Don Curry on Tour 4
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Don Curry stört einen Gottesdienst

Veröffentlicht: 11.10.2023

Don Curry erwachte nach einer sehr ruhigen Nacht inmitten der quirligen Stadt Şəki. Die dicken Mauern der alten Karawanserei boten Schutz vor möglichen Feinden, heute vor lästigem Verkehrslärm. Noch einmal durchstreifte Don Curry das eindrucksvolle Bauwerk, dann begab er sich abermals auf die Spuren der Khane von Şəki. Denn diese besaßen natürlich nicht nur einen Sommerpalast, sondern auch einen Winterpalast, der mitten in der Stadt versteckt liegt und nur auf engen Gassen erreicht werden kann. Auch hier zahlte Don Curry 9 Manat, war aber der einzige Besucher weit und breit und konnte daher die ganze Zeit vom Ticketverkäufer begleitet und am Fotografieren gehindert werden. Von der äußeren Form und der Raumaufteilung glichen sich die Paläste auffällig, nur dass der Winterpalast in jedem Raum über einen Kamin verfügte. Außerdem zeigte einzig der Hauptraum im Obergeschoss, der Diwan, die gleiche Pracht an Fresken und Shebeke-Fenstern wie sein sommerliches Pendant.

Dieses Pendant suchte Don Curry auch noch einmal auf, in der Hoffnung, die Fassade am frühen Morgen ohne Touristengruppen fotografisch bewundern zu können. Doch die ersten Busladungen standen bereits an. Im Souvenirshop neben dem Ticket-Schalter fragte Don Curry nach einem Buch über den Palast bzw. alle Kunstschätze Şəkis. Doch es gab nur einen Bildband über ganz Aserbaidschan, der nur wenige Seiten über Şəki enthielt. Hier klafft eine echte Marktlücke, denn das Fotografierverbot würde sicherlich viele interessierte Touristen zum Kauf eines passenden Büchleins animieren. 

Nach Verlassen Şəkis bewegte sich Kia zunächst weiter nach Westen. Dieses Gebiet gehörte einst zu Georgien, so dass sich hier noch einige wenige georgische Kirchen erhalten hatten. Eine davon, die ehemalige Klosterkirche Kurmukhi, grüßte bereits von fern auf einem hohen Hügel über der Zufahrtsstraße zur Stadt Qax. GoogleMaps zeigte klar den Weg zur Kirche an, doch Don Curry hatte inzwischen gelernt, dass Pisten tückisch sein können. So ließ er Kia am Fuß des Hügels zurück und bereute diese Entscheidung nicht; nach rund 100 Metern wurde die Piste für normale Fahrzeuge unpassierbar. Zu Fuß konnte Don Curry den Aufstieg problemlos bewältigen. Die Kirche stand zwar offen, machte aber einen ziemlich ungepflegten Eindruck. Dafür konnte ihr erhabener Standort mit einer wunderbaren Aussicht glänzen.

Don Curry wusste, dass es in Qax noch mindestens eine weitere georgische Kirche gibt, die sogar als einzige in Aserbaidschan noch liturgisch genutzt wird. Als er bei der St. Georgs-Kirche eintraf,  hatte der Pope gerade mit der Predigt begonnen, die er anscheinend einmal auf aserbaidschanisch und einmal auf georgisch hielt. Don Curry nahm ganz hinten auf einer der wenigen Sitzgelegenheiten Platz, da er beide Sprachen nicht verstand. Gegen Ende der Predigt kehrten auch die Messdiener in die Kirche zurück, zwei von ihnen setzten sich direkt neben Don Curry. Neugierig betrachten sie ihn von der Seite und flüsterten miteinander, wer das wohl sei. Als Don Curry das Wort "Russkiy" hörte, machte er mit dem Kopf eine verneinende Geste. Der mutigste Junge fragte. "English?" Don Curry bejahte. Da sprudelte es aus dem Messdiner nur so raus: "My name is Giorgi: Nice to meet you. What is your name? Don Curry antwortete ebenfalls flüsternd, weil der Pope gerade noch zu einer Predigterweiterung angesetzt hatte. Da entdeckte Giorgi sein Smartphone und war vor Begeisterung gar nicht mehr zu halten. Er bestaunte die Kameras des Geräts, den intengrierten Pen und wusste mehr über die technischen Einzelheiten als Don Curry selbst. Auch die anderen Messdiener zeigten sich fasziniert und verursachten soviel Unruhe, dass mehrere Gottesdienstbesucherinnen sich unwillig umwandten und strenge Blicke verteilten. 

Giorgi tippte in sein Smartphone die Botschaft: "Können wir nach draußen gehen und ein Foto machen?" Don Curry willigte sofort ein, um die Gottesdienstgemeinde und den Popen nicht noch mehr unfreiwillig zu nerven. Fast alle Messdiener folgten ihnen, so dass der Pope auf deren Hilfe für den Rest des Gottesdienstes nun verzichten musste. Mehrere der Jungs versuchten ein Foto der ganzen Gruppe mit Don Curry zu machen, doch leider gelang es keinem, wie Don Curry später feststellte. Er war gut damit beschäftigt, die vielen Fragen Giorgis zu beantworten: "Ob er in Qax wohnen würde? Ob er auch nach Georgien fahren würde? Ob er einen Mercedes hätte? Was sein Smartphone gekostet habe?" und viele, viele Fragen mehr. Inzwischen endete offensichtlich der Gottesdienst in der Kirche, und die Jungs erzählten allen herausströmenden Besucherinnen und Besuchern, dass das ein Gast aus Deutschland sei und er nur Englisch spreche. Schließlich machte Don Curry noch ein paar Bilder von der gänzlich ausgemalten Kirche und verabschiedete sich von Giorgi und seinen Freunden. Sie riefen fröhlich "Good-bye" und winkten lange hinter ihm her...

Von Qax fuhr Don Curry etwas nördlich in die beginnende Berglandschaft des Kaukasus. Bei Ilisu endet die Straße. Hier bewunderte er eine alte Brücke und den Wehrturm Sumuq Qala, den einzigen Rest einer einst ausgedehnten Festung. Wie eine mittelalterliche Burg wirkt auch das Resort SangarGala, das mit seiner verspielten Architektur a la Disneyland und zahlreichen Dekorelementen wie lebensgroßen Tierplastiken oder Kanonen wirklich aufsehenerregend ist. Im höchsten Raum befindet sich das Restaurant, das weite Blicke in die umgebenden Wälder und Berge bietet. Auf der ungewöhnlich Speisekarte standen einige Wildgerichte wie z.B. Wildschwein-Kebab; doch der Kellner machte schnell deutlich, dass viele Bestandteile der Karte zur Zeit nicht vorrätig waren. Also bestellte Don Curry klassisch aserbeidschanisch eine Dushbara, ein Lüle-Kebab und einen Choban-Salat, dazu hausgemachtes Aprikosen-Kompot und Wasser zum mischen. Die Dushbara-Suppe ist eine kräftige Brühe, in der zahlreiche aserbaidschanische "Ravioli" schwimmen. Ebenso lecker zeigte sich das Lüle-Kebab: in Lavash eingewickelte Hackfleischrollen mit einem Berg hauchdünn geschnittener Zwiebeln. Der Choban-Salat aus kleinen Tomaten-, Gurken- und Zwiebelwürfeln wurde in diesem Restaurant mit Zitronensaft veredelt. Gesättigt und sehr zufrieden begann nun eine sehr lange Fahrt nach Gəncə, der zweitgrößten Stadt Aserbaidschans. 

Unterwegs stoppte ihn mal wieder ein Polizist, weil er bei einem Stop-Schild im Kreisel nicht angehalten hatte. Er zeigte Don Curry die Strafgebührentabelle, gab dann aber angesichts Don Currys deutschem Führerschein doch auf und ließ ihn ermahnt, aber straflos weiterfahren. In der Nähe Gəncəs ragte im Süden ein mächtiges schwarzes Bergland auf. Das musste Bergkarabach sein, das zwischen Armeniern und Aserbaidschanern jahrzehntelang heiß umkämpfte Gebiet, das nach dem Exodus der armenischen Bewohner zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend menschenleer sein musste. Warum fügen Menschen einander immer wieder soviel Leid zu, fragte sich Don Curry. Er hatte in beiden Ländern freundliche und zugewandte Menschen kennengelernt. Der jetzige "Sieg" Aserbaidschans würde keine Probleme lösen, sondern nur weiter Hass und Rachsucht schüren....

Da bereits die Dämmerung einsetzte, verschob Don Curry den Großteil seiner Besichtigungsziele in Gəncə auf morgen. Nur die Grabmoschee Imamzadeh Ibrahim, ein wichtiges Heiligtum der Schiiten, suchte er noch auf. Schon die äußere Pracht beeindruckt. Unter der mächtigen Zentralkuppel  steht das eigentliche Mausoleum aus dem 8. Jhdt. als eigenständiges Gebäude. In seinem Inneren ruht das farbenfroh und verschwenderisch verzierte Grab. Nach diesem tiefen Eintauchen in islamische Architektur, fuhr Don Curry noch viele Kilometer durch das ausgedehnte Gəncə, bis er den zentralen Platz erreichte. Das Hotel Vego verfügt dort über einen eigenen Parkplatz, so dass er Kia sicher und bequem direkt vor dem Hotel abstellen konnte. Der Blick aus seinem Hotelzimmer erfasste die Kuppeln eines mittelalterlichen Hammams und die filigranen Minarette der Schah-Abbas-Moschee, die beide mitten auf dem weitläufigen Hauptplatz liegen.

Ein kleiner Spaziergang durch das abendliche Gəncə sorgte für ausreichend Appetit, den Don Curry einfach im Hotelrestaurant stillen wollte, und zwar gänzlich unaserbaidschanisch: ein riesiges Hähnchenschnitzel mit Pommes, und dazu ein türkisches Efes Draft aus der Flasche. Rund 7,50 € kostete Don Curry dieses exotische Abendessen. Er dachte noch an Giorgi und seine Freunde, die alle von einer glanzvollen Zukunft mit einem großartigen Smartphone träumten. Diese Zukunft kann nur Miteinander, niemals Gegeneinander entstehen, sinnierte Don Curry, bevor er ungestört einschlief...



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