Sooo, noch einmal berichte ich nachträglich über die Erlebnisse des Roadtrips, jetzt wo ich wieder in der Zivilisation mit Internet verweile.
Ich hoffe, von jetzt an kann ich wieder eher "live" von meinen Erlebnissen berichten.
Unser Roadtrip ging vom Norden New Mexikos weiter Richtung Süden New Mexikos. So schön die Landschaft auf dem Weg auch war, manchmal schien uns alles unendlich und wir hatten den Eindruck, also kämen wir nie im Süden an. Hinter Albuquerque, New Mexikos größter Stadt, kam erstmal nichts außer Highways durch die Natur.
Ab und zu gab es eine kleine Truckstopstelle oder winzige Minidörfer zum Anhalten. Ansonsten einfach Unendlichkeit...und ab und zu die Notwendigkeit wegen Tieren auf dem Weg oder besonders schöner Landschaft anzuhalten.
Und glaubt mir, so ein Roadtrip macht einiges mit einem. Wenn man im Auto sitzt, die Schönheit der Landschaft bewundert, die riesige Freiheit und Flexibilität durch das Auto spürt und endlose Zeit zum Nachdenken hat, kommt so einiges an Gefühlen in einem hoch. Von den glücklichsten Freiheitsgefühlen, während derer man sich riesengroß fühlt über längst verdrängte negative Erlebnisse, die plötzlich Dank fehlender Alltagsablenkung in einem hochkommen bis hin zu Fragen, die den Sinn des gesamten Daseins thematisieren. Man kann einfach nicht weg im Auto, sich beim Fahren permanent von sich selbst abzulenken, gelingt nicht. Zudem führt die direkte Nähe der Natur und das Fehlen der Zivilisation dazu, dass man sich völlig auf das Wesentliche im Leben konzentriert, statt sich mit Alltagsproblemen zu beschäftigen.
Unendliche Weite zum Nachdenken
Und wenn man viel über sich selbst erfährt, muss man manchmal seine Richtung ändern und nach den neuen Erkenntnissen leben. Das taten Petra und ich dann auch, nachdem wir im Süden New Mexikos angekommen waren. Eigentlich sollte unser Trip in Las Vegas enden. Da Petra und ich aber nach der ersten Nacht unseres Roadtrips in Vegas schon genug von der Stadt gesehen hatten, beschlossen wir, unseren Plan zu ändern und Vegas doch nicht mehr anzusteuern. Schönheit der Natur auf unserem Weg Für Petra war wichtig dennoch in möglichst kurzer Zeit möglichst viel weiteren Weg zurückzulegen, ohne dabei viel Zeit zum Aussteigen und Naturgenießen zu haben. Mir wurde hingegen klar, dass mir das Ganze z.T. zum schnell geht und ich die Dinge lieber in langsamerem Tempo, dafür aber intensiver genieße. Fernerhin war wohl jede von uns durch die intensiven Tage so mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass es uns schwer fiel, die jeweils andere zu verstehen. Nach kleineren Reibereien zwischen uns beschloss ich getreu dem Motto: "Life is what happens, while you are making plans" mich im Süden New Mexikos voll ins Abenteuer Leben zu stürzen und eher als geplant aus dem Roadtrip auszusteigen. Und das war ein für mich mutiger Schritt: Denn ich endete mitten in der Pampa in einer kleinen Stadt in New Mexiko, ohne zu wissen, wie ich wegkomme und wohin meine weitere Reise mich führen könnte. So hart dieser Moment auch war und so sehr ich mit meinen tiefsten Ängsten konfrontiert war, frühzeitig aus dem Roadtrip auszusteigen und alleine mitten im Nirgendwo zu sein: Es war die richtige Entscheidung. So schön es auch war, mit Petra gemeinsam zu reisen, so wichtig war es auch für uns beide zu erkennen, wann wir besser getrennter Wege gehen. Manchmal braucht man wohl Zeit für sich, um sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen. Jeder reist in seinem eigenen Tempo und um den nachgehen zu können, muss man sich manchmal von anderen absetzen. Natürlich kann dieses Absetzen leicht zu Einsamkeit führen, gerade in der Pampa des Südens New Mexikos. Und so wurde mir auch an diesem Punkt meiner Reise wieder klar, dass es für mich im Leben eine riesen Aufgabe ist, eine Balance zu finden, zwischen Zeit ganz für mich alleine und Zeit gemeinsam mit anderen lieben Menschen. Wer in einer Partnerschaft lebt, enge Freunde hat, ein intensives Verhältnis zu seiner Familie pflegt und trotz allem noch genug Zeit hat, sich selbst zu finden und Dinge für sich selbst zu tun, der verdient meinen größten Respekt. Ich habe häufig noch das Gefühl, man muss sich für entweder das eine, oder das andere entscheiden. New Mexiko hat aber versucht, mich eines Besseren zu belehren. Gott sei Dank fand ich ein Café mit Wlan, in das ich mich mit allem Gepäck schleppte, in der Hoffnung, dass das gute Internet eine Lösung für mich hätte, wohin meine Reise nun gehen könnte und wo ich einen Schlafplatz fände. Und obwohl ich dachte, ich hätte meine Panik einigermaßen im Griff, kam eine Kellnerin auf meinte, sie könne nicht mit ansehen, wie traurig ich wirke. Es war unglaublich süß, wie besorgt sie um mich war. Nachdem ich ihr kurz meine Situation geschildert hatte, war sie so unfassbar nett, ihren Chef um eine verkürzte Schicht zu bitten. Diese junge Frau beendete tatsächlich ihre Arbeit eher, um mir irgendwie aus meiner prekären Lage zu helfen. Für mich nach wie vor unfassbar nett! Obwohl Mercedes, die Kellnerin, mich kaum kannte, nahm sie mich mit zu sich nach Hause. Gemeinsam spielten wir alle Möglichkeiten durch, bis ich für mich feststellte, dass wohl eine Weiterreise nach Phoenix das Beste für mich sei. Als Unterkunft uns Bus dorthin gebucht waren, ging es mir schon viel besser. Da der Bus nach Phoenix aus der Pampa jedoch erst nachts ging, war es für Mercedes gar keine Frage, mich zum Bus zu fahren und bis dahin den Tag mit mir zu verbringen. Wahnsinn!!! Gemeinsam spazierten wir durch die Wüste, kochten und gingen schwimmen.Herbstfarben in New MexikoIch lernte Mercedes Partner kennen und die beiden erzählten mir weitere aufschlussreiche Dinge über die amerikanische Kultur. Wie kann man so nett und hilfsbereit sein?! Das bleibt für mich unfassbar....Und wenn ich zurückdenke, schäme ich mich fast für mein Miniproblem in der Pampa gefangen zu sein und nicht zu wissen, wie ich wegkomme. Nachdem ich Mercedes besser kennenlernte, stellte sich heraus, dass sie erst 20 Jahre alt war und im 8. Monat schwanger. Ihre Eltern und Schwiegereltern in Spe seien für eine Abtreibung gewesen. Da Mercedes und ihr Partner aber das Kind behalten wollen, haben beide Elternpaare sich von ihnen abgewandt. Mercedes Freund (28) hat gerade seinen Master an der Uni absolviert. Eigentlich könnte er beginnen, für die kleine Familie Geld zu verdienen, ist aber wegen einer Depression arbeitsunfähig. Eine Versicherung für solche Fälle, die den beiden etwas zahlen würde, existiert natürlich in den USA nicht. Mercedes studiert eigentlich gerade Zahnmedizin, schafft aber das Studium kaum, da sie viele Stunden arbeiten muss, um sich und ihren Partner irgendwie über Wasser zu halten. Wenn im Dezember das Baby kommt, will sie sich ganze 2 Wochen Auszeit gönnen, bevor sie weiterstudiert und arbeitet, um die Familie zu finanzieren. Finanzieller Support von ihrer Familie oder vom Staat sind ausgeschlossen. Dazu kommen noch Schulden, die das junge Paar abbezahlen muss. Denn Studieren in den USA ist unfassbar teuer, die Semestergebühren sind immens hoch. Damit sind wir in Deutschland echt im gelobten Land...So schön die 1-Zimmer Wohnung von Mercedes und ihrem Partner auch gestaltet war: Nur 1 Zimmer mit Baby, in dem man sich noch auf ein anspruchsvolles Studium wie Zahnmedizin konzentrieren will? Für mich der absolute Wahnsinn, aber für eine größere Wohnung fehlt den beiden natürlich das Geld. Die Situation dieses herzlichen Paars kann man wohl wirklich als "Problem" titulieren. Da ist meine "ich weiß nicht, wo ich heute schlafen soll" Problematik eine Lachnummer gegen. Bei der nächsten Paniknummer dieser Art, werde ich versuchen, mir noch klarer zu machen, wie gut es mir eigentlich geht. Für mich bleibt nach wie vor völlig unklar, wie ein Paar mit so vielen Zukunftssorgen wie Mercedes und ihr Partner sicher meiner Miniprobleme so liebevoll annehmen konnten...Wahnsinn! Die beiden haben mir jedenfalls gezeigt, dass man ins Leben vertrauen kann: Irgendeine Lösung gibt es immer und liebevollen Menschen, die einem Helfen, kann man immer & überall begegnen, in jeder noch so großen Pampa. So ist heute schon mein 2. Tag in Phoenix vorbeigegangen. Ich bin sehr froh, in dieser tollen, warmen Stadt gelandet zu sein. Doch genug für heute, mehr Details aus Phoenix kommen bald :)