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#116 Wandern durch die tiefste Schlucht der Welt

Veröffentlicht: 02.05.2022

26.-27. April 2022: Monodendri, Vikos


J. Die Vikos-Schlucht in Nordgriechenland ist im Verhältnis zu ihrer Breite, die tiefste Schlucht der Welt und hat 1997 sogar einen Eintrag ins Guinnessbuch der Weltrekorde bekommen. An der tiefsten Stelle ist sie 900m tief und gerade mal 1100m breit. Hier könnte man theoretisch den höchsten Turm der Welt, den Burj Kalifa in Dubai mit seinen 828m Höhe hineinstellen und er würde oben nicht rausgucken.

Natürlich wollten wir es uns nicht nehmen lassen hier hindurch zu wandern. Wir starteten die 6 stündige Tour in Monodendri. Hier gibt es einen Aussichtspunkt von dem man von oben einen weiten Ausblick in die tiefe, bewaldete Schlucht hat. Außerdem gibt es hier einen Steinwald, interessant, zu hohen, natürlichen Türmen aufgeschichtete Steine.

Blick vom Aussichtspunkt entlang der Vikosschlucht
Blick vom Aussichtspunkt entlang einer Schlucht, die in die Vikosschlucht mündet.
"Steinwald"
ein Bewohner des Steinwaldes

Nach einer Nacht im Steinwald machten wir uns auf hinab in die Schlucht. Laut Wanderkarte hatte der Abstieg ein Gefälle von 50-75% an einigen Stellen sogar mehr. Wir stiegen oft tiefe, natürliche Felsstufen hinab und waren froh über den Schatten der Bäume und der Felswände. Durch die noch kleinen, hellgrünen Frühlingsblätter der Bäume hatten wir trotzdem immer eine grandiose Aussicht auf die unendlich hoch erscheinenden Felswände der Schlucht.

Unser Ziel ist schon gleich am Anfang der Schlucht ausgeschildert: Vikos.

Ich hatte gedacht, dass wir erst in die Schlucht hinabsteigen würden, unten auf recht ebenem Weg viel Strecke machen würden und am anderen Ende wieder hinausklettern würden. Aber dem war nicht so. Einen ebenen Weg gab es nur äußerst selten auf sehr kurzen Abschnitten. Die gesamte 12 km lange Strecke ging es auf und ab. Diese Wanderung war anspruchsvoll, aber sehr abwechslungsreich und spannend. Gelegentlich gingen wir im Flussbett bzw. kletterten dort über die riesigen Steine und Felsen. Meistens führte der Weg aber am Rand der Schlucht zwischen einigen Metern und 100 Metern über dem Flussbett entlang. Es war ein auf und ab, mal auf weichen Waldboden, mal auf felsigen Untergrund, mal auf aufgeschichteten Steinen. Manchmal gingen wir so nah am sehr steilen Abgrund, dass ich froh war keine Höhenangst zu haben und trotzdem sehr genau darauf achtete wohin ich trat. Florian schubste gelegentlich Steine den Hang hinunter, um zu testen wie weit sie fielen, einige wurden von den dünnen Bäumen aufgehalten, viele fielen aber manchmal Hundert Meter in den Abgrund.

Ein Teil des Wanderwegs geht durch das Flussbett.
Recht ebener Waldboden am Fuß der Steilwand.
Dieser Baum hat einen etwas größeren Felsen beim Hinabstürtzen aufgefangen.
Eine Kletterpartie bei der das Seil benötigt wird, damit man sich daran hochziehen kann.

An einigen Stellen mussten wir klettern, sodass an einer Stelle sogar Seile angebracht waren, an denen man sich hochziehen kann. Dann waren wir plötzlich umgeben von moosbewachsenen Bäumen und machten einen Waldspaziergang. An einigen dieser Orte kommt vermutlich nie die Sonne, denn das Moos wuchs im dichten Wald an jeder erdenklichen Stelle auf allen Steinen, Felsen, Bäumen, Ästen und Stöckern und hing wie lange Bärte von ihnen herunter. Kurz darauf traten wir in die Sonne und befanden uns auf einer kleinen Wiese, die wir wie in einem sommerlich leichten Spaziergang überquerten.

Waldspaziergang
Der Weg führt auch über Wiesen.

Immer wenn ich mich gerade über den angenehmen, fast schon langweiligen Weg freute, wurde der Pfade felsiger und steiler. Immer wieder blieben wir stehen, um die umliegenden Berge und Felswände zu bestaunen. Wir wissen nicht genau an welcher Stelle der Weltrekord gemacht wurde und der tiefste Punkt der Schlucht ist. Doch als ich auf dem Sand des Flussbettes neben einer Steilwand, die direkt neben mir in den Himmel aufragte, ging und auch die Spitze der Felsen auf der gegenüberliegenden Seite nicht richtig erkennen konnte, konnte ich mir vorstellen zwischen zwei 900m hohen Felsen zu stehen.

Vielleicht ist dies die schmalste Stelle der Schlucht.

Dass die Schlucht über einen Kilometer breit ist, bedeutet übrigens nicht, dass es unten besonders viel Platz gibt, die Breite wird oben zwischen den Felsspitzen gemessen. Trotzdem ist es unten nicht so eng, dass die Felsen bedrohlich wirken oder man Platzangst bekommen muss (wie ich vorher befürchtet hatte). Durch die vielen Bäume wird die Sicht aufgebrochen und die Berge wirken nicht so bedrohlich, wie die glatten Felsen einiger völlig unbewaldeten Schluchten, die ich beispielsweise in Australien schon gesehen hab. Trotzdem ist diese Schlucht nicht weniger spannend, sondern besonders abwechslungsreich.

Panoramafoto in beide Richtungen die Schlucht hinunter

Interessanterweise fliest in der Schlucht nicht immer bzw. nicht überall Wasser. Die Schlucht ist zwar durchzogen von einem Flussbett und als wir das erste Mal in die Nähe des Grunds der Schlucht kamen, hörten wir auch das sprudelnde Wasser. Der Fluss versiegte allerdings nach einer Weile, sodass wir später durch das trockene Flussbett wandern konnten und das Treibgut, dass der ehemalige Fluss zurückgelassen hatte, betrachten konnten. In der Schlucht gibt es aber anscheinend mehrere Quellen, denn wir stießen immer wieder neu auf einen rauschenden Fluss mit klarem und manchmal türkisem Wasser.


Das glasklare Wasser unten in der Schlucht.

Wir setzten uns auf große Felsen ans Flussufer, kühlten unsere Füße im Wasser und genossen die Aussicht. Doch die meisten dieser Flüsse versiegten auch. Wir haben nicht rausgefunden wo das ganze Wasser hin war, doch immer wieder kamen wir, nachdem der Weg eine Schleife nach oben entlang der Felswand gemacht hatte, wieder zu einem trockenen Flussbett zurück.

Hier sind im Flussbett nur riesige Felsen, aber kein Fluss.
Das "Vikos" Wasser, das wir schon in Meteora gekauft hatten, stammt aus einer Quelle weiter entlang dieser Schlucht.
Der klare, türkise Fluss in der Schlucht. Etwa hier befindet sich die Quelle der Wassermarke "Vikos".

Am späten Nachmittag erreichten wir die Stelle des Aufstiegs. Die Bäume wurden durch Salbei und andere Kräuter ersetzt und konnten beim anstrengenden Aufstieg die weite Schlucht entlang gucken. Wir waren froh, dass wir uns bei der Wanderung so viel Zeit gelassen hatten, dass die Sonne nun schon hinter den Bergen verschwunden war und der Aufstieg im Schatten lag. Früher am Nachmittag wäre dieser Teil der Wanderung sonst unerträglich gewesen.

Der Aufstieg: umgeben von Wildkräutern
Blick beim Aufstieg entlang der Schlucht, unten ist eine Badestelle im Fluss.
Blick zurück durch die Schlucht, durch die wir gerade gewandert sind.

Obwohl wir mehrere längere Pausen gemacht haben, sind wir ziemlich genau sechs Stunden nachdem wir los gegangen sind in Vikos angekommen. Vikos ist ein super kleines Dorf, das gerade mal aus zwei Straßen besteht. Doch es ist der Namensgeber der Vikos-Schlucht und daher weit über Griechenland hinaus bekannt. Von hier stammen zahlreiche, weltberühmte Heiler und Ärzte, die aus den Heilkräutern der Schlucht Medizin herstellten und diese dann in ganz Europa, Russland und im Ottomanen Reich verbreiteten. Sogar der Hausarzt des Sultans kam aus Vikos. Nur die chemische Herstellung von Medizin im Labor führte zum Rückgang der Heiler aus Vikos.

Blick zurück durch die Vikos-Schlucht.

Bei einem kühlen Bier genossen wir eine Weile die Aussicht über die Vikos-Schlucht und ruhten uns aus, bevor wir von anderen Wanderern mit dem Auto mit zurück nach Monodendri genommen wurden. So sparten wir uns sogar die Taxifahrt. (Busse fahren hier leider nicht.) 


Auf dem Weg zur Schlucht sind wir gestern zu zwei uralten Brücken gefahren, die wunderschön sind.

Kokkoros Steinbrücke - eine der vielen Brücken aus dem 18. Jahrhundert in dieser Gegend.
Ist Florian ein Riese oder Jenny ein Zwerg?
Plakidas Brücke - Steinbrücke mit 3 Bögen aus dem 19. Jahrhundert
Metsovo (Auf unserem Weg zur Vikos-Schlucht)


Tag 194 – Gesamttour 14.928 km


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