Veröffentlicht: 12.04.2025
„Eine Reise, die mit der Deutschen Bahn beginnt, kann nur besser werden.“ Diesen Satz schrieben wir vor über 9 Monaten am Anfang unserer Reisen im Sabbatjahr – und er sollte sich für den kleineren Teil 2 unserer Mini-Weltreise erneut bewahrheiten, der nun im April begann. Unsere Reise begann nämlich zunächst überhaupt nicht – der Zug fiel aus. Aber da wir als erfahrene Bahnreisende mit vier Stunden Puffer kalkuliert hatten, fanden wir in Berlin noch immer Zeit für eine kurze Wanderung über die Spree und vegane Dumplings, bevor es mit dem Nachtzug von Berlin nach Budapest – unserer ersten vollwertigen Station dieser neuen Reise – weiter ging. Reisen mit dem Nachtzug sind eine tolle Sache und wir genießen sie, auch wenn der Schlaf des Nachts oft schlecht ist und man ganz schön durchgeruckelt wird. Wir genossen im Nachtzug jedenfalls auch, dass Mick (Name von der Redaktion geändert) - eine Reisebekanntschaft vom Berliner Bahnhof – im anderen Zugbereich landete, da er vor seinem Ziel Dresden von uns abekoppelt werden sollte. Mick konnte uns noch ein oder zwei Reiseempfehlungen für Ungarn und Australien geben (und wir ihm für Dresden), aber sein extremer Konservatismus war für uns schwerer auszuhalten und schwerer zu verstehen als sein australischer Akzent.
Als wir schließlich Budapest erreichten, erwartete uns eine auffallend schöne Stadt (diejenigen unter euch, die schon einmal da waren, werden es bestätigen können), was sich gleich am Bahnhof mit wunderschönem Steingebäude aus dem späten 19. Jahrhundert und einer lichtdurchfluteten Glashalle zeigte.
Die Altstadt wurde im zweiten Weltkrieg von Bomben verschont und kommt völlig ohne Architektursünden aus. Niemand kam auf die Idee, Stuckaturen abzuschlagen, und zu bemängeln gibt es so eigentlich nur zwei Dinge: Erstens ist die Stadt sehr autofreundlich gedacht und weit weniger fahrradfreundlich und zweitens – und das ist der Knackpunkt – wir diese wunderschöne weltoffene und liberale Stadt ist in den Fesseln eines reaktionären und pseudodemokratischen Regimes. So sahen wir in diesen Tagen nur eine einzige Regenbogenflagge. Lange hatten wir Orbáns Ungarn gemieden, aber die Einwohner*innen Budapests lehnen den homophoben Pseudodiktator mehrheitlich klar ab. Und diese Menschen wollten wir besuchen. Wir freuten uns dann auch, Plakate der Partei des Doppelschwänzigen Hundes zu sehen (Ungarns Variante der Partei DIE PARTEI), denn der doppelschwänzige Hund will Orbán beißen. Gerade als wir in Budapest waren, war Staatsbesuch durch den vom Internationalen Gerichtshof mit Haftbefehl belegten Kriegsverbrecher Benjamin Netanjahu, der mit allen Ehren hofiert wurde, so dass die ganzen Brücken mit Israelischen Flaggen geschmückt wurden und sich um internationales Recht einen Dreck geschert wurde. Die Kritik fiel im demokratiefeindlichen Ungarn dann entsprechend hilflos aus. Als wir an eine von Polizei gesäumte Prachtstraße kamen, über die ein Korso von Staatskarossen und israelischen Autos fuhr, zeigte ein Mann mit beiden Händen Stinkefinger in Richtung des Autokorsos und ließ sich auch von den ermahnenden Worten eines Polizisten nicht von dieser Aktion abbringen – am Ende bleibt der demokratische Mittelfinger, quasi ein Protest für die eigene Psychohygiene.
Doch zurück zu den schönen Seiten Budapests: Highlight sind die Fassaden überall in der Innenstadt in ihrer immensen Fülle und die Kulisse an der Donau mit den alten Prachtbauten auf der westlichen Seite (Buda). Die Margareteninsel in der Mitte ist hübsch, war uns aber zu wuselig, so dass wir die Insel jedenfalls nicht empfehlen würden, wenn man nur ganz wenig Zeit hat.
Architektonische Highlights sind unter vielen anderen die Fischerbastei und die St. Istvan Basilika, die große Synagoge, das Parlament am Donauufer, die große Markthalle, der Hauptbahnhof und vor allen Dingen die ungemein schöne Oper, in die sich Frau Waas komplett verliebte. Der österreichishe König und Geldgeber Franz Josef sagte seinerzeit, sie dürfe nicht größer werden als die Wiener Oper. Später ärgerte er sich, dass er nicht auch erwähnt hatte, dass sie nicht schöner werden dürfe. (Bilder siehe am Ende)
Kulinarisch bietet Budapest eine große Bandbreite an traditionellen ungarischen Restaurants, Italienern, Pubs, anderen nationalen Küchen und veganen Restaurants, Chimney-Cake-Ständen und vor allen Dingen auch an schönen Cafés, die oft im Schick der Goldenen 20er Jahre daherkommen und die Nähe zu Wien erkennen lassen. Insgesamt wirkte die ganze Stadt auf uns wie eine Mischung aus Wien und Paris mit einem Hauch von Prag und Berlin voller Schick und Savoir Vivre.
Wir verlassen Budapest angefüllt mit schönen Eindrücken. Wir hoffen, bald wieder in ein freies, weltoffenes Budapest zurückzukehren, in dem man Regenbogenflaggen, Palästina-Flaggen wie Israel-Flaggen und auch Ukraine-Flaggen ohne Angst vor Repression zeigen darf. In diesem Fall würde uns nichts mehr zurückhalten und wir würden uns sofort in dieses freie Budapest vergucken.