Leben in Deutschland

Heute grüße ich euch herzlich aus Saarbrücken mit schön grau-nass-kaltem Regen-Hagel-Schneewetter. Was eine gemütliche Atmosphäre hier, da hat man richtig Lust herauszugehen ;) 

Immerhin habe ich meine kuscheligen eigenen 4 Wände, in denen ich dem Grau draußen entkommen kann und ganz für mich sein kann. Für diesen Luxus bin ich nach so viel Reisen sehr dankbar, da es unterwegs doch oft schwieriger ist, seine Privatsphäre zu finden. Nicht nur meine eigenen 4 Wände sind toll, auch über das Wiedersehen mit Freunden & Familie habe ich mich natürlich gefreut. Es tut gut zu wissen, dass ich vermisst wurde und dass mich so viele Freunde nach meiner Landung wiedersehen wollten. Schön, dass so viele nach meinen Reiseerlebnissen gefragt haben und immer noch fragen und ich somit meine USA Erfahrungen zumindest in Gedanken immer nochmal aufs Neue erleben darf. Auch wenn ich recht lange Zeit weg war, ist es so toll, so herzlich wieder empfangen zu werden und dabei gleichzeitig das Gefühl zu haben, nie weg gewesen zu sein. Bei Familie & Freunden habe ich tatsächlich das schöne Gefühl, genau dort weitermachen zu dürfen, wo ich aufgehört habe. Ich habe das Gefühl, nur ein Wochenende weggewesen zu sein und nun wieder mit meinen Mädels dort einsteigen zu dürfen, wo wir aufgehört haben. Ein sehr wichtiges, schönes Gefühl, dass innige menschliche Beziehungen auch unabhängig von Zeit& Raum weitergehen. Die lieben Menschen wieder um mich herumzuhaben und bei ihnen direkten Support bei Problemen zu erfahren, ein offenes Ohr zu erhalten und mit ihnen schöne Momente zu teilen, ist wohl auch das positivste an meiner Rückkehr. Gerade wenn man einmal länger unterwegs ist, merkt man, wer einem wichtig ist und einem am meisten fehlt.

Sogar die Struktur im Alltag macht manchmal ein wenig Spaß. Zu wissen, wann genau man aufstehen muss, welche Pflichten man hat, sich auf der Arbeit selbst verwirklichen und sich auf den Feierabend zu freuen hat auch etwas Schönes! Zu wissen, wo der nächste Supermarkt ist, welcher Sportkurs einem Spaß macht und in welchem Schrank die Handtücher sind, ist eine Erleichterung und nimmt einem einiges an Stress. 

Übertreiben möchte ich jedoch nicht, natürlich merke ich auch an ganz vielen Stellen noch Widerstand, wieder in Deutschland zu sein. Mein Körper gibt mir eindeutige Signale, dass mein häufig viel zu voller Alltag ihn stressen und meine Seele fühlt sich vom dunklen Wetter und der eingeschränkten Freiheit heruntergedrückt. Ich vermisse die Sonne, die wunderschönen Landschaften, die tollen, herzlichen Menschen und vor allem die Freiheit. Gerade gegen unser deutsches Stressleben regt sich in mir noch unglaublicher Widerstand. Jedoch liegt die Lösung wohl eindeutig in mir selbst statt an irgendwelchen äußeren Umständen. Da man nicht dauerhaft in ein anderes Land weglaufen kann, muss man wohl versuchen das Beste aus den äußeren Gegebenheiten zu machen. Bei fehlender Sonne kann man sich wohl Wärme in Form von Sauna gönnen, oder indem man sich einfach mal warme, gemütliche Zeiten mit Tee und Decke auf dem Sofa gönnt. Schöne Landschaften gibt es überall, ich darf wohl mehr auch Zuhause die Augen dafür öffnen. So war ich am Sonntag einmal wieder sehr überrascht, wie schön doch das Saarland sein kann. Gott sei Dank hatte ich meine Wandergruppe, durch die ich auch hier herauskomme und die Natur erkunden kann. Auch wenn wir keinen "Grand-Canyon" entdeckt haben, so liegt doch in jedem Naturumfeld etwas Schönes & Einzigartiges.   

Schön ist, dass Dank sozialer Medien und Handys Kontakt mit Menschen, die man kennengelernt hat, auch über Zeit und Raum hinweg möglich ist. So begleiten mich einige Reisebekanntschaften auch virtuell auf meinem Weg in Deutschland und ich hoffe ganz fest auf deren Besuch. Natürlich sind meine Freunde auch tolle, herzliche Menschen und helfen mir gegen das Vermissen. Auch wenn mir viele Deutsche oft gestresst und unfreundlich vorkommen, so hoffe ich doch, durch meine Reiseerfahrung auch hier Veränderungen erzielen zu können. Wenn ich selbst viel offener, herzlicher und mit mehr Zeit auf die Menschen in meinem Umfeld zugehe, so verhalten sie sich mir gegenüber sicherlich in ähnlicher Form. Die Liebe, die ich von so vielen Menschen auf meinem Weg erfahren habe, kann ich hier einfach am Leben halten und an andere Menschen weitergeben. Ich bin mir sicher, dass dadurch Veränderung erzielbar ist. 

Dass wir Deutsche ein Volk sind, in dem Effektivität, Arbeit und Fleiß hohe Werte sind, ist wohl kaum veränderbar. Natürlich muss man irgendwie in dem System mitspielen und arbeiten, oder lernen, um hier überleben zu können. Die Einstellung gegenüber all den Pflichten und Arbeiten ist aber wohl entscheidend. Faszinierend finde ich an mir selbst zu beobachten, wie viel Druck ich schon wieder hinter all meine Handlungen packe, die ich in Deutschland begehe. Wieso gehe ich die Dinge nicht einfach so locker an wie in Amerika? Ob ich etwas mit Stress mache, oder gelassen sehe, macht äußerlich keinen Unterschied, verändert aber meine innerliche Welt vollkommen. Ich nehme mir fest vor, an meiner Verbissenheit und am Druck zu arbeiten und auch in Deutschland zu versuchen, meine Ziele mit Gelassenheit zu erreichen. Wie die Holländer so schön sagen, irgendwie "kommt schon alles gut", auch ohne Druck. 

Ich zehre gerade unheimlich von all den tollen, bewegenden Eindrücken meiner Reise. Es gibt mir so viel Energie und hat mich so viel übers Leben gelehrt, einfach mal alleine in einer anderen Kultur unterwegs zu sein. Ich bin einfach unfassbar dankbar über das Erlebte. Neben der Trauer, dass mein Trip vorbei ist, verspüre ich eine so tiefe Dankbarkeit und Freude über das Erlebte wie selten sonst im Leben. Ich möchte auch an dieser Stelle nochmal von ganzem Herzen allen danken, die mir auf meiner Reise so toll geholfen haben. Meiner Familie für finanziellen Support, meinen Freunden Zuhause für den emotionalen Support, allen Amerikanern und anderen Reisenden, die mich aufgenommen, herumgeführt oder mir einfach Wertschätzung und Zeit entgegen gebracht haben. Und natürlich euch, dass ihr meine Bilder, meine Berichte und Gefühle so toll verfolgt habt. Vielen Dank, es ist ein tolles Gefühl, dass so viele Menschen meinen Blog gelesen haben. Ich bin schon ein wenig traurig, heute den letzten Beitrag mit euch zu teilen. 

Aber ich bin mir ganz sicher, nach der Reise ist vor der Reise. Ich freue mich schon jetzt unfassbar auf den nächsten Trip :D. Ich weiß einfach, dass ich ohne Welt erkunden, Ausflucht in die Natur und entdecken anderer Kulturen nicht leben möchte. Und wenn man das erleben möchte, findet sich hoffentlich immer ein Weg. Natürlich, günstig ist das Ganze nicht und man muss vorher sparen und/oder beim Reisen seine Ansprüche herunterschrauben. Aber das ist es absolut wert. Für mich ist Reisen das am besten angelegte Geld: Gekaufte Bauwerke werden alt, marode und können einstürzen. Reisen bleibt für immer in mentaler und emotionaler Erinnerung. Außerdem habe ich nie im Leben eine größere, positivere, persönliche Veränderung in mir verspürt, als durch den Trip. Also traut euch =) Und wer gerade aus welchen Gründen auch immer nicht verreisen kann, aber ein wenig Freiheit fühlen möchte, dem kann ich nur Paulo Coelho's Bücher nochmal herzlichst ans Herz legen. Gerade "Der Alchimist" oder "Veronika beschließt zu sterben" helfen mir immer wieder, mehr Freiheit im Leben zu spüren und Stress loszulassen.

Danke und alles Liebe!

Kathrin