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Georgien - hin und weg

Veröffentlicht: 17.09.2018

Darf man Elend fotografieren? Das ist eine Frage, die ich mir hier in Georgien oft gestellt habe und die ich mir wohl im Laufe der Reise auch andernorts noch stellen werde. Immer wieder sind wir im Laufe unserer Fahrt durchs Land an Häusern vorbeigekommen, die so verfallen waren, dass man sich nur wünschen konnte, sie seien unbewohnt - was aber leider nicht zutraf. So auch am Montag in Tiflis: ein eigentlich wunderhübsches Häuschen in der Altstadt, hellblau und mit geschnitzter Holzveranda, nur leider in ruinösem Zustand. Im Hof stand Kinderspielzeug und auf einer Leine hing Wäsche. Nein, so etwas kann ich zumindest nicht photographieren, quasi als Mitbringsel aus dem Urlaub. Meine Grenze sind die rostigen Autos, die unter #Fast wie bei unseren Nachbarn zu bewundern sind, denn diese  stehen (auch wenn sie im autonarrischen Georgien ein Hinweis für Geldmangel sind) immer wieder auch vor sehr anständig wirkenden Behausungen.

Tiflis ist übrigens eine nette Stadt mit großen Gegensätzen: ein völlig zerfallendes europäisches Viertel (das ein bisschen an Krakau erinnert); ein orientalisches Viertel, in dem neu hergerichtete Häuser neben halben Ruinen stehen; einige Fußgängerzonen für Touristen/innen; Lokale in allen Preislagen; Ermenegildo Zegna, Intimissimi und Gucci; ein netter Flohmarkt (auf dem es keine Platten von Tengiz Zaalishvili gab - Achtung, Insiderschmäh, Auflösung auf Youtube).

Mein Rückblick auf Georgien: Ja, es zahlt sich aus, hierher zu fahren. In ein paar Jahren wird Tiflis wohl "besser verdaulich" sein, wenn die Menschen hier nicht mehr in Gründerzeithäusern wohnen, die in der Fassade armdicke Risse haben. Für uns beide war Uschguli mit seinem Geschlechtertürmen der klare Höhepunkt der Reise (#Hinter den sieben Bergen). Über die teils tollen Kirchen schreib' ich nichts mehr, da war ich eh schon sehr ausführlich (jetzt gibt es Kirchenpause bis Kolumbien).

Zu kurz gekommen ist bisher der wirklich gute Wein: Es gibt rund 75 autochthone Rebsorten hier, die sehr interessant sind. Und Georgien ist so etwas wie die Wiege des bei uns derzeit so beliebten Orange Wines und der biodynamischen Weine. Hier werden seit der Antike die Trauben in Tonamphoren (sogenannten Kvevris), die im Boden eingegraben sind, vergoren - und zwar die Weißweine so wie bei uns die roten (also lange auf der Maische liegen gelassen) und die roten so wie bei uns die weißen (also nur kurze Zeit auf der Maische). Heraus kommen bernsteinfarbene, dichte Weißweine (der beste war der Rkatsiteli aus der Kellerei in Temi) und aromareiche Rotweine. Die autochthonen Trauben eignen sich auch zum "europäischen" Ausbau, wie die Weine von Chateau Mukhrani zeigen.

Dass das Essen gut (und reichlich) ist, habe ich schon mehrfach erwähnt. Und die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Georgien war also ein ganz wunderbarer Einstieg.

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#georgien#tbilisi