immiontour
immiontour
vakantio.de/immiontour

Colombia - que chévere!

Veröffentlicht: 29.05.2019

Zurück in Kolumbien mache ich mich auf, Medellin zu entdecken. Die Entwicklung von einem unbedeutenden Dorf in Mitten eines Tals mit  konstanten, gemäßigtem Klima, begann mit dem Bau der Eisenbahnlinie im 19. Jahrhundert, die die Anbindung an andere Städte ermöglichte. Die zweitgrößte Stadt des Landes hat 2,5 Mio Einwohner bzw. 3,9 Mio die Metropolregion. Durch die Guerillakämpfer der FARC ab den 1960er Jahren aus den ländlichen Gegenden vertrieben, stieg die Einwohnerzahl der Stadt sprunghaft an. 

Medellin hat mit einem äußerst schlechten Image zu kämpfen. Es stimmt, durch die Drogenkriege und die mit dem Bürgerkrieg im Zusammenhang stehenden Morde, die 1991 mit 6.658 ihren traurigen Höhepunkt erreichten, galt Medellin zu diesem Zeitpunkt als die gefährlichste Stadt der Welt. 

Der wohl berühmteste Name in Zusammenhang mit der Stadt - Pablo Escobar - wird in der Regel von niemanden in den Mund genommen, viel zu groß ist der Schaden, den er seinen Landsleuten zugefügt hat. Abgesehen von dem ausgeübten Terror, der zunehmend auch immer mehr Zivilisten in den Drogenkrieg involvierte und tausende von Opfern forderte, hat er ein sein ganzes Land stigmatisiert. Er habe auch gutes getan, hört man immer wieder. Das kommt immer darauf an, welchen Blickwinkel man einnimmt. Hitler hat damals auch Arbeitsplätze geschaffen, in dem er eine Autobahn hat bauen lassen.

Insbesondere Medellin hat hart daran gearbeitet, die Kriminalität loszuwerden bzw. zu reduzieren. Und ich denke, man kann von einem Erfolg sprechen. Ich fühle mich, wie in jeder bisherigen Großstadt auch, in der ich in Südamerika bisher war, sicher. Manche Ecken sind sauberer, an anderen sollte man sich nicht in der Nacht aufhalten. Okay, tue ich in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs in der Regel aber auch nicht. 

Was macht man nun, um eine ganze Stadt komplett umzukrempeln? 

Die Antwort ist Edukation und Infrastruktur. Wo immer es "schlimme" Gegenden gab, in denen Jugendliche Gefahr liefen abzurutschen, wurden "Verweilzentren" wie z.B. Schulen, Bibliotheken, Vereine errichtet. Mittendrin entstanden kleine Zellen, die eine andere Möglichkeit aufzeigten als die bisherigen kriminellen. Unter Infrastruktur versteht man hauptsächlich das öffentliche Transportwesen. Die ärmeren Bezirke befinden sich an den teils sehr steilen Hängen des Tals, was die Erreichbarkeit stark einschränkt. Durch Seilbahnen und auch neuerdings durch Rolltreppen wird es den Einwohnern erleichtert, sich innerhalb oder von dem Stadtviertel aus fortzubewegen. In dem heftigsten Zeiten des Drogenkrieges wurde begonnen die Metro zu errichten, wie auch immer das möglich war. Heute gibt es ein weitverzweigtes Netz (die Seilbahnen sind Teil des Ganzen und mit dem normalen Metroticket nutzbar), das sogar 2012 den Nachhaltigkeitspreis gewann. Aber es ist mehr als nur ein gewöhnlich Massentransportmittel. Es steht irgendwie dafür, dass die Paisas (so nennen sich die Kolumbianer in der Region) trotz des Terrors und den schwierigen Lebensumständen nie aufgaben und dem Ganzen trotzten. Kein Einwohner Medellins läßt etwas auf seine Metro kommen. Es gibt wohl keinen sauberen Ort in ganz Medellin. Es wird peinlich darauf geachtet, dass kein einzelnes Papierchen aus der Tasche fällt. 

Die Comuna 13, in der es zu Escobars Zeiten heiß her ging, hat sich zu einem bunten Fleck gemausert, der zugegeben auch die Touristen für sich entdeckt hat. Nichtsdestotrotz ist es schön anzusehen, auch wenn die Einschusslöcher in bemalten Häuserwänden daraufhinweisen, wie vor gar nicht all zu langer Zeit die tägliche Lebenssituation vieler war.

Darüber hinaus ist die Stadt Heimat des Künstlers Botero, dem wohl bekanntesten Künstler Südamerikas. Mit seinen sehr dicken Skulpturen erlang er Weltberühmtheit. Der Tourguide erzählt, dass die Körperteile eigentlich nicht dick sind, sondern in ihrer Relation nicht stimmig. Anderswo wird erzählt, dass gerade durch die starken Rundungen Botero die Schönheit in den Körpern ausdrücken möchte. Vermutlich liegt es wie bei jeder Kunst in den Augen des Betrachters. So oder so, es wird auf jeden Fall nicht das gängige westliche Schönheitsideal angestrebt, und das finde ich schön.

Zwei Stunden östlich von Medellin erstreckt sich eine grüne weite Seenlandschaft. Bis auf einen einzelnen Fels, den man gekonnt mit reissverschlußartigen Treppen in einem Spalt besteigbar gemacht hat, erhebt sich hier nicht viel aus der Ebene. Die Mühe der vielen Stufen wird mit einem wundervollen Ausblick und, wenn man will, mit einem Michelada-Bier (Salzrand, Limettensaft und Chili) oder einem frischen gemixten Saft vergolten. Das dazugehörige Örtchen Guatape ist zwar nicht groß, hat dafür aber enormen Charme. Die vielen bunten Häuschen zeichnen sich durch die kunstvoll verzierten Sockel aus. Liebevoll werden darauf die jeweiligen Berufsstände der Bewohner beschrieben.

Ich wohne für zwei Tage bei einem netten kolumbianisch-kanadischen älteren Ehepaar, mit denen ich am Sonntagnachmittag und einer weiteren Freundin bei Mangokuchen und Tee stundenlang Rummikub spiele und mich ein bisschen wie zu Hause fühle.

Im Anschluss geht es in die Berge von San Carlos. Dort befindet sich ein Ashram, von dem ich mir ein paar Tage Erholung verspreche. Und genau das bekomme ich. Der Rhythmus richtet sich nach der Natur. Aufstehen um 6 Uhr, Yoga, Meditation, erste Mahlzeit um 10 Uhr, alles vegetarisch und organisch aus dem eigenen Garten. Im Fluss schwimmen gehen, lesen, Nickerchen machen, aktive Meditation, Abendessen um 18 Uhr. Früh schlafen. Dazwischen immer wieder nette kurze Gespräche mit ähnlich Denkenden, positiv eingestellten Menschen. Es herrscht eine ganz besondere Energie an dem Ort. Zum einen wohnen dort Menschen in einer Kommune zusammen, die an die spirituelle, hinduistisch geprägte Lehre glauben, zum anderen werden dort Seminare mit dem Thema Achtsamkeit, zu den eigenen Wurzeln zurückfinden oder eine Yogalehrerausbildung angeboten. Ich habe davon profitiert, dass es gerade parallel einen Kurs gab und ich bei einigen aktiven Meditationen teilnehmen durfte.

Mental und körperlich gestärkt geht es dann weiter nach Salento. Das Valle de Cocora ist für die Wachspalme berühmt, die 1801 von Alexander von Humboldt entdeckt wurde. Sie ist die mit 60 m höchste Palme der Welt und der Nationalbaum Kolumbiens. Die 12 km lange Wanderung führt erst lange den Berg hinauf, um dann kontinuierlich entlang eines Flusses und immer wieder mit Hilfe in die Jahre gekommener Hängebrücken, wieder hinab zu führen. Dabei gibt es einiges im Wald zu entdecken. Neben den vielen unterschiedlichen Pflanzen und Blüten, faszinieren mich besonders die Kolibris, die man bei einem Zwischenstopp und einer Tasse Kakao mit Käse (ja, das trinkt man hier so) ausgiebig beobachten und sich mit seinen Fotografierkünsten und den schnellen Flügelschlägen beweisen kann.

Das zweite Highlight ist selbstverständlich der Kaffee. Gelegen in der zona cafetera, kann man sich einem Besuch einer Kaffeefinca kaum entziehen. Auch wenn ich den Prozess schon häufiger gesehen habe, so ist es immer wieder faszinierend welcher Aufwand betrieben werden muss, um am Ende gemütlich bei einer Tasse Kaffee zusammensitzen zu können.

Der kolumbianische Kaffee, der ausschließlich die Sorte Arabica hervorbringt, ist für sein süßes, nussiges und qualitativ hochwertiges Aroma bekannt. Das Hochland der Anden liegt auf 1200 bis 2000 m üNN und ist seit 2011 sogar UNESCO-Weltkulturerbe. Der organische Anbau unter schwierigen Gebirgsbedingungen hat seit der Kolonisation der Spanier eine lange Tradition. 

Cali ist meine letzte Station in Kolumbien. Hier dreht sich alles um Salsa. Es wird ausgiebig getanzt. Mein persönliches Highlight war die Food Tour, bei der wir uns durch sämtliche Früchte, die es in dem biodiversen Land gibt, auf dem Markt durchprobiert haben. Hätte ich das doch mal zu Beginn meines Kolumbienaufenthaltes gemacht.

Und dann heißt es für mich Abschied nehmen. Mit schwerem Herzen, dafür aber voller Vorfreude auf Ecuador steige ich in den Flieger Richtung Quito.

Ich bedanke mich bei diesem unfassbar abwechslungsreichen Land und kann nur jedem ans Herz legen, hier her zu kommen. Es ist so viel mehr als der schlechte (Drogen)Ruf, den wir zu Hause mitbekommen. Neben der Landschaft, den Früchten, den Fauna, sind es vor allem die herzlichen Menschen, die mir in Erinnerung bleiben werden.

Und es stimmt, was mir damals eine Kolumbianerin in Marokko erzählt hat:

"If you want to see the Pacific Ocean, then go to Chile.

If you want to see the Atlantic Ocean, travel to Jamaica.

If you want to experience the Andes, take a trip to Bolivia.

If you want to see the Orinoco Plains, you should visit Venezuela.

If you want to discover the Amazon Rainforest, then travel to Brazil.

If you want to learn about ancient cultures, Mexico is your destination.

But if you want to experience all of this at once, travel to Colombia!"


Que chévere! - was soviel bedeutet wie, wie fantastisch!

Antworten

Kolumbien
Reiseberichte Kolumbien