Veröffentlicht: 12.04.2025
Als wir den Nachtzug nach Bukarest bestiegen, erwarteten wir nicht viel außer Frühstück – doch es kam genau andersherum. Der Nachtzug war überraschend komfortabel mit eigenem Bad mit Mini-Dusche. In unserem Zweierabteil konnten wir Transsylvanien, die teils schneebedeckten Karpaten und die Walachei langsam an uns passieren lassen und altmodische ausgestellte Dampfloks und nicht minder altmodisch anmutende Stationsvorsteher bewundern bei einer Reisegeschwindigkeit von immerhin über 50 km/h, die uns in nur 15 Stunden von Budapest nach Bukarest katapultierte.
Das alles war sehr schön und bequem – mit Essen wäre es noch besser gewesen. Frühstück war zu unserer Überraschung allerdings im – zugegeben sehr niedrigen – Preis nicht enthalten und ein Bordbistro gab es auch nicht. Also hieß es unsere spärlichen Vorräte zu rationieren. In Bukarest angekommen wurden wir dafür am wuselig lebendigen Bahnhof angekommen mit schlechter Pizza entschädigt. So gestärkt brachen wir auf zu unserem Hotel mitten in der Altstadt in der Nachbarschaft von Nachtclubs und Stundenhotels. Von unserem Reiseziel Bukarest hatten wir nicht viel erwartet: Es war eine Zwischenetappe zwischen Budapest und Istanbul. Wir erwarteten klischeehaft Ruinen, bolschewistisch brutalistische Wohnklötze und seelenlose Neubauten. Ruinen und Renovierungsstau gab es wahrlich genug aber nur sehr wenig brutalistische Wohnklötze und sehr wenig Neubauten. Vieles wurde einst unter dem Diktator Ceauescu abgerissen und bis heute wirkt Bukarest wie eine ehemals blühende Metropole. Vielerorts ist zu erkennen, dass die Stadt einst als eine Variation von Paris gedacht war und so hat Bukarest noch immer viele schöne, wenn auch teilweise heruntergekommene Fassaden. Eine Renovierungsoffensive wie z.B. in Polen oder Ostdeutschland scheint es kaum gegeben zu haben. So wirkt Bukarest noch immer charmant und alternativer als das sehr bürgerlich anmutende Budapest.
Die "Altstadt" Bukarests ist voller touristischer Restaurants und Läden und voller Leben. Bukarest hat immerhin mehr Einwohner als Hamburg auf einer Fläche die kleiner als München ist. Die "Altstadt" besteht dabei aus den Resten alter Architektur, die man zu einem neu gedachten Stadtkern zusammengefügt hat. In Rumänien spricht man ergo auch von der jüngsten Altstadt der Welt.
Man muss Bukarest sicher nicht sehen, aber es war ein sehr angenehmer Kurzaufenthalt. Sehenswert sind das Konzert- und Veranstaltungszentrum Atheneium, der erst 1984 errichtete gigantische Parlamentspalast - der optisch überraschend ansprechend ist (wenngleich tragisch ist, dass dafür etliche alte Bauten niedergerissen wurden), die Galleriepassage Pasajul Macca-Villacrosse und – unser Geheimtipp – das katholische Kloster in der Innenstadt. Kulinarisch empfehlen wir die „Aubergine“. Hier wird man in schönem Ambiente mit leckerem Essen satt, wenn man mal wieder kein Frühstück bekommen hat.