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Tag 10, 29. April 2021: Besuch des Mawa Marktes in Kasese

Veröffentlicht: 30.04.2021

Als ich am Morgen aufwache, schüttet es in Strömen und es hat sich tatsächlich ein wenig abgekühlt. Allerdings werden die Temperaturen im Laufe des Tages sicherlich wieder auf rund 28 Grad Celsius steigen. Das ist für diese Region kühl, wie ich von meinen Kollegen erfahre. Was mich hier ins Schwitzen bringt, ist eigentlich auch nicht die Wärme, sondern die hohe Luftfeuchtigkeit, die jetzt in der Regenzeit bei etwa 70% liegt.

Bwambale will mir heute den örtlichen Markt zeigen. Er verspätet sich, weil er erst das Ende des Regengusses abwarten muss, bevor er sich mit dem Boda-Boda Motorradtaxi auf den Weg machen kann.

Unterwegs zum Markt läuft uns ein Straßenkind hinterher, dass sehr energisch bettelt. Auch wenn es mir schwerfällt, in diesem Fall gebe ich kein Geld, denn das hilft nicht weiter und vergrößert auf Dauer nur das Problem. Momentan hält sich die Bettelei durch Straßenkinder hier noch sehr in Grenzen. Aus Indien kenne ich da ganz andere Zustände, wo ich ständig eine Horde bettelnder Kinder im Schlepptau hatte. Bwambale erzählt mir, dass in Kasese von einer der Hilfsorganisationen ein Heim für Straßenkinder eingerichtet wurde. Allerdings sind die meisten dort wieder weggelaufen, weil es ihnen durch die lange Zeit auf der Straße schwerfällt, sich an ein Mindestmaß von Regeln zu halten und lieber Hunger in Kauf nehmen als sich in ein System einzufügen.

Ich erzähle Bwambale, dass es auch in Deutschland einige sehr arme Menschen gibt, die auf der Straße leben und auch Kinderarmut ein Thema ist. Ich merke aber, dass er das nicht hören will und immer wieder ablenkt. Gut, den Versuch war es wert. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Erde und damit ist es für die Menschen hier völlig absurd, zu verstehen, dass auch bei uns Armut eine Rolle spielt.

Um auf den Markt zu gelangen, überqueren wir den Busbahnhof von Kasese. Der Eingang ist bewacht, uns wird die Temperatur gemessen, die Hände desinfiziert und wir müssen unseren Mund-Nasenschutz aufsetzen. Dies ist einer der wenigen Orte, wo streng auf die Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen geachtet wird. Ansonsten sieht man hier im öffentlichen Leben kaum noch Menschen mit Maske und auch ich trage das Teil, wenn überhaupt, dann als „Armbinde“. Vor den Läden und Restaurants stehen Wassertanks mit Seifenwasser, an denen man sich die Hände wäscht, bevor man hineingeht, und an den Eingängen weisen Schilder auf die AHA-Regeln hin.

Wie in meinen vorherigen Blogbeiträgen beschrieben, treibt mich hier die Ansteckung mit Corona kaum um, sondern vielmehr die Sorge mich mit Malaria zu infizieren, insbesondere weil ich mich gegen eine Malariaprophylaxe entschieden habe. Zudem hatte ich das große Glück bereits vor meiner Abreise die erste Schutzimpfung gegen Corona zu erhalten. Ich wäre auch ohne die Impfung nach Uganda gereist und anfangs sah es auch so aus, als müsste ich darauf verzichten. Als dann im März im Bundesanzeiger Entwicklungshelfer hoch priorisiert wurden, war der Impfstoff in Hamburg gerade ausgegangen. Ich habe kurz vor meiner Abreise dann doch noch einen Impftermin ergattert. Allerdings hätte es trotzdem fast nicht geklappt, da mein letzter Impftermin (ich habe im März einen regelrechten Impfsprint hinter mich gebracht), noch keine 14 Tage her war. Der freundliche Arzt meinte, dass sie bislang in so einem Fall ausnahmslos jeden wieder weggeschickt hätten. Er war aber sehr verständnisvoll für meine Situation, hat nochmals Rücksprache gehalten und ich habe unterschrieben, dass es mein unbedingter Wunsch ist, die Impfung zu erhalten.

An dieser Stelle möchte ich ein riesiges Lob an das Impfzentrum in Hamburg aussprechen! Es wurde in den letzten Monaten viel geschimpft auf die deutsche Organisationskultur, die alles verlangsamen würde, was sicherlich zum Teil auch stimmt. Aber wie alles im Leben, gibt es immer zwei Seiten der Medaille. Und dank der perfekten Organisation im Impfzentrum, lief alles wie am Schnürchen, so dass ich nach einer guten halben Stunde bereits sämtliche Stationen durchlaufen hatte. Erwähnenswert ist auch die ausgesprochene Freundlichkeit ausnahmslos aller Mitarbeiter, mit denen ich Kontakt hatte. Ich habe mich hier in sehr guten Händen gefühlt! Mein großes Dankeschön geht deshalb an dieser Stelle an die großartige Arbeit aller Mitarbeiter des Hamburger Impfzentrums! 

Der Mawa Markt ist sehr groß und völlig verwinkelt. Nach den Regenfällen der letzten Tage sind die Wege zwischen den Ständen matschig und überall stehen Pfützen (Lieblingsnistplätze der Moskitos…). Das Angebot und die Vielfalt an Obst- und Gemüsesorten ist riesig, aber auch Gewürze, Palmöl, Schuhe, Kleider, Elektronik, usw. werden hier verkauft. Obst und Gemüse kommen von den Bauern aus der Region, die den Großteil für den Eigenbedarf anbauen und nur einen kleinen Teil ihrer Ernte auf Märkten wie diesem verkaufen. Ein Grund dafür ist, dass sie nur über wenig eigenes Land verfügen, Setzlinge und Samen teuer sind und es keine Bewässerungssysteme gibt. Die Pflanz- und Erntezeiten richten sich nach der Regenzeit. Zweimal im Jahr kann geerntet werden, die übrigen Monate werden für den Anbau genutzt.

Bwambale ist überall sehr respektiert, die Menschen sind unglaublich dankbar für das, was RWECO-Vide für sie tut. Egal, ob wir durch Kasese gehen oder hier auf dem Markt unterwegs sind – überall wird er gegrüßt und wir bleiben häufig stehen, um ein paar Worte zu wechseln. Auch treffen wir hier wieder auf diverse Verwandte von Bwambale, wie beispielsweise seine ältere Schwester Sarah. In Uganda spielt die erweiterte Großfamilie eine wichtige Rolle, denn sie bietet Halt, gegenseitige Unterstützung und Austausch.

Hier auf dem Markt gibt es, so wie auch sonst überall, jede Menge tolle Fotomotive. Allerdings gibt es viele Menschen, die nicht fotografiert werden wollen. Ich kenne das aus der arabischen Kultur, wo dies aus religiösen Gründen verboten ist (Du sollst Dir kein Bildnis machen). Warum das hier so ist, habe ich noch nicht herausgefunden. Manche erwidern auf meine Frage, ob ich ein Foto machen darf, dass ich dafür zahlen soll, was ich wiederum nicht akzeptiere. Aber auch dies kann nicht der eigentliche Grund sein. Selbst als ich auf dem Markt einen menschenleeren Laden fotografiere, regt sich eine Frau darüber auf. Andere wiederum sind total happy und wollen unbedingt abgelichtet werden.

Ein großer Pick-Up bahnt sich seinen Weg durch die Menschenmenge. Ich frage Bwambale, wer sich hier so ein Auto leisten kann, das selbst in Deutschland extrem teuer ist. Er erwidert, dass dies entweder Mitarbeiter der Regierung oder von NGOs (non governmental organizations) sind, die aber nur einen Promillesatz der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Auf dem Weg zurück ins Zentrum schaue ich mir die Arbeit einer Möbelwerkstatt an. Mir gefällt das Design der Betten sehr gut, die aus Holz hergestellt werden und über vier Pfosten verfügen, um das Moskitonetz anbringen zu können. Einer der Handwerker erklärt mir die Bewandtnis des feinmaschigen Drahtnetzes, das am Boden einer Couch befestigt ist und ein Loch enthält. So werden Ratten davon abgehalten, sich durch die Polsterung zu fressen. Sie gehen durch das Loch ins Netz und können von dort aus leicht gefangen werden.

Passenderweise kommen wir kurz darauf an einem Möbelgeschäft vorbei und mich interessiert, was mich eine Sofagarnitur hier kosten würde. Die Preise starten mit 1.500.000 UGX (ca. 350 Euro) für eine Ledersitzgruppe. Natürlich ist auch das Möbelgeschäft nur für die wenigen Reichen eine Option, der Großteil der Menschen hier muss sich mit Plastikmöbeln begnügen.

Ich werfe noch einen Blick in das neue Hotel Imperial, das kurz vor der Fertigstellung ist. Hier arbeitet Bwambales jüngerer Bruder Maurice. Ich lasse mir auch eines der Zimmer zeigen und stelle fest, dass dieses Hotel dem Hotel, in dem ich untergebracht bin, sehr gleicht. Ich habe meinen Kollegen geraten, auf Einzigartigkeit zu achten, wenn sie mit dem Bau der geplanten Guesthouses starten. Denn Hotels wie dieses oder das TJ Global, wo ich wohne, findet man überall auf der Welt. Touristen heute suchen das Besondere und Authentische und sind dafür auch bereit entsprechend zu zahlen.

Mir fällt auf, dass gerade mehrere Hotels im Bau sind und frage, ob die denn alle benötigt werden, was Bwambale bejaht. Vor der Pandemie war es so, dass manchmal alle vorhandenen Hotels und Guesthouses ausgebucht waren. Das liegt an den vielen internationalen Hilfsorganisationen, die hier vor Ort aktiv sind und auch regelmäßig Konferenzen abhalten.

Wie von mir gewünscht, nimmt mich Bwambale heute zum Mittagessen in ein Restaurant mit, in dem er auch selbst isst. Und so langsam beginne ich zu verstehen, wie die heimische Küche funktioniert. Eine Speisekarte habe ich hier noch nie gesehen. Bestellt wird direkt bei der Bedienung, was man möchte. Es gibt immer verschiedene Beilagen, wie Kartoffelbrei, Süßkartoffeln, Posho (Maisstampf, schmeckt wie Reis), Reis, Ubundu (Maniok) oder Matoke (Bananenstampf) aus denen man eine Mischung auswählt, dazu Gemüse. Dazu wählt man aus Huhn, Fisch, Ziege oder Rind – Fleischbeilagen, die in Brühe/ Sauce serviert werden und in die man die Beilagen tunkt. Alles ist frisch zubereitet ohne irgendwelche Zusätze und Gewürze werden auch nur sehr sparsam eingesetzt. 

Was ich bisher hier gegessen habe, füllt den Magen, ist aber geschmacklich nicht so mein Ding. Neulich habe ich mir Huhn bestellt, das unglaublich zäh war. Ich habe Bwambale deshalb gefragt, ob sie die Hühner schlachten, wenn sie jung oder alt sind und die Antwort war wie von mir erwartet, dass sie alte Hühner schlachten. Das erklärt dann auch das zähe Fleisch. Verständlich, da es hier glücklicherweise keine Massentierhaltung gibt, sind die jungen Hühner für das Legen der Eier zuständig.

Ich bin unkompliziert, was Essen anbelangt, deshalb ist es kein Problem für die Zeit, die ich hier bin. Gesund ist es auf jeden Fall 😊 Und vielleicht finde ich ja doch noch Gerichte, die mir auch schmecken.

Für mein Abendessen habe ich heute allerdings selbst vorgesorgt: Auf dem Mawa Markt habe ich mich mit allen möglichen Früchten eingedeckt, deren Namen ich teilweise nicht mal kenne. Dazu noch eine große Aubergine und Lemongras für frischen Tee. Meine Ausbeute bringe ich dem Koch im Hotelrestaurant. Ich erzähle ihm und auch dem Hotelmanager, dass ich sehr begeistert von der Obst- und Gemüsevielfalt auf dem lokalen Markt bin und es schade finde, dass es im Hotel immer das Gleiche gibt. Die Auswahl beim Obst beschränkt sich auf Bananen, Wassermelone und Ananas. Ich meine, dass es doch eine tolle Sache wäre, wenn sie den lokalen Markt als Großeinkäufer nutzen und so die lokale Wirtschaft unterstützen würden und dass sich sicher auch die anderen Hotelgäste über etwas mehr Abwechslung freuen würden.

Am Abend genieße ich dann ein leckeres Abendessen, dass sich der Koch aus meinen Zutaten ausgedacht hat und ich bedanke mich herzlich bei ihm. 

Antworten (1)

Ruth

Uganda
Reiseberichte Uganda
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