Veröffentlicht: 10.04.2017
28.02.17-03.03.17
Nach zwei tollen Wochen San Juan del
Sur brauche ich mal eine kleine Abwechselung. Melanie geht es genau
so und wir machen uns heute zusammen auf um drei Tage auf der Isla de
Ometepe zu verbringen. Die Insel liegt im Lago de Nicaragua, besteht
aus zwei Vulkanen und ist weltweit die größte Insel vulkanischen
Ursprungs in einem See. Der Vulkan Concepción ist mit circa 1.600 m
der höhere von beiden und einer der aktivsten Vulkane in
Mittelamerika. Der Vulkan Maderas hat eine Höhe von circa 1.400 m
und ist schon lange erloschen.
Alex, die heute nach Granada abreist,
und ich packen morgens also unsere Rucksäcke. Das ich heute abreist,
glaubt mir aus dem Haus eigentlich niemand mehr. Ist ein kleiner
Running Gag, da ich schon ein paar mal gesagt habe, dass ich langsam
mal weiter muss und dann doch geblieben bin. Aber heute geht es nach
dem Frühstück mit Alex los zum Bus, wo wir uns mit Mela treffen. Um
12:30 Uhr hüpfen wir in den Chickenbus nach Rivas, und bekommen
glücklicherweise noch Plätze auf den großartigen Kunstledersitzen,
auf denen man, wenn man in Shorts reist, nach kurzer Zeit schwimmt.
Ja, es ist ziemlich heiß heute. Der Bus wird voller und voller, denn
es ist gerade Schule aus und es drängen immer mehr Schulkinder
herein. Nach circa zehn Minuten Fahrt, merke ich, dass ich echt
dringend aufs Klo muss. Das ist übel, die Fahrt dauert sicher noch
eine dreiviertel Stunde. Jetzt heißt es ruhig bleiben. Aber es geht
auch wirklich nicht voran. Die ersten fünf Kilometer oder so, geht
es von San Juan leicht den Berg rauf und mit den geschätzten 20 PS,
die der alte amerikanische Schulbus hat, fahren wir vielleicht 5
km/h. Hinzu kommt, dass es keine regulären Haltestellen gibt,
sondern angehalten wird, wenn halt jemand raus will. Das passiert
gefühlt alle zehn Meter. Mein Gewibbel geht den Mädels schon
kräftig auf die Nerven und ich überlege schon, ob ich einfach
aussteige und irgendwie nachkomme. Aber hey, mit viel mir selbst gut
zureden schaffe ich es tatsächlich bis nach Rivas und mache mich
dort auf die Suche nach einem Klo. Als ich wiederkomme, ist Alex
schon im Bus nach Granada verschwunden und wir konnten uns gar nicht
mehr verabschieden.
Rivas ist ein völlig untouristischer,
quirliger Ort, der um den Bus-Terminal herum eigentlich komplett aus
Straßenmarkt besteht. Es wird unglaublich viel frisches Gemüse und
Obst verkauft. Ich komme nicht umhin mich zu fragen, wer das alles
essen soll, da ja die lokale Küche nur aus Reis mit Bohnen,
Plantanen und einem trockenen Stück Fleisch besteht. Hinter dieses
Geheimnis werde ich während meines Nicaragua Aufenthalts nicht mehr
kommen. Von Rivas aus müssen wir ein kleines Stück weiter nach Sant
Jorge von wo aus die Fähre nach Ometepe geht. In einem Internet-Blog
wurde davor gewarnt, sich vin den Taxifahrern bequatschen zu lassen,
dass der nächste Bus dorthin erst in drei Stunden geht und man doch
lieber ein Taxi nehmen sollte. Es findet sich eine Gruppe Backpacker
zusammen, die wohl denselben Blog gelesen hat und sich auf gar keinen
Fall abzocken lassen wir. Locals sagen uns, von wo angeblich der Bus
abfährt, nämlich nicht am Terminal sondern in der Straße direkt
daneben. Hm, sieht irgendwie nicht so aus. Wir warten, aber nach und
nach geben ein paar andere auf, nehmen Taxis und nur ein kleines
Grüppchen bleibt über, alles Deutsche... Der Blog war auf Deutsch.
Zufall?
Nach 20 Minuten kommt dann tatsächlich
der Bus und dieser bringt uns direkt zum Fährhafen. Der Blog sagte
ebenfalls, dass es ein Boot und eine Fähre zur Überfahrt gibt und
falls man leicht Seekrank wird, doch lieber die Fähre nehmen sollte.
Wir erwischen das Boot und wissen auch kurze Zeit später, was
gemeint war. Ich habe noch nie einen See mit so viel Seegang erlebt.
Ich hatte in meinem Beitrag über San Juan gar nicht erwähnt, dass
es immer extrem windig war. So auch hier auf dem Lago de Nicaragua.
Bis wir in den Wind- und Wellenschatten der Insel kommen, ist es also
ziemlich am schaukeln, aber ich mag das ja. Hinzu kommt noch, dass
das Boot elendig langsam ist und so brauchen wir für den
verhältnismäßig kurzen Weg fast eine Stunde. Auf Ometepe
angekommen, das übliche Abwehren von Taxifahrern und
Unterkuftsanbietern, wir wissen ja schon, wo wir wohnen wollen und
dort kommen wir entspannt zu Fuß hin. Das Hospedaje Central ist laut
Tripadvisor die beliebteste Backpacker-Unterkunft und der einzige
Ort, in dem abends wohl noch ein bisschen was los ist. Dort bekommen
wir ein privates Zimmer mit eigenem Bad für insgesamt 20 Dollar die
Nacht. Richtig günstig und das Hostel gefällt uns auf Anhieb.
Auf Ometepe kann man natürlich beide
Vulkane besteigen. Ich überlege ernsthaft, ob ich mich am höheren,
dem Concepción versuchen soll. Allerdings war dessen Spitze heute
komplett in den Wolken. Das fänd ich halt mega ärgerlich und
verschiebe die Entscheidung, ob ich es machen möchte auf morgen. Wir
haben ja zwei volle Tage und es wäre auch noch Übermorgen möglich.
Später essen wir im Hostel, dem Bar und Restaurant angeschlossen
sind. Ich wähle Reis mit Gemüse. Super günstig und echt mal sehr
lecker. Unter das Gemüse im Reis hat sich nicht eine Bohne
geschummelt. Großartig! Davon werde ich mich die nächsten Tage
ernähren. Nach dem Essen, wir chillen ein bisschen auf der Couch,
gesellt sich Ben zu uns, ein Deutscher, den Melanie aus, keine
Ahnung, irgendwo anders kennt. Er hat noch eine kleine Flasche Rum,
wir kaufen Cola und trinken zusammen. Leider wird nach kurzer
Unterhaltung, klar, dass er ein Depp ist. Während er sich in
gruseligem deutschakzentigen Englisch mit dem Hostelmanager
unterhält, schicken Melanie und ich uns lästernde Whatsapp
Nachrichten. Ich weiß, das ist mies, aber anders war es echt nicht
auszuhalten. Als wir später noch mal durch den Ort wollen, um zu
schauen, ob noch irgendwo was geht, werden wir ihn nicht los und er
kommt mit. Ganz Moyogalpa ist an diesem Dienstag, aber wahrscheinlich
eher immer, ausgestorben und der einzige Laden, in dem noch ein
bisschen was geht, ist tatsächlich unser Hostel. Auf dem Weg zurück
quatscht Melanie noch drei Typen aus den Staaten an, die auf
Motorrädern durch Nicaragua reisen und echt witzig sind. Die kommen
dann noch mit in die Bar unseres Hostels und wir alle quatschen und
trinken Bier, Rum und Tequila bis halb vier. Ben geht mir noch
gewaltig auf die Nerven.
Am nächsten morgen geht es uns beiden
gut und wir frühstücken im Hostel. Der obere Teil des Vulkan
Concepción liegt wieder in den Wolken und ich treffe die
Entscheidung, dass ich das nicht machen muss. Das wäre ein Aufstieg
von circa sechs Stunden und dann sieht man einfach mal nichts. Nö!
Während wir noch essen kommt auf einmal ein Typ mit einer blutenden
und nur notdürftig verbundenen Kopfwunde ins Hostel, ist dann aber
schon wieder raus. Wir werden ihn später kennenlernen und seine
Story erfahren. Er hat morgens um 7 Uhr den Aufstieg auf Concepción
begonnen, sich dann auf halbem Weg nach oben übel den Kopf an einem
Ast angeschlagen und dann mussten alle der Gruppe wieder runter, da
man nicht ohne Führer auf dem Vulkan wandern darf. Er wurde genäht
und alles war wieder gut. Aber echt ärgerlich für den Rest der
Gruppe.
Wir wollen es heute entspannter angehen
und leihen uns zwei Roller, die uns vor das Hostel gebracht werden.
Melanie hat ihren Führerschein in Deutschland vergessen und ich will
meinen noch aus dem Zimmer holen, habe aber dann doch keinen Bock,
noch mal rein zulaufen. Wer soll uns hier schon kontrollieren. Die
ersten paar hundert Meter sind immer ein bisschen komisch, wenn man
lange nicht mehr auf einem Roller saß, aber dann macht es richtig
Spaß. Das Wetter ist super, allerdings ist es sehr windig, gerade
auf sehr offenen Straßenabschnitten. Das tolle ist auf der Insel,
das kaum Verkehr ist, keine Kreuzungen, keine Ampeln, man kann
eigentlich komplett durchfahren. Wir wollen heute auf den Teil der
Insel mit dem Vulkan Maderas. Den kann man bis zur Hälfte besteigen
und gelangt an einen Wasserfall. Die US Typen von gestern haben das
schon gemacht, der Wasserfall habe zwar derzeit nicht viel Wasser,
aber es ist trotzdem richtig klasse. Plötzlich eine
Polizeikontrolle. Wir werden angehalten und haben ja keine
Führerscheine dabei. Das Ganze soll 500 Córdoba pro Person Strafe
kosten und die wollen unsere Roller konfiszieren und auf die
Polizeistation bringen. Waaas??? Gut, davon können wir die zwei
Polizisten schon mal abbringen, aber wenn wir 1000 Córdoba zahlen,
haben wir kein Geld mehr. Nach ein bisschen flirten und
klimperklimper zahlen wir dann nur 500 Córdoba und dürfen
weiterfahren. Die Nummer hat uns natürlich Zeit gekostet und ich
überschlage mal eben, wie lange das Ganze dauern würde, wenn wir
zum Wasserfall fahren. Wir würden es nicht schaffen um 18 Uhr die
Roller abzugeben und entscheiden uns nur noch weiter bis zum Playa
Santo Domingo zu fahren und dort zu chillen.
Der Strand sowie auch der See sind
richtig wild und auch hier ist es sehr windig. Außer uns sind
vielleicht noch vier andere Personen an dem ungefähr drei Kilometer
langem Strand. Dafür sehen wir aber Pferde, die frei am Strand
herumlaufen und grasen und viele Geier. Auf unserem Gang am Strand
sehen wir den frischen und noch völlig unangetasteten Kadaver eines
Reihers. Als wir zurückgehen sehen wir einen Pulk von Geiern, die
den Kadaver fressen und es ist schon kaum noch etwas übrig.
Natürliche Verwertung halt.
Als die Sonne schon tiefer steht,
machen wir uns wieder auf den Rückweg. Kurz vor Moyogalpa machen wir
dann noch einen Abstecher zum See. Ein Volunteer aus unserem Hostel
hat uns den Tipp gegeben, uns den Sonnenuntergang am Punta Jesús
Maria zu schauen. Ihn treffen wir dann auch dort und er hat nicht zu
viel versprochen, der Sonnenuntergang ist hier wirklich ganz
besonders. Eine kleine Land-, vielmehr Sandzunge aus schwarzem Sand
läuft hier spitz in den See rein und die Sonne geht genau an deren
Ende unter. Danach geht es flott zurück in den Ort, dass wir nicht
im Dunkeln fahren müssen und pünktlich die Roller abgeben können.
Zum Dinner bestellen wir uns wieder den leckeren Reis und gehen heute
früh ins Bett. Ben sind wir den ganzen Tag ausgewichen.
Am nächsten Morgen sind wir natürlich
früher fit, frühstücken und mieten uns danach nur einen Roller für
uns beide. Das ist erstens günstiger und zweitens auch
kommunikativer, da wir während der Fahrt quatschen können. Heute
passt es von der Zeit her und wir wollen den Wasserfall wandern. Wir
starten um 10:30 Uhr Richtung Vulkan Maderas. Ich fahre, Melanie
hintendrauf, das klappt wunderbar. Im Hostel hatte man uns schon
gesagt, dass die letzten zehn Kilometer unbefestigte Straße sind.
Als es damit losgeht, denken wir erst, geht doch, aber es wird noch
schlimmer. Teilweise, gerade wenn es bergab geht, ist die Straße so
ausgewaschen, dass Melanie absteigen muss und ich da Motocross mäßig
durch muss. Es ist zwar teilweise echt abenteuerlich, aber macht
richtig Spaß. Perfekt zur Mittagshitze gegen 12:30 Uhr kommen wir am
Einstieg des Wanderweges an und machen uns an den Aufstieg. Das Ziel
des Weges, der Wasserfall. liegt auf circa 600 Höhenmetern. Der Weg
beginnt direkt recht steil aber breit und die Blicke hinab auf den
See sind atemberaubend. Nach ungefähr der Hälfte des Weges wird er
schmal und ist eng bewuchert. Ein Stück geht dann durch das trockene
und felsige Flussbett. Der Weg ist anstrengend, aber wunderschön,
genau nach meinem Geschmack und ich denke an die Wanderwege in Tirol.
So, langsam könnte der Wasserfall aber
mal kommen. Nach jeder Biegung erhofft man das erfrischende Ziel,
denn es ist wirklich schweißtreibend. Melanie habe ich jetzt schon
länger nicht mehr hinter mir, da wir beide unser eigenes Tempo
gehen. Und dann bin ich endlich da. Der Aufstieg hat nur anderthalb
Stunden gedauert, ist ja wirklich nicht viel, aber er ist steil und
es ist echt heiß. Ich bin froh, dass ich mich gegen den 1.600er
entschieden habe. Der Wasserfall hat wirklich nicht viel Wasser, es
läuft mehr die steile Felswand hinunter, als dass es fällt. Das
Plätzchen ist aber trotzdem wunderschön, es sind nur vier andere
Leute da und in dem kleinen natürlichen Becken am Fuße des
Wasserfalls kann man sich wunderbar erfrischen. Melanie kommt dann
auch an und wir plantschen und rasten und quatschen eine Stunde,
bevor wir uns an den Abstieg machen. Ich hüpfe dann wieder los, von
einem Stein auf den anderen und Melanie fragt mich, wie ich so
schnell den Berg runter komme. Vielleicht war ich ja mal eine Gams in
einem vorherigen Leben.
Unten angekommen wappne ich mich für
den Dirtroad-Rückweg. Einige Passagen waren schon heftig mit einem
Roller. Ich meistere sie aber alle und wir freuen uns, dass wir es
heil geschafft haben. Da wir total ausgehungert sind, und an einem
Chicken-BBQ um die Ecke von unserem Hostel vorbeifahren, wo es sehr
lecker duftet, gehen wir dort um 17 Uhr essen und um 20 Uhr im Hostel
noch mal den Gemüsereis. Aber hey, wir haben heute ja auch einiges
getan.
Am nächsten Morgen geht es zurück
nach San Juan für fünf Tage. Die Isla de Ometepe ist wirklich
wunderschön und es hat uns richtig gut gefallen. Sie ist sehr
entspannt, es sind eigentlich nur ein paar Backpacker unterwegs und
es gibt kaum Touri-Shops. Das einzige, das hier, wie ja auch schon in
San Juan etwas nervig ist, ist der ständige, teils ziemlich starke
Wind. Ansonsten alles super.