Don Curry on Tour 4
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Don Curry im Touristenrummel

Veröffentlicht: 08.07.2023

Don Curry erwachte mitten im Verkehrslärm. Er hatte über Nacht die Balkontür geöffnet gelassen, um etwas natürliche Kühle in sein Apartment einzulassen. Trotz des Verkehrslärms konnte er einschlafen, doch dank des Verkehrslärms erwachte er viel zu früh. Nach Schließen der Tür herrschte angenehme Stille und Don Curry konnte noch etwas fortschlummern. Heute war er an keine vorgegebenen Frühstückszeiten gebunden; heute gab es gar kein Frühstück.

Erst gegen 11:00 Uhr machte er sich auf den Weg, Batumi zu erkunden. Schon am gestrigen Abend konnte er erleben, dass es nirgends in Georgien touristischer zugeht wie in dieser Stadt am Schwarzen Meer. Vor einigen Jahren baute man die kilometerlange Front zur Meeresküste als Touristengebiet mit direktem Strandzugang aus. Seitdem schossen zahlreiche Hochhäuser mit Hotels und Apartmentanlagen in die Höhe, meist mit einer ansprechenden Architektur versehen. Daneben gibt es Hotels und Restaurant, die sich architektonisch einem gewissen Thema verschrieben haben. So entdeckte Don Curry fast nebeneinander die Akropolis von Athen, ein stilisiertes Colloseum mit Statuen römischer Soldaten davor, und sogar ein Weißes Haus, das auf dem Kopf steht.  Doch direkt inmitten der Neubauten existiert auch bereits der Verfall; ein Restaurant im Stil einer Windmühle muss bereits vor einiger Zeit aufgegeben worden sein und bröckelt als Ruine vor sich hin. Schwer einzuschätzen bleibt auch, welche der ambitionierten Neubauprojekte tatsächlich vollendet werden oder künftig als hoch aufragende Bauruinen die Skyline beeinträchtigen. Batumi scheint eine Mischung aus Dubai und Las Vegas werden zu wollen, allerdings beides in etwas kleinerem Maßstab.

Nach seinem Gang in den Süden der Batumi-Promenade nagte ein deutliches Hungergefühl an Don Curry. Das fehlende frühstück machte sich bemerkbar. An Restaurants herrschte wahrlich kein Mangel, und zur frühen Mittagszeit gab es überall ausreichend freie Tisch. Don Curry entschied sich für das "Adjarian House", da er heute unbedingt die berühmteste Spezialität der Küche Adschariens kosten wollte: die adscharische Khachapuri, dazu natürlich sein Lieblingssalat und ein georgisches Zedazeni-Bier. Im Gegensatz zu fast allen anderen Khachapuri-Sorten ist die adscharische Variante nicht rund, sondern gleicht einem spitz zulaufenden Oval. Man könnte auch sagen, es ähnelt einem Auge. Dieser Charakter wird noch dadurch verstärkt, dass in der Mitte des Gebäcks die Käsefüllung nicht mit Teig bedeckt ist, sondern mit einem rohen Eigelb gekrönt wird. Darüber liegt noch eine dicke Scheibe Butter. Um die Khachapuri authentisch zu genießen, bricht man zunächst die spitzen Ecken an beiden Seiten ab, tunkt sie in die Butter-Ei-Käse-Mischung und rührt alles kräftig um. Dann kann man weiter Teig vom Rand abreißen und zusammen mit der Mischung aus der Mitte genießen. Ein sehr einfaches und doch sehr leckeres Gericht! Am Ende erheiterte Don Curry unfreiwilig seine Kellnerin. Bei der Kartenzahlung fragte das Gerät, ob er auch Trinkgeld geben wolle? Don Curry fand 5 Lari (=1,80 €) für angemessen, tippte auf 5 und bestätigte. Die Kellnerin zeigte ihm, warum sie hatte lachen müssen: Don Curry hatte ihr 0,05 Lari (knapp 2 Cent) zugedacht. Gut, dass er noch einen entsprechenden Schein dabeihatte. Um der Mittagshitze zu entkommen, zog er sich noch etwas in sein klimatisiertes Apartment zurück und arbeitete an seinen Berichten.

Gegen 17:00 Uhr brach er abermals auf, diesmal in Richtung Norden, wobei er die gesamten 4 km bis zum Hafen von Batumi abschritt. Diese Strecke ist durchgehend  mit Buden und Lädchen aller Art gesäumt, wo es Souvenirs, Getränke, Eis, Hot Dogs, usw. gibt - oder auch Immobilien. Inmitten der vielen Strandbedarfsläden entdeckte Don Curry auch zwei edel gestylte Ein-Raum-Gebäude von Immobilienmaklern. Zur Promenade gehören außerdem zahlreiche Fahrgeschäfte und Karussells. Es gibt kleine Fußballplätze, sogar mit Tribünen, daneben Tennisplätze, zahlreiche Tische für Tischtennis und sogar mehrere Billardtische, die einfach so frei zugänglich aufgestellt sind. Am Ende der Promenade beim Hafen kulminiert das Angebot mit einem Riesenrad und einem riesigen Turm des georgischen Alphabets, der mit sämtlichen Buchstaben der hiesigen Schrift verziert ist. Vom Hafen starten Ausflugsboote, Piratenschiffe, Jetskis und auch Motorboote, die einen Menschen mit Fallschirm durch den Himmel über dem Meer ziehen.

Bei all diesen Beschreibungen muss man deutlich dazudenken, dass Don Curry nirgendwo allein war. Die Promenade heißt so, weil hier unzählige Menschen auf- und abpromenieren. Sie tun das zu Fuß, per Fahrrad, per E-Bike oder mit kleinen E-Rikschas; bis auf die Füße kann man sich alles dort ausleihen. Unter den Touristen bildeten sicherlich Georgier und Russen die klare Mehrheit. Aber Don Curry sah erstaunlich viele Gästte aus arabischen Ländern, mit Frauen in allen Abstufungen der Verschleierung. Daneben ein paar Inder und ein paar Reisende aus europäischen Ländern; mehrmals konnte er im Vorübergehen sogar ein paar deutsche Worte aufschnappen.

Das Angenehmste an der Promenade stellte allerdings ihre Verkehrsbefreiung dar. Hier gab es keine Straßen, auf denen Autos fahren konnten; für die gab es nirgends direkte Zugang zum Meer. Daher dienten sämtliche Straßen in der Hotelzone neben der Promenade als Parkplatzgebiet, wie Don Curry bereits gestern leidvoll feststellen musste. An Parkhäuser, Tiefgaragen oder zumindest ausgewiesene Großparkplätze in Promenadennähe hatte bei der Planung wohl niemand gedacht. 

Nach seinem schweißtreibenden Spaziergang in der feuchten Hitze Batumis kehrte Don Curry noch einmal auf seinen Balkon zurück, um von dort den Sonnenuntergang über dem Schwarzen Meer zu genießen. Mit Einbruch der Dunkelheit kam die Tourismuszentrierng dieser Gegend noch mehr zum Vorschein: Fast alle Hotelfassaden glänzten nun mit aufwändigen Lichtspielen, die Fahrgeschäfte legten ein grellbuntes Kleid an und auf dem See vor dem Aliance Palace begannen die Singenden Fontänen zu tanzen, farbenfroh beleuchtete Wasserstrahlen, die sich im Takt lauter Musik bewegten. Da zugleich die noch lautere Musik der benachbarten Fahrgeschäfte erklang und alles durch das stetige Dröhnen des Verkehrs mit zahlreichen Hupeinlagen ergänzt wurde, entstand ein schwer erträglicher Lärmteppich, dem sich Don Curry nicht allzu lange aussetzen wollte. In den Restaurants gab es sowieso keine freien Tische. So holte er sich einfach zwei Hot Dogs, und trank dazu sein letztes armenisches Bier auf seinem Apartment-Balkon. Bis hierher drang der Lärmpegel nicht ganz so heftig empor.

Für einen Tag konnte Don Curry heute eintauchen in eine Welt, die er gar nicht mag: den hochkommerziellen Massentourismus mit seinen grellen, lärmenden Auswüchsen. Für einen Tag fand Don Curry das in Ordnung, weil es eben auch einen Aspekt seines Reiselandes darstellt, wenn auch nur auf Batumi beschränkt. Doch innerlich freute er sich: morgen würde er all dem hier entkommen...


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