Inhale and exhale

Wenn ich nicht am Skifahren bin, dann arbeite ich als Skiservicemann. Und wenn ich nicht Skibindungen einstelle, Kanten schleife und meine Hände mit Wachs verbrenne, dann yogiere ich. Ich gehöre definitiv nicht zu den Gesundheitsfanatikern, mein Bierbauch beweist das Gegenteil, sondern erleuchte mich durch Yoga, weil es gut tut. Da mein Körper so dehnbar wie eine Granitplatte ist und ich jeden Tag unbekannte Muskeln entdecke, besteht meine Yogagruppe aus reifen Hausfrauen. 

Es gibt Menschen, die sind dumm und glücklich (nach der Devise dumm-fickt-gut). Andere Menschen sind eher intelligent und depressiv. Ich zähle mich zur Sorte der Leute, die manchmal gescheit, manchmal melancholisch sind und gehöre eher zur Kategorie der Zauberer. Neben den stillen Zauberern gibt die lauten und reizresistenten Krieger. Dazwischen gibt es eine Bandbreite von kriegerischen Zauberern wie Harry Potter und sensiblen Kriegern wie Greta Thunberg. Die letzten Jahrzehnte wurden durch Krieger dominiert und einigen dieser Söldnern ist es zu verdanken, dass wir uns in einer gesellschaftlichen und ökologischen Krise befinden. Die Zauberer mit ihren hohen Ansprüchen, dem Rückzugsbedürfnis und dem grossen Harmoniebedürfnis werden eher als schwache Zeitgenossen angesehen. Dabei verfügen sie, dass ist der Grund, warum ich von Zauberern spreche, über einen ausgeprägten Sinn, die Essenz einer Situation, einer Person rasch zu erfassen und wären wichtige priesterliche Ratgeber in unserer Gesellschaft. Die Welt braucht sie beide: Den Willhelm Tell wie auch den Bruder Klaus. 

Zauberer müssen sich in einer komplexen Welt hüten, nicht von ihren Gedanken verschlungen zu werden. Darum atme ich ein und aus, verdrehe schmerzvoll meinen Körper und spüre den Käsefuss meiner yogierenden Nachbarin in meinem Gesicht. Eines ist sicher: Ich werde nie mehr die yogaerfahrene Annina auslachen, während ich selber stöhnend meine Glieder verbiege.