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Tag 9, 28. April 2021: 3. Bürotag in Kasese

Veröffentlicht: 29.04.2021

Auf dem Weg ins Büro machen Bwambale und ich erst einmal bei einer Filiale der Absa Bank Halt, da Baluku meinte, dass er hier schon mehr als den Maximalbetrag von 1 Mio. UGX abgehoben hat. Ich erkläre einem der Bankmitarbeiter mein Problem mit den Mengen an Bargeld, die ich brauche und frage nach Lösungen. Er meint, dass wir versuchen könnten, statt dem ATM Automaten (Bankautomaten), den Point of Sale am Schalter zu nutzen. Da ich die großen Bargeldsummen erst zum Ende meines Aufenthalts benötige, vereinbaren wir, dass ich rechtzeitig nochmals vorbeikomme, damit wir prüfen können, ob ich so wenigstens 3 Mio. UGX (ca. 700 Euro) auf einmal bekommen kann.

Beim Verlassen der Absa-Bank fällt mir ein Schild von Western Union ins Auge und ich meine gehört zu haben, dass diese Bank auf günstige Auslandsüberweisungen spezialisiert ist, sicher bin ich aber nicht. Auf diesem Weg könnte meine Familie mir Geld überweisen, was ich dann hier abholen kann. Ich befrage Bwambale und er meint, ja klar, er hätte so auch schon eine Spende von einem ehemaligen „Volunteer“ erhalten. Fein, das klingt also nach einem guten Plan.

Ihr fragt Euch jetzt vielleicht, warum mir Bwambale nicht von selbst diese Lösung vorgeschlagen hat. Ich bin nicht sicher. Es hat nichts mit ihm persönlich zu tun. Ich habe das schon oft auf meinen Reisen erlebt. Eigentlich ist die Lösung bekannt, aber keiner denkt daran, sie zu kommunizieren. Es scheint manchmal schwer zu fallen, eine Lösung, die schon einmal für ein ähnlich gelagertes Problem genutzt wurde, auf eine andere Problemstellung zu übertragen. Da ich darum weiß, kann ich in der Regel gut damit umgehen, auch wenn ich mich hin und wieder noch immer wundere. 

Ich erzähle Bwambale, dass Ezekiel gestern Abend noch bei mir im Hotel war, um mich darüber zu informieren, dass er die nächste Woche für seine Lehrtätigkeit unterwegs ist. Es tut ihm leid, dass er deshalb in  den nächsten Tagen nicht zur Verfügung steht. Er wurde von der Regierung ausgewählt, um eine Fortbildung in Swaheli für andere Lehrer durchzuführen. Ich finde es nett von ihm, dass er extra vorbeigekommen ist, um mir das zu sagen. 

Nun erfahre ich von Bwambale, dass Ezekiel noch nicht aufbrechen konnte, weil er ein massives Problem mit seiner Hühnerzucht hat. 80 seiner Hühner sind in wenigen Tagen einer geheimnisvollen Krankheit zum Opfer gefallen. Der Tierarzt konnte es bislang wohl auch noch nicht klären. Dass er neben seinen Tätigkeiten als Lehrer, mobiler Prediger, Betreiber eines Supermarkts, Direktor bei RWECO-Vide, auch noch eine Hühnerzucht hat, ist neu für mich.

Im Büro angekommen, schlage ich vor, dass wir uns heute dem Thema widmen, wie die Organisation mit möglichst geringem Mitteleinsatz an weiteres Wissen kommen kann, in Bereichen, die für das Projekt relevant sind, wie beispielsweise Online Marketing, Tourismus, statistische Erhebungen, Sprachen, usw. Den anderen Fokus will ich auf eine Ideensammlung zu potentiellen Fundraising-Möglichkeiten, Vernetzung mit touristischen Akteuren national und international sowie die Steigerung des Bekanntheitsgrads über die Nutzung von Social Media legen. 

Da ich auch die URLs für die weitere Recherche im Internet mitgeben und außerdem zeigen möchte, was bei den einzelnen Anbietern zu finden ist, bin ich auf mein Smartphone angewiesen, denn über WIFI verfügt das Büro nicht. Das ist ein wenig mühsam – kleiner Bildschirm, schwaches Netz – und dauert entsprechend. Warum das Netz so schwach und schwankend ist, habe ich noch nicht herausgefunden, denn eigentlich gibt es mitten in Kasese einen großen Mobilfunkmast.

Selbst im Hotel, das über WIFI verfügt, muss ich ständig zwischen dem hoteleigenen WIFI, meiner deutschen und meiner ugandischen SIM-Karte hin und her springen. Nachdem neulich überhaupt nichts mehr über WIFI ging, habe ich mir notgedrungen über meine deutsche SIM-Karte einen Hotspot eingerichtet. Das ist aber bei dem Daten-verbrauch, den ich für die Internetnutzung benötige, eine sehr teure Angelegenheit. In Windeseile ist ein Datenpass von 15 Euro verbraucht.

Während unserer Arbeit gibt es immer wieder nette Unterbrechungen. So zeigt mir Bwambale das Zitronengras, dass hier direkt vor dem Büro wächst. Der Tee, den man sich mit drei Blättern und heißem Wasser, brauen kann, schmeckt super, wie ich später feststelle.

Dann sehe ich einen der Vögel, die auch gegenüber von meinem Hotel ihren Schlafbaum haben, vor dem Büro. Ich frage Bwambale, ob das ein Aasgeier ist. Er ist sich nicht sicher und fragt bei der jungen Lehrerin nach, die bei ihrer Freundin im benachbarten Friseursalon ihre Tage verbringt. Sie meint, das sei ein Maraboosta. Nie gehört und auch Google kennt dieses Tier nicht. Dann versuche ich es mit Marabou – bingo – es ist ein Marabou Stork, also eine Storchenart. Also schlafen auch im Baum gegenüber meines Hotelzimmers keine Aasgeier sondern Marabous. Mit vereinten Kräften haben wir das Rätsel somit gelöst 😊

Ich frage die Lehrerin, ob sie jetzt Ferien habe, was sie verneint. Sie ist arbeitslos, aufgrund von Corona. Denn auch in Uganda wurde die Beschulung der Kinder stark eingeschränkt und die Lehrer, die dadurch nicht gebraucht werden, sitzen auf der Straße, „natürlich“ ohne Bezahlung oder irgendeine andere finanzielle Unterstützung.

Ich zeige Bwambale dann noch Bilder von unseren Störchen in Europa und erzähle ihm wie laut sie mit ihren Schnäbeln klappern können. Diese Marabous scheinen da eher ruhigere Vertreter ihrer Gattung zu sein. Uganda ist bei Vogelkundlern auf der ganzen Welt bekannt für seine Vielfalt-über die Hälfte aller afrikanischen Vogelarten sind hier zu finden. 

Mittagessen gibt es wieder im White House, dem Gartenrestaurant um die Ecke. Bwambale isst woanders, da er sich das Gartenrestaurant nicht jeden Tag leisten kann. Ich sage ihm, dass ich zukünftig gern auch dort essen würde, wo er hingeht, weil ich doch die lokale Küche kennenlernen möchte. Heute werde ich im Garten durch eine Veranstaltung zum Thema Netzwerkmarketing beschallt. Der Moderator spricht ohne Punkt und Komma oder Pausen.

Während ich auf mein Essen warte, fragt ein junger Afrikaner, ob er sich zu mir setzen darf. Klar, darf er. Er stellt sich als Gilbert vor und erzählt mir, dass er gerade vom Vorstellungsgespräch mit dem Restaurantmanager kommt und bald anfangen wird, hier zu arbeiten. Ich frage ihn, was er studiert hat. Finanzen und Buchhaltung ist die Antwort. Eigentlich würde er mit diesem Studium in einer Bank arbeiten, da es dort aber kaum Arbeitsplätze gibt, hat er sich für diese Alternative entschieden.

Als mich Bwambale im Restaurant wieder abholt, trifft er dort auf seinen Onkel Augustin, der hier die Marketingnetzwerkveranstaltung besucht. Er trägt einen pinkfarbenen Hut von Hello Kitty. Auf dem Foto, das ich natürlich machen musste, 😊 habe ich das Hello Kitty-Logo leider nicht drauf bekommen, aber allein die pinke Farbe finde ich schon außergewöhnlich. Könnt ihr Euch einen erwachsenen Mann in Deutschland vorstellen, der so einen Hut aufsetzt??? Ich finde das ja cool. Und mein Erstaunen zeigt, wie stark geprägt auch ich von dem bei uns verbreiteten Gender-Marketing bin. Warum sollten Jungs kein pink tragen? Hier in Uganda ist dies Gang und Gäbe. Ich bin gleich beim ersten Treffen mit meinen neuen Kollegen „reingefallen“: Semerita, die zum Direktorenteam gehört, hatte ihr 6 Monate altes Baby dabei, das ein pinkes Mützchen aufhatte. Nein, es ist kein Mädchen, sondern ein Junge, habe ich auf meine Nachfrage hin erfahren.

Am Nachmittag schauen wieder ein paar Kinder neugierig vorbei. Sie gehören zur Vermieterin der Büroräume, die nebenan wohnt. Dabei erfahre ich, dass der Mietpreis 100.000 UGX pro Monat (ca. 23 Euro) beträgt. Dafür gibt es einen leeren Büroraum mit gestrichenen Betonwänden und nacktem Betonboden von rund 15 m², inklusive Nutzung der Toilette bei der Vermieterin. Wir sind hier am Stadtrand (zu Fuß aber auch nur 10 Min. in die Stadtmitte), im Zentrum zahlt man für Vergleichbares doppelt so viel.

In der hier verlinkten Tabelle ist eine Übersicht der Lebenshaltungskosten in Kasese  Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen liegt demnach bei 250.000 UGX (knapp 58 Euro).

Kurz vor Feierabend kommt ein Junge vorbei, der gekochte Maiskolben verkauft. Super, das ist mein Abendessen. Mehr brauche ich heute nicht mehr. Ich erfahre, dass er Kusmas heißt, 12 Jahre alt ist und die Grundschulklasse Primary 3 besucht. Wie schon in einem früheren Blogeintrag beschrieben, besuchen viele Kinder die Schule nicht am Stück, sondern müssen immer wieder unterbrechen, bis genügend Geld für die Schulgebühren gespart ist. Kusmas würde ohne Unterbrechungen eigentlich schon die Primary 7 besuchen.

Über die Reste unserer Maiskolben freut sich die Ziegenherde, die gerade vor dem Büro grast.

Auf dem Rückweg ins Hotel, kaufe ich mir in einem Supermarkt noch einen weiteren Mückenstecker für die Steckdose. Bwambale wusste bis dahin nicht, dass es so etwas gibt. Das ist aber auch kein Wunder, da er zu Hause lediglich Solarpanels hat, um Strom zu erzeugen. Außerdem ist das Teil mit umgerechnet fast 6 Euro sehr teuer. In Deutschland habe ich im Vergleich dazu noch nicht einmal 4 Euro gezahlt. Ich vermute, dass in Uganda die hohen Importkosten verantwortlich sind.

Im Innenhof unseres Hotels parken heute mehrere Geländewagen der internationalen Hilfsorganisation Rescue, von der gerade einige Mitarbeiter im Hotel wohnen. 

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