Don Curry on Tour 4
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Don Curry wird Werkstatttester

Veröffentlicht: 20.06.2023

Don Curry hatte sich inzwischen damit abgefunden, weit mehr Zeit in Georgien zu haben als gedacht. So konnte er die Tage deutlich ruhiger angehen und etwaige Komplikation gelassener wegstecken. Sollte hier ein ganz neues Urlaubskonzept entstehen? Reisen als angenehme Erholung, nicht als Horizonterweiterung? 

Heute erwachte Don Curry nicht durch Vogelgezwitscher, sondern durch Glockengeläut. Er wohnte halt nah bei einer Kathedrale, und er sollte bald bemerken, dass der gesamte Gottesdienst über Lautsprecher in die Umgebung übertragen wurde. So wurde auch sein gesamtes Frühstück von Gebeten und Gesängen begleitet. Wie immer erwartete ihn ein viel zu üppiges Mahl, das bereits auf einem Verandatisch angerichtet war. Nur die warmen Bestandteile wurden erst jetzt gereicht: eine Schüssel Porridge, ein Omelette und eine dicke Bratwurst, die Magdalena selbst hergestellt hatte. Wie immer konnte Don Curry nur einen geringen Teil der Speisen zu sich nehmen. Nach Bezahlen der Übernachtskosten fragte er die Wirtin, ob er Xerra noch zwei Stunden im Innenhof stehen lassen könnte, um ausreichend Zeit für die Kathedrale und ihre Umgebung zu haben. "Das wäre kein Problem, aber...", begann Magdalena unheilverheißend.

Einfühlsam hatte sie Don Curry erst in Ruhe frühstücken lassen, bevor sie ihm die schlechte Botschaft brachte: "Das Auto hat ein Problem."  Don Curry ahnte, was sie meinte, und sah seine Befürchtungen sofort bestätigt: Xerras rechter Vorderreifen war so platt wie noch nie. Was jetzt? Zunächst fragte er Platon, ob der in Mzcheta eine Werkstatt kenne, die am Sonntag geöffnet hat. In der Zwischenzeit hatte Magdalena ihren Nachbarn über das Reifenproblem informiert. Der kam sofort mit einer elektrischen Luftpumpe und begann, Xerras Reifen wieder in Form zu bringen. Platon kannte keine Werkstatt, aber der Nachbar, dem Magdalena Don Currys Frage übersetzte. Auf GoogleMaps zeigte sie ihm, wo die Werkstatt zu finden sei; nur 1 km entfernt. Don Curry bedankte sich für die Hilfe der beiden und verließ schnell die Altstadt Mzchetas, bevor noch mehr Touristen die Gassen verstopfen würden.

Bei der Werkstatt war gerade ein Kunde mit uraltem Mercedes fertig bedient worden, so dass Don Curry sein Anliegen vortragen konnte. Da es keinerlei Sprache gab, die Don Curry mit dem Reifenspezialisten teilte, musste GoogeTranslator Abhilfe schaffen. Diese Werkstatt machte einen komplett anderen Eindruck als der vermeintliche "Altreifenhandel" in Tsvori. Hier war nichts schmuddelig oder schäbig, und hier wurde mit neuer Technik gearbeitet. So löste der Meister die Radmuttern nicht mit Muskelkraft, sondern mit einem kleinen Gerät, entdeckte schnell die schadhafte Stelle mithilfe von Seifenschaum statt Wasserbad und entfernte den halb gelösten Flicken. Er zeigte ihn Don Curry mit dem Wort "No!". Dann holte er einen mehr als doppelt so großen Flicken aus einem Schrank und meinte: "Yes!"  Schnell war der Flicken angebracht, das Rad neu gewuchtet und wieder an Xerra festgeschraubt. Keine 30 Minuten dauerte der Vorgang. Am Ende belief sich die Rechnung auf 25 Lari (= 9 €). Don Curry weiß noch, dass er auch nach der ersten Reparatur zufrieden gewesen war, doch diese zweite Werkstatt arbeitete nicht mehr mittelalterlich, sondern auf der Höhe der Zeit. Und vielleicht täuscht manchmal der äußere Eindruck doch nicht...

Mit neu geflicktem Reifen wollte Don Curry seinen ursprünglich Plan wieder aufnehmen, die Kathedrale während des Gottesdienstes zu besuchen. Er fuhr auf einen kostenpflichtigen Parkplatz und hatte von hier einen deutlich weiteren weg als vom "Hotel Magdalena". Vor der Kathedrale hatten sich zahlreiche Menschen angesammelt. Don Curry erkannte auch gleich, warum das so war. Ein Pope mit langem weißen Bart ließ nur nach einigen Fragen Besucher in die Kathedrale, die meisten anderen wieß er ab. Vermutlich sollten während des Gottesdienstes keine Touristen in die Kirche gelangen. Eine Befragung ohne Georgischkenntnisse hätte Don Curry wohl kaum bestanden, so lauschte er noch etwas den nach draußen übertragenen Gesängen, entwickelte aber währenddessen einen Alternativplan.

Er beschloss, ein außerhalb gelegenes Kloster anzusteuern. Kloster Shiomgvime geht auf das 6. Jhdt. zurück und gehört damit zu den ältesten Kirchengründungen Georgiens. Wie viele andere Klöster liegt es schwer erreichbar in gebirgiger Landschaft. Don Curry erfuhr aber bald, dass schwere Erreichbarkeit in heutiger Zeit noch ganz andere Aspekte haben kann. Denn der Parkplatz und die Zufahrtsstraße zum Kloster zeigten sich komplett überfüllt: Reisebusse, Kleinbusse, Pkws, alles in Massen vorhanden. Don Curry arbeitete sich langsam fast bis zur Klosterpforte vor, wo es neben der Straße noch einen felsigen Platz gab, der für ein normales Fahrzeug aber kaum geeignet war. Doch Xerra könnte das schaffen. Also fuhr Don Curry zentimeterweise auf diesen Platz und hoffte, dass ihn niemand zuparken würde. Dann stieg er hinter der Klosterpforte den steilen Weg zum Kloster bergan, mit dutzenden anderen Menschen. Die ursprüngliche alte Kirche ist nicht zugänglich, stattdessen wird eine Basilika aus dem Mittelalter genutzt, die mit relativ modernen Fresken und Ikonen innen komplett bedeckt ist. Auch hier fand gerade der Sonntagsgottesdienst statt, was aber niemanden störte, in der Kirche umherzugehen, sich zu unterhalten oder das Handy zu checken. Don Curry sah, wie ein wohl zweijähriger Junge laut weinend zur Kommunion getragen wurde. Doch sein Protest half ihm nichts. Auf einer Bank an der Kirchenwand nahm Don Curry von fern am orthodoxen Gottesdienstgeschehen teil, brach dann aber rechtzeitig auf, bevor alle anderen zum Parkplatz hinabsteigen würden. Dort erwartete ihn allerdings eine andere böse Überraschung. Ein Reisebus hatte ihn zugeparkt, vom Fahrer nichts zu sehen. Ein selbsternannter Parkplatzwächter erkannte Don Currys Lage und leitete ihn auf dem felsigen Vorsprung am Bus vorbei auf die Straße zurück. Ohne Hilfe wäre das sehr riskant gewesen; so zahlte Don Curry gern die geforderten 2 €.

Nächstes Ziel sollte das Kloster Samtarowo am Stadtrand von Mzcheta sein. Hier steht im Klosterhof die älteste Kirche Georgiens, die die Hl. Nino unmittelbar nach der Christianisierung des Landes im 4  Jhdt. errichtet haben soll. In dem winzigen Bau können sich maximal 4 Personen gleichzeitig aufhalten. Deutlich größer und eindrucksvoller erhebt sich daneben die eigentliche Klosterkirche. Bereits am überquellenden Parkplatz hatte Don Curry erkannt, dass auch hier noch Gottesdienst gefeiert wurde. Doch kurz nach seiner Ankunft strömten viele aus der Kirche heraus, um zu ihren Fahrzeugen zu gelangen. So konnte er problemlos die bedeutende Kirche in all ihrer Pracht bestaunen. Hier lagen auch die Gräber des ersten georgischen Königspaars, dass durch Nino zum christlichen Glauben geführt wurde: König Minian und Königin Nana.

Anschließend fuhr Don Curry noch einmal in die Innenstadt Mzchetas, parkte aber gleich - völlig kostenlos - am Straßenrand nördlich der Kathredrale. Inzwischen war auch hier der vierstündige Gottesdienst zuende, und Don Curry konnte noch einmal die Kathedrale erkunden, obwohl nun zahlreiche Touristen hereinströmten, die so lange warten mussten. Obwohl er inzwischen zahlreiche Kirchen des Landes besucht und bewundert hatte, spürte er hier sehr deutlich, dass dies tatsächlich das Herz des christlichen Georgiens darstellte.

Eine Kirche blieb noch im Umkreis Mzechtas zu besichtigen: Das Jwari-Kloster auf einem Berg hoch über der Kathedralenstadt gelegen. Wieder halfen Serpentinen Xerra bei der stetig steigenden Anfahrt, wieder bedeckten den Parkplatz bereits zahlreiche andere Fahrzeug; und wieder setzte am Nachmittag ein kräftiger Regen ein. Das Hatte Don Curry bisher fast jeden Tag erlebt. Selbst einige Georgierinnen griffen diesmal zum Regenschirm, wobei die Einheimischen sonst das erfrischende Nass von oben einfach ignorieren. Nach kurzem Anstieg zu Fuß stand Don Curry vor der alten schlichten Klosterkirche. Mehr noch als das Bauwerk faszinierte hier allerdings der grandiose Ausblick auf Mzcheta und die umgebenden Berge. Ein wirklich würdiger Abschluss dieses Tagesprogramms.

Direkt unterhalb des Klosters erreichte Don Curry die einzige Autobahn Georgiens, die Tblisi und Kutaissi verbindet. Fast 100 km folgte er der Strecke Richtung Westen, bis er dann in den Kleinen Kaukasus abbiegen musste. Hier liegt mitten drin das alte Kurbad Borjomi, das vom späten 19. Jhdt. bis zur Mitte des 20. Jhdts. beliebtes Ziel des russischen Adels gewesen ist. Auch Tschaikowsky war begeistert von dem Ort und der spektakulären Umgebung. Noch immer stehen einige der alten Kurhotels, aber das heutige Borjomi wird zugleich von zahlreichen Bauruinen und verfallenen Hotels geprägt. Es sehnt sich spürbar nach wieder besseren Zeiten. 

Auf Don Curry wartete bereits seine hiesige Vermieterin Nino, deren Ferienwohnung "Apart-otel Nino" für vier Nächte Don Currys Unterkunft sein würde, direkt gegenüber dem altehrwürdigen Borjomi Palace Hotel. Doch Ninos Wohnung kannte man keinesfalls als ehrwürdig bezeichnen, sie verfügte über eine moderne Einrichtung und war - für Don Currys Geschmack - ein bisschen zu kitschig-verspielt dekoriert. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Abends zog es Don Curry noch in das Restaurant "Bergi Terrace", wo er auf der Terrasse die Jacke anbehalten musste. Im Kleinen Kaukasus ist das Klima deutlich frischer als in den bisher besuchten Gegenden. Dank einer Spinat-Pilz-Suppe und dem leckeren Ojakhuri (gebratenes Huhn mit Bratkartoffeln und Zwiebeln) wärmte er sich schnell wieder auf, ein georgisches Karva-Bier rundete den Geschmack ab.

Don Curry war froh, den ganzen Tag für Mzechta Zeit gehabt zu haben. Laut seiner eigentlichen Planung wäre es nur eine Station unterwegs gewesen. Und ein Reifenproblem hätte er sich dann gar nicht leisten können. Er hoffte, dass Xerra ihm in Zukunft keine Sorgen mehr machen würde. Falls doch, hatte er inzwischen einige Erfahrungen mit georgischen Werkstätten gesammelt. Und er würde wissen, wie eine aussieht, der er tatsächlich vertrauen kann...

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