiern zu Animieren, haben wir selbst ab und an auf dem Tresen getanzt oder hinter der Bar einzelne Trinkspiele mit Würfeln oder Schere, Stein, Papier gespielt, wenn wir gerade zeitlich Luft hatten. Der Verlierer musste dabei je einen Shot für alle ausgeben, die mitgespielt hatten. Mindestens einmal am Abend wurde außerdem "Flip-Cup" gespielt, bei welchem die Gäste gegen die Barkeeper angetreten sind. Entlang des Tresens wurde auf der einen Seite für jeden Gast ein Becher mit wenigen Zentimetern Bier platziert, auf der anderen Seite für die Barkeeper die gleiche Anzahl. Nach meinem geliebten "aaaay Selina" unseres Barkeepers ins Mikrophon, musste man in einem Rennen das Bier trinken und anschließend den leeren Becher flippen, bis er auf dem Kopf stehen geblieben ist. Erst wenn die Person vor einem dies geschafft hatte, durfe man selber beginnen. Dadurch dass wir selbstverständlich viel weniger Barkeeper als Gäste waren, mussten wir selber immer 4-7 Becher spielen, damit die Anzahl gleich ist. Vermutlich ist das der Grund, wieso wir so geübt darin waren und bis auf ein einziges Mal jeden Abend gewonnen haben.
Eine andere Besonderheit war, dass jede Nacht etwa 3-4 Free-Shots verteilt wurden. Einer der Barkeeper ist dann auf dem Bartresen entlang gelaufen und hat selbstgemischten Schnaps aus der Flasche direkt in die Münder der Gäste geschüttet. Mit dieser Aufgabe haben wir uns jedes Mal abgewechselt, sodass jeder die Chance hatte, einmal aus der Bar hervorzukommen.
Unter der Woche war die Arbeit relativ entspannt, wochenends hatten wir allerdings meistens um die 400-450 Gäste, die wir mit 4-6 Barkeepern bedienen mussten. In meiner letzten Woche, der Semana Santa, hatten wir sogar etwa 650 Gäste, die meisten davon Peruaner selber, die am Osterwochenende feiern wollten, weshalb wir auch die zweite Bar unseres Hostels geöffnet hatten. Leider ist es gerade an diesen Tagen sehr aufgefallen, dass die meisten Peruaner kein bisschen Geduld haben, sich halb auf den Tresen gelegt und dir zugerufen haben, um dir zu signalisieren, dass sie gerne etwas bestellen würden, obwohl man gerade offensichtlicherweise mit dem Mixen eines Cocktails beschäftigt war. Es ist sogar vorgekommen, dass sie die Hände nach uns ausgestreckt haben, unsere Arme gepackt haben oder einem die Geldscheine direkt ins Gesicht gehalten haben, weil sie keine zwei Minuten warten konnten. Ebenso unschön waren die wirklich täglich vorkommenden Kommentare männlicher Gäste, welche jedes Mal nach dem Namen, Instagramaccount, der Handynummer oder Dinge wie "Wie kommt man an dich ran?" oder "Wie lange musst du arbeiten? Danach würde ich gerne was mit dir unternehmen" gefragt haben. Was mich etwas verwirrt hat, war, wenn die Gäste so oft etwas bestellt hatten oder sich mal mit dir unterhalten hatten, bis sie deinen Namen kannten. So ist es öfter vorgekommen, dass sich Gäste bei ihrer Abreise bei mir verabschiedet haben und Dinge gesagt haben wie "So Selina, ich muss los. So schade, dass ich schon gehen muss, aber ich wollte mich noch bei dir verabschieden." und ich keinen Schimmer hatte, wer gerade vor mir stand. Das sollte bei täglich wechselnden hunderten von Gästen allerdings normal sein. Auch als ich später im Wild Rover in Cusco war, sind Menschen auf mich zugekommen und haben mich direkt angesprochen "Hi Selina, wie cool, dass du jetzt auch hier bist. Viel Spaß später in Mexiko" und ich hatte mal wieder keine Ahnung, mit wem ich da redete. Noch krasser fand ich es, als ich in Cusco eine Stadttour gemacht habe und ein Mädchen mich fragte "Hey du hast doch in Huacachina gearbeitet oder?". Dadurch merkt man allerdings, dass fast alle Touristen in Peru die gleiche Strecke bereisen und jeder mal in Huacachina hängen bleibt. Ob sie jedoch so viele Getränke bestellt haben, dass sie sich das Gesicht des Barkeepers merken konnten, kann ich nicht beantworten.
Was uns außerdem als Partyhostel ausgemacht hat, war, dass wir jede Nacht eine neue Themenparty hatten, darunter Ladies Night, Zoo Project, Circus Party, Glowjob Party, Playboy Party, Karaoke-Nacht, Quiz-Nacht, Wild Bongo Bingo, Full Moon Party oder Game of Thrones. Je nach Thema mussten wir uns auch entsprechend anziehen, so wurde mir an meinem allerersten Arbeitstag vor Schichtbeginn auch nebenbei erwähnt, dass ich mich aufgrund der Ladies Night mit Gender Bender als Mann verkleiden müsse. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass es jede Woche einmal Geschlechtertausch geben würde und ich zum Vergnügen meiner Arbeitskollegen an diesem Tag nie frei bekommen habe. Außerdem nicht frei bekommen, habe ich an meinem Geburtstag und der Nacht davor, was allerdings nicht schlimm war, da es unter der Woche war und wir somit keinen Stress hatten, sondern selbst die Nacht auch genießen konnten. Somit habe ich praktisch mit meinen Freunden in meinen Geburtstag reingefeiert und am Tag selbst ein zweites mal gefeiert. An dieser Stelle kann ich erwähnen, dass ich mich an meinem Geburtstag sogar mal überwunden habe, Karaoke zu singen. Zusammen mit meiner Freundin Danna habe ich Despacito gesungen und es sogar überlebt. Neben unseren Karaokenächten gab es aber auch noch andere "Events" oder Spiele, an welchen man sich beteiligen konnte. Dafür trug man sich als Gast in eine Liste ein. Traute sich allerdings kein Gast, seinen Namen zuerst in die Liste zu schreiben, wurden häufig einfach Mitarbeiternamen dazu geschrieben, damit es voller aussieht. So ist es mir auch manchmal passiert, dass ich zufälligerweise meinen Namen auf der Liste entdeckt habe, ohne mich selber eingetragen zu haben und dann an Spielen wie "Reise nach Jerusalem" oder am Nacho, Wettessen ohne Hände teilnehmen durfte (musste). Trotzdem hat es jedes Mal Spaß gemacht und ich habe es genauso wie die restliche Zeit im Wild Rover Hostel genossen.