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Santiago de Chile - inspirierend anders

Veröffentlicht: 29.10.2018

Heute morgen wehte ein laues Lüftchen durch das eher noble Viertel Las Condes wo mein Hotel ist. An der Hauptstraße stylische Glaspaläste von Banken, dahinter schneebedeckte Berge. Eine Wohnstraße mit schönen Häusern - keine Villen, aber viele Rosen blühen und duften, prächtige Bouganvillea, Alarmanlagen überall, Gärtner bei der Arbeit, Hausmädchen kommen zur Arbeit. An den Autos merkt man auch den Wohlstand. Der Grünstreifen zwischen Gehsteig und Straße ist sehr gepflegt und ich finde den Grund: kleine Stutzen eines automatischen Bewässerungssystems sind nur bei genauem Hinsehen sichtbar. 

Klar, zuerst mal ins Zentrum. Dank moderner Metro kein Problem. Hier gibt es die aufladbare BiP Karte. Als ich die Metrostation "Universidad de Chile" verlasse, Menschenmassen. Eine Fußgängerzone, Schuhputzer mit Zeitung lesender Kundschaft - ich trage Sandalen, da es echt angenehm warm ist. Es duftet nach frischem Gebäck. 

Plaza de Armas heißt das Zentrum. Ein rechteckiger Platz, der in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich schön ist. Palmenbewuchs verschiedener Art. Ein Springbrunnen mit Simon Bolivar, dem Libertador. Ein Fotograf bietet seine Dienste an. Viele Leute sitzen auf den vielen bequemen Holz- und Steinbänken. Man lässt sich Zeit. Sehen und gesehen werden (Zitat von Ovid). Die Bauwerke rundherum sind sehr harmonisch, auch wenn aus verschiedenen Epochen: barocke Einflüsse aus dem 18. Jahrhundert, Klassizismus, Kolonialarchitektur. Alles ist irgendwie sehr sauber (außer dem Taubendreck). Viel Polizeipräsenz, die Carabinieros . Später ein Aufmarsch - Aufstellung - kurze Kommandos. Bin gespannt, ob eine Demo beginnt, aber nichts dergleichen. Nicht ganz unauffällig scheinen Prostituierte und Dealer ihre Dienste anzubieten - trotz Polizeipräsenz. Ich lese scheinbar konzentriert in meinem Reiseführer und beobachte eindeutige Verhandlungsgespräche aus dem Augenwinkel. Es wird gelacht, Grüppchen bilden sich und zerstreuen sich wieder. Ich schlendere weiter. Leider sind die Museen heute (Montag) geschlossen. Die Kathedrale hat offen. Wie in Buenos Aires auch hier klassizistische Architektur, aber mit barocken Elementen. Innen sehr prachtvoll gestaltet. Ich nehme Platz und lasse alles auf mich wirken. Glasfenster im Münchner Stil, so lese ich. Auch am Altar haben deutsche Kunsthandwerker mitgewirkt. Komisch nur- ich dachte Santiago hat was mit Jakob zu tun. Und tatsächlich finde ich ihn, neben vielen anderen Heiligen. Am meisten verehrt wird wohl Carmen. Die Krypta ist neueren Datums, hier liegen die geistigen Würdenträger in der Gruft eingemauert. Mich zieht es eher zu den Lebenden und ein leichtes Hungergefühl leitet mich zur Markthalle, ein paar Querstraßen weiter. Neben den Fischständen, die Ihre Ware gerade wieder zusammenräumen und auf Eis legen, Lockvögel an den Restaurants am Rand der Halle: where are you from? You want to eat good fish? Ah Germany - I am from Argentina - very nice - thanks. Einer ist besonders drollig, als Cowboy (halbe Portion) kostümiert. Ich muss lachen und frage, ob ich wohl eventuell zuerst den Service eines WCs nutzen könne, dann kämen wir ins Geschäft. Fischeintopf mit Käse - kochend heiß - schmeckt toll - mochte schon Pablo Neruda. Anschließend will ich noch auf den Cerro Santa Lucia, was auch immer das sein mag. Unterwegs seltsame Läden: Wollläden, eine Mischung aus Halloween und Dessous-shop, mehrere Zelte mit Wahrsagerinnen. Am Fuß der Treppe auf den Cerro (Hügel) sitzt eine Frau, städtische Angestellte mit Uniform und bittet mich freundlich, mich vor Zutritt in eine Liste zu registrieren. Als ich Aleman eintrage lächelt sie und meint, dass ich die Stadt nicht eintragen müsse. Ich danke. Dieser Cerro ist die totale Überraschung: alte Steintreppen, ein japanischer Garten, Springbrunnen, schöner Baumbestand, Blumen, Kakteen, Liebespärchen, Touristen wie ich, es geht immer höher hinauf, sodass man ganz oben vom "Torre Mirador" einen phantastischen Ausblick über die Stadt hat. Ich hatte das nicht annähernd so erwartet- super schön! Oben klampft einer gekonnt Bob Dylan Songs und spielt dazu auf der Mundharmonika. Jetzt steht für mich fest - Santiago ist wunderschön und überraschend. Mit der Bergkulisse fast ganz außen herum - nicht so spektakulär wie Rio, aber einmalig - inspirierend anders! Ich habe fest vor, vor meinem Rückflug nach Deutschland, den ich gestern noch gebucht habe, ein paar Tage hier zu verbringen - noch mehr Fisch essen, noch mehr Cerros erklimmen, und da sind noch die Museen, die heute ja alle zu hatten (ist auch besser so, denn sonst wäre mir der Hügel der heiligen Luzia entgangen).

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