Regentropfen bollern, donnern, poltern auf das Wohnwagendach und wecken mich aus tiefsten Träumen von elsässischen Kreiseln, auf denen Nachts psychedelische Pilze in allen Regenbogenfarben leuchten.
Ich weiß, ich langweile euch zunehmend, doch die monsunartigen Wolkenbrüche, die gerade auf uns niederprasseln, dürfen einfach nicht unerwähnt bleiben.
Regen Dicke schwarze Wolken wälzen sich über die nahen Weinberge, aus denen wir gestern Abend noch geflüchtet sind, um nicht in Matsch und Pamp zu versinken. Riesige Tropfen, groß wie Tennisbälle pladdern auf die frisch polierten Caravanfenster und machen dabei einen infernalischen Lärm, bei dem wir uns nur noch schreiend verständigen können.Route des Grands Crus Dass sämtliche Flohmärkte in fast ganz Frankreich heute ins Wasser fallen und vielfach auch schon annulliert wurden, war uns beim Blick auf die Wettervorhersagen schon seit gestern bewusst. Deshalb freuen wir uns, dass wir das jährliche Stöbervergnügen auf dem Cours de Genearal de Gaulle in Dijon mit vier Kilometern Ramsch und Trödel am Samstagmorgen in aller Pracht und bei strahlendem Sonnenschein genießen durften.Flohmarkt in Dijon Damit ist jetzt aber Schluß und das für die ganze nächste Woche. Deshalb müssen wir auch den Plan verschieben, die Route des Grands Crus im Burgund abzufahren. Ein brisantes Höhentief kreist über Frankreich und bewegt sich nicht von der Stelle.Mistral steht nicht mehr schief Am noch trockenen Samstagabend stehen wir in Morey-Saint-Denis auf dem großzügigen Parkplatz in der Ortsmitte und schmieden Pläne für die nächsten Reisetage.
Man hat einen hübschen Ausblick auf die Vignoble de la Côte de Nuits. Die besten Plätze sind natürlich schon vergeben. Ein knapp sieben Meter langes Wohnmobil Chausson Flash hat sich die erste Reihe erobert und Madame und Monsieur machen es sich auf der Parkbank mit einem Apéro gemütlich.
In der "Librairie"Das deutsche Pösslpärchen übernimmt die französischen Sitten und Gebräuche, besetzt die zweite Sitzgelegenheit und stößt mit einem vin blanc auf den Sonnenuntergang an.
Wir haben es uns in zweiter Reihe, leicht erhöht bequem gemacht, so haben wir außer der Landschaft das gesamte Geschehen im Blick. Auch wenn es mich ein bisschen ärgert, dass die beiden Fahrzeuge so geparkt haben, dass sich niemand sonst zum Bellevue dazugesellen kann.
Cours du Parc in Dijon Dann kommt Monsieur VW-Knaus auf den Platz gerauscht, hält an, nimmt Augenmaß und stellt sein Reisemobil zielgenau und mit wenigen Zentimetern Abstand neben Familie Chausson. Dabei besonders kurios: das Gefährt hat gar kein Fenster zur berauschenden Aussicht.
Ich staune und finde das ein bisschen - nun ja - übergriffig, sich so nah in die Nachbarschaft zu manövrieren. Aber vielleicht kennen sich die Pärchen ja und haben sich hier zum gemeinsamen Abendausklang verabredet?
Krimi-Parkplatz in Moray-Saint-Denis Dann nehmen Madame und Monsieur ihr Feierabendbier aus dem Frigo und damit Platz bei Monsieur Chausson auf der Bank. Madame Chausson bereitet schon das Abendessen vor, deshalb können sich die beiden Neuen dazusetzen. Doch Monsieur ist etwas irritiert und rutscht an das äußerste Ende der Bank. Jetzt können die VW-Knaus auch ihr Hündchen, eine Amerikanische Bulldogge mit auf das gemütliche Sitzmöbel bugsieren. Monsieur Chausson klemmt jetzt nur noch mit einer Arschbacke darauf, hält aber die Stellung und gibt die Bank nicht komplett der fremden Besitzübernahme preis.Breitflüfeliger Fleckleibbär Alle vier genießen nun schweigend die Aussicht, bevor der große Regen kommt. Ein stiller Kampf um eine öffentliche Sitzgelegenheit wird erbittert ausgetragen und ich beobachte gespannt, wer wohl den Kürzeren zieht.
Die Dogge sabbert Herrchen das Hawaiihemd voll und beugt sich interessiert zu Monsieur Chausson hinüber. Der nimmt von dem Annäherungsversuch keinerlei Notiz, wie er auch den kompletten Kontaktversuch der VW-Knaus tapfer ignoriert. Stolz hat er den Blick zum Horizont erhoben, genießt sein Bier und verteidigt heldenmütig seinen Platz mit Aussicht.Regen bei Nacht Wieder einmal verliere ich eine Wette, dass Monsieur VW-Knaus sich auf den Schoß der inzwischen zurückgekehrten Madame Chausson setzt, dafür von Monsieur Chausson einen wütenden Kinnhaken bekommt, der folglich von der Bulldogge äußerst schmerzhaft ins Bein gebissen wird. Nein, Familie VW-Knaus gibt irgendwann auf, vor dem Samstagabendspätprogramm muss noch die Gassirunde abgearbeitet werden.Täglicher Besuch in der Apotheke... Ich überlege, ob das der Stoff ist, aus dem Krimis aus dem Campermilieu gemacht sind.
Entweder die Chaussons rächen sich an den VW-Knaus für die aufdringliche, impertinente Annäherung und leiten hinterrücks und heimtückisch des Nachts das allseits in der Community gefürchtete Betäubungsgas in das häßliche Wohnmobil ihrer viel zu nah stehenden Nachbarn, entführen die Dogge und erpressen eine astronomisch-gigantische Summe, weil sie wissen, dass das hinterhältige Pärchen mit unlauteren Mitteln unsaubere Spekulationsgeschäfte abwickelt.
An der Rhône Oder Familie VW-Knaus ist ein abenteuerliches Roadmovie-Verbecherpaar wie Bonny und Clyde, zieht gnadenlos marodierend über sämtliche Park4Night-Plätze, überfällt kaltblütig Wohnmobil-Rentner, murkst sie brutal ab und klaut millionenschwere E-Bikes, bis die üble Geschichte komplett schief geht, aus dem Ruder läuft und sie mit einem Laster voller wertvollster Fahrräder mit Caramba und Karacho in die Verdonschlucht über die Planke gehen.Psychedelische... Was meint ihr? Ich persönlich favorisiere ja die zweite Variante. Wir entfliehen jetzt erst mal über die Autoroute du soleil dem Regen in den Süden. Vielleicht entwickeln sich unterwegs die Ideen beim Anblick auf psychedelische Pilze am Rande der Autobahn ja noch weiter...