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Tag 133-139 - MitbrInsel für euch.

Veröffentlicht: 01.02.2019

Hallo und willkommen zurück zu einemExkurs über die wunderschöne Insel Kreta. Unsere zweite Woche hierhaben wir nicht nur zum Klettern genutzt, sondern auch um unsausführlich über die bewegte Geschichte Kretas zu informieren (unddas lag nicht nur daran, dass ich krank war und mich fürchterlichgelangweilt habe). Also legen wir lieber direkt los, um all dieinteressanten Infos, die wir uns angelesen haben, loszuwerden –glaubt mir, die Liste ist lang. Denn, um es mit Nicos Worten zusagen: „Auf Kreta war ganz schön was los.“

Ausgangspunkt für eine sobesatzungs- und widerstandsreiche Geschichte wie die Kretas ist wohl die strategischgünstige Lage der Insel. Bis nach Afrika sind es 294, nachAsien 180 und zum europäischen Festland nur 97 Kilometer, also alles was dasSeemachtsherz begehrt. Infolge dessen war die Herrschaftsposition aufKreta hart umkämpft und wechselte ebenso oft wie die Bevölkerung der Insel.


Palast von Knossos


Auch wenn Kreta schon früh besiedeltwar, wird es so richtig interessant erst mit der Minoischen Kulturab etwa 3000 v.Chr. Sie war dieerste Hochkultur auf europäischem Boden. Ihr kultureller und wirtschaftlicher Aufschwung war auch bedingt durch die geschickteLage Kretas, denn die Vorgängerkulturen wurden durch Einflüsse vonSeefahrern und Einwanderern aus Kleinasien weiterentwickelt. Die Zeitist benannt nach dem mythischen König Minos, der, obwohl er derKönig von Kreta war, Gegenstand vieler griechischer Sagen ist.Demnach soll Zeus in einer Höhle des kretischen Bergs Dikte geborensein. Nachdem er Europa nach Kreta entführt hatte, zeugte er mit ihr dreiSöhne, die sich um die Position des Königs stritten.Einer davon war Minos, der Poseidon um Hilfe bat und versprach, alles, was aus dem Meererschiene, zu opfern. Poseidon schickte einen mächtigen Stier, dank dem Minos zum König wurde. Er opferte aber ein anderes Rindstattdessen, was Poseidon so wütend machte, dass er Minos FrauPasiphae mit dem Verlangen strafte, mit besagtem Stier zu schlafen.Aus dieser eher ungewöhnlichen Verbindung (I don't judge) entstand der menschenfressendeMinotauros und mit ihm Stoff für viele weitere Sagen (die ich euchan dieser Stelle erspare). 

EinGefühl für die minoische Architektur konnten wir bei einem Besuchdes Palast von Knossos bekommen, der als der historisch bedeutsamsteOrt auf Kreta zählt. (Zum Glück waren wir im Winter da, im Sommersoll man kaum einen Parkplatz finden.) Nach Untergang des minoischenZeitalters begann die Herrschaft der mykenischen Griechen und damitdie erste griechischsprachige Bevölkerung Kretas, die dievorhandenen Paläste übernahmen.


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Nach einer kurzen Zeit als römischeProvinz, gelangten ersteEroberer arabischen Ursprungs auf die Insel. Circa 10000 Rebellen ausdem islamischen Spanien nutzen Kreta ab etwa 824 als Basis für ihreKaperfahrten. Sie nannten die Insel Al-Khandag und nutzen das spätereIraklion als Hauptstadt, das diesen Status bis heute Inne hat undmittlerweile die fünftgrößte Stadt Griechenlands ist.

961fiel die Insel wieder an das Byzantinische Reich, bis die RepublikVenedig Kreta schließlich für den offiziellen Preis von 1000Silbermark kauften. Von 1204 bis 1669 war Kreta damit die wichtigstevenezianische Kolonie und rund 4000 Venezianier siedelten über.Unter der venezianischen Herrschaft entwickeltensich viele typische Elemente der Architektur und Kunst, wie diekretische Schule, eine bestimmte Art der Malerai. Städte wieRethymno, Iraklio oder Chania mit ihren venezianischen Häfen undFestungen sind bis heute von dieser Zeit geprägt. Die Kreter wehrtensich gegen die Besetzung in etwa 10 Aufständen, die alle erfolglosblieben. Trotzdem schaffte es Venedig nie, auf Kreta denKatholizismus einzuführen.


Was man halt so macht, wenn man 10 Kilo ungegenießbare Orangen erntet wie so ein dummer Touri..

ImKrieg um Kretazwischen 1645 und 1669 konnte das Osmanische Reich schließlich der Republik Venedig die Herrschaft abringen.Iraklio, damals Candia, fiel als letztes und hielt einer 21-jährigenBelagerung stand. Die Osmanen bauten dafür sogar extra eine eigeneFestung außerhalb der eigentlichen (venezianischen) Festung derStadt.

UnterOsmanischerHerrschaft konvertierteneinige Kreter zum Islam und viele Araber siedelten sich auf Kreta an,bald lebten in den Städten ca. 70 Prozent Moslems. Die Bedeutung derBesatzung für die Einwohner Kretas konnten wir eindrucksvoll imKloster Arkadi erfahren, wo sich Mönche und Dorfbewohner währenddes großen kretischen Aufstands verschanzten und sich schließlichsamt der eindringenden Osmanen in die Luft jagten. Während dergesamten Besatzung gab es immer wieder Aufstände, von denen einerzum Türkisch-Griechischen Krieg zwischen 1896 und 1897 führte. DasKönigland Griechenland unterstützte dabei den kretischen Aufstandund auch wenn die Osmanen siegten, erhielt Kreta im darauffolgendenFriedensvertrag weitgehende Autonomie als Protekorat Prinz Georgs vonGriechenland. Diese De-Facto-Unabhängigkeitwährtenicht lange, denn im Zuge des Griechisch-Türkischen Kriegs nach Endedes ersten Weltkriegs und des beginnenden Zerfall des OsmanischenReiches wurde Kreta 1913 mit Griechenland vereint. Eine Folge derVereinigung mitGriechenland warder Vertrag von Lausanne, aufgrund dessen alle Muslime die Inselverlassen mussten – auch griechischstämmige.


Kirche im Kloster Arkadi


ImzweitenWeltkriegerkannte leider auch das deutsche Reich die strategische BedeutungKretas und eroberte die Insel 1941 in einem großangelegtenLuftangriff. Für die Kreter begann damit eine schlimme Zeit vollerunfassbarer Kriegsverbrechen, in der Obdachlosigkeit, Armut,Hinrichtungen, Zwangsarbeit und Lebensmittelknappheit an derTagesordnung waren. Der Partisanenkampf der Kreten, unterstützt vonSpionen und Saboteuren aus den alliierten Ländern, führte zwar zueinigen Erfolgen wie die Zerstörung von deutschen Flugzeugen, aberauch zu immer grausameren Maßnahmen seitens der deutschen Besatzung.Die deutschen Soldaten töteten Zivilisten, richteten ganze Dörfer hin undbrannten Häuser nieder. Kriegsgefangene, Rebellen und Juden solltenins Konzentrationslager verschifft werden, das Schiff sank jedoch aufdem Weg dorthin durch einen Angriff der Briten und die Gefangenenertranken. Kreta war bis Herbst 1944 unter deutscher Besatzung, bisdahin kamen etwa 8000 Kreter ums Leben und nur vier Menschen aus derjüdischen Bevölkerung sollen überlebt haben.

NachKriegsende war die Armut noch nicht ausgestanden und die Bewohnerverwendeten Kriegsmaterialien im Alltag. So entstanden aus HelmenFutterschüsseln, aus Bomben Glocken und aus Fallschirmen und Zeltenneue Kleidung.

Leider war das Leid damit nicht vorbeiund Kreta litt gemeinsam mit ganz Griechenland unter den Folgen desBürgerkriegs nach Ende des zweiten Weltkriegs und derMilitärdiktatur von 1967 bis 1974. Erst 1974 kehrten mit derDemokratie friedlichere Zeiten in Griechenland und damit auch aufKreta zurück.


Gebirgsstraßen sind die schönsten Straßen.

Was für eine dramatische Historik fürso eine kleine Insel! Trotz der unglücklichen Abschnitte derkretischen Geschichte war ein tieferer Einblick in diese Hintergründewirklich sehr interessant (und für euch hoffentlich auch). Wirkönnen jetzt besser verstehen, wie orthodoxe Kirchen, Moscheen undvenezianische Leuchttürme innerhalb eines Hafens zusammenpassen undbewundernd anerkennen, wie herzlich uns trotz des furchtbaren Anteilsunseres Heimatlandes an der kretischen Geschichte alle Menschen hierwillkommen geheißen haben.

Egal, wo wir mit unseren Autos standen,egal, wie tief wir versehentlich in die Viehweiden und Olivenhaineder Bauern hineingerieten, überall wurden wir freundlich begrüßt.


Hilfe, Wegelagerer!

Wir sind doch ein bisschenherumgekommen auf Kreta. Nach ein paar Tagen klettern in VoulismenoAloni, einem Aufenthalt in Iaklio und einem Abstecher nach Retyhmnoblieb noch Zeit den wunderschönen Strand Elafonisi zu erkunden. DankMaps zweifelhafter Navigation musste Gretchen um dort hinzugelangenalle ihre Offroad-Fähigkeiten rausholen und wir schließlichtrotzdem die letzten Kilometer laufen. So kamen wir aber immerhin inden Genuss einer schönen Wanderung mitten durch die Schafs- undZiegenherden bis zu dem noch schöneren Strand. Im Sommer wohl keinesFall ein Geheimtipp, war er zu dieser Zeit des Jahres angenehm leer.Bis auf einer kleinen Schildkröte am Ufer sind wir so gut wieniemandem begegnet. Das Wasser ist türkisblau, der Sand weiß unddas Wasser in der Bucht so flach, dass man zur gegenüberliegendenInsel Lafonsi waten kann. Elafonisi ist zurecht einNaturschutzgebiet, dass hoffentlich noch lange erhalten und sauberbleibt.


So schön und so kalt: Elafonisi.


Unseren eigenen kleinen Beitrag zueinem sauberen Meer leisteten wir dann zusammen mit Nico in Chania,wo wir innerhalb von 15 Minuten am Strand fünf Säcke Müllaufsammelten. Verrückt, was die Leute alles liegen lassen und was soangespült wird. Von Plüschtieren über Benzinkanistern war wirklichalles dabei. Nicht nur dieses Erlebnis hat uns in der letzten Zeitviel zum nachdenken gebracht, wie wir nachhaltiger undumweltfreundlicher leben können, im Van und in Zukunft. (EinBlogeintrag zu diesem wichtigen Thema ist in Arbeit.) Dazu konnteNico dank seinem Studium im Bereich der erneuerbaren Energien so einigesbeisteuern und wir sind sehr dankbar für den Input! Natürlich nichtnur zu diesem Thema, sondern auch für Klettertipps, Campingrezepteund Kartenspiele. Hab noch eine schöne Zeit unterwegs, wir sehen unsin Berlin wieder!


Für uns geht es langsam aber sicherwirklich nach Hause. Der Fährfahrt von Kreta nach Athen wird inKürze die längere Überfahrt nach Venedig folgen und ja, dann istunser Trip tatsächlich zu Ende. Ein paar letzte Tage haben wir noch,die wir bei Patras verbringen wollen.


Bis dahin, history on!


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