Lun@ix ontour
Lun@ix ontour
vakantio.de/lunatixontour

Cusco und Aguas Calientes – der Kulturschock

Veröffentlicht: 20.10.2018

Es war ja ein wenig zu erwarten gewesen, wie wir aber dann unseren ersten Erkundungsgang durch die «schönste Stadt Südamerikas» begannen, überkam uns schon ein wenig das Alien-Feeling. Spektakulär hatte es ja begonnen. Der Landeanflug auf Cusco ist nichts für Anfänger und als Passagier kann man praktisch die Bäume an den Berghängen auf beiden Seiten zählen. Mit bolivianischer Effizienz war dann aber nicht viel los in der grössten Touristenhochburg in den Anden und die etwas merkwürdigen Wege des Flughafens Cusco (ins Terminal, hinaus aufs Rollfeld, wieder ins Terminal) sind unergründlich.

Wie wir so die Strassen ins Zentrum entlangfuhren, war es schon augenfällig, dass es hier einiges moderner ist und natürlich ist im Zentrum auch alles blitzblank gefegt. Unser Hotel liegt in einer Seitenstrasse nur ca. 100 m vom Hauptplatz, der Plaza de las Armas (so heissen sie in Südamerika übrigens fast alle) entfernt. Ein schönes altes Haus im Kolonialstil, etwas am Hang mit mehreren Etagen und Innenhöfen.

Hinter den schönen kolonialen Fassaden verbergen sich in Cusco aber auch kulturelle Highlights wie McDonalds, KFC und Starbucks (als ob es in Südamerika keinen guten Kaffee gäbe). Wir sind also zurück in der westlichen Zivilisation, Stand 2018. Was ebenfalls sofort auffällt und nervt: vor allem um den Hauptplatz herum tummeln sich Dutzende Händler, Touranbieter und Kundenfänger für Restaurants und die sind im Gegensatz zum so beschaulichen Bolivien hartnäckig und aufdringlich. Aber das Geschäft ist hart und wer seinen Anteil vom Geld der Hundertschaften von Touristen (zu denen wir wohlbemerkt ja auch zählen) will, muss früh aufstehen.

Die Massen, die sich durch die Innenstadt bewegen, mit Selfiesticks herumfuchteln, posieren und die sehr zahlreichen Souvenirshops frequentieren sind beeindruckend. Für uns gerade etwas viel, so dass wir dem Trubel gleich einmal in ein unspektakuläres Aussenquartier entfliehen. Wir finden einen Hof mit mehreren ganz einfachen Restaurants, wo alte Männer Bier mit ...Coca-Cola (...) trinken und lautstark debattieren. Wir essen zwei der fünf erhältlichen Menus, welche schlichtweg hervorragend schmecken. Eigentlich hätten wir ja gerne ein Cevice gehabt aber das gibt’s leider nicht im Angebot, bis plötzlich ein fliegender Händler mit Bauchlade voller Plastikbecher mit... Cevice am Tisch steht. Jetzt sind wir angekommen und trauen uns auch wieder zurück ins Zentrum. Wir durchstreifen ein paar chaotische und schmuddelige Marktstrassen mit toten Hühnern und viel, viel Fleisch und lassen uns eine Führung im Convento de San Francisco geben. Dies auch im Gedenken an Bettinas Mutter, die just vor ein paar Tagen in Assisi war, um dort über Treppenstufen zu stolpern und sich dabei den Fussknochen zu brechen. Danach besuchen wir sogar noch eine Post, wo wir hässliche Wertzeichen für unsere schönen Postkarten kaufen können.

Zum Nachtessen finden wir ein kleines nettes Lokal, wo ich endlich mein Anticucho (Kuhherz am Spiess) kriege, was tatsächlich vorzüglich schmeckt.

Der vorgestrige Tag war nun der Anreise für das grosse Ziel dieser Ferien – Machu Picchu – gewidmet. Wieder einmal um 6 aufstehen, das Taxi hatten wir vorsorglich bereits bestellt und wurden von diesem in ca. 30 Minuten in das kleine Städtchen Porroy gefahren, von wo die Züge nach Aguas Calientes, dem Ausgangspunkt für den Machu Picchu, ablegen. Die Zugstickets wie natürlich auch das Eintrittsbillet für das Weltwunder hatten wir schon vor ca. zwei Monaten online gekauft. Wer nun an die romantischen Bilder eines Zuges mit traditionell gekleideten Peruanern auf dem Dach inmitten der atemberaubenden Andenlandschaft denkt – diese Zeiten sind längst vorbei. Heute kann man aus drei – völlig überteuerten – Zugstypen auswählen. Die ersten zwei sind ähnlich wobei eine Garnitur grössere Fenster hat und so einen besseren Blick auf das Heilige Tal erlauben soll. Die dritte Variante ist der «Hatun Bingham», welcher für den bescheidenen Betrag von USD 430 (wohlbemerkt nur für einen Weg) gebucht werden kann und auch schon seinen Auftritt im Traumschiff hatte. Da mir sowohl Preis wie auch Traumschiff fast Ausschläge verursachen, hatten wir uns für die mittlere Variante entschieden. Bezüglich Bingham noch der Hinweis, dass das durchschnittliche Monatseinkommen eines Peruaners knapp USD 500 beträgt.

Die Panoramafenster der mittleren Variante sind super, vorausgesetzt man fährt nicht 3½ Stunden rückwärts und sitzt nicht, wie in diesen Ferien offenbar unvermeidlich, einmal wieder auf der falschen Seite. Dafür gibt es Stoffservietten und richtiges Besteck, mit welchem man ein Sandwich essen kann. Zum Schluss kommt noch der Barwagen vorbei und man kann sich – gegen Aufpreis natürlich – einen Pisco Sour mixen lassen, was die amerikanische Seniorengruppe im Wagen fast aus dem Häuschen gebracht hat. Ich fand das Ganze eine ziemlich gruselige Angelegenheit und wäre lieber mit einem «normalen» Zug gefahren. Den gibt es auch tatsächlich aber explizit nicht für Touristen. Nun, der Spuk war irgendwann vorbei und wir erreichten Aguas Calientes, ein ziemlich merkwürdiges Dorf, dass inmitten dieses wilden Tales am steilen Flussufer klebt. Aus der Ferne erinnert die Szenerie fast an ein tibetisches Kloster in den wolkenverhangenen Bergen (da war ich übrigens auch noch nie), beim Näherkommen entpuppt es sich als Touristenumschlagplatz erster Güte. Französiche Bäckerei, Pizza, nochmals Pizza, Pub, Souvenirs, Souvenirs, Souvenirs, Pizza...

Wir haben den Nachmittag dann für einen Spaziergang zu einem 4km entfernten Eco-Hostel genutzt, welches einen riesigen Naturgarten im Dschungel angelegt hat indem sich auch ein schöner Wasserfall bewundern lässt. Das war trotz einsetzendem Regen total friedlich. Der Weg verläuft grösstenteils neben oder auf den Schienen der Bahnstrecke und es kam uns eine wahre Völkerwanderung (wahrscheinlich einige Trecker auf dem Inka-Trail) entgegen. So sind wir jetzt zurück im Hotel, haben uns mit dem merkwürdigen Städtchen angefreundet und im Restaurant «Bahnhöfli» aka Estacion vorzüglich gespiesen. So bereiten wir uns auf den lange herbeigesehnten Besuch von Machu Picchu am nächsten Tag vor. Die Vorfreude wird allerdings etwas relativiert durch die Gewissheit, dort ganz sicher nicht ganz alleine zu sein!

Antworten

Peru
Reiseberichte Peru
#cusco#aguascalientes#perurail