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Mexiko - hin und weg

Veröffentlicht: 26.02.2019

Meine Lieben, ich sitze in unserem letzten Hotel in Oaxaca. Die Koffer sind für den Rückflug gepackt. Und das ist der vorletzte Blog-Beitrag. In Wien schreibe ich dann einen Rückblick übers Schauen, Plaudern, Essen, Trinken und Lesen, über Enttäuschungen und Überraschungen, über Ärger und Genuss auf unserer schönen Reise.

Jetzt heißt es aber, einen Blick zurück auf fünf Wochen Mexiko zu werfen. Um es vorweg zu nehmen: Mexiko war insgesamt eine Enttäuschung - nicht so eine Pleite wie die Seychellen, nicht so bedrückend und dysfunktional wie Guatemala, aber viel zu häufig unerfreulich.

Sieht man sich die Wirtschaftsdaten an, ist Mexiko unter unseren Reiseländern eines der reicheren. Trotzdem war es in den Dörfern an den vielen Kilometern Straße, die wir mit dem Auto zurückgelegt haben, in der Regel trostlos: winzige Betonhäuser (meist unverputzt), schlechte Straßen (in den Orten oft ohne Belag), viele Müllhaufen. Zwischendurch steht dann immer wieder ein properes, verputztes und bunt bemaltes Häuschen mit einem hübschen Garten voller Blumen in den schönsten Farben, aber viel zu selten. In den Kolonialstädten sind die Zentren zauberhaft, wie hier in Oaxaca, aber außerhalb des unmittelbaren Zentrums beginnt gleich die Trostlosigkeit. Die größte Sehenswürdigkeit hier sind die Zapoteken-Ruinen von Monte Albán. Alle, die hierher kommen, machen den Ausflug zur zona arquéologica, die am Stadtrand liegt. Das heißt, alle fahren auf einer furchtbar rumpeligen und löchrigen Straße durch ein Viertel, das vor kurzem noch ein richtiger Slum war und jetzt wohl auf dem Weg zur Besserung ist (man sieht ab und zu auch "gute" Häuser auf den Hügeln).

In Oaxaca sprechen viele Einheimische leidlich Englisch, denn hierher kommen viele US-Touris und die Stadt wirbt um Pensionisten und -innen aus den Staaten, die einen hübschen und preiswerten Alterswohnsitz haben wollen. Andernorts spricht man ausschließlich Spanisch. In Tlaxcala gibt es eine Touristeninformation am Hauptplatz, wo der Angestellte auf meine Frage, ob er Englisch könne, ganz selbstverständlich verneint hat. Im Hotel dort, aber auch in jenem beim Weltkulturerbe El Tajín können die Leute an der Rezeption kein einziges Wort Englisch, nicht einmal die Zimmernummern verstehen sie. Alles Menschen also, die im Tourismus arbeiten – und übrigens in der Regel jung sind. Das Rätsel hat heute beim Frühstück unsere B&B-Gastgeberin gelöst: Lehrer oder -in werde man in Mexiko in der Regel, indem man den Job „kaufe“. Und so gibt es zwar das Unterrichtsfach Englisch für alle, aber kaum eine Englischlehrerin, kaum eine Englischlehrer spricht Englisch. Eine Stelle als Lehrerin könne man übrigens auch „erben“, erzählte Yolanda weiter: Eine ihrer Putzfrauen habe gekündigt, um an einer Schule zu unterrichten. Ihre Tante war in Pension gegangen und hatte ihr den Job freundlicherweise überlassen – von einer Ausbildung zur Lehrerin keine Rede. Da verstanden wir dann besser, wie es kommen kann, dass die Kassierin im kleinen botanischen Garten von Campeche auf einen 50-Pesos-Schein als Differenz auf die 20 Pesos Eintrittsgeld 25 Pesos zurückgab – und nur mit Hilfe des Taschenrechners feststellen konnte, was zum Teufel daran nicht stimmen sollte.

Ein Rückblick: Auch in Kolumbien spricht kaum jemand Englisch. Trotzdem haben wir uns dort ohne Probleme bewegt und sehr wohl gefühlt. Man kam uns entgegen, wo man nur konnte: leitete uns von Bus zu Colectivo usw., bis wir am Ziel waren, oder sprach so langsam bzw. hörte so aufmerksam zu, dass eine nette Kommunikation möglich waren (ein Hoch auf unsere Nasa-Indianer in Tierradentro!). Ein solche soziale Intelligenz begegnete uns in Mexiko kaum. Ganz im Gegenteil sind Unfreundlichkeit und glatte Unhöflichkeit die Regel. Grüßen im Hotel bei El Tajín? Nein, das nicht! In Mexiko lächeln die Menschen auch kaum jemals, schon gar nicht sind sie fröhlich oder gar humorvoll. Überall kommt einem eine eigenartige Apathie entgegen, eine Art kollektiver Autismus.

Dass auch das Essen keinen Spaß macht, hat den Aufenthalt nicht unbedingt genussvoller gemacht. Man isst Maistortillas: auf verschiedene Arten gegart und gefaltet, begleitet von (in allen möglichen und unmöglichen Kombinationen): Püree aus schwarzen Bohnen (ich mag Bohnen eigentlich), Avocados (ich liebe Avocados eigentlich), Käse, Rahm, Tomaten und Fleisch (meist Hendl). Zum Frühstück (hier kann man das Fleisch durch Eier ersetzen), zum Mittagessen und zum Abendessen. Wenn ausnahmsweise einmal Nopalitos (Kaktusblätter), Chipilin (ein Blattgemüse), Kürbisblüten, Huiztlacoche („mexikanische Trüffel“), Avocadoblätter oder Heuschrecken auf der Speisekarte standen, war unsere Freude überschäumend. Dass wir Tequila nett, aber nicht großartig finden (wenn, dann Don Julio Reposado) und Mezcal nicht unser Schnaps ist, hat ein Besäufnis verhindert, nach dem mir manchmal war ;-)

Mexiko ist langsam, und eigentlich bin ich ja eine Freundin der Entschleunigung, aber eine halbe bis dreiviertel Stunde auf das Frühstück warten zu müssen, zermürbt. Dass dann das Obst zuerst serviert wird, gefolgt von süßem Gebäck und erst zum Schluss den Eiern, Chilaquiles oder Burritos, macht das lange Warten nicht besser. Oder wenn beim Abendessen Suppe, Vorspeisen und Hauptspeisen gleichzeitig auf den Tisch kommen.

Zum Abschluss aber doch auch Positives: Was wir besichtigt haben (und ich schon ausführlich beschrieben habe), war nicht das Beste unserer Reise, aber den Besuch auf jeden Fall wert: das ausführliche Eintauchen in die Maya-Kultur und vor allem die großartigen Fundstätten in El Tajín, Teotihuacan und Tula. Und jetzt ganz zum Schluss haben sich noch einmal zwei wunderbare Ruinenstädte dazugesellt, beide ein Erbe der Zapoteken, zu dem die Mixteken ihr großes handwerkliches Können beigesteuert haben. Monte Albán hatte seine Blüte gleichzeitig mit Teotihuacan (500-750) und zeigt Ähnlichkeit mit der berühmteren Fundstätte: Auch in Monte Albán liegt die große Qualität in der stupenden Stadtanlage. Hier ist es eigentlich ein einziger riesiger Platz (und keine Prunkstraße), der im Laufe der Jahrhunderte immer größer und prächtiger wurde. Das Ergebnis ist trotz der immensen Weite ungeheuer elegant. In einem der Gräber dort hat man einen wirklich wunderschönen Grabschatz gefunden, den die Mixteken irgendwann zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert angefertigt haben: feinste Gold- und Silberschmiedearbeiten, Jade-, Türkis- und Perlenschmuck und einen Totenschädel, der über und über mit Türkisblättchen bedeckt war.

Unsere letzte Besichtung galt Mitla, einer späten Siedlung der Zapoteken, in der sie Paläste und Gräber mit fantasievollen Steinornamenten hinterlassen haben. Ganz anders als das ältere Monte Albán, aber ebenso schön. In Oaxaca, von wo aus wir die Zapotekenruinen besuchten, bekamen wir dann auch endlich die berühmten Moles zu essen: dicke Saucen zum Fleisch, aus Chilis, Nüssen, Tomaten, Schokolade in den verschiedensten wilden Kombinationen. Die beste war jene mit den gemahlenen Riesenameisen zum Schweinefleisch. Die scharfe, cremige Heuschreckensuppe davor war auch nicht von schlechten Eltern. Der aromatische Café de Olla mit Sternanis und Zimt war so süß und freundlich, wie wir Mexiko gerne gehabt hätten. Ob wir wiederkommen, um auch noch die Azteken zu erforschen, sei einmal dahingestellt.

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#mexiko#oaxaca#monte-alban#mitla