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Bologna oder der letzte Grund

Veröffentlicht: 17.09.2024

Ein Abschluss, dass war ich mir selbst schuldig geblieben. Bologna lag nun schon ein halbes Jahr zurück und das Gefühl, den Reisebericht mit einem letzten Kapitel zu beenden, nagte unterschwellig an mir.


Sich erinnern, Formulierungen zu finden, in Gedanken zurück in die Toskana zu reisen - mehr schlecht als Recht soll dem hiermit genüge getan werden. Erschwerend kommt dazu, dass meine sämtlichen Urlaubsfotos im Mai verlustig gegangen waren. Daher bleibt einzig der Rückgriff auf die Bilder im Kopf (und die Fotos meiner Reisebegleitung).


Besonders präsent ist mir der Aufstieg zur Kirche San Luca. Eine lange Wanderung führte durch die endlosen Arkaden an diesem Ostermontag in die Berge südlich von Bologna. Im Nieselregen machten sich zahlreiche Menschen an den Aufstieg zur barocken Einsiedelei, von der sich im grauen Frühlingswetter ein fantastischer Blick über die Stadt bot.


Bologna, so war in beinahe jedem Reiseführer zu lesen, war bekannt als rote Stadt ("la rossa"). Dies bezog sich auf das Pastellrot der Fassaden und Laubengänge, welches für ein einmütiges Erscheinungsbild sorgte. Zweites Charaktermerkmal war die Küche der Stadt ("la grassa" - die Fette). Während die Mortadella bei uns einen zweifelhaften Ruf genießt, sollte der Genußreisende in Bologna die Wurst neu kennen lernen, ob als Brotbelag, auf der Pizza oder direkt in den Mund. Nur der letzte Name - die Rote, die Fette und? - wollte mir partout nicht einkommen.


Der Abstieg von San Luca erfolgte fernab der Menschenströme über einen Naturpfad zwischen Judasbäumen in altrosa Blüte, passend zum Osterfest, entlang des Renos. Das graue Wetter umspielte den Abschied auf ernüchternde Weise.


Bologna war Dreh- und Angelpunkt des Urlaubs gewesen. Hier waren wir vor einer Woche im Regen angelandet, haben Neptunbrunnen, den anatomischen Hörsaal der historischen Universität, den Dom und die seltsam solitär anmutenden Türme bereits am ersten Tag besichtigt. Somit war der letzte Tag mit einem ausgedehnten Spaziergang und einem Kaffee im Sonnenuntergang auf der Piazza gut gefüllt (Klischeewarnung!) Ein letzter Höhepunkt war außerdem der Besuch in der Kirche Santo Stefano, wo es das Becken des Pontius Pilatus zu bestaunen gab, in dem dieser seine Hände in Unschuld wusch, während er den Messias aburteilte. Die Architekturgeschichte des Sakralbaus führte vor Augen, wie Spätantike und Renaissance in dieser Region ineinander griffen. Vor allem der Typus des Rundbaus, welcher bis in das 5. Jh. zurückreichte, erinnerte an Ravenna. Ein schöner Abschluss für eine Reise mit vielen bleibendem Eindrücken.


Nur die letzte Zuschreibung für Bologna wollte mir absolut nicht einfallen. War es die Belesene, mit Bezug zur ältesten Universität Europas?


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Mit Dank an Alfred Andersch für die Inspiration zum Thema des Textes.

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