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Tag 127-132 - Reif für die Insel

Veröffentlicht: 28.01.2019

Es ist sehr spannend, unseren letzten Tage in Griechenland ausgerechnet auf Kreta zu verbringen, denn die Insel unterscheidet sich doch in vielen Dingen vom Festland – wenn auch nicht in der typisch griechischen Gemütlichkeit und dem Fahrstil. Der Dialekt ist etwas anders und die Landschaft gibt einem gelegentlich das Gefühl an einem völlig anderem Ort zu sein, etwa Irland. 


Blick aufs Meer gibt es hier überall!

Fernab der Küste merkt man gar nicht, dass man sich auf einer Insel befindet, denn sie ist immer hin über 8000 Quadratkilometer groß und die Landschaft sehr abwechslungsreich. Es gibt flache Ebenen, große Städte, dicht bepflanzte Olivenplantagen, winzig kleine Dörfer und eine große Gebirgskette, mit schneebedeckten Gipfeln und beeindruckenden Schluchten. Kombiniert mit dem beinahe allgegenwärtigen Meer (kein Wunder bei 1066 km Küste) auf jeden Fall ein lohnender Anblick. 


Der venezianische Hafen in Chania.

An unserem ersten Tag auf Kreta zogen Johannico und ich aus, um Chania zu erkunden. Wir waren positiv überrascht von diesem charmanten Studierendenstädtchen. Die jungen Leute sorgten für ein paar nette Cafés, Bars und den gewissen alternativen Flair. Perfekt, um ziellos herumzulaufen, im Secondhandladen Sendingpants zu kaufen und die vielleicht besten Souvlaki auf der Reise (gefüllt mit Gemüseburgern) zu genießen. Der venezianische Hafen samt Moschee rundete das Stadtbild ab und ließ auf die bewegte (und besatzungsreiche) Geschichte Kretas schließen.  

Am Meer fanden wir einen guten Standplatz vor einer über den Winter geschlossenen Strandbar, wo uns die anwesenden griechischen Renter an ihrer bevorzugten Badestelle duldeten. Hier gab es sogar ein W.C. und Strandduschen unter denen wir uns nach morgendlichem Schwimmen im Meer waschen konnten. 


Unser Standplatz mit Badestelle in Chania


Als wir erste Überlegungen anstellten, wo wir in den kommenden zwei Wochen klettern würden, fiel uns auf das wir erschreckend schlecht vorbereitet waren. In unserem "Best Of Griechenland" - Führer waren nur drei Klettergebiete auf Kreta enthalten, zwei davon Nordwände. Wie es sich für Langzeitreisende gehört, hatten wir sonst natürlich auch keine Recherchen betrieben, fest in dem Glauben, dass wir vor Ort schon etwas passendes finden würden. Also bemühten wir Google und beschlossen, zunächst nach Kria Vrisi zu fahren. 

Vor Ort fanden wir allerdings statt Bergen nur ein paar Dorfbewohner, die beim Anblick solch ungewohnter Besucher sichtlich erstaunt waren – es verirren sich wohl eher selten Touristen in diese abgelegene Gegend. Kein Wunder, denn klettern kann man dort nicht, wir waren in das falsche Kria Vrisi gefahren. Dafür wurden wir von gastfreundlichen Bauern auf Raki, Nüsse und Datteln eingeladen und lernten einiges über die Olivenernte und das einfache Leben in dem kleinen Dorf. 


In Chania gibt es sogar tagaktive Eulen!


Kreta zählt zu den größten Olivenölexporteuren der EU und das Ernten, die Pflege der Bäume und das Mahlen der Oliven zu Öl sind ganz schön viel Arbeit. Zum Glück konnte einer der Arbeiter englisch, denn unsere bescheidenen Griechischkenntnisse reichten doch mehr schlecht als recht zur Verständigung. Die nette Bäuerin hat tatsächlich ihr ganzes Leben in diesem einen Dorf verbracht und Kreta nur ein einziges Mal verlassen, um Familie (ausgerechnet in Kaiserslautern) zu besuchen. So sind wir an diesem Tag zwar nicht zum Klettern, aber zu einer sehr netten Begegnung und einem kleinen Vorrat an Orangen und Mandarinen gekommen. 


Sonnenschein in Therisso

Generell nahmen wir unsere letzten Reisetage gelassen, trotzdem reichte unsere Motivation dann doch noch für den Besuch von drei Klettergebieten.  

In der Schlucht von Therisso nahe Chania gibt es einige Gelegenheiten zum Sportklettern, allerdings nur eine sonnige Wand im ersten der vier Sektoren. Direkt gegenüber konnten wir die kleinen Zicklein der weidenden Ziegen beim Spielen beobachten (und vor allem hören) und auch am Fuß des Felsen waren die Spuren ihrer Hinterlassenschaften so zahlreich, dass wir kaum einen sauberen Platz fanden, um unsere Rucksäcke abzustellen. Die Routen waren dafür aber ganz cool und eine gute Abwechslung zu den Touren in Leonidio. Die Wand war geprägt von verschieden großen Löchern ähnlich denen in Franken, nur in einer angenehmen Länge von 20 bis 30 Metern. Kurz mussten wir uns von den lächerlichen Hakenabständen in Leonidio wieder auf normale umstellen, aber dann konnten wir einige schöne Touren klettern. 


Für ein schnelles Erfolgserlebnis: Anni in "Fodele" (5c), in Plakias


Als nächstes ging es weiter nach Plakias, einer beeindruckenden Wand direkt am Strand. Der Fels ragte  glatt und senkrecht in die Höhe und auf den ersten Blick konnte man von unten kaum Griffe oder Tritte ausmachen. Die meisten Routen führten daher auch entlang der größeren Risse und wir stellten uns der Herausforderung dieser ungewohnten Kletterei. Eine coole Erfahrung, die meinen Kletterhorizont definitiv erweitert hat, auch wenn es bis zum echten Riss- und Tradklettern noch ein weiter Weg ist. Obwohl der Fels ganztägig im Schatten lag, waren die Temperaturen in Ordnung. Im Sommer ist das zusammen mit der Lage direkt am Meer sicher ein riesen Pluspunkt. Abzug gibt es für den allgegenwärtigen Ziegenkot und anderen, den wir lieber nicht näher zuordnen wollten. Leider verletzte sich Johanna beim Aufwärmen in einer vermeintlichen 5b an der Hand und konnte deswegen an ihren letzten beiden Tagen auf Kreta quasi nicht mehr klettern.  


Die Wand in Plakias direkt am Meer.


Das Gebiet Voulismeno Aloni lag in der Nähe von Kretas Hauptstadt Heraklion an einer Bergstraße, praktischer Weise mit großem Parkplatz, so dass wir dort auch die Nächte verbingen konnten. Der Fels stellte sich als ein rundes, beeindruckend großes Sinkloch heraus, das auch Nicht-Kletterer mit geologischem Interesse anlockte. Die eingebohrten Teile der Wand lagen sich damit gegenüber und der untere Fels nachmittags sogar in der Sonne. Kreative Menschen legten im Gras dazwischen Symbole aus Steinen und Johanna und Jan ergänzten das Kunstwerk um ein überdimensionales Peace-Zeichen. 


Ein steiler Start in "Oxitocin" (8a), aber kein Problem für Nico. 


In Heraklion waren wir abends indisch essen und verabschiedeten Johanna, die von hieraus ihre Rückreise nach Deutschland antrat. Wir sind sehr froh, dich kennengelernt zu haben und werden dir zurück in Berlin weiterhin auf die Neven gehen! 

Gemeinsam mit Nico werden wir noch eine weitere Woche auf Kreta verbringen, die vermutlich ebenso planlos ablaufen wird wie die erste. Eigentlich ist es sogar sehr entspannt, jetzt gegen Ende unseres Trips keine großen Erwartungen, Ziele oder Orte mehr zu haben, die wir unbedingt noch sehen oder erreichen wollen. Wir genießen einfach die letzten Tage auf Reisen, lassen uns treiben und nehmen uns viel Zeit für uns selbst. Das Klima ist zum Glück auch wieder milder geworden, so dass wir die Landschaft, die Zeit am Fels und die angenehme Gesellschaft (endlich mal wieder andere Spiele als Schach) immer häufiger bei Sonnenschein genießen können. Wir sind gespannt, was wir auf Kreta noch entdecken können und sehen unserer baldigen Abreise gelassen entgegen. 



Bis demnächst, peace out!

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