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Uruguay: Montevideo Teil 2

Veröffentlicht: 10.03.2019

Während ich kurz zuhause vorbeidüste blieb Jörg in Uruguay und besuchte hier einen Spanischkurs, um seine Kenntnisse zu vertiefen. Anschliessend beschlossen wir, die Weihnachtsfeiertage in Montevideo zu verbringen. Wie bei uns auch ist Weihnachten hier ein Familienfest, es ist also alles geschlossen, nix los, die Leute sind zuhause und feiern im Kreise ihrer Liebsten. Wenigstens kannten wir hier noch Lili und Roberto, mit denen wir vor den Festtagen noch einen schönen Abend verbrachten. Nachdem wir uns in ihrem Restaurant getroffen hatten, gingen wir in ein koreanisches Restaurant mit dessen Wirt sie befreundet sind. Dort trafen wir noch auf weitere Freunde von Ihnen. Gemeinsam assen wir zu abend und nahmen einige Drinks. Anschliessend ging es ans Karaoke singen, wovon Jörg und ich allerdings wenig angetan waren. Wir sind sonst zu vielen Schandtaten bereit, aber beim Singen hört der Spass auf, auch zum Wohle aller anderen Beteiligten. Trotzdem war es ganz spassig, die Koreaner sangen Lieder aus der Heimat auf Koreanisch, Roberto sang Songs auf Spanisch und Lili sang bekannte Lieder aus aller Welt. Jörg und ich tanzten eifrig mit und klatschten fleissig Beifall. Aber auch bei Lili und Roberto war über die Festtage „Familientürk“ angesagt, so dass wir die Zeit alleine rumbringen mussten. Obwohl Montevideo eine riesige Stadt ist, in der fast die Hälfte aller Einwohner Uruguays lebt (man sagt, in Uruguay leben 3 Mio Einwohner und 7-10 Mio Kühe), waren tatsächlich nicht einmal Restaurants geöffnet, so dass wir wie so oft sehr froh um unsere Guerilla-Küche waren. Wir kauften also Vorräte und einige Flaschen Wein und machten es uns im Hotelzimmer gemütlich, wo wir sogar eine eigene Terrasse hatten. Wir überlegten spasseshalber sogar kurz, uns einen kleinen Plastikweihnachtsbaum zu kaufen, liessen es dann aber doch sein.

Generell wird um Weihnachten hier einiges weniger Hype gemacht, zumindest um den kommerziellen Aspekt. Die Weihnachtsdeko in den Läden ist einiges weniger aufdringlich und die Lichterketten um die Palmen wurden erst einige Tage vor der eigentlichen Sache angebracht. Nicht schon im Oktober. Man hat irgendwie das Gefühl, hier gehe es tatsächlich noch mehr darum, eine schöne Zeit mit der Familie zu verbringen, anstatt ausschliesslich einen ganzen Monatslohn für teure Geschenke rauszuhauen.

Die Einheimischen haben irgendwie die Angewohnheit, wichtige Informationen einfach wegzulassen, wenn man sie nach etwas fragt. Wir fragten mehrere Leute, ob es an Weihnachten irgendetwas Spezielles gäbe, traditionelle Bräuche oder ähnlich. Nein, wurde uns versichert. Üüüüberhaupt nichts. Mit keinem Wort erwähnte irgendjemand, dass es Brauch ist hier pünktlich um Mitternacht in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember Feuerwerk zu zünden. Und zwar in rauen Mengen. Mindestens eine Stunde lang glühte der Himmel in allen Farben und es krachte und donnerte in der ganzen Stadt. Zum Glück hatten wir ja unseren eigenen Balkon, wo wir das Schauspiel geniessen konnten. Wäre bei uns ja unvorstellbar, ist schliesslich ein hoher Feiertag, da gilt pünktlich Nachtruhe. Eigentlich ein ziemlicher Schwachsinn. Nicht so jedenfalls hier, hier wird zur Feier des Feiertags ordentlich geböllert. Jörg und ich nahmen uns jedenfalls vor, diesen Brauch zu übernehmen, und künftig zuhause jedes Jahr an Weihnachten um Mitternacht eine Rakete oder einen Vulkan oder sowas zu zünden, auf die Gefahr hin, dass uns die Nachbarn verpfeifen. Trauben zu Neujahr, Feuerwerk zu Weihnachten. Ein bisschen Lateinamerika zuhause.


Als die Festtage vorüber waren und langsam wieder Normalität einkehrte, besuchten wir das Palacio Salvo am Plaza Independencia. Gleich auf dem Platz befindet sich auch das unterirdische Mausoleo de Artigas, wo Jose Artigas, Held aus dem Unabhängigkeitskrieg, seine letzte Ruhestätte fand und 24/7 von einer Ehrenwache bewacht wird. Ein weiteres Wahrzeichen am Platz ist die Puerta de la Ciudadela, ein einsames Steintor, das als einziges Relikt der früheren Zitadelle erhalten geblieben ist.

Der Palacio Salvo ist von vielen Orten in der historischen Altstadt sichtbar. Mit einer Höhe von 26 Stockwerken war er bei seiner Eröffnung im Jahr 1927 das höchste Gebäude des Kontinents und gilt bis heute als klassisches Wahrzeichen Montevideos. Ursprünglich war der Palacio als Luxushotel gebaut worden. Der grosszügig verbaute Marmor war aus Deutschland importiert worden. Heute befinden sich darin Wohnungen, und wie uns gesagt wurde, sind diese nicht einmal besonders teuer. Im Rahmen der geführten Tour erfuhren wir einiges über die Geschichte des Bauwerks. Ausserdem liefen wir ein wenig durch die Gänge und die Treppenhäuser und durften uns eine Wohnung ansehen (die zu einem Souvenirladen umfunktioniert wurde). Ausserdem fuhren wir hoch in den Turm, von wo aus wir die Aussicht auf die Stadt geniessen konnten. Der Palacio war ursprünglich sogar einmal so konzipiert, dass Zeppeline am Turm festmachen konnten. Im Palacio ist auch noch eine Radiostation untergebracht, wo wir kurz einen Blick reinwerfen konnten. Ich wurde sogar noch kurz live dazu interviewt, ob es uns in Uruguay denn gefällt, was ich natürlich nur bejahen konnte (schliesslich war ich ja am Radio zu hören) und wünschte den Radiozuhörern in professionellstem Spanisch einen guten Start im neuen Jahr.

Die kurze Führung durch das Palacio war ganz nett, allerdings auch nicht gerade der Brüller, weswegen man unbedingt nach Montevideo kommen müsste.
Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich auch noch das Museo del Tango. Wir verzichteten allerdings auf einen Besuch, weil wir uns dachten, wir würden dann das Tango-Museum in Buenos Aires besuchen. Erstens war dies ein Fehler, zweitens würden wir trotzdem nochmals zurückkommen. Doch dazu später mehr.

Inzwischen war es auch wieder möglich, im Mercado del Puerto zu essen. Obwohl es so klingt, handelt es sich nicht um einen Markt im klassischen Sinn. Die alte Markthalle beherbergt viele Parrillas (Steakrestaurants) und einige Souvenirshops. Ausserdem ist es eine gute Adresse, wenn man ein öffentliches WC sucht. Hier übrigens ein kleiner Einschub zu diesem Thema: Tatsächlich ist es gar nicht so einfach hier, öffentliche Toiletten zu finden. Schon vor der Reise hatte ich im Reiseführer gelesen, dass das ein generelles Problem in ganz Lateinamerika sei. Tatsächlich war es bisher überhaupt kein Problem, nirgendwo. In den ärmeren Ländern gab es an jeder Ecke ein öffentliches Klo, meist waren sie zwar renovationsbedürftig aber doch wenigstens einigermassen sauber. Sobald wir in die reicheren Länder des Kontinents kamen, war es mit diesem Luxus vorbei. Der Grund liegt auf der Hand: in den ärmeren Ländern kann eine Frau vom Betrieb eines WC's und dem damit eingenommenen WC-Geld über die Runden kommen, man muss nämlich überall etwas kleines zahlen. Hier im Süden ist das eben wohl nicht mehr möglich. Fairerweise muss man dazu sagen, dass es in Uruguay einige öffentliche WC's gibt, beispielsweise gab es in Punta am Strand ToiTois, die tiptop sauber und in Schuss waren. Überall ist eine Frau stationiert, die für die Reinigung und den Unterhalt sorgt. Zahlen muss man nichts, die Damen werden von der Stadt bezahlt. Es gibt sie also, aber wie gesagt, eben nicht wirklich weit-gesäht.


Wir fuhren ausserdem raus zum Museo del Futbol. Dies aus rein horizont-erweiternden Gründen, denn Jörg und ich sind keine besonderen Fussball-Liebhaber, im Gegenteil. Aber Uruguay gewann eben die erste Fussball-Weltmeisterschaft 1930, die sie überdies auch als Gastgeber austrug, deshalb ist der Besuch des Museums und des Stadions fast ein Muss. Zu sehen gibt es Erinnerungsstücke aus den Jahren 1930 und 1950, als Uruguay den WM-Titel holte, sowie viele Fotos der verschiedenen Mannschaftsaufstellungen. Besonders interessant war die ganze Sache allerdings nicht. Anschliessend konnte man sich noch das Stadion Centenario ansehen. Es war....nun ja......halt ein Fussballstadion. Es gibt eine grüne Fläche, zwei Tore und Zuschauertribünen. Man kann sich das ja etwa vorstellen. Das interessanteste war eigentlich der angrenzende Aussichtsturm, zu dem man hochfahren und sich die Stadt aus einer anderen Perspektive von oben anschauen konnte.
Also man muss wohl schon wirklich fussballangefressen sein, damit man dieses Museum interessant findet, ansonsten ist es nicht wirklich zu empfehlen.


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