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Rückblick: La Minga Hostel in Castro

Veröffentlicht: 12.04.2017

Anfangs war ich einfach nur total erschöpft. Nach der 17 stündigen Reise und der Handyklaugeschichte. Catalina öffnete mir die Türe. Sie ist die Schwägerin der Besitzerin und kümmerte sich für drei Wochen um das Hostel, solange Camila und ihr Mann in Urlaub waren. Mit Camila hatte ich auch kommuniziert. Über die Internetplattform "Workaway" hatte ich angefragt, für zwei Wochen in ihrem Hostel "La Minga" in Castro zu arbeiten. Im Gegenzug durfte ich dort wohnen und frühstücken. Castro liegt 1.200 km südlich von Santiago de Chile und ist die Hauptstadt der Insel Chiloé. Ganz viele Leute haben von der Schönheit der Insel geschwärmt, so passte mir das gut als erste Station nach meinem Monat in Santiago. Am 31. März kam ich dort an.

Cata schien mir etwas reserviert, erklärte mir alles über die Arbeit, wobei ich sie bat, beim Spanischen zu bleiben. Allerdings hatte sie dabei nicht so viel Geduld und wechselte bald zum Englischen, was sehr frustrierend für mich war. Erst nach einigen Tagen, nachdem ich demonstrativ ein Telefonat mit Béné in ihrer Nähe auf Spanisch geführt hatte, beauftragte sie mich, den Check-in mit einem chilenischen Gast zu machen. Von da an blieb sie einigermassen beim Spanischen. Und wenn nicht, hatte ich mir angewöhnt, auf Spanisch zu antworten, wenn sie auf Englisch etwas sagte. Dann wechselte sie auch. 


Am ersten Tag kam ich mir also sehr verloren vor. Ich war unglaublich müde und fühlte mich von dem Handyklau total gedemütigt und verraten. Als hätte ich versagt und wäre dabei öffentlich blossgestellt worden. Ausserdem fragte ich mich, was denn an diesem Reisen so toll sein soll, wenn man sich dann so fühlt. Aber ich machte mir auch viele Gedanken, ob es nicht einfach hat so sein sollen mit dem Handy. Ich hatte so viel vorgesorgt, für alle Möglichen Eventualitäten. Aber wirklich damit gerechnet, dass mein Handy abhanden kommt, hatte ich eigentlich nicht. Noch nichtmal eine Tastensperre hatte ich reingemacht. Saudumm, ich weiss, aber so war es eben. Neben der Angst, dass jetzt jemand was blödes mit meinen Daten auf dem Handy anstellt, merkte ich, wie unglaublich fixiert ich auf dieses Teil war. Ich hatte wirklich eine Beziehung zu ihm aufgebaut, deren Verlust mich jetzt schmerzte. Es war auch ein Rückzugsort, so vertraut, alles auf mich eingestellt. So viele übermüdete Stunden hatte ich davor verschwendet. Irgendwas rumgeklickt, ohne dass ich es wirklich gewollt hätte. Zu schwach, um es einfach wegzulegen. So konnte ich durch sein Abhandenkommen schmerzhaft üben, loszulassen. 

Und mal wieder lernen, auf mein Gefühl zu hören. Da hätten wir es übrigens gerade schon wieder mit dem Thema Höflichkeit. Obwohl ich ein komisches Gefühl in der Ubahn hatte, war doch (unbewusst) so tief in mir drin, dass es doch so unhöflich wäre, jemandem, der mir gerade so geholfen hat, zu unterstellen, dass er mir jetzt etwas klauen will.


Abends ging Cata netterweise mit mir nach einem neuen Handy suchen. Dabei taute sie dann auch etwas auf und wir konnten uns ganz nett etwas auf Spanisch unterhalten. Gottseidank war sie dabei, denn es ist gar nicht so einfach. Die meisten Handys (vor allem alle günstigen) funktionieren nur innerhalb von Chile. Das hätte ich vermutlich gar nicht kapiert, wenn sie mich nicht begleitet hätte. Da es schon spät am Abend war und die Geschäfte, in denen wir waren, eben kein passendes Handy hatten, verschoben wir den Kauf auf Montag. Bis dahin liess sie mich das Handy des Hostels benutzten, was sehr lieb und hilfreich war. So konnte ich meinen nach Hause kommunizieren, dass ich gut angekommen bin und warum ich nicht zurückschreibe. Ausserdem bat ich meine Eltern, sich zu informieren, was man machen kann, um das Handy irgendwie doch noch zu sperren. Der Moviestar Shop, von diesem Anbieter ist meine chilenische Simkarte, hatte schon zu und der Anruf auf der Nummer blieb auch erfolglos. 

Ausserdem hatte ich durch das Hostel-Handy einen Wecker, denn am nächsten Morgen ging es um 8 los mit arbeiten.

Abends bekam ich von einer Frau aus Nordkorea Wein angeboten, als sie rührend Anteil an der Klaugeschichte nahm. Das tat gut und ich fühlte mich noch mehr daheim, als ein Taiwaner seine Muscheln mit uns teilte. Nur mein Magen hielt nicht so viel von dieser Kombi, was mir eine schlaflose Nacht bereitete.


Am Samstag bekam ich von Cata alles gezeigt mit Brötchen holen, Frühstück machen und betreuuen und die Check Outs bis um 11. Anschliessend überzogen wir zusammen die Betten, was man wirklich erstmal lernen muss. Typisch südländisch haben hier alle Betten ein normales Bettlaken, dann eine dünne Zwischendecke, dann eine Wolldecke. Über diese und das Kissen kommt eine grosse Decke drüber und auf das Fussende legt man nochmal eine Wolldecke, die bei Bedarf auch noch benützt werden kann (und der Bedarf war gross, denn der Winter kam.) Das muss man alles entsprechend glatt drapieren und alles an Decken, was übersteht, unter die Matratze wursteln.  Da wird einem ganz schön warm mit der Zeit.

Die Arbeitszeiten für die Volunteers in dem Hostel sind 5 Stunden täglich in 5 Tagen in der Woche. Entweder morgens, was eben Frühstück machen und wieder aufräumen, Betten überziehen und wenn die Zeit noch reicht die Böden putzen beinhaltet. Abends muss man ab 19 Uhr vor allem da sein, die Leute einchecken, sprich die Daten aufnehmen und alles im Hostel zeigen und erklären. Und noch Bettwäsche zusammenlegen. Dann um Mitternacht ist Ruhezeit, da gilt es, die Küche aufzuräumen, die Bäder und die Böden im Gemeinschaftsraum und Küche zu putzen, Klopapier aufzufüllen und Handtücher zu wechseln. Achja und natürlich den Müll rauszubringen. Denn hier darf man das Klopapier nicht in die Toilette werfen, da das die Leitungen nicht verkraften.



Am Sonntag kam dann noch eine zweite Freiwillige von Workaway, die Emily. Sie ist auch Deutsche, was jetzt meinen Fremdsprachenkenntnissen nicht unbedingt half, aber doch ein Stück mehr Gefühl von Heimat gab. Und das konnte ich dann mit der Handy Sache doch brauchen, zumal ihr bei einem Ausflug auch das Handy aus dem Auto geklaut worden war. Durch einen Trick hatte jemand verhindert, dass das Auto beim zuschliessen wirklich schliesst. Sie konnte mich also bestens verstehen und begleitete mich am Montag auch in den Movistar Laden (Mobilfunkanbieter), um meine chilenische SIM Karte sperren zu lassen und eine neue zu besorgen. Die bekam ich sogar kostenlos, mit der gleichen Nummer und selbst mein Guthaben war noch drauf! Langsam realisierte ich, dass ich halt doch nicht die erste war, der so etwas passierte, und alle darauf eingestellt sind. So war es auch kein Problem, mein Gmail Konto auf meinem alten Handy zu sperren usw. Es kam mir nur am Anfang so vor, als wär mir als Einzigste auf der Welt so etwas Unangenehmes passiert und als würden mich jetzt alle nur kopfschüttelnd anschauen. 

Danach gingen wir nochmal zu dem grösseren Elektronikladen, wo ich schon am Samstag kurz reingeschaut hatte.  Dort gab es ein geeignetes Handy für mich, das ich mir zum Glück schon rausgesucht und nochmal im Internet nachgeschaut hatte. Denn diesmal beriet uns ein ziemlich unkompetenter, aber dafür unterhaltsamer Verkäufer. Mit irgendeiner Kundenkarte, hätte ich einen Rabatt gehabt und er wollte irgendwie einfach nicht wahrhaben, dass ich diese nicht besitze :D 


Zurück im Hostel konnte ich dann mein neues Handy einrichten. Und hier zahlte sich meine durchdachte Vorbereitung wieder aus, denn das neue Handy war nur für Micro SIM Karten und nicht für die noch kleineren Nano - Karten, wie mein altes Handy, auf das meine deutsche Simkarte zugeschnitten war. Aaaber ich hatte intelligenterweise Simkarten-Adapter dabei, womit ich dann problemlos mein Whatsapp wieder auf meine deutsche Nummer aktivieren konnte.


Ansonsten hatte ich echt eine super Zeit in dem Hostel. Es tat sehr gut, eine Aufgabe zu haben. Das wusste ich ja auch schon vorher, dass ich so eine Arbeit einfach zwischendurch mal als "Daseinsberechtigung" brauche. Zwei Wochen Regelmässigkeit und Struktur waren echt angenehm. Sich keine Gedanken machen zu müssen, wie man den Tag jetzt plant, weil die Hälfte ja schonmal verplant ist. Ich merke auch, wie die Arbeit als Regieassistentin meinen Blick dafür geschult hat, was gerade noch wo anfällt. Ich brauchte aber eine Weile, um mich daran zu gewöhnen, dass ich nicht perfekt sein muss, damit meine Arbeit vollkommen genügt. Und dass es echt ok ist, nach den 5 Stunden aufzuhören. Ich bin vom Theater daran gewöhnt, einfach für alles verantwortlich zu sein, was noch erledigt werden musst. Egal wie spät es ist oder wie lange ich schon dran war. Also eine wertvolle Erfahrung. auch dass Cata nie vorwurfsvoll war, wenn mal etwas nicht so klappte, tat echt gut. Eines Morgens musste sie mal früh herkommen, weil wir das Gas beim besten Willen nicht anbekamen. Bei ihr klappte es natürlich sofort. Ich hatte total Panik, dass sie sauer oder mega genervt sein würde, was sich als völlig unberechtigt herausstellte.


Im Bezug auf die Schichten hatten wir eigentlich Glück, dass Cata zur Vertretung da war, denn sie teilte uns abwechseln für morgens und abends ein. Camila handhabt es normalerweise so, dass die Volunteers durchgehend eine Schicht behalten, Das hätte ich schade gefunden. Denn es hat beides etwas für sich. Abends die Leute einzuchecken macht Spass (das hätte ich bei Camila dann verpasst, da Emily besser Spanisch kann und deshalb die Abendschicht bekommen hätte). Aber ich finde es auch unglaublich schön, morgens als allererste wach zu sein (was mir ja im Normalfall nie passiert :D), alles vorzubereiten und in der tollen Morgenstimmung der ersten Sonnenstrahlen zum Bäcker zu gehen.   


Einen der beiden freien Tage in der Woche hatte Cata uns so gelegt, dass Emily und ich gemeinsam frei hatten. Am ersten Donnerstag machten wir dann gemeinsam mit Pati den Ausflug nach Muelle de las Almas (siehe älterer Post) und am darauffolgenden Donnerstag, den 13. April fuhren Emily und ich dann noch zum Nationalpark von Chiloé. Von dort waren wir ja in der Woche davor, unwissend über die Distanz, zur Muelle gelaufen. Nun holten wir den Park nach.

Die Story von unserem 6 Stunden Wanderausflug anstatt 40 Minuten konnten wir noch einige Male zum Besten geben, wenn uns Gäste nach Ausflugsmöglichkeiten gefragt haben. Hilfreich, dass es nicht nochmal jemandem so geht, und stets unterhaltsam.


Also wieder mit dem Bus nach Cucao und von da liefen wir zum Strand an der Pazifikküste. Wie schön, dass ich dann in Uruguay direkt einen Monat später auch am Atlantik war.

In der Sonne, mit einer angenehmen Brise, hielten wir unseren täglichen Mittagsschlaf ab. Nicht ganz beabsichtigt, aber gemütlich. Nach unserem Vesper (wir hatten vom letzten Ausflug gelernt, etwas mitzunehmen!) kam der Schlaf ganz von selbst. 

Es gab auch noch eine zweite Route zu dem See, die wir uns sparten, indem wir einfach auf einen Steg mit schönem Blick auf den See gingen. 


Der Mittagsschlaf hatte sich bei uns so eingebürgert. Wir hatten ein Zimmer nur für uns, das zwar leider ohne Fenster war, aber dafür unser eigenes, gemütliches, chaotisches Reich. 



Immer wenn die eine von uns, die Morgenschicht hatte, fertig war, legte sie sich hin und die andere, die meistens den Morgen nicht übermässig fleissig verbracht hatte, gesellte sich auch bald dazu :D


Nur an meinem jeweils anderen freien Tag war ich fleissig und ging zweimal Joggen!

Dabei war ich leider vergeblich auf der Suche nach einem Weg direkt am Meer. In Deutschland gäbe es in dieser schönen Gegend mindestens 2 Spazierwege und einen Fahrradweg. Hier stiess ich (auch nach erklimmen des Hügels) nur auf Häuser, Zäune und teils sehr aggressive Hunde, die mich aus einigen Seitenstrassen schnell wieder vertrieben und mit lautem Gebell aus den Gärten heraus erschreckten. Ich hatte nie Angst vor Hunden aber in Castro habe ich echt eine entwickelt.

Die Hunde hier sind so anders als die Strassenhunde in Santiago. Dort waren alle total friedlich und machten einem gegebenenfalls höflich Platz, damit man vorbeikann. 


Die Hauptattraktion von Castro sind die "Palafitos", Pfahlbauten entlang der Küste. Ich finde es ein bisschen fragwürdig, dass sie die Hauptattraktion sind, denn die Menschen, die darin leben, sind oft arm. Von unten zieht es kalte Luft durch und ich habe mir sagen lassen, dass sie oft keinen Strom oder fliessendes Wasser haben. Sie haben absolut nichts davon, eine Sehenswürdigkeit zu sein, denn es zahlt ihnen ja niemand Geld, um ein Foto ihrer Häuser zu machen. Ausserdem fielen1960 viele dieser Stelzenhäuser dem Erdbeben und anschliessendem Tsunami zum Opfer (Wikipedia sei Dank für die Info)


Als ich in der zweiten Woche an meinem freien Tag Joggen ging, lief ich auf die andere Seite, um die Häuser dort zu sehen. Ich kam in die Nacht, was mir schöne Bilder bescherte, jedoch die plötzlich auftauchenden Hunde noch gruseliger machte. Auf dem Rückweg musste ich einen abenteuerlichen Umgweg über drei sehr befahrene Strassen machen, weil der Gehweg, auf dem ich gekommen war, an einem Haus vorbeiging, wo ein Hund fand, das sei jetzt sein Weg. 

Auf den letzten Metern bemerkte ich plötzlich einen anderen Hund, der neben mir herrannte und mich begeistert anschaute im Sinne von "Juhuii wohin rennen wir??" Als ich erschrocken stehen blieb, stoppte er auch verdutzt, schaute mich fassungslos an und reagierte sich wohl ab, indem er sich mit einem halben Selbstmordversuch auf die Strasse stürzte und einem Auto nachjagte. Danach kam er mit einem Affenzahn von hinten auf mich zugestürmt. Ich drehte mich energisch um, aus Angst, gebissen zu werden, woraufhin er stoppte, um im nächsten Moment ganz selbstverständlich neben mir herzulaufen. Irgendwie süss. Als ich ihm dann an der übernächsten Strasse schweren Herzens sagte "das geht aber nicht. Du musst wieder gehen!" blieb er tatsächlich stehen und schaute mir nur nach.




  Ansonsten muss man sich um die Sicherheit hier keine Sorgen machen. Die Menschen wirken zwar teils ärmlicher als anderswo, aber friedlich und ruhig. Alles wirkt etwas verschlafen und auch die Fenster sind im Gegensatz zu Santiago alle nicht vergittert, was zeigt, dass keine Einbruchgefahr besteht. 

 
Emily und ich hatten es super gut zusammen. Wir haben den gleichen Humor und die gleiche Gemütlichkeit.  Da wir uns auch den restlichen Tag über etwas von den Sachen fürs Frühstück nehmen durften, sassen wir regelmässig am Ofen im Flur (der einzige warme Platz im Haus) und futterten Müsli :D

Wenn der Ofen an war, wurde es im oberen Stockwerk (wo gottseidank auch unser Zimmer war) echt warm. Jedoch verpuffte die Wärme sofort, wenn er ausgeschaltet wurde und die anderen Räume blieben einfach immer kalt. Es war so absurd, zu erzählen "Ich fahre jetzt von Santiago in den Süden und da wird es kalt", weil für uns ja der Süden immer bedeutet, dass es dort wärmer ist. Aber ich bin jetzt eben auf der Südhalbkugel und da wird es Winter. Im ganzen Monat in Santiago hatte ich nur einen einzigen Regentag. In Castro regnete es oft und war eben schon sehr kalt. Ich vermisste meine Handschuhe.


Einmal machten wir "meinen" Schokokuchen. Da einen hier alle Verkäufer verdutzt anschauen, wenn man nach gemahlenen Mandeln fragt, hackten wir sie eben selber klein. Womit wir auch gleich noch zur Unterhaltung der anderen Gäste beitrugen.

...ach und wisst, ihr, womit sich der Schokokuchen auch super kombinieren lässt? Einem Hauch von Dulce de Leche. Ich dachte erst "achwas, das kann nicht gut sein, viel zu süss zusammen".. aber Emily probierte es und so liess ich mich auch eines Besseren belehren.



Aus dem Rest der Schokoladenpackung machten wir an einem anderen Abend heisse Schokolade, die wunderbar zu unserem Kaminplatz passte. Und an meinem letzten Abend kauften wir uns noch Chips und tranken einen Wein dazu. Findet jemand, es geht die ganze Zeit nur ums Essen in meinen Blogs? Keine Ahnung wovon ihr sprecht!



Noch spannender als das Essen war, zusammen die Leute zu analysieren. Es gibt in jeder Zusammensetzung der Gäste IMMER einen, der das Gespräch an sich reissen muss und anstrengend laut sein kann. Das hab ich bis jetzt wirklich in allen Hostels beobachtet. 

Ganz im Gegensatz dazu tauften wir einen Gast "Der, der nie was sagt", weil wir absolut nichts über ihn wussten. Er stellte sich am Ende als Amerikaner heraus, den ich lustigerweise im Bus von Puerto Varas nach Bariloche wieder traf. 

Ein Deutscher war einer von den Mittelpunktsmenschen. Anfangs dachte ich, er sei etwas schüchtern, aber er blühte einfach nur dann auf, wenn er im Mittelpunkt einer Gruppe all sein Wissen zum Besten geben konnte. Zuhören konnte er nicht, aber besser wissen.

Zweimal gab es ein Pärchen aus den Niederlanden, die sich in ihrer Art recht ähnlich waren. Total lieb und souverän Gespräche beginnend, aber alles in einer angenehmen Art, die das Miteinander förderte.

Ein Chilene, um den ich am Anfang noch total froh war, da er sich geduldig auf deutlichem Spanisch mit mir unterhielt, stellte sich mit den Tagen für uns beide als etwas anstrengend heraus. Da anhänglich und auch mittelpunktsbedürftig. Ohne Gespür für die richtige Distanz, aber nicht im Sinne von südländischer Nähe sondern eher so im Sinne von sozialen Fähigkeiten. Er wollte immer überall helfen, was fast etwas Bevormundendes hatte, das uns nervte. 

Die meiste Zeit gab es viele Franzosen, die sich dann zu ihren Spielen zusammenfanden, einmal eine Welle von Amis und die letzten Tage vor meiner Abreise wurden es immer mehr Deutsche. Als gäbe es Länder-Wellen, die abwechselnd reinschwappten. Spanische Muttersprachler gab es leider recht wenig. Aber dafür traf ich die Micaela aus Argentinien ja in Puerto Varas nochmal. 

Zusammen mit einem etwas ruhigeren Franzosen, der auch mehrere Tage blieb, übte ich, auf Spanisch zu reden, da er auch noch nicht so sicher war. Das ist meistens ganz angenehm, dann haben beide Geduld miteinander. Ein anderer, ganz toller, Chilene lobte beim Frühstück mal unsere Unterhaltungsbemühungen und war auch ein guter Pädagoge, der uns mit vielen Formulierungen halft. Er kam von gar nicht so weit, aus Quellon, was auf der gleichen Insel liegt. Er schwärmte, dass ich dort eigentlich auch noch hinmüsste, weil es so schön ist. Es gibt aber keine wirkliche Busverbindung, man kann gut von Dorf zu Dorf trampen. Ich hätte ja soo Lust gehabt, das auszuprobieren. Habe schon von mehreren gehört, dass der Süden von Chile und Argentinien, Patagonien also, sicher zum trampen ist. Da ich aber noch gar nie alleine getrampt bin und mich in meinem Spanisch einfach nicht sicher genug fühlte, um mir die Verständigung dafür zuzutrauen, verwarf ich diesen Plan wieder. 

Zurück blieb das Gefühl etwas Grossartiges zu verpassen. Dieses Gefühl ist eh mein ständiger Begleiter. Auf der einen Seite weiss ich, dass ich nicht ein Jahr ständig etwas Neues erleben kann und zwischendurch auch mal Zeit für mich und zum verarbeiten brauche. Bin ich dann aber mal an einem Ort, wo ich etwas zur Ruhe kommen könnte, kann ich es nicht geniessen, da mich der Gedanke fertig macht, dass ich gerade wasweissichalles erleben könnte, aber nicht tue. Dabei war im Hostel ja auch immer etwas los und die Leute spannend.

Da war dann zum Beispiel auch noch der Taiwaner, der mir am ersten Abend von seinen Muscheln angeboten hat und sich bald zum Hostel-Inventar entwickelte. Während die meisten nur ein bis zwei Nächte blieben (was oft echt schade war), blieb er fast eine woche und irgendwie fehlte was, als er weiterreiste. Da er meinte, in den letzten Reisemonaten schon genug Sightseeing gemacht zu haben, blieb er die meiste Zeit im Gemeinschaftsraum,   anstatt übermotiviert Ausflüge zu machen. Und trank jeden Tag mindestens 1,5 Flaschen Wein, was wir gar nicht fassen konnten. Wirkte aber nie betrunken. Nur eben geschwätzig. Die Stilleren waren mir die Lieberen, da mit ihnen oft tiefere Unterhaltungen möglich sind. So verstand ich mich super mit den Pärchen aus den Niederlanden und mit einer Französin, die auch einen Blog schrieb, sowie Tagebuch und damit Wochen hinterher war. Da konnten wir uns gegenseitig verstehen und zum Schreiben motivieren.

Und dann war da noch soo ein lustiger Türke. Er kam mitten in der Nacht an und wollte dann erst etwas essen gehen. Als er zurück kam fragten wir ihn, ob er etwas gefunden hatte. Seine Antwort war "nee, aber was viel besseres" und packte eine Pisco Flache aus, an der er alle teilhaben liess. 

Er schickte mir in Whatsapp den Link zu einem Mann, der irgendwie seit Jahren die ganze Welt mit dem Fahrrad durchquert und den er irgendwo in Chile treffen wir. Auf meine Smiley-Reaktion schickte er mir eine Live-Darstellung dieser Smileys und ich musste so lachen, dass ich es euch auch zeigen muss:


Den Chat mit mir versah er dann auch gleich mit einem Mickey  Maus Hintergrund haha :P


Und wer auch mal Sims gespielt hat, wird dieses Bild von ihm von Instagram lieben:



Es klingt so abfällig "der Türke" zu sagen, aber ja eigentlich nur, weil das bei uns so negativ besetzt ist. Emily und ich sprachen der Einfachheit halber über alle mit ihren Nationalitäten. Viele Namen konnten wir auch gar nicht aussprechen oder uns merken und so wussten wir immer gleich, wer gemeint war, ohne dass es einen negativen Beigeschmack gehabt hätte. Schon verrückt, wie wir uns Wörter so kaputt machen...


Irgendwann hatte ich dann gar keine Lust mehr, jemanden Neues kennenzulernen. Der ständige Wechsel von so vielen Leuten nervte mich irgendwann. Da hatte man mal jemand Nettes kennengelernt und schon war der-/ diejenige wieder weg. Ausserdem habe ich gelernt, dass ich nicht immer mit allen geredet haben muss. Wenn ich in Deutschland jemanden treffe, der Reisen war, dann ist das so "oh wow voll spannend, erzähl!" Aber hier sind ja alle am reisen und auch da gibt es ja verschiedene Typen von Mensch. Manchmal fühlte ich mich einsam und nicht dazugehörig, wenn ich im Aufenthaltsraum war, weil ich die Abendschicht hatte, und sich am Tisch eine Gruppe lustig zusammengesetzt hatte. Aber wenn ich mir dann mal überlegte, ob ich jetzt gerade wirklich unbedingt mitten drin sein wollte, merkte ich oft, dass es mir viel zu laut, eine Person zu dominant, oder die Themen unglaublich oberflächlich gewesen wären. Es ist mehr so ein Reflex von "oh, da hat jemand Spass, ich muss auch..". Wieder das Gefühl, etwas zu verpassen. Da sind die Hostels eine gute Übung, um zu lernen, wann jetzt gerade für mich der richtige Zeitpunkt für Gesellschaft ist und wann für Rückzug. Denn wenn man will, findet man immer jemanden zum reden oder kann sich dazusetzen. Wir sind ja nicht mehr in der Schule, wo sich abgeschottete Cliquen bilden und man wirklich Angst haben muss, nicht dazuzugehören. Diese Angst steckt noch zu tief in mir drin. Dabei finden sich die Menschen, die wirklich zu mir passen, eigentlich von selber. Und meistens auch nicht inmitten einer lauten Menschenmenge, sondern eher am Rand. Da sass auch die Französin, wenn sie Tagebuch schrieb. Ausserdem hatte ich ja Emily, die meine Konstante bildete. 

So toll die ganzen neuen Bekanntschaften sind, lerne ich immer noch mehr meine Freunde Zuhause zu schätzen. Es ist einfach schön, wenn man weiss, dass da jemand die ganze Vorgeschichte kennt, wenn man etwas erzählt.

Und irgendwann war es dann auch einfach gut, ständig so viele Menschen um sich zu haben. Und vor allem die ganze Zeit hauptsächlich Englisch zu hören. Da kam das Couchsurfing in Argentinien kam gerade recht.


Die letzten beiden Tage war dann Camila wieder da. Das war erst etwas komisch für uns alle, aber sie ist unglaublich nett. Man merkt, dass sie die Arbeit in ihrem Hostel wirklich liebt und ihr Herz ist so gross, dass alle Gäste darin Platz haben. 

Sie half mir auch, als ich mein Ticket für Ostersonntag nach Puerto Varas kaufen wollte und mir am Schalter gesagt wurde, dass da aber keine Busse fahren. Das mit dem Service ist hier so eine Sache, meinstens sind die Schalterbeamten überhaupt nicht bemüht, dir irgendwie weiter zu helfen. Da kommt dann einfach "geht nicht" ohne irgendeine Alternative zu nennen. Camila wusste aber, dass Busse nach Puerto Montt fahren müssten und ich von dort aus einen kleinen Bus nach Puerto Varas nehmen kann, die immer alle paar Minuten fahren. So war es dann auch. Nur ohne sie hätte ich es nicht erfahren. Man muss also immer selber nach Alternativen suchen, parallel zu den Infos, die man an irgendwelchen Schaltern bekommt, und penetrant genug nachfragen.


Zum Schluss gibt es noch ein Bild der Kirche in Castro, um das Sightseeing nicht komplett zu vernachlässigen:


Mehr aus Pflichtgefühl bin ich einmal rein, aber war dann ganz positiv überrascht, wie wunderschön sie auch von innen ist! Alles aus Holz und damit ganz hell. Sie heisst Iglesia de San Francisco und wurde 2000 sogar mit den anderen Holzkirchen der Insel in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Soso.







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#castro#chiloé