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Eine gemischte Tüte Bretagne bitte

Veröffentlicht: 01.08.2024

Die letzten Tage haben wir genutzt, um den schwierigen Spagat, sowohl Ida, als auch uns glücklich zu machen. Also viel Strand, Meer und Spielen auf der einen Seite und dennoch ein paar bretonische Sehenswürdigkeiten und „Kultur“ auf der anderen Seite.

Idas Part ist daher einfach und kurz zu beschreiben. Es wurde viel canastert, ge- und vorgelesen, getobt und im Meer gespielt. Letzteres aufgrund der mittlerweile doch durchgehenden 30 Grad eher immer nur zum späteren Abend hin. Die UV-Strahlung ist hier so immens hoch, dass es uns sogar bei wolkenbedecktem Himmel und auch noch um 20:00 Uhr brutzelt.

War das Schwimmen zu Beginn des Urlaubs noch ein herrliches (wenn auch ziemlich kaltes) Vergnügen, ist es seit Sonntag und den deutlich höheren Temperaturen ein nicht mehr ganz so angenehmes.

Die Bretagne kämpft bereits seit Jahren mit einer Grünalgen-Plage, die durch die flache Brandung, die Wärme und noch ein paar andere Bedingungen Jahr für Jahr ein immenses Problem in der Region darstellt. Am Strand nicht maschinell entfernt, führt sie durch Zersetzung zu schweren gesundheitlichen Gefahren, da Schwefelwasserstoff und Ammoniak freigesetzt werden.

Im Meer selbst ist sie zwar nicht giftig, macht das Baden aber zu einem leider nur begrenzt netten Erlebnis. Das Zeug klebt einfach überall und man sieht ein wenig aus wie „Das Ding aus dem Sumpf“!

Ida hat trotzdem viel Spaß, sich mit ihrem aufblasbaren Miniboard in die Wellen zu werfen und wir wollen ihr die Freude durch erwachsenen Ekel nicht nehmen.

Als „Spielpause“ sozusagen besuchen wir das Dörfchen Locronan und die etwas größere Stadt Quimper. Ersteres schießt den Vogel mit eigens gegebenen Superlativen fast ab. Vom „schönsten Dorf Frankreichs“ bis zum „prestigeträchtigstem Ort des Landes“ ist alles dabei, was Touris anlocken könnte. Da uns bisher alle Superlative überzeugt haben, wollten wir uns dieses natürlich nicht entgehen lassen.

Wir müssen zumindest anerkennen, dass die Locronanten wissen, wie es zu laufen hat. Schon am Ortseingang werden Autos auf einen riesigen Parkplatz gelotst, 4€ pro Besuch. Kein Vergleich mit den 21€ am Mont Saint-Michel. Soweit so gut. Der Ort selber ist damit weitestgehend autofrei, was das Erkunden sehr angenehm macht.

Wirklich umhauen tut uns der Ort dann aber wirklich aber nicht. So schön die Häuschen und Gassen samt überall wachsender riesiger Hortensien auf den ersten Blick auch sind, wirkt es durch die nicht enden wollende Anreihung von Souvenir-Shops einfach komplett lebensarm und eher wie ein Kunstprojekt. Wer gerne fotografiert, sollte in der Nebensaison herkommen. Ansonsten finden wir, kann man diesen Stopp durchaus überspringen.

Quimper dagegen zeigt sich deutlich wuseliger, mit netter Innenstadt am Flüsschen Odet gelegen. Für uns leider ärgerlich, dass viele der Läden in der Mittagszeit Pause machen und die Gassen somit etwas ausgestorben wirken.

Immerhin: auch der Parkautomat macht Mittagspause, so dass das Parken kostenfrei bleibt!

Tags drauf (Dienstag, 30.07.) geht es dann nach Lorient zur Besichtigung der ehemaligen U-Boot Bunker der deutschen Wehrmacht.

Der Hafenausbau wurde im Oktober 1941 vom Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Admiral Karl Dönitz als Hauptquartier der U-Boot Flotte für den Atlantikkrieg in Auftrag gegeben und im Janaur 1943 für nahezu fertig erklärt.

Zu Hochzeiten fassten die Bunker K1, K2 und K3 25 U-Boote. Wäre K4 fertiggestellt worden, hätten sogar 49 Boote Platz gefunden. Durch die kurzen Wege zwischen den Bunkern und Werkstätten schafften es die Deutschen, beschädigte U-Boote binnen eines Monats wieder kampffähig und ausfahrbereit zu machen. „Leider“ ging ihnen Mitte des Jahres 1943 aber das Material (also Beton) aus, um K4 zu vollenden. (Randbemerkung: Den gesamten Beton haben sie aus Deutschland kommen lassen, aus lauter Angst vor Sabotage. Ein Viertel des gesamten Betons, der in Frankreich von den Deutschen verbaut wurde, ist in Lorient verwendet worden.) Ebenfalls wurden die Bombardements immer intensiver, so dass an eine Fertigstellung nicht mehr zu denken war und der Fokus mehr und mehr der Verteidung galt.

Ähnlich wie die überlebenden Bunker des Atlantikwalls, prägen diese Betonriesen das gesamte Hafenbild, was für die Bewohner Lorients eine stark ausgeprägte Belastung darstellt und die Rufe nach Abriss der gesamten Anlage lauter werden lassen.

Bei zum Teil bis zu 10 Meter dicken Decken aus massivem Stahlbeton ist ein Abbau und fachgerechter Abtransport finanziell absolut nicht machbar. So wurde stattdessen der gesamte Bereich zu einem Sportboothafen umgestaltet, in dem sich mehrere Langstreckenregattaboote tummeln, hier in Stand gehalten und repariert werden.

So oder so ist es ein gleichermaßen beeindruckendes wie beklemmendes Bauwerk, das der Größenwahn der Deutschen Kriegsmarine hier in den Hafen gesetzt hat und durch ihre gigantische Masse wohl für die Ewigkeit Bestand haben wird. Eine Tatsache, die die Naziführung in gewisser Weise auch für ihre Bauwerke vorgesehen hatte…

Mit erneut viel Rede- und Verarbeitungsbedarf der gesamten Reisegruppe geht es zurück Richtung Campingplatz und fast obligatorisch in die grünen Wellen. Wobei…zumindest uns Erwachsenen ist der Spaß am Baden nahezu völlig vergangen. Die grünen Algenfetzen finden sich überall am Körper und in der Kleidung wieder.

Einzig Ida kennt da nix, und schmeißt sich weiterhin mit ungetrübter Freude in die Flut!

Den Mittwoch verbringen wir nach einem Strandlauf am Morgen ganz faul am Zelt. Es ist heiß, und wir haben weder Lust auf Tourinepp, noch auf weite Fahrerei. Mit Spielen und Lesen vertreiben wir uns die Zeit, lassen uns von Ida mit Spinat und Nudeln bekochen, packen schon mal ein wenig zusammen und nehmen uns die Zeit, ein Zwischenresumee zu ziehen. Wir wagen es kaum zu sagen, aber ggf hat die Bretagne Schottland den Rang auf unserer Urlaubsbestenliste abgelaufen. Nur gegebenenfalls, denn wir sind noch nicht komplett einig. In Schottland waren wir in der Nebensaison, hatte die karge Landschaft gänzlich für uns. Auf einigen Wanderungen sind wir keiner Menschenseele begegnet, konnten runterfahren und haben Natur und Zeit ungestört auf uns wirken lassen. Von Einsamkeit und Ruhe kann man in der Bretagne wirklich nicht sprechen. Kein Wunder; es ist so wunderschön hier, etwas lieblicher und weniger karg als im geliebten Schottland, viele Blüten, kleine Wäldchen, süße Gehöfte und hübsche Buchten, mit Meer, in dem man auch baden kann, ohne nach zwei Sekunden erfroren zu sein. Es ist so abwechslungsreich, so dass man vermutlich auch beim 10. Besuch noch Neues entdecken könnte.

Natürlich haben wir auch mit unseren Standorten Glücksgriffe getan. Insbesondere der zweite Platz war eine grüne Oase, mit viel Privatsphäre, Ruhe und Schatten. Manchmal weiß das Schicksal, oder der Zufall, oder was auch immer dafür gesorgt hat, dass wir hier gelandet sind, eben doch am besten, was gut für uns ist.

Morgen geht es gen Amiens; halbe Strecke Richtung Heimat und ein letzter Halt, bevor uns der Alltag wiederbekommt. 

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