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Das Lied der Lerche (Camino del Norte 1)

Veröffentlicht: 21.09.2024


Meine erste Nacht in einer Pilgerherberge mit 20 Betten pro Schlafsaal schlief ich wie ein Baby. Also, ich wachte alle zwei Stunden auf, hustete vor mich hin und nuckelte an meiner Wasserflasche.


Nachdem am Abend um Punkt 22 Uhr das Licht gelöscht wurde, erschallte um 6 Uhr morgens klassische Musik und die Reisenden wurde unmissverständlich zum Aufstehen aufgefordert. Das Frühstück war eine Speisung mit Toast und Marmelade, dazu Kaffee und Wasser. Der Herbergsvater, ein milder Herr um die 70 Jahre alt, stimmte ein französisches Pilgerlied an. Einige der Gäste zuckten ihre Mobiltelefone und bannten diesen "authentischen" Moment auf Film.


Vor meinem inneren Auge sah ich einen Hühnerhof mit zahlreichem Federvieh, darunter Gänse, Enten und viele Gockel - Männer mittleren Alters waren klar in der Überzahl - in bunter Funktionskleidung, ein Gewusel und Geschnatter. Apathisch saß ich am Rande und knapperte an meinem Toast. War dieser Ausflug in die Pilgerwelt eine gute Entscheidung? Mit meinem gelben T-Shirt und dem roten Rucksack wirkte ich selbst wie ein Kanarienvogel in den Landesfarben. Gegen 7 Uhr verließ ich die Unterkunft. 


In der Dunkelheit strahlte der Vollmond besonders hell, Autoverkehr, die Stadt erwachte. Die ca. 25 Wanderer verloren sich entlang des Weges, der nach wenigen hundert Metern in einen Bergpfad einbog. Die ersten Strapazen ließen die Unruhe des frühen Morgens schnell vergessen.


Eine anspruchsvolle Alternativroute führte auf einem Gebirgskamm in mehr als 450 Meter Höhe zwischen dem Atlantik und den Ausläufern der Pyrenäen nach Westen. Nach dem Aufstieg war ich schweißgebadet, wurde aber durch eine unglaublichen Aussicht entschädigt. Bei schlechtem Wetter wurde von der Tour auf dem Bergkamm abgeraten. Aber an diesem Tag spielte das Wetter mit.


Nach einigen Stunden folgte der Abstieg, zurück auf die Höhe des Meeres. In Pasaia, einem malerischen Fischerort mit Containerhafen, dann die erste Pause. Highlight war die Überfahrt der Hafenzufahrt mit einem Fährboot. Bei Kilometer 16 führte der Weg wieder in die Höhe, diesmal nur auf ca. 300 Meter. Kastanien, Eichen und Bambus (!) schützten weitestgehend vor der brennenden Mittagssonne.


Gegen 16 Uhr traf ich in San Sebastian ein. Mein Blick schweifte über die Großstadt mit zwei endlosen Sandstränden. Eine Traumkulisse, die ich nach 25 km nicht genießen konnte. Der Rucksack drückte. Meine Unterkunft lag am anderen Ende der Stadt. Ich schleppte mich entlang der Strandpromenade, vorbei an der historischen Altstadt, über den roten Teppich der anstehenden Filmfestspiele und ließ auch noch den zweiten Stadtstrand hinter mir.


Bei der Unterkunft handelte es sich um eine klassische Jugendherberge. Zu einem vernünftigen Preis buchte ich zwei Nächte. Nach einem Bad am Strand besuchte ich abends noch einmal die Altstadt (2,5 km ohne Gepäck) und fiel gegen Mitternacht erleichtert ins Bett.
 
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