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Bretonische Erkenntnisse

Veröffentlicht: 29.07.2022

Zappas kleine Reiseskizzen

Nach 3000 Kilometern, drei Wochen und einem Drittel unserer Reisezeit verlassen wir nun auch die Bretagne.

Es hat länger gedauert als geplant, denn die Küste dieser französischen Region gefällt uns sehr. Unglaublich klares, strahlend türkisblaues Wasser, weiße Sandstrände und ein helles, ungetrübtes Licht hinterlassen bleibende, tiefe Eindrücke. Beinahe wähnt man sich an der Côte d'Azur, es ist nur weniger los.

Der Wechsel der Gezeiten ändert immerzu das Bild, eben noch können Austern, Muscheln und Schnecken an den harten Granitfelsen bestaunt und nach Geschmack für den heimischen Topf abgesammelt werden.

Nach der Wanderung auf dem Zöllnerweg, der entlang der bretonischen Küste über 2000km immer wieder neue, erhebende Ausblicke auf gigantische Felsabbrüche und tödliche Kliffs gewährt, ist die kleine Bucht bei der Rückkehr komplett zugelaufen. Kein Stein schaut mehr aus dem Wasser und vom Strand ist nur noch eine Handtuchbreite übrig, so dass die verbliebenen Badegäste zusammenrutschen.

Cap Sizun

Charmante Städtchen mit imposanten Kirchen oder kleinen Fischerhäfen laden zum Bummel.

Markt in Plouescat

Viele sehenswürdige Glanzlichter heben wir uns für das nächste Mal auf. So zum Beispiel Mont Saint Michel, Saint Malo, die Steinreihen von Carnac oder der westlichste Punkt Frankreichs. Wir fahren zum Point du Raz, in der Hoffnung, Sicht bis zum berühmten, wellenbrechenden Leuchtturm Ar Men zu haben. Doch acht Euro allein für das Abstellen des Fahrzeugs schrecken uns ab, dann reihen wir uns eben nicht in den Gänsemarsch zur Landspitze ein.

Pointe du Raz

Auch im normannischen Étretat erhaschen wir nur im Vorbeifahren aus dem Augenwinkel einen Blick auf das berühmte Loch im Felsen. Das Städtchen quillt vor Menschen und Fahrzeugen über, kein Parken möglich, auch nicht auf dem zwei Kilometer entfernten Platz vor seinen Toren. Statt dessen machen wir einen Abstecher nach La Hague und bewundern die Wiederaufbereitungsanlage, aus der immer mal wieder Castor-Transporte in Niedersachsen ankommen und täglich 500 Kubikmeter radioaktives Wasser in den Ärmelkanal geleitet wird.  Auch mal interessant.

Rund um die Wiederaufbereitungsanlage La Hague - das Foto war schon mal...

Die eine oder andere lokale Spezialität wird natürlich auch verkostet. So zum Beispiel die berühmte Breizh-Cola, erinnert an Fritzz, kann man trinken. Oder die Galette aus Buchweizenmehl mit Champignons und Ei, schmeckt!

Breizh-Cola und Breizh-Brot

Besonders in Erinnerung wird mir die Andouille bleiben. In allen Geschäften, auf den Märkten, bei den Boucherien zu bewundern und exorbitant teuer, musste diese Fleischkreation doch mal auf den Tisch. Eine runde Wurst, gerollt und geräuchert.

Andouille

Ist nicht mein Ding, so mein erster Gedanke, schmeckt sehr stark nach Buchenholzrauch. Irgendwann kommt Zappa auf die Idee zu googeln, was wir hier überhaupt essen: eine Wurstsorte, die ausschließlich aus Innereien hergestellt wird. Also aus Schweinedarm und -magen, sorgfältig gereinigt, in Streifen geschnitten, gebündelt, aufgerollt und in Naturdarm eingehüllt, drei Wochen geräuchert und nach Wässerung abgehängt.

Nun, kann man haben, muss man aber nicht...

Viele Urlauber finden den Weg in diese Regionen am Atlantik. Die Bretonen regeln besonders den Camper-Ansturm rigoros mit Bestimmungen und Vorgaben und nach dem Erlebnis mit Monsieur Policier wollen wir das Glück nicht strapazieren und testen, ob und wie die verschiedenen Park-, Übernachtungs- und Campingverbote überwacht werden. Wir finden immer ein Örtchen für die Nacht, aber nicht immer macht die Suche Spaß.

Hier und da nutzen wir die Gelegenheit zu Sozialstudien in der Camper-Community.

Zu beobachten sind beispielsweise die unterschiedlichen Wohnmobiltypen. Zunächst die Klassiker, die auch gern ungeahnte Größe annehmen und mit allem Luxus, Pie, Pa und Po ausgestattet sein können. Meist genutzt von finanziell abgesicherten Ruheständlern, die ungern ihre schicke Behausung verlassen und deshalb schlecht zu beobachten sind.

Dann sind Dachzelte unterwegs, diverse Van-Typen, selbst ausgebaut oder fertig gekauft, VW-Busse unterschiedlichster Qualität, von alt und klapprig bis niegel-nagel-neu und Luxusklasse. Ein paar Minicamper vom Typ Räuberhöhle gibt es auch noch, aber nicht so häufig, wie früher.

Daoulas

Vermehrt treffen wir alleinreisende Frauen mit Hund oder Katze. Sie sind meist sehr kommunikativ, freundlich und gut gelaunt.

Zum Beispiel Madame Sympa. Sie steht mit ihrem, etwas in die Jahre gekommenen Hymer-Mobil gemeinsam mit uns auf einem Parkplatz mit Zugang zum Küstenwanderweg. Am Abend bleibt sie in ihren vier Wänden, wir ahnen nur, dass wir eine Nachbarin haben als sie ihre Jalousien herunter lässt.

Am nächsten Morgen werde ich von eifrigem Geplapper geweckt. Ich hoffe, dass es sich um die örtliche Hunderunde handelt, die bald ihrer Wege zieht. Doch weit gefehlt, es schnattert ununterbrochen weiter, es kichert und lacht auch mal schallend. An Schlaf ist nicht mehr zu denken, also klettern wir aus dem Kangoo. Madame Sympa und Monsieur Charme haben sich vor dem Hymer gefunden und plaudern, was das Zeug hält. Wir bauen unser Frühstück auf und schauen ihnen interessiert zu. 

Menhir de Kerloas

Ihre Hunde finden keinen Zugang zueinander, der schwarze Mischling interessiert sich nicht sonderlich für die kleine zerzauste Promenadenmischung von Madame. Die aber flirtet offensichtlich mit dem jungen Hundebesitzer, der sie immer wieder sehr galant zum Lachen bringt. Das Ganze geht eine etliche Weile hin und her und ich bin schon darüber verwundert, was sich zwei wahrscheinlich bisher völlig unbekannte Menschen so alles zu erzählen haben. Für Einzelheiten sind sie leider zu sehr außer Hörweite.

Wir beenden unser Mahl und auch diese beiden verabschieden sich. Als die Räuberhöhle endlich zum Fahrzeug umgestaltet ist, braust Monsieur Charme mit quietschenden Reifen und jede Menge Staub aufwirbelnd zurück auf die Bildfläche. Im Gepäck hat er nun eine buttertriefende Tüte mit Croissants vom örtlichen Bäcker und eine Flasche Cidre, man fängt wohl bescheiden an.

Wir vermuten, Madame Sympa vermietet ihre Wohnung im Sommer an Touristen und verbringt die heiße Zeit des Jahres im mobilen Zuhause an der windigen Küste. Und macht Bekanntschaften für die kalte Jahreszeit, kann ja nicht schaden.

Wir beobachten außerdem verschiedene Vanlifer-Typen, z.B. die veganen, nachhaltigen, ökologischen jungen Wilden mit Traumfänger am Spiegel. Oder die meist ziemlich spießigen Pössl-Pärchen.

Aber dazu will Zappa euch seine Erkenntnisse berichten. Also habt Geduld!

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