Veröffentlicht: 09.02.2019
Nach der sechsstündigen Bahnfahrt kommen wir um 4 Uhr morgens in Ho Chi Minh City, der größten Stadt Vietnams, an. Leider habe ich nicht ein Auge zugetan. Mit dem Taxi fahren wir direkt zum Flughafen, weil wir von dort aus in ein paar Stunden nach Phu Quoc fliegen, eine große Insel, die näher an Kambodscha liegt als an Vietnam. Da unser Flug aber erst in fünf Stunden geht, haben wir noch jede Menge Zeit. Ich bin totmüde, aber im Flughafengebäude gibt es keine Bänke. Also lege ich mich wie der letzte Asi auf eine Bank am Bürgersteig und kann sogar ein bisschen schlafen. Max übernimmt die Heldenrolle und passt auf mich und unser Gepäck auf. Natürlich hat der Flug auch noch eine Stunde Verspätung, aber wir sind ja eh einmal im Wartemodus.
Mittags kommen wir auf der Insel an und beziehen unser wunderschönes Holzfass, das wir für die ersten zwei Nächte gemietet haben. Die Anlage ist wirklich total hübsch mit Pool in der Mitte und gemütlichen Wohnfässern drumherum.
Wie man sich denken kann, passiert heute nicht mehr viel. Wir liegen rum und warten darauf, dass endlich Abend ist und wir schlafen können. Zum Abendessen radeln wir ins Dorf und um 7 Uhr liegen wir im Bett und schlafen. ENDLICH.
Am nächsten Tag haben wir zum Glück etwas mehr Energie und sind hochmotiviert, die Umgebung auszukundschaften. Also ab aufs Motorbike und in den Nordwesten der Insel. Wir klappern einige Strände ab in der Hoffnung, einen ruhigen Strand ohne Resorts zu finden, was auf dieser Insel garnicht so einfach ist. Sie scheint das große Tourismusprojekt Vietnams zu sein. Überall schießen Hotelburgen und Bungalowanlagen aus dem Boden und viele neue Gebäude werden aktuell gebaut. Strand Nr. 2, der in einem Reiseblog als schönster und einsamster Strand der Insel gelobt wird, schockiert uns am meisten. Der Strand ist eigentlich komplett weggespült und dort, wo noch Sand ist, ist er in privater Hand. Hotels haben "ihren" Strandabschnitt umzäunt und das Betreten für Nicht-Hotel-Gäste untersagt. Ein Strandspaziergang ist also nicht möglich. Mit Strand Nr. 3 finden wir endlich ein Plätzchen, an dem wir den restlichen Tag verbringen wollen. Man erreicht ihn auch nur, indem man ein paar Kilometer über rote Sandpisten zurücklegt und der Strand ist tatsächlich nicht bebaut. Er ist sauber, es gibt ein paar Schattenplätze und wir finden eine schöne Stelle, an der wir die letzten Stunden bis zum Sonnenuntergang bleiben. Ich schaffe es endlich, mein Buch zu Ende zu lesen. In der Dämmerung geht es zurück zu unserem Fass. Am Supermarkt haben wir uns noch ein paar kalte Getränke besorgt, mit denen wir im Fässchen anstoßen können. Daher fahren wir später auch lieber mit den Fahrrädern zum Restaurant.
Der dritte Tag auf der Insel ist Umzugstag. In unserer ersten Unterkunft gab es nämlich kein Frühstück inklusive und das ist immerhin die wichtigste Mahlzeit am Tag! Also wählen wir unsere neue Unterkunft danach aus, wie gut das Frühstück bewertet wurde. Ist das komisch? Egal :D Also wieder ab ins Taxi und zum Hill Top Resort. Nachdem wir eingecheckt haben, machen wir uns auf den Weg zum Long Beach. Das ist sozusagen der Hausstrand des Städtchens und die letzten Tage haben wir noch keine Motivation gehabt, ihn zu besuchen. Und unsere Vermutungen haben sich bestätigt. Strandbars, dicke, verbrannte Touristen in zu knapper Kleidung, die wie gestrandete Wale oder Seesterne auf ihren Liegen und Handtüchern liegen, aufdringliche Masseurinnen, die einen auf ihre Liegen zerren wollen, besoffene Männergruppen und Familien, die mit einem halben Spielzeugladen angereist sind. Da kommt irgendwie Mallefeeling auf. Mit einem Unterschied. Die Hauptzielgruppe der Insel sind Russen. Russisch ist die vorherrschende Sprache. Jeder, der kein Asiate ist, spricht russisch. Russische Speisekarten, russische Gerichte, russische Restaurants. Und die russischen Badegäste erfüllen wieder häufig alle Klischees. Breit gebauter Mann mit groben Gesichtszügen, rundem, roten Bauch, behaarter Brust, die eine wenig dezente Goldkette ziert, knappes Badehöschen und Sonnenbrille im Nacken. An der Hand hält er eine blonde Dame im getigerten Tankini, die ihr auffälligstes Partymakeup aufgelegt hat. Schade, dass man im Sand keine High Heels tragen kann. Dieser Stereotyp begegnet uns mit leichten Variationen immer wieder.
Später am Pool lernen wir tatsächlich ein deutsches Pärchen kennen, das schon ein paar Tage länger auf der Insel ist und die gleichen Beobachtungen gemacht hat. Sie können uns auch sagen, dass es einen Direktflug von Russland nach Phu Quoc gibt. Das, und die Freundschaft zwischen Russland und Vietnam, dürfte das Phänomen erklären. Den restlichen Tag verbringen wir am Pool, quatschen mit den anderen Gästen und gehen abends mit Nele und Tim aus. Erst essen und Gin Tonic zum Nachtisch. Da wir weiß sind, werden wir auch immer auf Russisch angesprochen. Als wir sagen, dass wir Deutsch sprechen, guckt man uns entschuldigend an und sagt uns, dass die Sprachen doch total gleich klingen.
Das Frühstück in der Unterkunft ist übrigens echt ein Träumchen :) Es gibt selbstgebackenes DUNKLES Brot, Obst, Müsli mit Joghurt, warme Gerichte ... Wir hauen so gut rein, dass wir bis Abends nichts mehr brauchen. Da wir den Tag aber auch ausschließlich die Liegen am Pool hüten, dürften wir keinen besonders hohen Kalorienbedarf haben.
Nach einigen Tagen kommt uns der Gedanke, dass wir die Insel ja auch irgendwann wieder verlassen müssen und noch keinen Rückflug gebucht haben. Das holen wir dann schnell nach. Wir bleiben also insgesamt sechs Nächte, bevor es zurück nach Ho Chi Minh City geht.
An unserem vorletzten Tag chartern wir zusammen mit einem litauischen Pärchen ein Speedboot und erkunden die kleinen Inseln im Süden von Phu Quoc. Wir haben die beiden ebenfalls in der Unterkunft kennengelernt und fahren nach dem Frühstück mit dem Roller zum 20km entfernten Hafen im Süden. Bis kurz vor Sonnenuntergang sind wir unterwegs und besuchen verschiedene Inseln und halten an mehreren Punkten, an denen wir schnorcheln können. Und das geht hier richtig gut! Das Wasser ist ruhig und unter Wasser gibt es viel zu entdecken :) Nur die Inseln sind leider schon zu erschlossen. Dort wohnt zwar niemand, aber es werden Unmengen von Touristen dorthin gekarrt. Wir sind heilfroh, dass wir keine normale Tour mit 40 Leuten pro Boot gebucht haben. So sind wir deutlich flexibler und sind auch mal einige Stunden allein an einem Strand und können ganz in Ruhe essen, baden und lesen.
Trotzdem irgendwie traurig, wie sehr es hier mit dem Tourismus übertrieben wird und wie schnell sich die Insel verändert hat. Ein holländisches Paar war vor drei Jahren bereits auf der Insel. Damals war nichts los und sie fanden es schon fast zu langweilig. Jetzt, drei Jahre später, erkennen sie die Insel kaum wieder und wollen nicht nochmal wiederkommen.
Laura und Bartosh haben uns von einem Seefood-Restaurant erzählt, das nicht auf Touristen ausgelegt ist und daher faire Preise hat. Dort wollen wir uns nach der Tour eindecken, zum Strand fahren und beim Sonnenuntergang zu Abend essen. Gesagt, getan. Max und ich stehen mit großen Augen vor den ganzen krabbelnden und sich windenden Tierchen. Laura sucht aus und kurze Zeit später landen Muscheln, Krabben, Garnelen, Austern, Langusten etc. in kochendem Wasser, im Wok oder auf dem Grill. Da dreht sich mir schon der Magen um. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass mich jemand ans Händchen nimmt und mich in die Welt des Seafood einführt. Ich selber traue mich nämlich bisher nur an Garnelen heran, weil ich nicht weiß, wie ich den Rest essen soll. Aber heute Abend bin ich mutig! Mit unseren gigantischen Tüten auf dem Roller und ein paar Dosen Bier inkl. Eis im Gepäck fahren wir an den Strand. Dort breiten wir unsere Picknickhandtücher aus und probieren uns durch. Und ich bin ganz stolz auf mich, dass ich wirklich alles probiere! Gegrille Austern (ich bin Fan), diverse Muscheln, Garnelen, Krebsärmchen und Beinchen, anderes Zeug, das ich nicht kenne. Das meiste schmeckt wirklich richtig gut. Die Krebse heben wir uns für später auf, da wir keine Zange haben. Inzwischen ist es eh stockdunkel und wir packen unsere Sachen und fahren zurück zur Unterkunft. Dort geht es dann, mit einem Nussknacker bewaffnet, an den Panzer der Krebse. Ich bringe es nicht über mich, aber als Max mich mit dem Fleisch füttert, finde ist es schon verdammt lecker. Das war wirklich mal ein Erlebnis.
An unserem letzten Tag fahren wir nochmal mit dem Roller in Richtung Norden. Den Nordosten haben wir nämlich noch nicht erkundet. Und von dort können wir Kambodscha zuwinken :) Die Insel ist wirklich näher am kambodschanischen Ufer als am vietnamesischen.
Der Strand, den wir angesteuert habe, könnte total schön sein, wenn er nicht so unglaublich vermüllt wäre. Dort sind auch keine Hotels, sondern nur Fischer und die stören sich an dem ganzen Mist ja nicht. Schuhe, Styropor, Flaschen, Tüten...
Über eine Affenbrücke gelangt man auf eine kleine bewaldete Insel. Sie ist leider genauso vermüllt, trotzdem verbringen wir einige Zeit auf ein paar Felsen am Ufer und gucken über das Meer rüber nach Kambodscha.
Wir fahren noch ein bisschen über die Insel und sind nachmittags wieder bei der Unterkunft. Dort verbringen wir die letzten Stunden des Tages am Pool. Abends gehen wir, auf Empfehlung von unseren neuen Bekannten, Sushi essen. Es ist sogar überraschend gut und günstig und sie serviere Bier, das auf der Insel gebraut wird. :)
An unserem letzten Morgen kosten wir nochmal richtig das gute Frühstück aus und fahren danach zum Flughafen. Es geht zurück nach Ho Chi Minh City.