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Malerisches Merida

Veröffentlicht: 21.01.2022

Müsste ich Merida mit einem Berliner Stadtteil vergleichen, also rein theoretisch... auch wenn mir keine Situation einfiele, in der ich ernsthaft gezwungen wäre, mexikanische Städte mit den Bezirken unserer Bundeshaupstadt ins Verhältnis zu setzen... dann fiele die Wahl auf Moabit. Merida liegt zentral, ohne das es allzu gut angebunden wäre. Die Stadt ist schmuck und zieht vor allem Neuankömmlinge an, die das Land von Yucatan aus bereisen. Übersichtlich und leicht zugänglich bietet die Provinzhauptstadt allerlei Abwechslung, ohne dabei auszuschweifen. Trotz der unbestreitbaren Standortvorteile bleibt Merida hinter anderen Städten ähnlicher Größe zurück, jedenfalls nach meiner bescheidenen Auffassung.

Um etwas Luft zu holen, auszupacken und Wäsche waschen zu lassen, plante ich für Merida vier Tage ein. Entschieden hatte ich mich für das Hostel "Hostik", auch wenn mich die Bilder der neuen Anlage nicht überzeugten, sprachen zwei Argumente für das Hostik: ein Pool und Frühstück. Nach Ankunft mit dem Nachtbus freute ich mich auf eine gut ausgestattete Herberge. Beim Check-in wurde mir die Hausordnung zur Unterschrift vorgelegt. Seltsam. Nachtruhe, Drogenverbot, Hygieneregeln, soweit so normal, dann kam's: 500 Pesos Strafe für das Mitführen eigener alkoholischer Getränke. Stattdessen gab es kleine Flaschen zu großen Preisen an der Rezeption zu erstehen. Der gemeinsame Umtrunk auf der Dachterrasse oder wie in San Cristobal am Lagerfeuer gehörte stets zum Ritual, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Hier nicht.

Die moderne Einrichtung und das minimalistisch, bieder anmutende Design zogen dann auch einen besonderen Typ Reisender an. Viele Paare, viele Jüngere, eher Gruppen als Solotraveller - ein Menschenschlag, mit dem ich nicht leicht warm wurde. Für meinen Geschmack fehlte das gewisse "je ne sais quoi", der Charakter. 

Während in anderen Hostels eine einheimische Dame das Frühstück rührend und authentisch vorbereitete, waren im Hostik die Freiwilligen (euphemistisch für Reisende, die ohne Lohn im Hostel hausen und arbeiten) dafür verantwortlich. Das Essen war okay, es gab Pancakes, Rührei, Toast und Obst.

Am ersten Abend war ich um 23 Uhr im Bett.

...

Bei dieser Gelegenheit möchte ich es nicht versäumen, meinen anderen Etappenzielen ebenfalls vergleichenderweise Berliner Bezirke zuzuordnen. Puerto Vallarta - Mitte (kommerziell und weltoffen), Guadalajara - Charlottenburg (traditionell und selbstbewusst, dabei etwas langweilig), Oaxaca - Kreuzkölln (subkulturell und touristisch, linksliberal), Puerto Escondido - Prenzlauer Berg (hübsch und eitel), San Cristobal - Neukölln (spröder Charme - linksalternativ).


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#merida#berlin#hostellife#hostik