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Zu Besuch bei den Namenlosen

Veröffentlicht: 23.02.2019

Als ich beschloss, Mittelamerika in die Weltreise aufzunehmen, hatte ich die beiden großen Pyramiden von Teotihuacan vor Augen, die ich schon immer besuchen wollte. Meine Erwartung vor der Reise war, dass alle anderen Pyramiden der antiken Indigenen ähnlich wie die Sonnen- und die Mondpyramide in Teotihuacan aussehen würden. Deshalb war ich wohl auch von den vielen Maya-Pyramiden, die wir besichtigt haben, (zumindest anfangs) irritiert, denn die haben zwar auch Stufen, aber ansonsten eine ganz andere Form. Roby meint, sie seien irgendwie gotischer, sprich: schlanker und mehr in die Höhe strebend.

Was ich jetzt, da ich zweieinhalb Tage in Teotihuacan verbacht habe, sagen kann: Die Maya haben Mini-Pyramiden gebaut, wenn auch sehr elegante. Wirklich groß ist die Sonnenpyramide mit ihren 70 m Höhe (die Jaguar-Pyramide in Tikal ist gerade einmal 47 m hoch) und vor allem 230 m Seitenlänge. Für den Aufstieg ist das viel angenehmer, man muss zwar mehr Stufen erklettern, aber der Neigungswinkel ist viel flacher. Wer von der Sonnenpyramide heruntersteigt, hat also nicht den Eindruck, sich in einen senkrechten Abgrund zu stürzen, für den man eigentlich angeseilt sein müsste, sondern geht ganz gemütlich eine normale Treppe runter.

Teotihuacan ist großartig und irritierend zugleich. Die beiden Pyramiden sind toll, die geometrische Stadtanlage mit der breiten und langen Prachtstraße beeindruckend (eine solche Sichtachse hätten moderne Stadtplaner und -innen auch gerne geschaffen) sowie die noch vorhandenen Freskenreste zu einem beträchtlichen Teil fremdartig und sehr schön. Beeinträchtigt wird dies allerdings dadurch, dass von der Stadt in Wahrheit nicht viel erhalten ist (sie ist deutlich älter als jene der Maya) und dass vieles im 20. Jahrhundert tatsächlich wieder aufgebaut wurde – und zwar so, wie es sich die Ausgräber vorgestellt und für ästhetisch gehalten haben. Man weiß bis heute nicht, wer Teotihuacan erbaut und bewohnt hat, da die (spärlich verwendete) dortige Schrift nicht entziffert ist. Schon die Atzteken hatten keine Ahnung, wer die aberwitzig großen Bauwerke geschaffen hatte. Sie tippten auf Götter oder Riesen – und waren voller Bewunderung. Auf jeden Fall muss man sich die Stadt bunter und wohl auch freundlicher vorstellen: Alle Bauten waren verputzt, blutrot bemalt und mit Stuckornamenten oder Fresken geschmückt.

Wenn man schon in Zentralmexiko ist, muss man natürlich auch Tula besuchen, das nicht wirklich zu meiner Überschrift passt, da man weiß, wer dort gelebt hat: die Tolteken. Tula ist die einzige Toltekenstadt, die heute noch in Resten erhalten ist. Diese Reste der Bauwerke sind wenig aufregend, aber es gibt diese vier großartigen, 4,5 m hohen Säulen in Gestalt von Kriegern, die auf einer Plattform stehen und absolut sensationell sind. Im anthropologischen Museum in Mexiko City gibt es noch zwei Paar Füße, die anderswo in der Ausgrabung gefunden wurden und ein paar kleine Atlanten mit Originalfarben, die einem Altar getragen haben. Alles bemerkenswert.

Ja, wir haben uns in Höhle des Löwen gewagt, nach Ciudad de México, und im Museum dort all jene Stücke angeschaut, die man aus den Ruinenstädten, die wir besucht haben, verschleppt hat – in der Regel die besten. Das folgt übrigens der Tradition der Azteken (die wir völlig ausgelassen haben). Diese haben nämlich sowohl aus Teotihuacan als auch aus Tula – voller Bewunderung für die Kunstfertigkeit der Götter, Riesen oder doch Vorfahren – die schönsten Stücke abmontiert und in ihre Städte gebracht, wo die modernen Archäologen und -innen sie dann fanden.

Einige Stunden Autofahrt an die Golfküste brachten uns dann zu unserer mexikanischen Lieblingsausgrabung: El Tajín. Die Pyramide mit den vielen Nischen (364, den letzten Tag des Jahres symbolisierte der nicht erhaltene Tempel an der Spitze) ist unvergleichlich schön. Aber auch die anderen Gebäude sowie die Platzanlagen, viele ebenfalls mit Nischen oder raffinierten Stuckspiralen an den Wänden, gehören zum Allerbesten, was die prähispanischen Kulturen hinterlassen haben. Auch von El Tajín weiß man nicht, welchem Volk die Erbauer angehörten (häufig heißt es, es seien die Totonaken gewesen, aber das ist Unsinn – die Totonaken sind die heutigen Bewohner der Gegend, und lang nach der Blütezeit von El Tajín dort eingewandert).

Unsere Zentral-Mexiko-Rundfahrt brachte uns auch nach Cacaxtla, wo erst in den 1970er Jahren bemerkenswerte Fresken gefunden wurden, von denen die Experten und -innen meinen, dass sie unter Maya-Einfluss gemalt wurden (hier kennt man zwar den Namen des „zuständigen“ Volkes: Olmeca-Xicallanca – aber wer die wirklich waren bzw. was sie mit den Maya zu tun hatten, ist abermals unklar). Die Fresken haben traumhaft schöne Farben, manche sind bemerkenswert gut ausgeführt, aber in Summe halten sie mit den Malereien in Bonampak im fernen Lacandonen-Urwald nicht mit.

Uns bleiben jetzt nur noch ein paar Tage unserer Weltreise, in denen wir noch einmal in einen anderen Teil Mexikos fliegen. Aber natürlich haben wir unsere Rückkehr jetzt schon im Kopf, auf die wir ganz unförmlich anstoßen wollen: am 4. März, ab 17 Uhr bei uns zu Hause. Meine Leser und Leserinnen, denen ich hiermit ganz herzlich für ihr Durchhaltevermögen danke, sind (natürlich mit Begleitung) herzlich eingeladen. Bitte um ein E-Mail, damit es genug zu trinken und knabbern gibt. Aber Achtung: Das ist noch nicht der letzte Blogbeitrag - ein oder zwei folgen noch!!!

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#mexiko#teotihuacan#tula#cacaxtla#el#tajín